© PPVMEDIEN 2007
WORKSHOP
Sound
E-Pianosounds aufpeppen
Der Workshop
In dieser Praxis-Reihe dreht
sich alles um den Sound aus
Keyboard oder Synthesizer-
Workstation. Lesen Sie, wie
Sie beim Programmieren
von Sounds vor gehen, um
Schritt für Schritt das Poten-
tial Ihres Instruments auszu-
reizen.
In dieser Ausgabe geht es
um die klassischen E-Piano-
sounds und darum, wie man
diese durch den gezielten
Einsatz von Effekten optimie-
ren kann.
Matthias Sauer
befasste sich bereits
vor seinem Studium
der Musikwissenschaft
intensiv mit Synthe-
sizern und Keyboards.
Seine Klangpro-
gramme sind in meh-
reren Yamaha-Produkten wie S30/90,
AN/DX200 oder Motif ES zu hören.
Freiberuflich arbeitet er als Autor, Live-
Keyboarder, Musikschullehrer und pro-
duziert elektronische Musik, die unter
Pseudonym veröffentlicht wird.
Im Internet unter
www.tastenwelt.de
finden Sie Klangbeispiele
zu diesem Beitrag.
Das E-Piano gilt als Allrounder unter den
Tasteninstrumenten: Der E-Pianosound
eignet sich gleichermaßen für jazziges
Solospiel, gefühlvolles Comping, schwe-
bende Flächen oder auch einmal für
avantgardistische Eskapaden.
Um stilsicher mit den E-Pianoklängen
zu arbeiten, sollte man einen gewissen
soundästhetischen Wandel kennen: Ende
der 1970er Jahre galt ein breiter, schwe-
bender, transparenter Sound als ideal.
Heute stehen zwar die elektromechani-
schen Originale wieder hoch im Kurs, doch
nach der AcidJazz-Ära der 90er Jahre sind
nunmehr leicht angezerrte, dumpfe oder
mittig klingende Rhodes-Klänge in Mode
gekommen. Ein digitales Intermezzo
brachte Mitte der 80er Jahre der Yamaha
DX7. Mit ihm ließen sich E-Pianos klang-
lich andersartig brillant interpre tieren. Im
Moment steht der charismatische E-Piano-
sound der FM-Synthese etwas im Schatten,
vermutlich wird es in ein paar Jahren aber
ein Comeback geben.
Verstärker prägen den Sound
elektromechanischer Pianos
Das bekannteste aller E-Pianos ist viel-
leicht das Fender Rhodes, das nach sei-
nem Erfinder Harold Rhodes (1910–
2000) benannt ist. Nicht weniger markant:
das Wurlitzer EP200, das bei Supertramp,
Tom Jones („Sexbomb“) und auch in der
Countrymusik geschätzt wird sowie das
durch Stevie Wonders Hit „Superstition“
berühmt gewordene Clavinet D6 von
Instant Rhodes 2007
Zum originalen Fender Rhodes
(tatsächlich sind seit 2007 mit
dem „Mark 7“ wieder neue
Modelle verfügbar) finden sich
viele Alternativen. Sie überzeu-
gen nicht nur durch sportliche
Preise, einen angenehmen
Transport oder einfache tech-
nische Wartung, sondern auch
in puncto Klang.
Das Clavia Nord Electro II (ca.
1.900 Euro) ist für Livekey-
boarder ein schickes Instru-
ment, aber auch Workstations
wie die Motif XS (ab 2.400
Euro) bieten ein ansprechen-
des Repertoire an E-Pianos.
Für Roland-Produkte ist das
Board SRX12 „Classic EPs“
(ca. 275 Euro) sehr zu emp-
fehlen. Bei den recht preis-
werten Software-Instrumenten
stehen sich Rhodes aus
Gigabyte-schweren Sample-
Sets (Scarbee oder NI Elektrik
Piano) und Kandidaten mit
Physical Modeling (Apple
EVP88, AAS Lounge Lizard
3) gegenüber. Beide Ansätze
führen zu klanglich souverä-
nen Resultaten. Da Ladezeiten
entfallen, sind Physical-Mode-
ling-Pianos in der Notebook-
Live-Situation komfortabler.
Wie sich E-Pianos für aktuelle,
trendorientierte Musikstile auf-
bereiten lassen, zeigt Easy
Sounds mit dem neuen Pro-
dukt „KeyTraxx“ (www.easy-
sounds.de). Eher klassische
Pattern bieten „On The Rho-
des“ von Gmedia (www.gme-
diamusic.com) oder „Rhodes-
attack“ von Überschall (www.
ueberschall.de).
Hohner. Letzteres ist bekannt für seinen
drahtigen Sound, der überwiegend in Funk
und Soul rhythmisch verwendet wird.
Die folgenden Tipps beziehen sich meist
auf den Rhodes-Sound, sind aber auch
auf die anderen Modelle/Soundvarianten
anwendbar.
Ein modernes Schlagwort heißt Amping.
Schon mit einem Vorverstärker (Preamp)
lässt sich das von Natur aus trübe klingen-
de Rhodes transparenter gestalten. In den
70ern vermarktete die kleine US-Firma
Dyno-My-Piano sehr erfolgreich den Pro-
Piano-Preamp, der einen Vorverstärker mit
Equalizer kombinierte und so einen über-
aus glanzvollen Fender-Sound erzielte. Die-
ser Sound ist z.B. auf den Studioalben
von Al Jarreau, Withney Houston, Marvin
Gay, EWF und anderen zu genießen.
Live wurden E-Pianos in der klassischen
Ära über Gitarrenverstärker (populär wa-
ren Fender Twin Reverb oder der Roland
JC-120) gespielt. Neben dem Federhall
prägt auch hier das Amping den Grund-
sound. Es entscheidet also, welchen Cha-
rakter (etwa smooth und leicht angezerrt
oder hart und agressiv) das E-Piano be-
kommen soll. Wenn ein Rhodes-Preset
Ihres Klangerzeugers zu digital wirkt, ist
das Amping die erstbeste Hilfe, den Sound
zu verbessern. Sie müssen jedoch nicht
mit einem Kofferamp im Studio oder auf
der Bühne hantieren. Brauchbare Amps
finden sich in der Effektsektion und noch
differenzierter als Software (NI GuitarRig,
IKM AmpliTube, Izotope Trash). Die enor-
Tastenwelt 1/08
PRODUKT-TIPP
86