Workshop guitar recording Ideenfang
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Ideenfang
Inspiration, Eingabe oder Musenkuss – plötzlich ist er da, der Moment der ersten Idee. Aus
dem Nichts erscheint euch eine Melodie, ein Riff oder auch ein erstes Textfragment. Und das,
obwohl man sich eventuell gerade nicht einmal mit dem Thema Musik aktiv beschäftigt hat.
Eine entsprechende Idee kann uns immer
und überall kommen. Dabei sollten wir diese
Momente als das schätzen, was sie sind: kost-
barste Augenblicke. Und wir sollten sie so un-
mittelbar und effizient wie möglich ausschöpfen.
Mit welchen Mitteln sich das tun lässt, soll das
Thema dieser Workshop-Folge sein.
Grundsätzlich lässt sich nicht davon ausgehen,
dass sich ein kreativer Geistesblitz über einen
längeren Zeitraum erhalten lässt und später auf
Knopfdruck wieder hervorgeholt werden kann.
Wohl dem, der seinen Notizblock zücken und
Akkorde und Melodien in Notenform zu Papier
bringen kann. Der Texter hat es da grundsätzlich
schon leichter, da er zumindest seine Inhalte
bequem festhalten kann.
Unsterblicher Kassettenrekorder
Befragt man namhafte Künstler zu dieser Thema-
tik, stößt man immer wieder auf den guten alten
Kassettenrekorder mit eingebautem Mikrofon,
der in den eigenen vier Wänden regelmäßig zum
Einsatz kommt. Obwohl eigentlich ein technisches
Relikt, handelt es sich doch um ein äußerst
effizientes Arbeitsmittel: ein Knopfdruck, und
ihr befindet euch im Aufnahmemodus. Mit dieser
Spontaneität kann kein Computer mithalten.
Dazu reichen wenige weitere Tastendrücke, und
ihr könnt eure Aufnahmen über den eingebauten
Lautsprecher abhören. Vergesst alle Ansprüche
an die Klangqualität. Hier geht es
um schnelles Arbeiten, denn
der kreative Moment soll
eingefangen werden. Ginge er
verloren, wäre das einfach nur
schade. Wenn euch spät abends
beim Klimpern auf dem Fernsehsofa
eine tolle Akkordfolge über den
Weg läuft, werdet ihr wohl nur in
den seltensten Fällen aufspringen und den
Multitracker im Rechner anwerfen. Tatsächlich
wäre das auch nicht wirklich nötig.
Ebensowenig ist es heute allerdings nötig,
auf einen Kassettenrekorder zu setzen. Es geht
moderner, kompakter und dazu kompatibel
zum Rechner. Die genannten Anforderungen
erfüllt ein digitales Diktiergerät, das man für
deutlich unter 100 Euro
erwerben kann. Es ist
klein und unmittelbar
aufnahmebereit.
Dazu
verfügt es in vielen
Fällen über einen win-
zigen, eingebauten Laut-
sprecher und läuft dazu
noch mit Batterien. Ihr könnt also einfach in
die Saiten greifen und sogar eine Melodie dazu
schmettern. Das funktioniert mit Melodien und
Texten natürlich auch unterwegs – es muss ja
nicht im voll besetzten Bus sein.
Zu Hause schließt ihr den kleinen Rekorder
an den Rechner an und schiebt die Ideen in
entsprechende Ordner, in denen ihr eure Ideen
kategorisiert – chronologisch, stilistisch oder
nach anderen Kriterien. Übrigens trifft man
immer wieder auch auf eine verwandte Idee: Ruft
euch einfach zu Hause an und hinterlasst eine
musikalische Notiz auf dem Anrufbeantworter
– die WG-Mitbewohner werden sich vielleicht
wundern, aber was soll’s!
Immer im Aufnahmemodus:
Line 6 Backtrack+Mic
Wer weiß, vielleicht besitzt ihr sogar schon
ein entsprechendes musikalisches Notizbuch.
Probiert diese Funktion unbedingt aus. Sie
sollte schnell im Zugriff stehen und dabei eine
akzeptable Klangqualität liefern. Ein kleiner Test
auf meinem eigenen
Windows-Mobile-kom-
patiblen
Mobiltelefon
fördert tatsächlich ein
Hilfsprogramm namens
„Sprachrekorder“
zu
Tage. Hier muss man
zwar direkt ins Telefon
sprechen, aber sonst funktioniert die Aufnahme
absolut geradlinig.
Selbst auf den Rechner lässt sich diese
Aufnahme dank USB-Anbindung einfach über-
tragen. Dabei zeigt sich ein eher unbekanntes
Dateiformat (.amr). Dieses lässt sich zumindest
mit Quicktime direkt abspielen. Wer die Datei
aber in einem Sequenzer wie Cubase archivieren
möchte, kommt um eine Konvertierung ins wav-
Format nicht herum.
Die Spontaneität
eines Kassettenrekorders
ist unschlagbar.
Recorder mit Flash
Entsprechende Hilfsmittel zur Konvertierung
findet man allerdings schnell über Google. Noch
besser gelingt eine schnelle Aufnahme mit dem
kompakten Trekstor mp3-Player Trekstor i.Beat
nova. Hier ist ebenfalls ein Mikrofon eingebaut
(allerdings kein Lautsprecher). Die Aufnahme
erfolgt direkt im wav-Format und lässt sich daher
unmittelbar mit den gängigen Audioprogrammen
im Rechner nutzen.
Inzwischen hat aber auch der Musikermarkt
diese Produktkategorie längst für sich entdeckt.
Sogenannte Flashrecorder sind inzwischen von
etlichen Herstellern erhältlich und lösen damit die
Gerätegeneration mit bewegten Aufnahmemedien
(Kassette, DAT-Band und Minidisk) ab, denen sie
durch eine geringere mechanische Anfälligkeit
und niedrigeren Stromverbrauch überlegen sind.
Gegenüber den bisher vorgestellten Methoden
Ruf’ doch mal an
Auch so mancher mp3-Player und selbst
Mobiltelefone verfügen über die Möglichkeit,
schnelle Notizen im Audioformat abzulegen.
Besonders klein: die Yamaha Flashrecorder
Pocketrak 2G und Pocketrak CX
Kleiner mp3-Player mit eingebautem Mikrofon:
Trekstor i.Beat nova
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punkten diese Geräte mit deutlich höherer
Klangqualität, denn sie verfügen stets über ein
eingebautes Stereomikrofon.
einen kleinen Lautsprecher haben diese Geräte
eingebaut. Eine interessante Idee greift Line 6 mit
dem Modell Line 6 BackTrack+Mic auf. Dieses
Modell verfügt über keinen Aufnahmeschalter.
Sobald man hier seine Gitarre einstöpselt, wird
die Aufnahme gestartet, die stattliche 24 Stunden
in komprimierter Form fasst.
Das Gerät wird zwischen Gitarre und
Übungsverstärker platziert und verhält sich dabei
als stiller Zuhörer mit gutem Gedächtnis. Um
euch im Anschluss aber nicht durch stundenlange
Aufnahmen quälen zu müssen, gibt es die Mög-
lichkeit, auf Knopfdruck Indizes zu setzen.
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Mikro im Stiefel
Je nach Zielgruppe unterschiedlich sind die
Ausstattung und die Verkaufspreise, die von
etwa 200 Euro bis zu mehreren tausend Euro
reichen. Ausnahmslos sind die Rekorder dabei in
der Lage, Aufnahmen in CD-Auflösung mit 16
Bit/44,1 kHz im unkomprimierten wav-Format
zu machen. Obwohl nicht zwingend notwendig,
klingt eine entsprechende Aufnahme dann auch
wenigstens nicht, als hätte das Mikrofon im
Stiefel des Musikers gelegen.
Ein Vorteil dieses Aufnahmeformats ist
die direkte Übernahmemöglichkeit in jeden
Sequenzer/Multitracker am Rechner. Die Daten-
übertragung erfolgt dabei entweder über USB oder
auch, in vielen Fällen, über eine entnehmbare
Speicherkarte. Alternativ steht fast immer auch
ein komprimiertes Datenformat wie mp3 als
Alternative zur Verfügung. Entsprechend lassen
sich also auch Langzeitaufnahmen über mehrere
Stunden umsetzen.
Derzeitige Meister im Kompaktformat sind die
beiden Pocketrak-Modelle von Yamaha. Sie legen
Wert auf kleine Abmessungen und funktionieren
bestens als schnelle musikalische Notizbücher.
Diese Rekorder sind so klein, dass ihr sie garantiert
immer in der Jackentasche mitführen könnt. Selbst
Schutz durch Limiter
Natürlich liegt es auf der Hand, so einen
Mobilrekorder auch im Proberaum zum Einsatz
zu bringen. Neben den eigenen Ideen landet so
die aktuelle Bandprobe oder Jam-Session auf dem
Rekorder und kann mit ein paar Handgriffen von zu
Hause per E-Mail an eure Bandkollegen versendet
werden. Hier zeigt sich ebenfalls der Vorteil einer
direkten Aufnahme im mp3-Format. Kritischer
Faktor einer solchen Proberaumaufnahme ist
dagegen die immens hohe Lautstärke.
Nach eigenen Erfahrungen kann ich sicher
sagen: Nicht jedes integrierte Mikrofon verträgt
solch hohe Pegel. So kann es selbst bei völlig her-
unter geregelter Empfindlichkeit zu ungewollten
digitalen Übersteuerungen kommen – und das
klingt fürchterlich. Dabei können einerseits die
kleinen Mikrofone überlastet werden oder aber
die AD-Wandler, die das Mikrofonsignal in einen
digitalen Datenstrom umsetzen. Im ersten Fall
ist der Rekorder schlichtweg für dieses Szenario
ungeeignet. Im zweiten Fall gilt es, ein Modell zu
finden, dass wahlweise über eine entsprechend
effektive Pegelabsenkung verfügt oder über
einen integrierten Limiter, der den Spitzenpegel
begrenzt. Ein solcher Limiter muss natürlich auf
der analogen Ebene direkt nach
dem Mikrofon eingebaut sein.
Nach dem AD-Wandler nützt
diese Schaltung in dieser
Anwendung nichts.
Eine Alternative
im Umgang mit
hohen
Pegeln
ist der Einsatz
Tascams DR-07 verfügt über einen eingebauten
analogen Limiter
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Wiedergabegeschwindigkeit verfügt der H4n.
Das Schönste aber: Der H4n hat neben einem
Stimmgerät sogar eine kleine Verstärkersimulation
direkt eingebaut.
Vier vollständige Aufnahmespuren für
externe Mikrofone und Line-Signale bietet das
pultförmige Edirol-Modell R-44 und steht damit
in der Preisklasse unter 1.000 Euro allein dar.
Bei einem Verkaufspreis von knapp 800 Euro
orientiert sich das Gerät allerdings bereits deutlich
in Richtung professioneller Anwendungen, die
dann der ursprünglichen Idee eines kosten-
günstigen, effizienten Aufnahmemediums nicht
mehr grundsätzlich folgt.
Vier Aufnahmespuren, Limiter, Lautsprecher:
Edirol R-44
Grenzüberschreitend
Mit dem Wechsel zur Mehrspurigkeit über-
schreitet man auch schon nahezu die Grenze
zum klassischen Vierspurrekorder. Diese Geräte
sind ebenfalls oft günstig zu haben, fallen aber
nicht so kompakt aus und sind zudem nicht
mobil einsetzbar. Wer ein entsprechendes System
allerdings zu Hause ständig aufgebaut hat, kann
auch diesen Gerätetyp zum Einsatz bringen.
Sinnvoll ist auch hier das Vorhandensein
eines eingebauten Mikrofons, wie es etwa das
Zoom-Modell MRS-8 bietet. Was dieses Gerät
weiterhin interessant macht, ist der eingebaute
Drumcomputer. So lässt sich die spontane Idee
fast ohne zusätzlichen Aufwand mit einem
passenden Rhythmus versehen und somit auch
direkt in unterschiedlichen Tempi austesten.
Beim Einfangen eigener Ideen kommt es
weniger auf beste technische Werte als auf ein
schnelles, unkompliziertes Ergebnis an. Der gute
alte Kassettenrekorder macht vor, wie leicht es
gehen kann, ist aber heute nicht mehr auf der
Höhe der Zeit.
Die neue Generation mobiler Flashrecorder
entpuppt sich als absolut lohnenswerter Ersatz,
der sich je nach Modell für eine ganze Reihe
zusätzlicher Anwendungen eignet und dabei voll
kompatibel zum Medium Computer ist. 3, 2, 1
– Aufnahme läuft ... bis zum nächsten Mal.
Ulf Kaiser
M-Audio Micro Track II: Limiter und zwei Anschlüsse
für Kondensatormikrofone
Studiobereich. Der Micro Track II liefert hierfür
die erforderliche 48-Volt-Phantomspannung.
Mit der Kombination von Micro Track II und
zwei guten Kondensatormikrofonen könnt ihr weit
mehr als eine Probeaufnahme in Demoqualität
machen. Akustische Musik lässt sich hiermit
in veröffentlichungsreifer 24-Bit-Qualität auf-
zeichnen. Und natürlich könnt ihr die externen
Eingänge auch auf Line-Betrieb umschalten.
Entsprechend wird aus dem Ideenrekorder
plötzlich ein professionelles Aufnahmemedium
für Live- und Studioaufnahmen aus dem
Mischpult.
externer Mikrofone. Hiermit könnt ihr die Qualität
eurer Aufnahme noch einmal deutlich steigern.
Der technische Aufwand bleibt dabei mit zwei
Mikrofonstativen noch vergleichbar gering.
Mit entsprechenden Mikrofonvorverstärkern
ausgestattete Rekorder kosten natürlich ein paar
Euro mehr, sind aber nicht unbedingt sehr viel
größer. Allerdings kommen Kosten für die beiden
ergänzenden Mikrofone hinzu.
Ein vielfach bewährter Tipp in diesem Bereich
ist das Modell Micro Track II von M-Audio. Er
verfügt neben einem analogen Limiter über zwei
vollwertige Mikrofoneingänge, an denen ihr
nicht nur die typischen dynamischen Modelle wie
Shure SM58 und SM57 betreiben könnt, sondern
auch hochwertige Kondensatormikrofone aus dem
Vier Spuren für Profis
Hochinteressant ist auch das brandneue Zoom-Mo-
dell H4n, das wie der Micro Track II die Möglichkeit
zum Einsatz von Kondensatormikrofonen bietet.
Hier können externe und interne Mikrofone
sogar simultan eingesetzt werden, so dass eine
4-Spur-Aufnahme entsteht. Nutzt man hier
wieder die Line-Eingänge, könnt ihr den eigenen
Gig gleichzeitig über das Beschallungsmischpult
und die eingebauten Mikrofone für den Pub-
likumsanteil kombinieren.
Hierfür lässt sich der H4n sogar auf ein Mi-
krofonstativ montieren und über eine optionale
Fernbedienung steuern. Alternativ kann man
das Gerät auch als Vierspur-Rekorder einsetzen,
zu dem man auf ein bestehendes Playback
eine Aufnahme ergänzt. So lassen sich also
Riff und Solo oder auch Begleitung und
Gesang nacheinander aufnehmen.
Selbst über eine variable
Zoom H4n – integrierte
Ampmodelle und Laut-
sprecher, optionale
Fernbedienung
Vierspur-Rekorder mit
eingebautem Mikrofon und
Drumcomputer: Zoom MSR-8
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