E Drums Teil 1
© PPVMEDIEN 2006
102
Mit unserem Special über
E-Drums der letzten Ausgabe
haben wir vielen von euch den
Mund wässrig gemacht. Eure
Reaktionen zeigten uns aber
auch, dass ihr noch viele
Fragen zur Funktion und
Anwendung der elektronischen
Schlaginstrumente habt.
In dieser Praxisserie zeigen
wir euch, was wie geht.
Schwingungen werden Sound
sich zusammenbasteln. Der eine will halt nur
ein einziges Pad für spezielle Effektsounds ins
Akustikset integrieren, der andere möchte
gleich eine ganze Batterie davon. Der Dritte
spielt am liebsten ausschließlich elektronisch,
wieder andere wollen dafür nicht den Look
des akustischenen Drumsets opfern, sondern
das dann einfach mit Triggern ausrüsten. Aber
egal ob Pads oder Trigger, die Klänge entste-
hen erst in den Soundmodulen und müssen
von dort dann noch durch Boxen oder
Kopfhörer hörbar gemacht werden. Nur: Wie
merkt das Soundmodul eigentlich, wann es
welche Sounds ausspucken soll? Schauen wir
uns dafür mal den Signalweg an, vom Schlag
bis hin zum gehörten Sound.
Alles Piezo oder was?
Trotz aller feinen Unterschiede sind Trigger
und Pads prinzipiell gleich in der Funktions-
weise.
Denn auch in Pads sitzen eingebaute
Trigger. Der Begriff Trigger kommt übrigens
B
ei der heutigen Marktfülle an E-
aus dem Englischen und heißt einfach nur
Auslöser. Anders als Mikrofone, die die Luft-
schwingungen eines Instruments, also den
natürlichen Klang aufnehmen und verarbei-
ten, spüren diese Pickups meist in Form klei-
ner Plättchen leichteste Vibrationen auf. Da-
durch verformt sich das Bauteil leicht und es
kommt zum piezoelektrischen Effekt, wobei je
nach Grad der Verformung ein entsprechend
großer elektrischer Impuls ausgesendet wird.
Diese genaue Stärke des Impulses wird vom
Wandler des Triggerinterface, das in jedem
Soundmodul eingebaut ist, erkannt, in digitale
Werte umgewandelt und auf den Weg zur in-
ternen Klangerzeugung des Moduls geschickt.
Pad oder Trigger?
Pads und Triggertypen gibt es in unterschied-
lichen Preisklasse und in verschiedensten
Formen.
Beide haben je nach Anwendungs-
wunsch Vor- und Nachteile. Alle modernen
Pads haben ein möglichst resonanzfreies Ge-
häuse, so kann ohne störende Eigenschwin-
gungen des Pads ganz akkurat nur der An-
schlagimpuls ans Interface geleitet werden.
Das garantiert sehr saubere und feine Anspra-
DrumHeads!! 4/06
Drums mit all den Einzelteilen wie
Pads, Triggern, Kabeln und Sound-
modulen kann jeder das Beste für
Trigger: Ein Schaumstoffblock drückt den
Tonabnehmer leicht aufs Trommelfell.
© PPVMEDIEN 2006
Einfaches Prinzip: Vom Tonabnehmer führen die elektrischen
Signale zur silbernen Ausgangsbuchse (rechts).
che, was bei Triggern meist schwerer zu realisieren ist. Denn die sit-
zen normalerweise optisch dezent auf Trommeln, deren Felle selbst
toll klingen sollen. Dafür müssen sie aber schwingen und stören da-
mit unablässig den Triggerpickup, der immer wieder auslösen will,
bis der Sound verstummt. Das Triggerinterface benötigt aber nur ei-
nen kurzen, konkreten Impuls. Also muss entweder die Schwingung
des Fells durch starkes Dämpfen auf ein Minimum reduziert oder
die Empfindlichkeit des Triggers herabgesetzt werden. Das Spiel
wird dann weniger natürlich übertragen. Einige wenige Trigger ha-
ben dafür am Gehäuse selbst einen kleinen Drehschalter, im
Allgemeinen regelt man solche Dinge aber im Soundmodul selbst.
Schöne neue Welt
Mit der Kombination von Soundmodul und Pads oder Triggern
derselben Marke erreicht man am schnellsten die besten Ergeb-
nisse, denn hier ist alles bestens aufeinander abgestimmt.
Neueste
Sensortechnolgien in speziellen Pads wie zum Beispiel Rolands ge-
niale VH-12 Hi-Hat oder Yamahas DTXtreme-Profipads mit inte-
griertem Poti benötigen eine entsprechende Elektronik im Modul,
um die Werte zu verarbeiten. Und selbst die Einsteigerteile der
Firmen bieten mittlerweile Features wie eine Vielzahl an Eingängen,
Positionserkennung
Die Hersteller der E-Drums geben sich größte Mühe, das Spielgefühl auf ihren
Instrumenten dem auf akustischen Drums und Cymbals nachzuahmen. Das
Einteilen der Pads in Zonen ermöglicht verschiedene Klangnuancen. Bei
Beckenpads zum Beispiel die Unterscheidung zwischen Kuppe, Profil und
Rand. Guter Standard ist heute etwa schon, wie bei einem Bronzebecken ei-
nen Cymbalsound durch Festhalten des Pads abzustoppen. Dieser so genann-
te Choke-Effekt ist aber nur möglich, wenn das Cymbalpad einen Randsensor
hat und in einem entsprechenden Triggereingang steckt, der diese speziellen
Daten auch ans Modul weitergeben kann. Noch feinere Soundnuancen In der
Profiklasse können dann sogar Anschlagspositionen mit den jeweils passend
veränderten Soundnuancen verarbeitet werden. Voraussetzung hierfür ist,
dass erstens das Pad solche Informationen ausgibt, zweitens das E-Drum-
Modul dieselben verarbeiten kann und drittens Pad und Modul miteinander
harmonieren. Dieses komplizierte Positional Sensing der einzelnen Anschläge
wird durch das Zusammenspiel
aller integrierten Sensoren er-
rechnet und ermöglicht dem
Soundmodul genau zu bestim-
men, ob ein Pad eher am Rand
oder mittig angeschlagen wird.
Verteilung der Sensoren bei der VH-12-Hi-
Hat-Pads von Roland
Wie beim akustischen Pendant
gibt es dann auch die jeweils
angeglichenen Sounds.
© PPVMEDIEN 2006
104
an denen die beliebten Dual Pads ange-
schlossen werden können, die zwei
Trigger eingepflanzt haben. Meist greift
einer davon den Rim ab, so lassen sich
auf Trommeln auch Rimshots oder
Rimclicks spielen. Das geht freilich auch
mit Stereo-Triggern außen am Reifen ei-
ner Trommel befestigt. Die Hersteller ge-
ben in Listen genau an, welche ihrer
Pads und Trigger die jeweiligen Spielar-
ten und Sounds der Module überhaupt
aktivieren können. Bei Produkten unter-
schiedlicher Firmen hilft nur ein guter
Fachverkäufer oder selber ausgiebiges
Rumprobieren.
Verbindung schaffen
Wichtig ist aber auch die richtige Wahl
des Kabels.
Ein Monopad oder Trigger
mit nur einem Pickup sollten auch nur
mit Monokabeln an das Soundmodul
angeschlossen werden. Die zwei Pick-
ups eines Stereopads, auch Dual Pad ge-
nannt, oder von Stereotriggern benöti-
gen ein Stereokabel in einen entspre-
chend stereofähigen Eingang am Modul,
um beide Sounds zu aktivieren. Bei Pads
liegen die Kabel netterweise fast immer
bei. Doch bei Triggern, die zudem oft die
professionellen XLR-Anschlüsse haben,
muss man sich im Fachhandel passende
XLR-Monoklinke- oder die ungewöhnli-
cheren XLR-Stereoklinke-Kabel besor-
gen. Im Falle der Trigger ist XLR aber gar
nicht schlecht, denn die Stecker rasten
in der Buchse ein und sind so beim Spiel
sicher vor Rausreißen.
Die ganz anderen Klänge
Ihr möchtet mit Triggern oder Pads gar keine
Drumsounds, sondern ganz eigene fantasievolle
Klänge, Loops oder Samples abrufen? Kein
Problem. Dann benötigt ihr die Samples aus
dem E-Drum-Soundmodul gar nicht, sondern
lediglich dessen Eingänge und Analog-Digital-
Wandler, die dann ein ganz anderes Gerät wie
ein Keyboard, Sequenzer oder Sampler ange-
steuern. Solche Trigger-to-MIDI-Konverter
sind auch separat erhältlich. Das Roland TMC-
6 verwaltet besispielsweise sechs Trigger-
Eingänge. Nach der Wandlung des Triggersignals
in ein digitales gibt der MIDI-Konverter ein MIDI-
Signal aus. Mit diesem MIDI-Signal kann man jeden
nur erdenklichen MIDI-fähigen Klangerzeuger an-
steuern und dessen Sounds abrufen. MIDI-fähige
Klangerzeuger sind heutzutage fast alle elektroni-
schen Musikinstrumente wie Synthesizer oder
Sampler. Selbst klangerzeugende PC-Software ist
über einen Trigger-to-MIDI-Konverter schlagzeug-
spielenderweise nutzbar. Wer allerdings schon über
Trigger-to-MIDI-Wandler ohne Sounds
im Speicher: Roland TMC-6
ein Soundmodul verfügt, kann über dessen MIDI-
Ausgang die oben beschriebenen Sounds verwirkli-
chen. Und noch einen Zweck kann der Trigger-to-
MIDI erfüllen. Mit ihm ist es möglich jedes E-Drum-
Soundmodul, das einen MIDI-Eingang besitzt (und
das sind eigentlich alle aktuellen), mit zusätzlichen
Triggereingängen erweitern. Auch schön, denn wie
im Text erwähnt, kostet jeder Eingang Geld. Gerade
kleinere E-Drum-Module kommen schnell an die
Grenzen der Ausbaufähigkeit.
Auf ins Soundmodul!
Jeder Trigger braucht einen eigenen Eingang
am Soundmodul, dem elektronischen Gehirn
und Klangerzeuger in jedem elektronischen
Setup.
Weil es so viele verschiedene Arten von
Pads und Pickups auch noch von unter-
schiedlichen Herstellern gibt und dabei die
Pickups natürlich nicht alle denselben Impuls
ausgeben, muss jeder Eingang auf den einge-
steckten Triggertyp voreingestellt werden, um
das Signal korrekt zu verarbeiten. Alle Geräte
am Markt bieten dafür passende Voreinstel-
lungen an, die selbst bei Fremdprodukten
schon mal alle wichtigen Parameter auf
Grundstellung bringen, mit denen sich sofort
loslegen lässt. Für wirklich individuell realisti-
schen Ausdruck des eigenen Spiels auf den
Pads oder getriggerten Trommeln kann man in
der Regel noch feinjustieren. Grob gesagt sind
das Einstellungen wie die Empfindlichkeit des
Triggers, der Schwellenwert oder die Schlag-
kraft, ab der er anspricht und die Dynamik, die
den Unterschied bei lautem und leisem An-
schlagen umsetzt. Ein weites Feld, dem wir
uns in der nächsten Ausgabe widmen. Nur wer
diese Möglichkeiten voll ausschöpft, wird beim
Spiel mit der Elektronik wirklich zufrieden sein.
Sounds like … ME!
Im Soundmodul angelangt können die Trig-
gerinformationen endlich in die tollen Klän-
ge umgewandelt werden.
Diese Sounds sind
als Samples im Modul gespeichert. Beim
Sampeln akustischer Klänge geben sich die
Hersteller traditionell größte Mühe. Mittler-
Der XLR-Anschluss am Trigger hält
das Kabel sicher. Da die meisten
Soundmodule Triggereingänge mit
Klinkenanschluss besitzen,
sind spezielle Kabel erforderlich.
weile ist die Technik so weit fortgeschritten,
dass selbst die schwierig zu formenden
Cymbalsounds in schön natürlicher Art aus
der Elektronik kommt. Je teurer das Modul,
umso mehr Klangbeeinflussung wird dem
DrumHeads!! 4/06
© PPVMEDIEN 2006
Trigger-to-MIDI-Wandler
E-Drum-Pad
(E-Drum-)Soundmodul
Kopfhörer
Trigger
Mischpult
Signalwege bei E-Drums
PA
mehrere
tausend
Instrumente
versandbereit
billiger
kaufen...
frei Haus
Der Weg von der Schwingung zum Sound. Pad oder Trigger nehmen den Anschlagsimpuls auf
und geben ihn weiter an den Trigger-to-MIDI-Wandler oder das E-Drum-Soundmodul. Vom
Trigger-to-MIDI-Wandler gehen die MIDI-Signale entweder an ein E-Drum-Soundmodul oder jeg-
lichen anderen MIDI-fähigen Klangerzeuger. Bis hierhin hören wir noch nichts. Zu unseren
Ohren gelangt der Sound entweder über den Kopfhöreranschluss des Klangerzeugers oder nach
Durchlaufen eines Mischpultes über die Lautsprecher einer PA.
User erlaubt. In der Oberklasse kann man
sich jede Trommelgröße hinbiegen und mit
beliebigen Fellen bestücken, sie in ver-
schieden Räumen platzieren und mit aller-
lei Effekten garnieren und noch vieles
mehr. Das Ganze kann dann noch aus meh-
reren Einzelausgängen ausgespielt werden.
Im Studio lassen sich so zum Beispiel
Bassdrum, Snare, Toms und Becken ge-
trennt voneinander aufnehmen. Nicht nur
die schon völlig geilen Grundsounds ko-
sten hier dann gutes Geld, jeder Triggerein-
gang samt Analog-Digital-Wandler und je-
der Soundausgang samt Digital-Analog-
Wandler kostet extra. Sogar Digital Outputs
sind zu haben. Da muss jeder erstmal sorg-
fältig entscheiden, in welche Liga er ein-
steigen kann und will. Das Beste trotz all
der für professionell ambitionierten Drum-
mer so verlockenden Tools der Edelteile ist
ja: Selbst die Einsteigerteile sind heute ein-
fach völlig genial und machen sofort Spaß!
Nun wisst ihr schon einmal, wie die einzel-
nen Geräte, aus denen ein E-Drum-Sys-
tem besteht, funktioniert.
In den kom-
menden Folgen dieser Serie zeigen wir
euch, wie ihr das System an eure Spielbe-
dürfnisse anpasst, welche Möglichkeiten
der Soundbearbeitung und -erstellung be-
stehen und wie ihr kreativ mit E-Drums.
umgehen könnt.
I
Carsten Buschmeier
Der Music Store....ca. 13.000m2 Lager,
Service-, Demofläche
Blick ins E-Drum-Pad mit schaumstoffgedämpftem Piezotonabnehmer (1),
separatem Tonabnehmer für den Rim (2) und Klinkenanschlussbuchse (3)
1
3
2