Technik Workshop guitar recording Treiber Anschluesse In
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g u i t a r - r e c o r d i n g
Treiber, Anschlüsse, Interface
Das perfekte Riff habt ihr eben aus
dem Handgelenk geschüttelt. Wie aber
stellt ihr sicher, dass ihr euch nach der
gebührenden Feier morgen früh noch daran
erinnern werdet? Also stellt sich die alles
entscheidende Frage: Wie nehme ich denn
nun meine Gitarre mit dem Rechner auf?
Völlig klar: Harddisk-Recording muss es sein, und
ein Computer steht auch schon da. Aber wo muss
man die Gitarre einstöpseln? Hinten in die Klin-
kenbuchse mit dem Mikrofonsignal? Aber die ist
doch viel zu klein. Und was brauche ich sonst noch?
Nur einen Rechner in der Ecke stehen zu haben,
der maximal zum Daddeln benutzt wird, reicht
also wohl doch nicht ganz. Der folgende erste Teil
unseres Recording-Workshops macht euch mit den
technischen Grundlagen und Bereichen vertraut.
Die entsprechende Produktkategorie nennt sich
Audio-Sequencer oder DAW (Digital Audio Work-
station). Hier gibt es eine stattliche Auswahl an
Anbietern. Die bekanntesten wären hier Digidesign
(Pro Tools, Mac/Win), Steinberg (Cubase, Nuendo,
Mac/Win), Apple (Logic, Mac), Cakewalk
(Sonar, Win), Ableton (Live, Mac/Win), Magix
(Samplitude, Win), Mackie (Tracktion, Mac/Win)
und MotU (Digital Performer, Mac). Oft gibt es die
Produkte in größeren und kleineren Varianten.
Als Einsteiger seid ihr dabei oft mit der kleinsten
Variante bereits gut bedient.
Manche Audio-Sequencer stellen bei der Arbeit
ein musikalisches Takt-Raster in den Vordergrund,
andere verfolgen traditionell eher den Ansatz
einer Bandmaschine, die nur die Abspielzeit
kennt. Wieder andere Produkte haben es sich
zum Ziel gesetzt, als Computersoftware auch die
Anforderungen an einen Bühneneinsatz zu er-
füllen.
Als weltweiter Studiostandard gilt gemeinhin
Digidesigns Pro Tools, das in unzähligen großen
Produktionsstätten mit maßgeschneiderter Hard-
ware als digitaler Ersatz für die gute alte analoge
Der Sequencer
Grundsätzlich gibt es viele Software-Produkte,
die in der Lage sind, Audio auf die Festplatte
aufzuzeichnen. Um allerdings im musikalischen
Kontext arbeiten zu können, darf es ruhig etwas
mehr sein. Genauer: Euer Programm sollte mit
mehreren Spuren umgehen können, denn nur so
könnt ihr gleichzeitig ein Playback abspielen oder
euer Riff mit einem Solo garnieren.
Digitale Bandmaschine und Mischpult in einer Einheit: Pro-Tools-Software
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guitar
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guitar-recording
Basses benötigt ihr einen so genannten Hi-Z-
Eingang, also einen Eingang mit einer hohen
Eingangsimpedanz. Andernfalls stimmt die Ab-
stimmung zwischen Gitarre und Eingang nicht,
und es wird euch etliches an Sound flöten gehen.
Für Mikrofone braucht ihr die entsprechenden
Preamps, die außerdem, falls notwendig, eine
Versorgungsspannung für hochwertige Konden-
satormikrofone liefern sollten. Line-Eingänge eig-
nen sich für Geräte mit höherem Ausgangspegel.
Hier wird etwa ein Mischpult angeschlossen,
aber auch ein Pod oder Sansamp. Übrigens:
Ein Mischpult hat in vielen Fällen bereits
Mikrofonvorverstärker eingebaut!
Für den Ausgangsbereich sieht es ähnlich aus.
Eure persönlichen Anforderungen bestimmen die
Bestückung des Audio-Interface. Oft reicht ein
einfacher Stereoausgang für eure Monitor-
lautsprecher. In anderen Fällen möchtet ihr aber
vielleicht auch euren Bandkollegen unabhängige
Miniatur-Komplettlösung: Die Digitdesign Mbox mini bietet universelle
Anschlussmöglichkeiten für Stereoaufnahmen. Abgehört wird in Stereo und
über den eingebauten Kopfhörervorverstärker. Der Clou: Im Lieferumfang ist
die Produktionssoftware Pro Tools LE enthalten
Bandmaschine fungiert. Gleichzeitig bedient man
mit den kleineren Versionen Pro Tools LE und
Pro Tools M-powered auch den Einsteiger- und
Heimbereich und ist dabei voll kompatibel in
Dateiformat und Arbeitsweise.
gleichzeitig
aufnehmen
können möchtet. Es könnte
ja immerhin sein, dass eure
Freundin zu eurem aktuellen
Titel einen Text ins Mikrofon
hauchen möchte. Ihr solltet
auch nicht schon nach einem
Monat feststellen müssen, dass
ihr ein Gerät mit zwei Eingängen
erworben habt, obwohl ihr gern
die ganze Band live beim Auftritt
oder im Proberaum und dazu
auf Einzelspuren aufnehmen
würdet.
Erster Überblick
In diesem Zusammenhang ein schneller Über-
blick über die Audioschnittstellen: Für die
Direktaufnahme einer E-Gitarre oder eines
Was nötig ist
Während der Sequencer die Rolle des Tonbands
übernimmt, muss der Computer erst zur digi-
talen Bandmaschine aufgerüstet werden. Ihr
solltet also über eine aktuelle Festplatte mit
mehreren Gigabyte freier Kapazität verfügen.
Für eine Aufnahmeminute könnt ihr mit einem
Speicherbedarf von 7,5 MB pro Monospur (44.1
kHz, 24 Bit) rechnen.
Widmen wir uns nun dem Weg in den Rechner:
Das Audio-Interface entscheidet nicht nur maß-
geblich über die Klangqualität, sondern auch über
die Anzahl und Art der verfügbaren Ein- und
Ausgänge. So gut wie kein Rechner bietet ab Werk
mehr als einen Stereoeingang und -ausgang. Dazu
erfüllt diese Standardbestückung nur in absoluten
Ausnahmefällen die Anforderungen, die man sich
wünscht. Abstriche gibt es in der Klangqualität,
bei der Art der Anschlüsse, einer fehlenden
Pegelaussteuerung und, vor allem unter Windows,
einem schnellen Treiber. Letzterer stellt sicher,
dass ihr eure Gitarre nicht mit einer störenden
Verzögerung aus den Monitorlautsprechern hört.
Diese Verzögerung nennt man Latenz. Kurz: Um
den Erwerb eines Audio-Interface kommt ihr
eigentlich nicht herum.
Bei der Auswahl sind mehrere verzahnte
Kriterien zu beachten. Zunächst solltet ihr euch
die Frage stellen, wie viele Instrumente ihr
billiger kaufen...
frei Haus
Der Music Store....ca. 13.000m2 Lager,
Service-, Demofläche
Modelingamp und Interface in Personalunion: Line 6 Pod X3
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Kopfhörermischungen spendieren oder gar auf
einem analogen Mischpult die abschließende Ste-
reomischung durchführen.
Ebenso wichtig ist die Art der Integration des
Audio-Interface an den Rechner, der älter, neuer,
stationär oder als mobiles Notebook vorhanden
sein kann. Ganz abgesehen vom nahezu religiösen
Glaubenskrieg um das Betriebssystem. Derzeit
gilt: Mac OS X 10.4 und Windows XP sind die
Plattformen der Wahl, wenn es um erprobte
Technik geht. Doch zurück zu den Anschlüssen.
Folgende Anschlüsse kommen in Frage:
exzellentes
Preis-Leistungs-Verhältnis
– ihr zahlt kein teures Gehäuse. Es
gibt eine große Auswahl an
PCI-Karten, allerdings sind
sie nicht kompatibel mit
den aktuellen Rechnern der
Mac-Pro-Serie. Es gibt eine
Sonderform namens PCIx
mit höherem Datendurchsatz.
Die Mobilvariante des PCI-Slots
hört auf den Namen Cardbus.
Hier findet man eine eher geringere
Auswahl an Audio-Interfaces.
PCI
Hiebei handelt es sich um ein rechnerinternes
Erweiterungssystem auf Steckkartenbasis, der
Computer muss für den Einbau also geöffnet wer-
den. Es ist schnell und für große Kanalkapazitäten
geeignet. In kleiner Ausbaustufe bietet es oft ein
PCIe
Das Nachfolgeformat von PCI ist schneller, aber
ebenfalls auf stationäre Systeme beschränkt. Erste
Audio-Interfaces sind verfügbar. Auch hier gibt
es eine Mobilvariante, den Express-Card-Slot.
Preisgünstige Lösung für den
USB-Port: Tascam US-144
Für diesen Slot sind bisher keine Audio-Interfaces
verfügbar.
USB
In seiner ursprünglichen Version für den An-
schluss von Maus, Tastatur und Drucker gedacht,
ermöglicht USB 1.1 die Übertragung von zwei
Ein- und Ausgängen in CD-Qualität zum und
vom Rechner. Der Betrieb ist einfach, und eine
Stromversorgung der Hardware über den USB-
Bus (Buspower) ist möglich. Für USB gibt es
eine Vielzahl an Audio-Interfaces, die sich an
Einsteiger wenden.
Der Nachfolger USB 2.0 hat im Idealfall den
vierzigfachen Datendurchsatz (480 Mbit/s) und
eignet sich daher auch für Mehrspuraufnahmen
in hohen Auflösungen. Eine gute Variante
für mobilen Einsatz. Trotz mehrjähriger Stan-
dardetablierung existiert allerdings immer noch
ein vergleichsweise geringes Geräteangebot.
Firewire
Wie USB 2.0 ist Firewire ein schnelles Daten-
übertragungsprotokoll (400 Mbit/s), das kon-
zeptionell sogar für den Audio/Videobereich
entwickelt wurde. Wie bei USB gibt es bei
Firewire die Möglichkeit von Buspower, also der
Stromversorgung von der Peripherie über den
Rechner, was den Mobilbetrieb erleichtert. Hier
wird sogar eine höhere Spannung als bei USB
bereitgestellt, was für Mikrofonvorverstärker und
Komplettes Projektstudio und Software-Steuereinheit
über einen einzigen Firewire-Anschluss
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PCI-Karten bieten hohen Datendurchsatz bei günstigen Preisen – zum Beispiel die
M-Audio Delta Audiophile 192
anspruchsvolle Elektronik relevant sein kann, die dann mit einem höheren
Rauschabstand arbeiten kann.
Leider relativiert sich dieser Vorteil allzu häufig, weil die FW-Schnittstelle
nicht in jeder Variante Buspower liefert. Gut, wenn man einen mobilen Mac
nutzt. Allerdings wird die doppelt so schnelle Firewire-800-Variante bisher
nur durch den Hersteller RME mit einem Audio-Interface unterstützt.
Wichtiges Bindeglied: der Treiber
Die Brücke zwischen Audio-Interface und Rechner stellt der Treiber dar. Er
ist dafür zuständig, die ein- und ausgehenden Daten zuverlässig und schnell
vom Audio-Interface in den Sequenzer und umgekehrt zu schleusen. Die
Anforderungen an einen solchen Audiotreiber sind besonders anspruchsvoll,
denn im Unterschied zu einem Drucker ist es fatal, wenn die Daten irgendwo
mal eine Sekunde verweilen müssen, weil ihr gerade eine fette E-Mail öffnet.
Der Treiber sollte also immer unterbrechungsfrei laufen und dazu einen
möglichst schnellen Weg gehen. Immerhin möchtet ihr euer Aufnahmesignal
ja auch möglichst schnell aus den Lautsprechern hören.
Konzeptionell sind die externen Varianten USB/Firewire in der Reak-
tionszeit minimal im Nachteil gegenüber der rechnerinternen Lösung, da
die transferierten Daten häufiger zwischengespeichert werden müssen. Und
ein Puffer kostet eben Zeit. Wesentlich relevanter ist allerdings die Qualität
des Treibers selbst. Er sollte entweder Standards wie ASIO (Windows XP/
Vista) oder CoreAudio (OS X) entsprechen oder über ein maßgeschneidertes
Protokoll angebunden werden (DAE für Digidesignprodukte). Bitte nutzt nicht
die Windows-Standardtreiber (MME, Direct X) – das macht keinen Spaß! Es
dauert viel zu lange, bis die Daten in eurer Software angekommen sind.
Im Extremfall und bei Monitoring über den Sequenzer kann es sein,
dass ihr bis zu einer Sekunde darauf warten müsst, bis ihr etwas hört. Eine
besondere Variante stellen Effektprozessoren oder Modelinggeräte wie der Pod
X3 da. Moderne Geräte stellen eine USB-Schnittstelle zum direkten Anschluss
an den Rechner bereit. Hier ist ein separates Audio-Interface unter Umständen
nicht mehr notwendig, zumindest nicht für den Aufnahmevorgang.
So sieht es aus
Um einen minimalen technischen Hintergrund kommt ihr bei der Vorbereitung
eures Rechners für die Aufnahme nicht herum. Immerhin wurde der so
genannte Personalcomputer ursprünglich als Bürowerkzeug konzipiert, soll
inzwischen die Anforderungen einer Multimediazentrale erfüllen und, in
eurem Fall, ein kleines Tonstudio abgeben. Neben eurem Budget solltet ihr
also bis zur nächsten Workshop-Folge über folgende Dinge nachdenken:
a.
Wie viele Spuren
möchte ich gleichzeitig aufnehmen können?
b. Wie möchte ich
technisch aufnehmen
(direkt, über ein Mischpult, über
Mikrofone)?
c. Soll mein
Audiosystem mobil
sein?
d. Wie ist mein
Rechner ausgestattet?
e. Worauf habe ich bei einem
neuen Rechner
zu achten?
g
Ulf Kaiser