Tune it yourself Die Lackierung von farblos bis transpar
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tune it yourself
Die Lackierung: von „farblos”
bis „transparent hochglänzend”
Mit der Thematik Gitarrenlackierung begibt man sich auf sensibles Terrain,
da es ein Bereich des Gitarrenbaus ist, bei dem immer wieder Fachbegriffe
mit einer gewissen Mystik für allgemeine Verunsicherung sorgen. Sind schon
die Geigenbauer – gelinde gesagt – „eigen“, wenn es um den Lackaufbau
bei ihren Instrumenten geht, verspricht auf dem Gitarrensektor der Begriff
„Nitro“, der Garant für beste Soundentwicklung zu sein.
Doc Schneider
Man könnte den Eindruck bekommen, dass es
für einen Moment ganz still wird, sobald sich Holz
und Nitrolack vereinen: Dann zuckt ein Lichtblitz
mit der Intensität einer Supernova, und ein sche-
menhaft zu erkennender Kobold mit der Frisur
von Jimi H. verwandelt die Molekularstruktur des
Holzes in ein schwingungstechnisches Perpetuum
mobile. Wenn man ganz fest daran glaubt, gibt
sich der Kobold richtig Mühe – und es entsteht die
„Thin-Skin“-Nitrolackierung in „Real Nitro“, mit
der die Gitarre natürlich noch besser schwingt.
Einfach fabelhaft.
Da ich mein letztes Märchenbuch in den 60er
Jahren verschlungen habe, fehlt mir nach gut 20
Jahren Handwerk der Glaube an solche Mysterien.
Egal! Trotzdem erzeugt die angeschnittene Dis-
kussion in vielen TIYern den Wunsch, eine Gitarre
(meist den Korpus) mal selber zu lackieren. Dann
vielleicht sogar in Nitro, um „das Beste“ für den
Sound der Gitarre zu tun.
Um auch nur annähernd darzustellen,
auf was für eine Arbeit man sich da einlässt,
werde ich exemplarisch beschreiben, wie eine
Korpuslackierung vor sich gehen könnte. Der
interessierte Leser bekommt so eine Menge
Hintergrundinfos mit auf den Weg, der willige
TIYer erhält praktische Tipps.
Ausgangssituation:
Bodyrohling in Sumpfesche
Ziel:
Hochglanzlackierung in Transparentblau
Material:
Nitrolack
Abgesehen von den Vorschusslorbeeren der
Fachwelt hat Nitro für den TIYer einen entschei-
denden Vorteil: Er härtet durch das Ausdünsten
von Lösungsmitteln aus, braucht also keinen
Härter. In den meisten Nitro-Lacksystemen reicht
für die unterschiedlichen Lacktypen (Grundierung
und Überzug) ein Typ Verdünnung aus. Andere
Lacksysteme, etwa PUR, benötigen gegebenenfalls
verschiedene Härter für Grundierung und Über-
zug sowie unterschiedliche Verdünnungen. Bei
einer Lackierung auf Nitrobasis geht es also mit
etwas weniger Materialaufwand.
welche Lackhersteller angeboten werden. Man
kann dann mit Hilfe der oftmals existierenden
Internetseite plus der meist kompetenten
Fachberatung das richtige Produkt zusammen-
stellen und erwerben.
verwendet. Für moderne Lacksysteme gibt es
Pulver, die der Grundierung beigemischt werden
und somit den Festkörperanteil erhöhen. Ich
verwende zum Porenfüllen ein PUR-System. Das
funktioniert sehr gut, ist aber auch aufwendig, da
man zusätzlich zum Lack noch andere Zutaten
ranschaffen und bezahlen muss.
Abb. 1:
Sumpfesche: schöne Maserung, aber auch
tiefe Poren
Betrachtet man sich die Sumpfesche genau,
fallen die recht großen Holzporen sowie die
ausgeprägte Maserung auf (Abb.
1).
Um eine
spiegelglatte Hochglanzfläche zu erzeugen,
müssen die Poren gefüllt und die Unebenheiten
des Faserverlaufes ausgeglichen werden. Schon
in diesem ersten Schritt wird die Grundlage für
eine gute Oberfläche definiert.
Würde man jetzt mit dem Pinsel so viel Lack
wie möglich auftragen, um die Fläche glatt zu
bekommen, tritt der erhoffte Erfolgszustand nicht
ein. Das Holz saugt den Lack einfach auf, und
der zu dicke Lackauftrag kann zur Blasenbildung
führen – also: falscher Ansatz. Die Poren werden
am besten mit einer Mischung aus Lack und
speziellem Porenfüllpulver gefüllt (Abb.
2).
Abb. 3:
Der TIY-Porenfüller: Holzpaste, verdünnt
und mit dem Lappen aufgetragen
Gute Erfolge soll man erzielen, wenn man was-
serlöslichen Holzkitt (den aus der Dose,
Abb. 3)
etwas mit Wasser verdünnt und eine Paste
herstellt. Diese Paste wird mit einem Lappen auf
dem Korpus verrieben, so dass die Paste gut in
die Poren hineinmassiert wird. Nicht nur auf der
Fläche, sondern auch an den Kanten.
Nach Trocknung über Nacht den Korpus
sorgfältig mit 220er Papier nachschleifen, und
man erhält eine glatte Fläche, bei der die Poren
mit Holzkitt (den es ja auch in verschiedenen
Farben gibt und der somit an die Holzfarbe des
Bodys angepasst werden kann) gefüllt sind. Ich
rate dazu, den Holzkitt nicht zu dick auf dem
Holz stehen zu lassen, sonst ist das Schleifen
hinterher ein riesiger Akt.
Abb. 2:
Porenfüllpulver erhöht den Festkörper-
anteil beim Lackaufbau
Die Verwendung von Porenfüllern (englisch: „grain
filler“) hat eine lange Tradition. Schon in früheren
Jahrhunderten wurde zum Beispiel Gips („Plaster
of Paris”) als Porenfüller für Schelllacksysteme
Die Grundierung
Nun kann mit dem Auftrag der Grundierung
begonnen werden. Die Grundierung ist ein
Lacktyp, der so eingestellt (zusammengesetzt) ist,
dass er die Lackoberfläche möglichst füllkräftig
aufbaut. Das geht prinzipiell natürlich auch mit
dem Pinsel, aber effektiver ist das Auftragen
mit einer Spritzpistole. Gute Spritzpistolen sind
Materialbeschaffung
Woher bekommt man überhaupt Nitrolacke?
Grundsätzlich rate ich von Baumarktprodukten
ab. Der Fachhandel für den Schreinereibereich ist
eher die richtige Adresse. Es gilt herauszufinden,
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werden nun wieder in mehreren Sessions (bei
vorsichtigem Zwischenschliff) so viele Klarlack-
schichten aufgetragen, bis die Fläche geschlossen
und plan ist.
Anders als bei Autolackierungen, bei denen
eine leichte „Orangenhaut“ akzeptiert wird
(schräg gegen das Licht betrachtet, wirft der
Lack kleine Krater), muss eine gute Oberfläche
bei Musikinstrumenten plan sein. Wenn sie im
Laufe ihres Alters in die Holzstruktur einsackt, ist
das okay. Beispiel: die Jahresringe bei Western-
gitarren mit Fichtendecke.
Eine Kraterlandschaft wirkt jedoch nicht pro-
fessionell und hat auch nicht den gewünschten
Glanzgrad oder die geforderte Farbtiefe.
Freundeskreis zu ergattern) oder ein Handpolierer
mit Polierköpfen und im Abschluss einer Lamm-
fellhaube (Abb.
10).
angedachten Beispiel der Farbton vielleicht
etwas dunkler ausfallen als gewollt, um den
Grünstich zu besiegen – learning by doing
eben ... Auch der farbige Lack braucht ca. vier
Schichten, um einen tiefen Blauton zu liefern.
Hierbei ist Zurückhaltung das oberste Gebot.
Nach dem ersten Lackauftrag wird die grünlich
schimmernde „Sprenkeloberfläche“ förmlich
dazu verleiten, die Pistole bis zum Anschlag
durchzudrücken und zu sprühen, was das Zeug
hält. Es werden interessante Tropfenformationen
auf grünem Grund übrigbleiben – Finger weg
vom Abzug! Dünn auftragen und wieder fünf
Minuten ablüften lassen. Dann wieder ein dünner
Lackauftrag und ablüften lassen, bis sich nach
und nach eine blaue Farbschicht aufbaut. Ist der
Farbton getroffen, den Korpus weghängen und
über Nacht durchtrocknen lassen.
Geduld und Spucke
Der Lesende könnte nun meinen, dass eine
Lackierung ein interessantes und lohnendes Pro-
jekt ist, um lange Winterabende zu verkürzen.
Trotzdem möchte ich vor zu großem Enthu-
siasmus warnen. Real dauert jede Session in-
klusive dem Reinigen der Werkzeuge ca. eine
Stunde. Das Aufpolieren hält dich bis zu ein paar
Tagen in Trab. Einmal durchgeschliffen, und das
Projekt hat sowieso an Reiz (Motivation) verloren.
Blasenwurf oder Grauschleier durch zu hohe
Luftfeuchte sind unangenehme Weggefährten.
Wer das Projekt Lackierung unbedingt selbst
durchlaufen möchte, braucht viel Geduld, gute
Planung – und es sollte auch genug Geld zur
Verfügung stehen, da professionelle Materialien
und Hilfsmittel ihren professionellen Preis
haben.
Abb. 7:
Nassschliff einer fertig lackierten Oberfläche
Abb. 5:
Farbkonzentrat zum Abtönen von
Klarlacken
Abb. 9:
Professionelle Poliermaschine
Abb. 8:
Eine Geduldsprobe: das Aufpolieren einer
Fläche von Hand
Um diese plane Oberfläche zu bekommen, wird
nach einer mehrtägigen Trockenzeit der gesamte
Korpus mit 600er Nassschleifpapier angeschlif-
fen (Abb.
7).
In kreisenden Bewegungen werden
Krater und eventuelle Lackpickel beigeschliffen.
Anschließend werden die 600er Schleifspuren
durch den Nassschliff mit 2000er Papier entfernt.
Dann hat der Korpus eine seidenglänzende Ober-
fläche und ist fertig zum Polieren.
Abb. 6:
Wenn die Holzfarbe zu sehr durchscheint,
wird aus Blau schon mal recht schnell ein zartes Grün
Im nächsten Schritt wird nicht geschliffen (das
würde die Farbschicht beschädigen), sondern
mit Klarlack (Überzug) die Fläche ablackiert. Im
Grunde genommen erfolgt nun noch einmal der
Aufbau einer Fläche wie ganz am Anfang, als die
Grundierung aufgetragen wurde – nur diesmal
natürlich sehr viel feiner. Wieder eine Session
mit vier Schichten. Danach hat der Korpus schon
eine gute Farbtiefe, aber noch viele Lackpickel
und Spuren des Sprühnebels.
Abb. 10:
Gutes Werkzeug für den Gelegenheits-
lackierer: die Handpoliermaschine
Aus meiner Sicht lohnen sich Einzellackierungen
nicht, da der Material- und der Zeitaufwand
in keiner Relation zum Ergebnis stehen. Es gilt
auch nicht: kommen, sehen, siegen, so dass
die erste Lackierung mit Sicherheit nicht das
hundertprozentige Resultat liefern wird. Der
Markt bietet unzählige fertige Bodys an, die
hauchdünn und hochglänzend oder auch matt
lackiert sind. Diese industriell aufgetragenen
Lacksysteme – ich spreche hier nicht von den
mehrere Millimeter starken Lackpanzern einiger
Low-Budget-Produkte – sind so dünn, dass auch
der Nitro-Kobold gar nicht so recht weiß, ob
er sich noch melden sollte. Schließlich handelt
es sich bei einer professionellen und guten
Gitarrenlackierung um eine nur wenige Zehntel
Millimeter starke Kunststoffschicht auf ca. 45
mm Massivholz. Hier das „Nitro“ herauszuhören,
braucht schon jede Menge „Mojo“.
Doc Schneider
Politur & Finish
Hierbei muss der ganze Korpus von den 2000er
Schleifspuren befreit werden, die die Oberfläche
leicht matt und nicht hochglänzend erscheinen
lassen. Mit Polierpasten oder Polierwachs (je
nach Anwender) werden die Schleifspuren immer
weiter auspoliert, bis die Fläche strahlt. Was hier
gerade mal zwei Sätze in Anspruch nimmt, ist im
echten Leben wahre Knochenarbeit. Meine erste
Gitarre habe ich von Hand aufpoliert.
Mit einem T-Shirt wurde die Polierpaste
aufgetragen und in kreisförmigen Bewegungen
die Oberfläche aufpoliert (Abb.
8).
Bei einer
Westerngitarre ein Vorgang über mehrere Tage
– ein kräftezehrendes Geduldspiel. Um Finger
und Motivation zu schonen, werden daher zum
Aufpolieren Maschinen benutzt. Entweder eine
Polierscheibe am Polierbock (Abb.
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– schwer im
Schleifen der Problemzonen
Nach der ersten Session bearbeite ich nur gröbste
Problemzonen mit 360er Papier und schleife so
quasi die Lackberge wieder etwas bei. In diesem
Stadium ist der Klarlack noch so dünn, dass es
sehr leicht ist, durch ihn hindurchzuschleifen und
die Farbschicht zu verletzen. Das wäre fatal, denn
dieser Fehler ist sofort durch eine Verfärbung
sichtbar. Nachdem wirklich nur die gröbsten
Unebenheiten im Lack angeschliffen wurden,
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