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Toneguide
Wir können auch anders –
effektive Integration
mit „Trick 17“
Arne Frank
Traditionelle und neo-klassische Verstärker verzichten nicht selten auf
FX-Loops und ähnlichen modernen „Schnickschnack“. Die meisten User
möchten ihre Effektgeräte hingegen gerne trotzdem integrieren.
Verlassen wir also die ausgetretenen Pfade des Alltäglichen ...
Natürlich gibt es gute Gründe, warum gerade
einige puristische Röhren-Schaltungen so gut
klingen. Ein möglichst kurzer Signalweg und
selektierte, aufeinander abgestimmte, möglichst
hochwertige Bauteile sind zwar noch kein hun-
dertprozentiger Garant für einen Super-Sound,
erhöhen die Chancen dafür jedoch beträchtlich.
Denn sämtliche schaltungstechnischen Umwege
des Signals kosten immer auch ein klein we-
nig Frische und Dynamik oder provozieren
Phasenverschiebungen. Wer also auf einen
möglichst direkten Gitarrensound alter Schule
besteht, wird in den vermeintlich sauren
Apfel beißen und sich ein Gerät anschaffen
müssen, dessen Konzept keine Extras zulässt.
Also einkanalig, ohne Hall, ohne Effektweg,
um sozusagen bei jedem Ton unmittelbar die
Endstufenröhren „fühlen“ zu können.
Zugegeben, das kann tatsächlich super
klingen. Nur, was tun, wenn man zusätzlich zu
dem einen, ultimativen Super-Duper-Mega-auf-
die-Kniefall-Sound noch ein paar klangliche
Alternativen braucht? Klar, Multi-Amping –
hatten wir auch schon (siehe Toneguide in
guitar 12/08 und 1/09) – oder eben einfach was
vorschalten. So weit, so gut.
Jetzt mögen wir aber das Digital-Reverb,
das Multitap-Delay und den Breitwand-Chorus
natürlich nicht davorschalten, um den heiß ge-
liebten Verstärker-Sound bloß nicht zu verwäs-
sern. Das „Wieso & Warum“ hatten wir ja schon
mehrfach erläutert. (Wer nachlesen möchte, findet
ausführliche Infos dazu im Toneguide, Ausgabe
10/06.) Doch steht in diesem Fall am Amp leider
kein Effektweg zur Verfügung, um die Raum- und
Modulationseffekte ordnungsgemäß einzuschlei-
fen ... Halt, nicht verzweifeln! Sehen wir uns den
Verstärker doch noch mal genauer an.
… haben aber keinen Effektweg
Getarnte Behelfsausfahrt
Manchmal gibt es doch tatsächlich den „easy way
out“. Zum Beispiel wenn man auf der Autobahn
im Stau steht und hinter der nächsten Kurve eine
Behelfsausfahrt auftaucht. Sogar wenn unser
Amp nirgendwo Anschlüsse aufweist, die mit
„Send“ und „Return“ bezeichnet sind, haben wir
noch eine Chance. Gar nicht so wenige Amps
und selbst einige klassische Fast-schon-Vintage-
Modelle sowie deren Nachbauten bieten nämlich
einen Line-Out (manchmal auch Preamp-Out)
und einen Line-In (auch Poweramp-In genannt).
Sinn und Zweck dieser Anschlüsse war ur
sprünglich folgender: Mit dem „Out“ lässt sich eine
weitere Endstufe füttern, um den gleichen Sound
für große Bühnen lauter zu bekommen. Umgekehrt
erlaubt der „In“ vor der Endstufe, den Amp
als „Slave“ unter Umgehung der eigenen Vor-
stufe zu verwenden. Vorsicht ist allerdings gebo-
ten, wenn nur ein Line-Out vorhanden ist. Dann
funktioniert zum einen unser geplanter Effekt-
Trick nicht ohne weiteres, und zum anderen ist
der Abgriff möglicherweise an einer anderen
Stelle im Signalweg des Verstärkers platziert –
am Speaker-Output zum Beispiel. Was man damit
anstellen kann, sehen wir uns später noch an.
Derlei Ausstattungsmerkmale stammen ent-
wicklungsgeschichtlich aus der Pre-PA-Ära, als
die Instrumentalverstärker noch zur Beschallung
des ganzen Saales herhalten mussten. Da ergab so
etwas natürlich Sinn. Heute gibt es jedoch kaum
noch Gig-Situationen, bei denen es nötig wäre
und trotzdem keine PA am Start ist. Im Gegenteil:
Häufig erleben bereits kleine und kleinste Clubs
ein regelrechtes „Overpowering“. Insofern mag
das Ganze ein wenig anachronistisch erscheinen.
Das Vorhandensein solcher Anschlüsse kann uns
aber nur recht sein, weil man sie ganz einfach
zum „Insert-Point“ umfunktionieren kann.
Natürlich ist diese Signalunterbrechung nur
ein ganz einfacher serieller Break. Es gibt also
keine speziellen Anpassungsmaßnahmen für ex-
ternes Gerät, wie man das sonst von einem
ordentlichen Effektweg erwarten würde. Aber
immerhin kann man an dieser Stelle problemlos
das Vorstufensignal anzapfen, ein Effektgerät
einfügen und das Ganze wieder an die Endstufe
weiterleiten. Je nachdem, wie es hier mit den
Arbeitspegeln aussieht, wird man zwar nicht
immer ohne eine Pegeldämpfung vor den
Effektgeräten und einen zusätzlichen „Buffer“
(sprich: Aufholverstärker) dahinter auskommen.
Doch davon abgesehen, lässt sich das Ganze
wie ein ganz normaler Effektweg verwenden.
Wunderbar! So viel zu Problemlösung 1.
Ein Eingang ist ein Eingang
Oh, nein, mein (t)oller Amp hat aber auch keinen
Line-Out oder -In – schnief ... Na, nicht gleich
verzagen! Womöglich ist es ja ein richtig uriger
Typ mit parallel geschalteten Kanälen oder meh-
reren Instrument-Inputs. Und das soll helfen?
Durchaus. Dieses Konzept stammt ebenfalls aus
der Vergangenheit, nämlich aus der Zeit, als
Puristische Amps klingen stark …
Oben rechts beim „Line/Recording“-Anschluss
geht’s raus
92
guitar 9/09
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Toneguide
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...unten links beim „Power Amp In“ geht’s rein.
mehrere Musiker ihre Instrumente noch über
einen einzelnen Amp verstärken mussten.
Deshalb gibt es zum Beispiel bei den alten
schmucken Ampeg-Combos mit dem Schach-
brettmuster und sogar bei einigen raren Fender-
Modellen einen Guitar- und einen Accordion-
Input. Und einige Modellreihen des Vox AC30
haben gleich sechs Eingänge.
Bei den Eingangspärchen geht es also nor-
malerweise lediglich um die richtige Pegel-
anpassung. (Bei Bassamps ist so was übrigens
bis heute Standard, da die Jungs und Mädels
mit den dicken Saiten gerne zwischen aktiver
und passiver Onboard-Elektronik wechseln.) Die
drei Kanäle eines AC30 hingegen haben sogar
eigene Volume-Potis und sind klanglich recht
unterschiedlich abgestimmt: „Normal“ für die
breitbandige Wiedergabe etwa einer Bassgitarre,
„Top-Boost“ für Instrumente, die eine Extraportion
Biss vertragen können, und „Vibrato“ für alles,
was gleich noch mit dem eingebauten Laut-leise-
Effekt veredelt werden soll. Ähnliches findet sich
auch bei einigen kleineren Marshall-Amps, etwa
dem gesuchten 18-Watt-Combo.
Das zweikanalige Konzept in Luxusausführung
findet man bei zahlreichen Fender-Modellen,
die dann auch gleich separate EQ-Sektionen für
die einzelnen Sektionen bieten. Solche Features
wiederum werden gerne von neuzeitlichen
Boutique-Amp-Gurus aufgegriffen oder sogar
minutiös nachgebastelt. Die großen Hersteller
berücksichtigen derlei Details natürlich ebenfalls
bei den Neuauflagen der eigenen Klassiker.
Mit sechs Inputs am AC30-Combo lässt sich
einiges anfangen
Aber vier sind auch schon nicht schlecht
Insofern findet man so etwas gar nicht so selten.
Ganz gleich, welche Ausführung des „multiplen
Eingangsbereichs“ wir vorfinden: Die zusätzli-
chen Anschlüsse helfen uns in jedem Fall weiter.
integrieren, wird es etwas komplizierter. In diesem
Fall braucht man auf jeden Fall eine aktive Split-
Box, die das Signal verdoppelt, bevor es zum
Amp geht (siehe auch Toneguide in Ausgabe
10/08). Eine Leitung geht in den Verstärker,
dessen Kanäle wie gehabt mittels Patch-Kabel
gekoppelt werden. Die zweite Leitung aus der
Split-Box geht in die Effektgeräte und von dort
aus in den verbleibenden, weniger empfindlichen
Input des zweiten Kanals.
Nun ist das Effektsignal also im Verstär-
ker. Nachteilig dabei ist, dass man das Mi-
schungsverhältnis hier nicht mehr separat be-
stimmen kann. Dreht man den entsprechenden
Channel weiter auf oder zurück, um die klangliche
Balance der beiden Kanäle zu verändern, betrifft
das immer auch das Effektsignal. In diesem Fall
ist das Ganze zwar technisch machbar, aber eben
doch etwas kompromissbehaftet.
Easy FX-Mix für Pedal-Maniacs
Noch eines sollte klar sein: Das Signal, das zu
den Effektgeräten geht, enthält nur die Sound-
Anteile, die bereits am zuerst belegten „Input 1“
vorhanden sind. Kommt das Eingangssignal
Eine Frage der Balance
Bei den britischen Kollegen Marshall, Vox, Hiwatt
und deren (un)ehelichen Nachkommen stöpselt
man zunächst die Gitarre in den bestklingenden
Input. Meistens wird das der „heißere“ sein, der
höhere Gain-Reserven bietet. Der dazugehöri-
ge, weniger empfindliche zweite Eingang ist
parallel geschaltet. Wir greifen also unser
Eingangssignal hier wieder ab und schicken es
zu den Effektgeräten. Deren Output geht dann
zurück zum Amp in einen der übrigen Channel-
Inputs. Mittels des entsprechenden Pegelreglers
für diesen Kanal können wir nun den Effektanteil
nach Geschmack dosieren. Praktisch, oder? Leider
gibt es auch ein paar Einschränkungen.
Wer die Kanäle gerne koppelt, um sich seinen
Sound aus beiden Kanälen zusammenzumischen,
hat leider Pech. Dieses beliebte Old-School-
Verfahren klappt dann so natürlich nicht mehr.
Will man beides, also den Basis-Sound aus zwei
Kanälen zusammenmischen und die Effekte
Statt des gelben Kabels könnte man hier
auch ein paar Effekte dazwischenstecken
glasklar von der Gitarre, und die Übersteuerung
entsteht erst im Verstärker, geht auch nur ein
cleanes Signal an die Effekte. Natürlich könnte
man jetzt unseren „Effekt-Channel“ so weit auf-
drehen, dass er ebenfalls übersteuert. Aber dann
würden wir leider das Effektsignal mit verzerren,
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Ist die Kopplung Sound-entscheidend,
wird’s etwas komplizierter
Hier hilft eine Split-Box weiter
was ja gerade nicht erwünscht ist. Daher funk-
tioniert die beschriebene Methode nur dann
optimal, wenn man nur einen cleanen bis leicht
angerauhten Sound braucht oder aber übersteuer-
te Sounds sowieso mittels davorgeschalteter
Tretbüchsen erzeugt.
Darüber hinaus sollte man wissen, dass die
Volume-Regler bei derlei klassischen Gitarren-
Amps keineswegs klangneutral arbeiten. Der
Sound wird beim Aufdrehen immer fetter und
wuchtiger - und umgekehrt beim Zurückregeln
immer schlanker und höhenreicher. Man benötigt
also ein wenig mehr Feingefühl, um das passende
Verhältnis zwischen Direkt- und Effektsignal
herzustellen. Will man den FX-Mix anschließend
noch korrigieren, empfiehlt es sich deshalb, eher
am Effektgerät nachzuregeln.
diesen Verstärkern jeweils mit einer eigenen EQ-
Sektion ausgerüstet. Das ist sehr komfortabel,
denn so lässt sich das Effektsignal unabhängig
vom „trockenen“ Basis-Sound nach Geschmack
breiter und wuchtiger oder transparenter und
knackiger einstellen. Trotzdem kann es zu merk-
würdigen Phänomenen kommen, wenn man
seine Effekte in der zuvor beschriebenen Weise
„einschleift“.
Je nachdem, wie man das Mischungsverhält-
nis wählt, kann der Sound nämlich schlagartig
deutlich leiser und dünner werden. Das
liegt schlicht daran, dass bei Fender-Amps
dieser Baureihen die beiden Kanäle in der
entgegengesetzten Phasenlage arbeiten. Dadurch
löschen sich bestimmte Frequenzanteile, vor
allem im tieferen Bereich, aus.
Aber keine Bange. Es gibt ja Split-Boxen wie
den passiven „P-Split“ oder den aktiven „Dual
SGoS“ von Lehle sowie den „Switchbone JX-2
Pro“ und das kompaktere „Big Shot ABY“-Pedal
des kanadischen Herstellers Radial, bei denen
man die Phase für einen der Ausgänge einfach
umdrehen kann. Schon ist die Sache geritzt.
Da viele Fender-Amps in erster Linie wegen
ihres Cleansounds angeschafft werden, ist die
Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass der Anwender
den Overdrive-Bereich ohnehin externen Gain-
Generatoren anvertraut. Insofern lässt sich mit
einem solchen Setup vorzüglich arbeiten.
Und es geht doch
Man braucht nicht unbedingt eine FX-Loop, um
in den vollen Genuss unserer Effektgeräte zu
gelangen. Nichts ist unmöglich, wie wir gesehen
haben. Die beschriebenen Anwendungsbeispiele
Stress-Phase
Wer einen zweikanaligen Fender-Amp der „Black-
face“- oder „Silverface“-Ära oder eine entspre-
chende Neuauflage besitzt, hat diese Probleme
nicht – dafür aber unter Umständen andere.
Praktischerweise sind die separaten Kanäle bei
Fenders Klassiker – Luxus mit Stress-Phase
Viele „Volume“- Potis ...
Lehles kleiner Helfer gegen Phasen-Stress
zeigen, wie man vorhandene Eingänge am
Verstärker umfunktionieren kann, um das
Effektsignal doch noch in den Signalweg zu
integrieren. Bleibt nur noch zu klären, wie man
das bei Amps bewerkstelligt, die definitiv keine
ungenutzten Inputs haben. Aber auch dafür gibt
es Lösungen. Also bis zum nächsten Mal!
Arne Frank
... verändern auch die klangliche Balance