Toneguide Feinschliff fuers Signal EQ Line Driver und Tr
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t o n e g u i d e
Feinschliff fürs Signal –
EQ, Line-Driver & Treble-Booster
Am Ende jeder kurzen oder noch so langen Effektkette steht der Verstärker. Für heute wollen
wir die spektakulären Spezialeffekte deshalb ruhen lassen und das arme Gitarrensignal mal
Arne Frank
nicht durch die Zentrifuge jagen. Stattdessen päppeln wir es lieber wieder auf.
anderen Band schiebt nach einigem Diskutie-
ren einen Roland-Jazz-Chorus-Combo auf die
Bühne, Horror! Tja, das war’s dann wohl mit
dem gewohnten Röhrensound für heute Abend.
Es sei denn, man könnte das ganze schöne FX-
Setup mal eben schnell an den „Transistorheinz“
anpassen. Nur wie ...?
Sorry, aber das muss jetzt alles durch
die Input-Buchse ... tja, welch erhellende
Erkenntnis! Das klingt so selbstverständlich,
dass man es glatt vergessen könnte. Und
dennoch: Wer sein Effektsortiment in mühe-
voller Kleinarbeit ausgesucht und eingestellt
hat, möchte natürlich, dass das Signal letztlich
auch in Bestform am Verstärker ankommt
und dort optimal verarbeitet wird. Eigentlich
sollte das bei geeigneter Auswahl der bisher
beschriebenen Gerätschaften überhaupt kein
Problem sein – sollte man meinen. Dennoch
gibt es Fälle, bei denen man noch ein bisschen
nachhelfen muss. Sehen wir uns das „Wie“ und
„Warum“ dazu mal an.
Wie hoch ist dein EQ?
Anpassungsfähigkeit sichert das Überleben,
nicht nur in der Evolution, sondern auch im
Music-Biz. Was das heißen soll? Tusch, Fanfare,
Trommelwirbel – es schlägt die Stunde des
tretbaren Equalizers! So ein EQ ist ja prinzipiell
nichts anderes als ein (mehr oder weniger) li-
nearer Aufholverstärker, bei dem das Signal in
einzelne Frequenzabschnitte aufgeteilt wird, die
man dann separat anheben oder absenken kann.
Und solche Schaltungen gibt es eben nicht nur
als Klangregelung im Verstärker, sondern auch
als externe Stand-Alone-Einheit, so auch im
Bodentreterformat. Diese Teile sind meistens
als sogenannter Graphic-EQ ausgeführt. Das
heißt, dass die einzelnen Frequenzbänder
Kerry Kings tätowierter Signature-EQ
am heiß geliebten Marshall-Röhren-Top aus-
gerechnet die blöde Hauptsicherung durch.
Leider findet sich im mobilen Ersatzteillager
so ziemlich alles andere – vom EL34-Quartett
über die 100 Meter Ersatzkabel, das Kilo
frischer Plektren und zehn Sätze Saiten – nur
eben keine passende Sicherung mehr. Kurz,
ein Ersatzverstärker muss her. Da kann man
natürlich nicht wählerisch sein und muss neh-
men, was man kriegt. Der Kollege von der
Mamma mia –
das iste gar nischt meine Amp
Shit happens! Da hat man sich für den Open-
Air-Gig penibel alle nötigen Effekteinstellungen
notiert und alles schön vorjustiert, die Pegel
angepasst, alle Klangabstufungen minutiös aus-
balanciert, und dann knallt beim Soundcheck
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toneguide
von kleinen Schiebereglern gesteuert
werden, deren Positionen im Einsatz
dann gewissermaßen eine grafische
Darstellung der EQ-Kurve ergeben.
(Nähere Ausführungen hierzu gab es
übrigens bereits im Toneguide der Juli-
Ausgabe von guitar 2006.)
Mit einem solchen EQ-Pedal lässt
sich nun unser Signal am Ende der Ef-
fektkette bearbeiten, um beispielsweise
die klanglichen Eigenheiten eines
fremden Verstärkers auszugleichen.
Zugegeben, das erfordert ein wenig
Fingerspitzengefühl und Konzentration,
aber die Mühe lohnt sich. Wer
George Miles’ Graphic EQ fürs
beispielsweise im Ausland tourt und
einfache Volk
auf eine wechselnde geliehene Backline
angewiesen ist (für viele Berufsmusiker
alltägliche Realität), ist froh, wenn er wenigstens seine liebgewonnenen
Overdrive- und Effektpedale nutzen kann. Mit dem eigenen Sound
fühlt man sich eben auch auf fremden Bühnen gleich etwas heimischer.
Natürlich gehört schon ein wenig Übung dazu, damit der gesamte Effekt-
Mix mit unterschiedlichen Verstärkern funktioniert. Aber ein gutes EQ-
Pedal macht die Anpassung auf jeden Fall wesentlich einfacher. Wir
wollen selbstverständlich dennoch nicht verschweigen, dass diese Geräte
vielfach auch an anderer Stelle verwendet werden.
Equalizer oder lauter?
Ein beliebter Einsatzbereich ist die nachträgliche Klangbearbeitung
eines Overdrive- oder Distortion-Effekts. Einige besonders kultige Brat-
büchsen klingen an sich sehr cool und charakterstark, wirken aber in
bestimmten Situationen unten herum ein wenig zu dünn, zum Beispiel
der legendäre Tubescreamer. Manchmal möchte man auch das vom Fuzz
entfachte Obertoninferno ein wenig besänftigen und entschärfen, damit
der Sound nicht allzu unbarmherzig sägt. EQ-Pedal dahinter, die passende
Frequenz anvisiert und Pegel angepasst – gleich klingt das Ganze viel
musikalischer! Ebenso gut kann man den EQ natürlich auch ans andere
Ende der Effektkette verfrachten und direkt hinters Instrument klemmen.
So lässt sich das Ausgangssignal der Tonabnehmer bei Bedarf wirkungsvoll
umkrempeln und der Pegel anheben oder absenken.
Zwar macht man damit aus einem Singlecoil noch keinen Humbucker
oder umgekehrt, dennoch lässt sich der Sound deutlich in die gewünschte
Richtung „druckvoller/fetter“ oder „heller/transparenter“ lenken. Hierfür
eignen sich auch EQ-Varianten mit normalen Drehreglern. Am besten
klappt das mit einer (semi-)parametrischen Klangregelung, bei der die für
die Gitarre so wichtigen Mittenfrequenzen in Pegel, Bandbreite und Fre-
quenz regelbar sind, wie etwa beim Equalizer-Pedal von Moollon. Ob para-
metrischer oder Graphic-EQ: In jedem Fall sollte man die Regler immer
vorsichtig justieren und es nicht übertreiben, sonst wird der Klang schnell
unnatürlich. Wir wollen ja nicht, dass unsere Gitarre nachher wie Posau-
nen-Sounds aus einem billigen Keyboard klingt.
wenn man wirklich nur den Pegel
stabilisieren möchte – was
gar nicht so selten vorkommt:
Typischerweise
verwendet
man solche Geräte wie den
guten alten „Micro Amp“ von
MXR oder den „SFX-1 Pickup-
Booster“ von Seymour Duncan
etwa am Anfang einer langen
Effektkette, damit das Signal gleich
zu Anfang optimal aufbereitet und
so gestärkt wird, dass es die Reise bis
zum Verstärker ohne Verluste bewältigt.
Das Gerät übernimmt in diesem Fall die
Anpassung an die Gitarrenelektronik und
bleibt deshalb permanent eingeschaltet. Ob
man das Signal dabei „nur“ auffrischen oder
auch lauter machen möchte, hängt ganz vom
MXRs uriger Micro
nachgeschalteten Equipment ab.
Amp macht das
Des Weiteren nutzt man ein linear arbeiten-
Signal größer
des Gerät als Buffer (englisch für „Puffer-/
Aufholverstärker“), um das Signal eines eher
leisen in der FX-Loop des Verstärkers eingeschleiften Effektgerätes auf das
hier übliche Line-Level zu pushen (deshalb nennt man die Dinger häufig
auch „Line Driver“), und ganz generell, um Pegelverluste auszugleichen.
Darüber hinaus kann man damit einen passiv ausgerüsteten E-Bass oder
den schlappen Sound eines einfachen Piezotonabnehmers fürs Mischpult
aufbereiten. Sämtliche Möglichkeiten lassen sich in diesem Rahmen
leider gar nicht aufzählen, geschweige denn beschreiben.
Aber noch mal zurück zum EQ-Pedal. Statt nur linear zu boosten,
bietet es sich ja geradezu dafür an, die passende Frequenzkurve für satt
singende Leadlines zu suchen. Wir erinnern uns: Die charakteristische
Im Turbo-Gang
Sehr effektiv ist ein EQ außer-
dem als „Solo-Boost“ vor dem
Amp oder Verzerrerpedal. Am
einfachsten geht das, wenn
man die EQ-Linie flach belässt
und nur die Ausgangslautstärke
anhebt.
Für
solche
Einsätze
gibt es allerdings auch diverse
Spezialgeräte, sogenannte „Linear-
Booster“ oder „Line-Driver“, die das
Signal möglichst unverfälscht verstärken
und sich ansonsten praktisch klangneutral
verhalten sollen. Das ist besonders wichtig,
Moollon setzt auf
Semiparametrik
guitar
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„Stimme“ der E-Gitarre ist
in den Mitten zu finden.
Darauf sind unsere Verstärker
abgestimmt, und das kann man
sich zunutze machen: Man
kappt ein wenig die Höhen und
die Bässe und hebt dafür die
mittleren Frequenzen und den
Output-Level an, schon singt
die Gitarre wie ein Vögelchen.
Das machen viele Profis nicht
anders. Selbst „echte Helden“
wie St.-Paula-Fan Slash oder
Slayers Kerry King, der gleich
ein eigenes MXR-Signature-
Pedal sein Eigen nennt, fah-
ren damit gern im „Turbo-
Gang“. Okay, zugegeben, viele
erzielen einen ähnlichen Ef-
fekt mit einem quasi clean
eingestellten Overdrive-Pedal
oder dergleichen (siehe hierzu
auch Toneguide in guitar
4/07), andere mit einem simp-
ler aufgebauten Mid-Booster
oder sogar mit einem Wah-
wah-Pedal. Allerdings lässt
sich der „sweet spot“ in der
Regel mit einem Graphic-EQ
noch exakter anvisieren. Der
Eigencharakter der Gitarre
bleibt so besser erhalten. Der
Rest ist natürlich, wie so oft,
reine Geschmacksache.
leiden, sondern bestehen
auf passive Singlecoils im
Vintage-Style. Zweitens ar-
beiten einige davon mit den
urtümlichen
Germanium-
Chips, einem technisch längst
veralteten Halbleiter, der in
der Tat einen erstklassigen
Sound abliefert, sich bei
wechselnden Temperaturen
jedoch leider auch ziemlich
unberechenbar verhält (Ger-
manium-Fans nennen das
„temperamentvoll“).
Zum Dritten ist der un-
gezügelte Output eines Treble-
Boosters nicht ohne wei-
teres für jeden Amp, ge-
schweige denn für andere
Peripherie geeignet. Wer also
todesmutig einen originalen
Treble-Booster-Schaltkreis
vor seine Effektkette oder
den
Multieffektprozessor
schnallt,
riskiert
einen
Totalschaden! In aller Regel
ist der beste Platz für diese
archaische Booster-Gattung
direkt zwischen Gitarre und
Verstärkereingang, alle ande-
ren Effekte sind also un-
erwünscht. Nur da können
die Dinger optimal arbeiten.
In einem umfangreicheren
Effektfuhrpark gehören sie,
allein schon aus Sicherheits-
gründen, ans Ende der Signal-
kette. Das ist natürlich schade,
weil man damit die wichtig-
ste Funktion, die Optimierung
des
Tonabnehmersignals,
nicht nutzen kann. Abhilfe
schaffen hier moderne, regel-
bare Booster-Typen, die eben
ausdrücklich auch für andere
Einsatzzwecke
zugelassen
sind.
Trouble-Biester?
Die Idee, das Gitarrensignal
BSM lässt die rockende
mit irgendwelchen lustigen
Urzeit aufleben
kleinen Verstärkerschaltungen
aufzumotzen, ist nicht neu.
Eine der urigsten Gerätschaf-
ten dieser Gattung ist der noch
aus den Sixties stammende
Treble-Booster (siehe auch
Toneguide, guitar 4/07). Brian
May befeuert damit seine Vox-
AC30-Combos. Gleiches hörte
man auch vom seligen Rory
Wieso „angepasst“?
Gallagher oder von Robin
Trower (der allerdings Plexi-
Wie wir gesehen haben,
Marshalls bevorzugt) und
gehört eigentlich auf jedes
zahllosen weiteren Helden der
Pedalboard ein guter EQ.
Blues-Rock-Ära. Wer einen
Es handelt sich um die
puristischen Röhrenverstärker
Universalwaffe schlechthin,
alter Bauart besitzt und diesen
dezent, zurückhaltend, aber
zu stärkerer Übersteuerung
im Ernstfall beherzt zugrei-
anregen möchte, könnte es
Duncans SFX-1 ist Linear-
fend. So manch verfahrene
damit versuchen. Das ist
und Midboost zugleich
Situation kann man damit
schon lässig, wenn man keine
ehrenvoll retten.
Kanalumschaltung mehr braucht: Der Booster
Aber auch darüber hinaus gibt es noch
übernimmt die Anpassung und „befreit“
eine ganze Menge weiterer Geräte, die das
gewissermaßen das Volume-Poti an der Gitarre.
Gitarrensignal für wechselnde technische und
Man regelt also alles Weitere, von clean bis
klangliche Gegebenheiten anpassungsfähiger
„volle Lotte“, direkt am Instrument.
machen. Diesen Bereich werden wir beim
Aber Vorsicht – Treble-Booster sind häufig
nächsten Mal noch ein bisschen „boosten“.
ganz schön zickige Biester! Erstens mögen die
Bis dann!
g
meisten weder Humbucker noch Aktivelektronik
Arne Frank