Kaufberater Effekte
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Typisches Floorboard eines Gitarristen mit vielfältigen Soundwünschen
Mehr Sound per Tritt
Effekte auswählen und organisieren
Der Gitarren-Sound lässt sich mit vielen bunten, lusti-
gen und total abgefahrenen Effekten garnieren oder
sogar völlig umkrempeln. Vor dem Kauf sollte man sich
genau überlegen, welche Effekte man wirklich braucht.
Geschmacksverstärker
Die bekanntesten Effekttypen lassen sich in
drei Grundkategorien unterteilen: dynami-
sche, modulierende und räumliche Effekte.
Zu den dynamischen gehören Geräte wie
Volume-Pedale (vor allem, wenn man sie
als „Schwellereffekt“ verwendet, um den
Anschlag auszublenden), Compressor,
Overdrive/Distortion und Fuzz, Wahwah, EQ-
Pedale und Booster aller Art. Diese Geräte
greifen mehr oder weniger massiv in den
„Charakter“ des Sounds selbst ein. Ich per-
sönlich nenne sie „Geschmacksverstärker“.
Daher gehören sie auch vor den
Verstärker – da arbeiten sie nämlich am
besten. Die beiden anderen Gattungen
machen den Sound breit und weich und
sind deshalb besser im Effektweg aufge-
hoben. Zu den Modulationseffekten gehö-
ren Dauerbrenner wie Phaser, Chorus und
Flanger, aber auch Pitch-Shifter/Harmonizer
und Tremolo, obwohl letzterer technisch ge-
sehen eigentlich ein dynamischer Effekt ist.
Delay und Reverb sind hingegen eindeutige
„Raum-Zeit-Effekte“, die das Klangbild ver-
längern und diffuser machen.
Einzelpedale & Multis
Effektgeräte gibt es in allen Formen, Farben
und Ausführungen. Zu den beliebtesten
gehören die kompakten Bodentreter, die
normalerweise einen Einzeleffekt pro Gerät
erzeugen. So kann man sich leicht und nach
Hier werden die Bodenpedale nicht „artgerecht“ aufbewahrt
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Gitarren Markt 2008/09
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eigenem Geschmack eine „Effektkette“ bas-
teln, die genau die Effekttypen und Geräte
beinhaltet, die man verwenden möchte. Das
ist einerseits sehr praktisch, da man jederzeit
auf einen bestimmten Effektparameter (wie
zum Beispiel das Tone-Poti am Overdrive
oder den Speed-Regler am Chorus-Pedal)
zugreifen und die gewünschten Effekte di-
rekt an- oder ausschalten kann.
Andererseits bringt jedes einzelne Gerät
ein eigenes Gehäuse (Stichwort Gewicht)
und die Verkabelung für das Signal und
den Strom mit – es sei denn, man benutzt
grundsätzlich nur Batterien, was aber ins
Geld geht und auch nicht gerade umwelt-
freundlich ist. Darüber hinaus ist eine lange
Kette von Geräten auch für das Signal selbst
nicht unproblematisch, da die meisten
Pedale auch dann den Sound beeinflus-
sen, wenn der Effekt gar nicht angeschaltet
ist. Das merkt man noch nicht unbedingt
beim ersten Pedal, aber die unerwünsch-
te „Signalverformung“ addiert sich und
verhält sich proportional zur Länge der
Effektkette.
Ab dem vierten oder fünften Pedal muss
man sich also wirklich Gedanken darüber
machen, wie man das „Effektbesteck“ sinn-
voll organisiert.
Sonderlösung für Soundverbieger
Der sauberste Weg ist, wirklich nur die
Geräte anzuschließen, die man auch wirk-
lich ständig benötigt. Dann sollte man aus-
probieren, welche Geräte sich weitgehend
klangneutral verhalten und welche nicht.
Handmade in Europe
Regius 7 Transparent Black
Die Regius 7 verfügt über eine zusätzliche tiefe H-Saite für
gewaltige Sound-Fülle. Mit der durchgehenden Halskon-
struktion, Sumpfeschekorpus und Riegelahorndecke bietet
sie eine tolle Optik. 2 Seymour Duncan Humbuckern und
ausgesuchte Hardware, feinster Verarbeitung sorgen für
super Sound. Bis ins feinste Detail ist die Regius 7 wie ihre
Schwestern aus der Regius Serie ein absolutes High End In-
strument für höchste Ansprüche zu einem mehr als fairen
Preis!
• 7-String mit tiefer H-Saite
• Sumpf Esche Korpus
• geflammte Ahorn Decke
• 11-teiliger Neck-Thru-Body Hals aus Ahorn, Mahagoni,
Wenge und Amazaque
• Ebenholz Griffbrett
• 24 Medium-Jumbo-Bünde
• 2 Seymour Duncan Invader Humbucker
• Multi-Bindings an Korpus,
Hals und Kopfplatte
• GraphTech Sattel
• Locking Mechaniken
• ABM Fixed Bridge (String-Thru-Body)
• Schaller SecurityLocks
• Finish: Transparent Black
• inkl. Case
Phaser – Chorus – Flanger – Detune
Obwohl diese Effekte technisch und von ihrer
Entwicklung her betrachtet teilweise extrem
unterschiedlich aufgebaut sind, lassen sie sich
ganz ähnlich einsetzen und werden heute im di-
gitalen Zeitalter auch häufig mit ganz ähnlichen
Algorithmen erzeugt. Alle arbeiten mit einer leichten
Tonhöhenverschiebung, die dem Originalsignal in
modulierter Form und leicht verzögert wieder zuge-
führt wird. Es entsteht eine Schwebung, die abhängig
von der Verzögerungszeit bestimmte Frequenzen
hervorhebt. Das klingt im Falle des Chorus- oder des
Detune-Effekts so ähnlich, als ob zwei Instrumente
das Gleiche spielen.
Der Sound wird breiter, weicher und angenehmer,
was vor allem bei cleanen Sounds gut kommt. Beim
Phaser klingt es eher wie eine metallische Reflektion
des Sounds. Dieser Effekt stammt aus den 70ern und
ist, subtil eingesetzt, fester Bestandteil eines coolen
„Funk-Licks“. Er ist aber auch gut geeignet, um einem
Leadsound eine neue Färbung zu geben, ohne ihn zu
sehr „aufzuweichen“, wie es bei Verwendung eines
Chorus-Effektes leicht passiert.
Psychodelic FX
Der Flanger-Effekt schließlich tönt entweder breit
und schwebend oder intensiv schwirrend, als wäre
das Signal in eine Zentrifuge oder Turbine geraten.
Weil man damit unter anderem das Geräusch eines
vorbeizischenden Luftfahrzeugs nachahmen kann,
nennt man ihn auch den „Jet-Effekt“. Er gehört auf
jeden Fall schon zu den ein wenig psychedelischen
Spezialeffekten, die sich mehr in den Vordergrund
spielen. Deshalb sollte man ihn auch nur dosiert
einsetzen.
Ähnliches gilt übrigens auch für so urtümliche
Effekte wie Uni-Vibe und Rotary (Leslie-Simula-
tionen). Diese sind allerdings ein Sonderfall, da sie
klassischerweise vor dem Verstärker platziert werden,
obwohl es sich ja eindeutig um Modulationseffekte
handelt. Wer jedoch auf den authentischen „klassi-
schen“ Sound à la Hendrix, Trower etc. besteht, packt
diese Effekttypen trotzdem vor den Amp.
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Raum-Zeit-Effekt
Grundsätzlich klingt ein räumlicher Effekt auf dem
Gitarrensignal immer besser als ein völlig „trocke-
ner“ Sound, vor allem wenn man allein spielt oder
einem die Band-Kollegen musikalisch viel Platz
lassen. Ist der Band-Sound dagegen eher kompakt
und direkt, sollte man vorsichtshalber lieber gleich
auf Hall- und Echo-Effekte verzichten. Und auch
sonst muss man sich darüber im Klaren sein, dass
die „Raumsimulation“ und der damit erzeugte
Raumeindruck in hohem Maße von den tatsächlichen
räumlichen Gegebenheiten abhängig ist.
Falls der Proberaum oder der Auftrittsort ohnehin
schon ziemlich „hallig“ klingt, sollte man sich also
mit entsprechenden Effekten sehr zurückhalten.
Sonst hört man hinterher nur noch eine undefinierte
Sound-Wolke.
Weniger ist mehr
Wer auch unter akustisch schwierigen Bedingungen
auf die Sound-Vergrößerung nicht verzichten kann,
sollte es eher mit einem einzelnen Delay (mit länge-
rer „Delay-Time“ und reduziertem „Feedback“) versu-
chen als mit einem Reverb-Effekt.
Dadurch wird der Klang präziser und weniger
diffus wiedergegeben. Normalerweise gilt also für
die Raumeffekte die Maxime „Weniger ist mehr“.
Manche gitarristische Spielarten wie Surf, Rockabilly
oder auch rhythmische Tricksereien à la The Edge
(U2) verlangen auch nach einem ganz bestimmten
Effektcharakter.
In diesem Fall ist der Effekt ein fester Bestandteil
des typischen Sounds oder auch der Spieltechnik.
Deshalb darf man den Effekt hier schon deutlicher
heraushören.
Für die ganz schlimmen Sound-Verbieger
(viele Wah-Pedale, aber auch einige kultisch
verehrte Verzerrer gehören dazu) sollte man
sich vielleicht eine Loop-Box (zum Beispiel
den „Little Lehle“) zulegen. Daneben gibt
es übrigens auch Kompaktpedale mit meh-
reren Effektfunktionen. Ab einer gewissen
Anzahl an Schaltern, Knöpfen und Reglern
oder zu steuernden Effektparametern (ge-
nau dafür braucht man sie ja) wird es damit
aber allmählich unübersichtlich.
In diesem Fall ist man doch mit einem
der Multieffekt-Boards besser bedient, die
vielfach angeboten werden. Diese bieten
außerdem den Vorteil, dass sie (zumindest
teilweise) programmierbar sind und man da-
mit verschiedene Effektkombinationen und
-einstellungen abrufen kann.
Wohin mit dem Multi?
Im Prinzip sind Multieffektboards wie Boss’
GT-Serie aus praktischen Gründen kaum zu
schlagen. Die Dinger sind schön kompakt,
man braucht nur eine Stromversorgung,
hat viele Effekte zur Verfügung, kann re-
lativ schnell nachregeln, verschiedene
Einstellungen programmieren und hat auch
die Fußschalter direkt vor sich.
So weit alles bestens, und solange man
so ein Board vor einen clean eingestellten
Verstärker schaltet, ist auch alles in Butter.
Schwierig wird es erst, wenn man die ge-
ballte Effektfülle mit einem übersteuerten
Amp(-Channel) zusammenbringen möch-
te. Solche Multieffektboards sind nämlich
für den Betrieb vor dem Verstärkereingang
konzipiert.
Nun klingen aber, wie zuvor schon ange-
merkt, Modulations- und Raumeffekte nicht
besonders, wenn man sie hinterher verzerrt.
Also schleift man das Ganze im Effektweg
des Verstärkers ein, der (hoffentlich) vom
Pegel so flexibel ausgelegt ist, dass er damit
klarkommt. Das funktioniert; allerdings kann
man hier nun die schönen Overdrive- und
Wahwah-Effekte des Multieffektprozessors
nicht verwenden. Deshalb haben einige die-
ser „Alleskönner-Boards“ selbst einen Loop,
um das doch noch hinzubekommen.
Signal auf der Reise
Das Instrument geht also zuerst ins Board,
von dessen Loop-Send (der schaltungstech-
nisch hoffentlich direkt hinter den „Dynamic
FX“ liegt) in den Verstärkereingang, von
dessen Effekt-Send in den Loop-Return
des Effektgerätes und schließlich von des-
sen Output zurück in den Effekt-Return
Bei Bodenpedalen ist alles erlaubt, natürlich auch ein Retro-Design
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des Verstärkers. So weit die Theorie, prak-
tisch hat man allerdings einige zusätzliche
Stolperfallen, sprich Kabel auf der Bühne
zu verlegen. Und dann gibt es häufig noch
ernste Probleme mit Brummschleifen (auf-
grund der mehrfachen Erdungsleitungen)
und dergleichen. Die Systeme sind also noch
nicht ganz ausgereift. Aber die Hersteller ar-
beiten daran.
19-Zöller für Effektprofis
Die professionellste Lösung bieten Effekt-
geräte in Rack-Bauweise. Wer auf eine mög-
lichst saubere Signalverarbeitung besteht,
viele umfassend programmierbare Effekt-
Sounds und eine optimale Anpassung an
den Verstärker verlangt – oder schlicht-
weg eine möglichst road-taugliche Anlage
braucht, ist bei den 19“-Prozessoren richtig.
Nachteilig ist, dass man zur Steuerung
ein zusätzliches MIDI-Board oder Controller-
Pedal benötigt, und dass die Geräte selbst
teurer und auch nicht so intuitiv zu bedie-
nen sind.
Der große Vorteil ist, dass das Gitarren-
signal nicht mehrfach vom Bühnenrand zum
Rack und zurück transportiert wird, sondern
alles eng beieinander bleibt und die Geräte
wie der Gitarren-Amp alle mit demselben
hohen Pegel arbeiten.
Leistungsfähige Multis
So entstehen kaum zusätzliche Neben-
geräusche, und die Anlage kann optimal
und sauber arbeiten, was auch den dyna-
Vorbildlich angeordnete Pedale – allerdings alle im selben Design
mischsten und transparentesten Sound er-
gibt. Viele moderne Multieffektprozessoren
sind im Übrigen so leistungsfähig, dass man
nur selten überhaupt mehr als ein Gerät be-
nötigt.
Wer allerdings mehrere Prozessoren oder
auch „normale“ Effektpedale miteinander
kombinieren will, kommt über kurz oder
lang nicht um ein gutes Looper/Switcher-
System herum. Dafür muss man heutzutage
aber auch keine Hypothek mehr aufneh-
men, um zu Bob Bradshaw (dem legendä-
ren Rack-Papst der 90er Jahre) nach L.A.
zu jetten. Anbieter wie Voodoo Lab/DMC,
Prostage oder Skrydstrup und einige weite-
re bieten die passenden Steuersysteme für
kleine und größere Anlagen.
Arne Frank
Aus ist nicht gleich aus
Leider verändern die meisten Pedale das Gitarrensignal
selbst bei deaktiviertem Effekt. Ein ernstes Problem ist
der sogenannte elektronische Bypass. Dabei durchläuft
das Signal im Off-Modus immer noch die Elektronik
des Gerätes, nur der eigentliche Effekt wird nicht
dazugeschaltet. Diese Bypass-Methode ist deshalb so
weit verbreitet, weil es die Herstellung des Gerätes
billiger macht. In manchen Fällen ist der Signalverlust
sogar noch verschmerzbar, doch sobald man mehrere
so beschaltete Pedale hintereinander hängt, gehen
Dynamik und Transparenz des Gitarrensignals flöten.
Deshalb werden hochwertige Geräte mittlerweile
zunehmend mit einem mechanischen „Hard Bypass“
ausgerüstet. Deaktiviert man den Effekt, wird hier
das Signal auf dem kürzestmöglichen Weg von der
Input- zur Output-Buchse geleitet. Bei nicht allzu gro-
ßen Effektansammlungen kommt man mit solchen
Geräten sehr gut klar.
Fit für die Reise
Was viele vergessen: Man verliert allein schon aufgrund
der zusätzlichen Kabelwege an Höhen. Wer etwa ein 6-
Meter-Kabel bis zum Effekt-Board und ein weiteres zum
Amp verlegt, hat effektiv mindestens eine Kabellänge
von 12 Metern.
Das hört man schon deutlich, und um das aufzu-
fangen, benötigt man einen Buffer-Amp, also einen
kleinen Pufferverstärker, der das Signal für die lange
Reise fit macht. Diese gibt es als Einzelgerät, etwa den
edlen VHT Valvulator II oder den preisgünstigen „Pickup
Booster“ von Seymour Duncan (wenn es nicht aufs
letzte i-Tüpfelchen Klangneutralität ankommt) oder
auch als zusätzlichen On-board-Bestandteil bei einigen
Effektgeräten etwa von Morley oder Moollon. Es lohnt
sich also unbedingt, exakte technische Informationen
über die geplanten Effektanschaffungen einzuholen,
damit man die Signalkette von vornherein sauber und
transparent aufbauen kann.
Denn was an diesem Punkt bereits verloren geht,
kann man natürlich auch am Verstärker nicht wieder
aufholen.
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