gear-workshop
Metalsound: Gitarre
© PPVMEDIEN 2010
PERFEKTER HEAVY-GITARREN-SOUND
Wie die Axt im Wald
Keine Frage, die Gitarren sind das wichtigste Gewürz in der Metal-Suppe.
Ohne die richtige Dosis donnernder Riffs, sengender Obertöne und glühender
Soli ist das Ganze fade und lasch. Dabei gilt es allerdings einige Punkte zu
beachten, damit man nicht im allgemeinen Band-Getöse untergeht. Wir
zeigen euch, worauf ihr achten solltet.
Je härter der Sound der Band, desto größer
sind die Schwierigkeiten, mit denen man sich
als Gitarrist konfrontiert sieht. Einige davon
haben unmittelbar mit der Einstellung der
Anlage zu tun. Räumen wir also zunächst
eine verbreitete Halbwahrheit aus dem Weg.
Ein Mythos besagt, dass mehr Verzerrung
(= Gain, Drive oder wie immer man es nennen
will) immer auch einen größeren, kraftvolleren
Gitarren-Sound bewirkt.
Effektvoller ohne Effekt
Das stimmt aber leider nur, falls wir mit einem
völlig cleanen Ton anfangen. Nur in diesem Fall
lassen die allmählich einsetzende Kompression
und die zusätzlichen Obertöne, die bei der
Übersteuerung des Gitarrensignals entstehen,
unser Instrument tatsächlich fetter, wuchtiger
und aggressiver erscheinen. Allerdings erreicht
diese Signalverdichtung irgendwann eine
„natürliche Sättigungsgrenze“. Von da ab gibt
es kaum noch eine nennenswerte Spieldynamik.
Nicht alles auf 11: Wenn es hoch hergeht, sollte
man sparsam mit der Zerre umgehen
Die Konturen, die erst einen definierten Ton
hörbar machen, lösen sich immer weiter auf,
und der Sound fängt an zu schmieren. Ganz
ähnlich verhält es sich mit anderen Zutaten,
die den Sound scheinbar größer machen, mit
Effekten zum Beispiel. Spielen wir ganz für
uns allein, suggerieren uns Modulationseffekte
wie Chorus, Flanger oder ein dezentes Pitch-
Shifting einen kolossalen „Riesen-Sound“.
Auch Hall- oder Echo-Effekte ermöglichen
ein majestätisches Klangbild wie im Stadion.
Im Zusammenspiel mit der Band erweisen sich
solche „Breitmacher“ aber als problematisch.
Die überhängenden Sound-Anteile erschwe-
ren die Ortung im Frequenzgetümmel und der
Punch wird aufgeweicht. Wenn also betonharte,
womöglich auch noch schnelle Riffs gefordert
sind, klingt es ganz trocken ohne Effekte immer
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guitar 7/10
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noch am besten. Für manche High-Gain-Fälle
empfiehlt sich sogar der Einsatz eines Noise-
Gates, damit keine Nebengeräusche die Stille
zwischen dem Donnerschall stören.
Ein wenig mehr „Raum“ und „Panorama“
darf man sich allerdings bei solistischen Pas-
sagen gönnen. Aber auch hier sollte man es
keinesfalls übertreiben. Denn was nützt das
schönste Solo, wenn es im Mix baden geht?
Wenn ihr also Schwierigkeiten mit eurem Sound
habt, checkt erst mal die Effekteinstellung.
kommt am Verstärker an, sprich: desto stärker
lässt sich dieser übersteuern. Allerdings bringt
das nicht nur Vorteile mit sich.
Zum einen wird der Klangcharakter eines
Pickups, der auf immer höhere Ausgangsleis-
tung getrimmt wird, rasch ziemlich eindimen-
sional. Zum zweiten gilt: Je früher in der
Signalkette eine Übersteuerung eintritt, desto
weniger „Luft“ bleibt am Ende übrig. Das gilt
gleichermaßen für die Arbeit mit aktiver
Onboard-Elektronik, Booster-Pedalen und Ähn-
lichem. Reagiert der Amp oder etwa ein davor
geschaltetes Overdrive/Distortion-Pedal in
Sachen Übersteuerung eher träge, sind ein
leistungsstarker Tonabnehmer oder ein Signal-
Booster sinnvoll – sonst nicht.
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Gleichmacherei
Übertreiben wir es mit der Verzerrung, tun wir
uns und unserem Sound keinen Gefallen. Egal,
was wir spielen, alles wird so aufgepumpt und
gewissermaßen bis in die hintersten Ecken der
Verstärkerschaltung gequetscht, dass es auf
demselben Lautstärkeniveau aus den Speakern
quillt. Ob man die Saite eher vorsichtig oder
aber mit voller Kraft traktiert, spielt nun keine
Rolle mehr. Das mag zwar für bestimmte
solistische Ausflüge in den höheren Lagen
des Griffbretts vorteilhaft sein, um maximales
Sustain herauszukitzeln. Aber pointierte Riffs
auf den tiefen Saiten oder gar irgendetwas
Komplexeres als Zweifinger-Powerchords kann
man getrost vergessen. Um das zu vermeiden,
sollten wir zunächst mal klären, was überhaupt
zur Übersteuerung beiträgt.
Los geht es bei den Tonabnehmern, welche
die Saitenschwingung auffangen und dadurch
einen ersten, wenn auch noch sehr schwachen
Elektronenfluss auf die Reise schicken. Je mehr
Power die Pickups haben, desto mehr „Saft“
Woher kommt das Gain?
In früheren Zeiten waren die Verstärker
grundsätzlich recht „clean“ ausgelegt. Die
simplen Röhrenboliden mussten folglich mit
mehr oder weniger ausgefeilten technischen
So mögen Gitarristen das: Die meisten Saitenhexer
bevorzugen immer noch den dynamischen und
(vergleichsweise) warmen Klang aus Röhren
Fett geboostet …
Bläst der „Gain-Generator“ unserer Wahl von
sich aus schon mächtig die Backen auf, wird
es schnell zu viel des Guten. Da erzeugt ein
besonders fettes und/oder lautes Eingangssignal
nur zusätzlichen Matsch. Noch mal ganz konkret:
alles eine Frage der Ernährung. Wer sein Old-
School-Stack ohne Mastervolume mit ausgesucht
mageren Vintage-Singlecoils füttert, darf ruhig
einen saftigen Treble-Booster oder Verzerrer als
Beilage dazu tun, um den Kaloriengehalt des
Signals zu erhöhen. Serviert unser Verstärker
aber eh schon ein deftiges High-Gain-Menü der
Marke „Heiß & fettig“, heißt es aufpassen, sonst
wird das Ganze unverdaulich.
Natürlich kommt es dabei auch noch auf
den Musikstil an. Einige modernere Spielarten
vertragen mehr Kompression und Sound-Dichte
als traditionellere Heavy-Rock-Sparten. Doch
selbst bei derbstem Nu-Metal ist der nutzbare
Gain-Bereich endlich. „Überbraten“ wir den
Dynamikbereich des Amps, wird der Sound nur
noch enger und gepresster. So klingt unsere
Gitarre irgendwann eher nach Alarmsirene
oder vorbeifahrendem Güterzug – oder, noch
schlimmer, nach einem Synthesizer-Preset.
Okay, zugegeben, auch solche Extrem-Sounds
haben gelegentlich ihren Platz, aber eben nur als
Spezialeffekt, nicht als klangliche Grundlage. Oder
isst vielleicht jemand getrocknete Chilischoten
roh zu Mittag? Wohl kaum.
Wenn also betonte Riffs
gefordert sind,
klingt es ohne Effekte
immer noch am besten
Tricks überhaupt erst dazu gebracht werden, eine
ordentliche Dosis an Verzerrung abzuliefern.
Das geschieht nämlich (bei ohrenbetäubenden
Lautstärken) hauptsächlich in der Endstufe.
Bleibt das Signal bis hierhin weitgehend
„clean“ und dennoch laut genug, um die End-
stufenröhren zum Kochen zu bringen, erhält
man die erwiesenermaßen beste dynamische
Reaktion. So hat der Gitarrist jederzeit optimale
Kontrolle über seinen Sound.
Seit der Einführung des Mastervolume-
Potis und der Vorstufenverzerrung werden die
Lautstärkepegel geringer und dafür die Gain-
Reserven immer üppiger. Gleichzeitig ist leider
auch die dynamische Wiedergabe auf dem
Rückzug. Das ist nicht so tragisch, solange
Industrial oder Nu-Metal auf dem Programm
stehen. Soll es jedoch ein bisschen natürlicher
klingen, muss man anders vorgehen. Denn Gain-
Reserven bietet mittlerweile jeder noch so kleine
Übungsamp bis zum Abwinken.
Die eigentliche Herausforderung besteht
heute darin, die richtige Balance aus Verzerrung,
Dynamik und Transparenz hinzubekommen.
Und das beginnt damit, dass wir uns entscheiden
müssen, woher das „Fett“ kommt – von den
Pickups, den Effektpedalen, von der Vorstufe
oder einer Röhrenendstufe. Wenn dagegen alle
Elemente der Signalkette gleichermaßen das
Maximum herausdrücken, haben wir am Ende
nur einen völlig ungenießbaren Klangbrei. Da ist
es völlig gleich, was und wie wir spielen. Und das
kann ja nicht der Sinn der Sache sein.
… oder lieber vorgefiltert?
Woher wir unser Gain beziehen, ist und bleibt
natürlich Geschmacksache, hängt aber aus
praktischen Gründen stark vom anvisierten
Musikstil ab. Wer auf klassischen Hard&Heavy-
Sound à la Blackmore oder Malmsteen steht, mag
auf die Präzision und Transparenz von Singlecoils
schwören und damit „crunchy“ Riffs und delikate
Leadsounds erzielen. Sind hingegen Breitwand-
Riffs moderner Machart gefragt, wird man die
brummanfälligen Einspuler eher verfluchen.
Dafür braucht man weniger höhenreiche
Doppelspuler mit mehr Mitten-Punch und Druck.
Da diese einen ziemlich saftigen Output-Pegel
Der Metal-Klassiker Halfstack:
ein fettes Röhrentop plus 4x12“-Box
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Metalsound: Gitarre
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Leerlauf, was einen flachen und kraftlosen
Sound ergibt.
Muss es „heavy“, aber leise sein, haben
Hybrid- und Transistorverstärker die Nase
vorn. Hier passiert die Klangformung praktisch
ausschließlich in der Vorstufe, während die
stramm und definiert abgestimmte Endstufe
ihren Job weitgehend unabhängig von der
tatsächlich abgerufenen Leistung macht. (Es
sei denn, man zwingt sie zum Übersteuern
– aber das ist keine gute Idee und ein ganz
anderes Thema.)
Und noch einmal ist Disziplin gefordert:
Um sich wirklich bestmöglich zu hören,
sollte man den Combo beziehungsweise die
Box unbedingt so aufstellen (entweder erhöht
oder falls möglich am gegenüberliegenden
Raumende), dass in erster Linie die eigenen
Ohren beschallt werden. Das hilft, das in
vielen Bands so beliebte Wettrüsten einzu-
dämmen. Wenn nämlich alle Amps ir-
gendwohin schallen und die Musiker sich
immer lauter drehen, wird der Bandsound nur
schlimmer und chaotischer. Sicher keine gute
Grundlage, um miteinander Musik zu machen
– schon gar nicht im harten Sektor, in dem es
doch gerade auf Präzision und tightes Zu-
sammenspiel ankommt!
Leistungsreserven sind Pflicht: Wer es ordentlich krachen
lassen will, braucht eine starke Endstufe wie die 300 Watt
starke des Randall RH300.
abliefern, sollte man den Gain-Regler nun mit
Bedacht justieren. Bei extremen Einstellungen
franst der Sound sonst aus, und der gespielte
Ton verwischt. Wenn es also noch aggressiver,
härter und präziser klingen soll, empfehlen
sich aktive Pickups, die ein entsprechend
vorgefiltertes Klangbild mit gezügelten Bässen,
prägnanten Mitten und scharf gezeichneten
Höhen abliefern. Deshalb findet man die aktiven
Typen vorzugsweise dort, wo es wirklich heftig
zur Sache geht.
Der passende Amp am richtigen Platz
Für den Verstärker gilt: Je mehr Verzerrung ge-
fragt ist, desto stärker muss grundsätzlich die
Endstufensektion sein, um das Gain-Inferno auch
noch entsprechend akzentuiert rüberzubringen.
Fahren wir vorne, mittels Verzerrerpedal oder
Vorstufe, einen extra-heißen Sound, müssen
hinten Endstufe und Box auch in der Lage sein,
das geballte, gewissermaßen „überlebensgroße“
Klangbild abzubilden. Können sie das nicht,
klingt es eher nach dem sprichwörtlichen Moskito
in der Dose.
Es bringt also überhaupt nichts, zum Bei-
spiel noch ein brutaleres Zerrpedal zu kaufen,
wenn man über einen kleinen 30-Watt-Combo
spielt. Der Engpass liegt in diesem Fall bei der
Verstärkerleistung und der Membranfläche der
Lautsprecher. Soll es mehr kesseln, müssen ein-
fach ein stärkerer Amp und eine größere Box
her.
Umgekehrt ist es jedoch auch sinnlos, sich ein
150-Watt-Vollröhren-Stack hinzustellen, wenn
man den Volume-Regler maximal ein paar
Millimeter aufdrehen kann. Dann arbeiten
nämlich Poweramp und Speaker sozusagen im
Soll es mehr kesseln,
müssen einfach ein
stärkerer Amp und eine
größere Box her
Tiefer stimmen ohne Stimmungstief
Ein heißes Eisen sind die beliebten Drop-
Tunings. Hier kommen verschiedene Faktoren
zusammen, die einem den Spaß am Spielen
verderben können. Zunächst haben wir ein rein
mechanisches Problem, denn bei einer tiefen
Stimmung sind die Saiten weniger stark gespannt.
(Eine Ausnahme hiervon bilden die relativ raren
Baritoninstrumente mit extralanger Mensur.)
Je nachdem, wie weit man herunterstimmt,
können sich die Gitarrendrähte im Extremfall
schon mal wie gekochte Spaghetti anfühlen. Dass
sich damit kaum sicher intonieren lässt, liegt auf
der Hand. Dickere Saiten schaffen Abhilfe, wobei
man als Faustregel eine Saitenstärke (also etwa
von .009 auf .010) aufwärts für jeden Halbton
abwärts rechnet. Angenehmer Nebeneffekt: Die
zusätzliche schwingende Saitenmasse induziert
auch in den Tonabnehmern ein wuchtigeres und
stabileres Signal.
Gleichzeitig bedeutet das: Übermäßig leis-
tungsstarke und fett gewickelte Pickups neigen in
diesem Fall zum „Rumpeln“. Wer tief stimmt, ist
daher mit eher straff und trocken übertragenden
PU-Typen besser dran als mit irgendwelchen
lautstarken High-Output-Fettbomben.
Bei extremen Abweichungen von der Standard-
stimmung wird man leider um eine Nachjustie-
rung von Halsspannstab, Saitenlage und Oktav-
reinheit nicht herum kommen. Eine Nach-
bearbeitung des Sattels, um die dickeren Drähte
aufzunehmen, kann ebenfalls anstehen. Im
Zweifelsfall sollte man hierzu ruhig einen pro-
fessionellen Service in Anspruch nehmen.
Gerade wer auf seinem Instrument ein frei
schwebendes Floyd-Rose-Vibrato oder Ähnliches
verwendet, dürfte sich einigen Problemen gegen-
über sehen. Die völlig veränderte Spannungs-
situation erfordert nämlich eine komplette
Neujustierung des Systems. Und da sollte man
schon wissen, was man tut.
Mehr Energie
Egal, ob man eine Siebensaitige, eine Bariton-
oder tief gestimmte Sixstring mit normaler
Mensur verwendet, am Verstärker sorgen die
tiefen Frequenzen für einen bombastischen,
druckvollen Sound. Genau deshalb sind die
Drop-Tunings ja so beliebt geworden. Nun
brauchen tiefe Frequenzen deutlich mehr Energie,
die Endstufe des Verstärkers muss also härter
arbeiten (so wie die Bassanlage des Kollegen).
Somit muss man nun gegebenenfalls zu einem
stärkeren Amp greifen.
Vor allem die Lautsprecherbestückung soll-
te in der Lage sein, die tieferen Frequenzen
druckvoll und sauber zu übertragen. Es soll ja
immer noch nach Gitarre und nicht etwa wie eine
Tuba mit Verdauungsstörungen tönen. In diesem
Kerry King von Slayer –
zusammen mit Partner
Jeff Hanneman bildet
er eines der klassichen
Metal-Gitarren-Duos
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Metier sind moderne Verstärker mit eher nüchtern wiedergebender Endstufe
und klanglich härter abgestimmten Boxen natürlich klar im Vorteil. Genau das
Gegenteil also zum klassischen Hard&Heavy-Sound alter Schule!
Wer mit sehr tiefen Tunings und extrem hohem Gain spielt und keinen
zweiten Gitarristen neben sich hat, kann seinem Sound übrigens mit einem
Trick zu deutlich mehr Präsenz verhelfen: Man zweigt das Gitarrensignal mit
einer aktiven Splitbox ab und geht zusätzlich auf einen zweiten, deutlich leiser
und cleaner eingestellten Verstärker.
Ebenso gut klappt das, falls man eine der leider immer noch recht exotischen
Hybridgitarren mit eingebautem Piezo-Pickup zur Hand hat. Einfach den
Piezo-Output direkt ins Mischpult für die PA/Gesangsanlage stöpseln und leise
zu-mischen. Schon kommen die Riffwände exakt wie nie! Beide Tricks
verbessert ganz erheblich die Transparenz und Ortbarkeit bei High-Gain-
Sounds allgemein und bei Drop-Tunings im Besonderen.
Gerade in den härteren
Spielarten erfreut sich die
doppelte Besetzung des
Gitarristenpostens größter
Beliebtheit. Klar, damit hat
man noch mehr Möglich-
keiten, fette Riffs zu
zimmern und mit den
Äxten richtig Druck zu machen. Allerdings geht das nur dann gut, wenn beide
kollegial und diszipliniert zusammenarbeiten.
Wer unbeherrscht losnagelt, benimmt sich unprofessionell, schürt nur
unnötige Rivalitäten und schadet dem Bandsound. Die zentralen Fragen
lauten: Wer spielt was und wann – sprich: Soli, Riffs, Fills? Wie lassen sich die
gemeinsam gespielten Passagen optimal arrangieren? Und wie muss man den
Sound einstellen, damit sich beide gut hören? Die Lösung heißt „Abgrenzung“.
Je unterschiedlicher das Equipment der beiden Gitarristen ist, desto leichter
hört man den einzelnen heraus.
Deshalb sollte man stets darauf achten, dass sich Spielweise und Anlagen-
Setups zweier Gitarristen möglichst sinnvoll ergänzen. Spielt einer schon mit
einer besonders fett klingenden Gitarre über einen ultraverzerrten High-Gain-
Amp, ergibt es wenig Sinn, das noch übertrumpfen zu wollen. Viel besser hebt
sich ein knackigeres Instrument mit weniger Gain gespielt davon ab.
Sind Gitarren und Anlagen aber eher
unter Image-Aspekten ausgewählt und
entsprechend ähnlich aufgebaut, sollte
man sich absprechen. Einer sollte einen
trans-parenteren, bissigeren Sound
einstellen (die viel zu oft eingesetzten
extremen Mid-Scoop-Sounds klingen
eigentlich nur bei hart ab-gestoppten,
perkussiven Rhythmuspassagen richtig
gut), der andere einen fetteren mit
erhöhtem Punch und Tiefenanteil.
Dann funktioniert auch das ganz
hervorragend; man denke etwa an
das Brachialduo King-Hanneman
bei Slayer oder die Metallica-
Kollegen Hammett und Hetfield.
Alles eine Frage der Ab-stimmung,
man muss eben mit-einander
reden und sich dann auch an die
Absprachen halten. Nur so kann die
ganze Band richtig gut klingen. Ihr
habt es selbst in der Hand!
Vilim Stößer
Handwerker gefragt: Wer seine
Sechssaitige runterstimmt (wie
etwa Michael Amott von Arch
Enemy und Carcass), kommt um
Einstellarbeiten nicht herum
Alles eine Frage der
Abstimmung; man muss
eben miteinander reden
Doppelte Power
Mit Showmaste
Stumpen (Knork
r
ator)
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Metalsound: Bass
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DAS FUNDAMENT MUSS HALTEN
Die Bass-Tion im Sturm
Der Drummer hämmert manisch auf seine Felle ein, die Gitarristen überbieten
sich gegenseitig mit immer wilderen Licks, der Shouter kreischt sich die Seele
aus dem Leib... Wer da Ruhe bewahren will, muss schon aus extrahartem
Holz geschnitzt sein -und das kann eigentlich nur der Bassist sein. Wie ihr als
Tieftöner auch noch genau so cool klingt, wie ihr drauf seid, erfahrt ihr hier.
Ungerechterweise stehen Bassisten ja häufig
im Schatten der Mitmusiker. Dabei bringen die
die Fans zum Grooven und halten den ganzen
Haufen zusammen. Die Kollegen ahnen ja gar
nicht, wie dünn und kraftlos die ganze Band ohne
einen tighten und fetten Bass klingen würde.
Aber da stehen wir cool drüber. Hauptsache wir
wissen und hören es.
Interessanterweise gibt es gerade unter Bassisten
viele eigenwillige Individuen. Dementsprechend
vielschichtig ist das Angebot im Handel. Für den
rauen Alltag in einer harten, laut aufspielen-
den Band haben sich allerdings einige weni-
ge, überwiegend klassische Modelle bewährt.
Schließlich besteht die wichtigste Aufgabe des
Bassers in einer Schwermetallkapelle nun mal
darin, ordentlich Druck zu machen – und zwar
zuverlässig und auf den Punkt. Und dafür eignen
sich satt drückende Schraubhalskonstruktionen
wie der gute alte Fender Preci oder der Music
Man Stingray mit seinem fetten Humbucker, aber
auch Gibsons Thunderbird und entsprechende
Adaptionen am besten. Esoterische Edelholz-
sandwiches, vollgepackt mit sensibler Elektronik
für feinste Brillanzen, zart lispelnde Mitten und
tiefen Bassdraht sind da eher deplatziert.
Tüchtig schieben
Für Drop-Tunings gilt außerdem: Je tiefer die
Stimmung, desto länger die Mensur und desto
dicker die Saiten. Das ist nötig, damit die tiefen
Töne auch klar zu erkennen sind. Nicht, dass man
als Metallarbeiter nur grobmotorisch hinlangt,
aber es muss eben vor allem tüchtig schieben.
Das gilt auch für den Umgang mit Effekten.
Typische „Weichmacher“ wie Reverb, Delay
oder Chorus kann man getrost weglassen. Höchs-
tens dynamische Effekte (Kompressor, Wah, EQ)
funktionieren gut. Die „Keep it simple“-Philoso-
phie macht auch vor dem Basser nicht halt.
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wurden früher häufig bis zum Äußersten getrie-
ben. Und da war er plötzlich, der furchteinflö-
ßende Sound kaum kontrollierter Urgewalt! So
ein übersteuertes Bass-Signal klingt ungemein
fett und brutal (man denke nur an Lemmy von
Motörhead). Das gibt dem Sound eine völlig
andere, raubeinige Struktur.
Die passt allerdings nicht immer und hat
den Nachteil, dass die gespielten Töne bei
extremen Drive-Einstellungen gerne mal etwas
auseinanderbröckeln. Lässt sich der übersteuerte
Klang am Bassverstärker abrufen, ist diesbezüg-
lich allerdings häufig schon vorgesorgt.
Wer dagegen mit Pedalen arbeitet, muss sich
auf Schwierigkeiten einstellen. So kappen viele
Verzerrer zu viele tiefe Frequenzen, vor allem
Geräte, die eigentlich für E-Gitarre gedacht sind.
So ein mittig sägender Ton mag sich noch für ein
giftiges Bass-Solo anbieten, aber für fundamen-
tale Groove-Arbeit ist das nichts. Folglich muss
man hier ein wenig tricksen, etwa indem man das
Instrumentensignal vor dem Verzerrer splittet
und eine zweite „cleane“ Leitung verlegt. Einige
spezielle Geräte bieten sinnvollerweise gleich
einen Mix-Regler, mit dem man das Verhältnis
zwischen verzerrtem und cleanem Signal selbst
bestimmen kann.
Aber auch übers Arrangements sollte man
sich Gedanken machen. Wer nur einen Guitar-
Hero neben sich hat, kann sich eher mal eine
Portion Overdrive gönnen. In einer Band mit
zwei Gitarren und womöglich auch noch einem
Keyboard ist das dagegen riskant. Da sind
eigentlich schon alle Frequenzbereiche besetzt.
Bei so einer Konstellation sollte man das
Signal so sauber und druckvoll wie möglich
abliefern. Denn so beeindruckend ein Bass im
Overdrive-Modus klingt, er braucht extrem viel
Platz und lässt sich dann im Bandsound kaum
noch platzieren.
Vilim Stößer
Laut und deutlich
Obwohl es zahllose Bassanlagen
gibt, die mit diversen technischen
Finessen ausgestattet sind, sieht man
selbst auf großen Bühnen überwie-
gend die üblichen Verdächtigen.
Wer es sich leisten kann, stellt sich
einen Vollröhren-Turm à la Ampeg
oder Vergleichbares hin. Soll es
wartungsfrei sein, kommen meist
megawattstarke Transistorboliden
mit großvolumigen Boxen zum
Einsatz. Neben den heutzutage
fast schon obligatorischen 4x10“-
Cabinets werden gerne auch richtig
große Lautsprecher wie 15“ oder 18“
eingesetzt.
Einige Punkte sind aber
bei Aufstellung und Kom-
bination von Amp und
Box(en) unbedingt zu
beachten: Die langwel-
ligen Bassfrequenzen ent-
wickeln sich erst in einiger
Entfernung. Wer direkt
neben seiner Anlage
steht, merkt davon wenig
und dreht immer mehr
tiefe Frequenzen rein.
Besser postiert man die
Bassanlage so, dass
man sich gut, deutlich
und ausgewogen hört. Ver-
meiden sollte man auch eine
Aufstellung auf stark mitschwingendem Unter-
grund, unmittelbar an einer Wand oder, noch
schlimmer, in einer Raumecke. Damit handelt man
sich nämlich jede Menge unerträglich dröhnender
Resonanzen ein, die den Sound vermatschen.
Zudem sollten Verstärkerleistung und Belast-
barkeit der Lautsprecher zueinander passen. Ist
der Amp zu schwach, kann es insbesondere bei
einem voll aufgerissenen Transistorgerät dazu
kommen, dass die überforderte Endstufe den
Geist aufgibt oder gar – ebenso unerfreulich –
zuvor noch einen Gleichstromimpuls an die
Speaker schickt. Dann sind die ebenfalls hinüber.
eng mit dem Schlagzeuger zusammenspielt, sollte
man sich gerade hier nicht ins Gehege kommen.
Vor allem bei Fünfsaitern und tiefer ge-
stimmten Bässen ist das extrem wichtig. Liefert
die Bassanlage nämlich zu heftige Tiefenanteile,
kommt es zu unschönen Überlagerungen: Die
tieferen Lagen des Basses kämpfen mit der
Bassdrum um dieselbe Frequenznische. Deshalb
lieber die etwas darüber angesetzten Tiefmitten
anheben, um mehr Druck zu bekommen. So
ergänzen sich Bass und Drums, und beide sind
deutlicher zu hören.
Im harten Sektor wird ja
meist mit Plek gespielt.
Da will man
den Anschlag hören
Zu hoch darf der geboostete Mittenbereich aller-
dings auch nicht liegen, sonst landet man im
Frequenzbereich der Gitarre(n). Vor allem bei
heruntergestimmten Äxten kann das ruckzuck
passieren. In dieser klanglichen „Todeszone“ darf
man sich ruhig ein wenig zurückhalten. Das sorgt
für bessere Transparenz im Bandsound.
Die Höhen am Amp werden dann allerdings
wieder gebraucht, um genügend Schärfe und
Aggressivität zu bekommen. Im harten Sektor
wird ja meist mit Plek gespielt. Da will man den
Anschlag auch hören.
Kontrollierte Urgewalt
Im Metal steht einem eine weitere Sound-Option
offen: Distortion! Die alten Röhrenverstärker
Die richtige Frequenz
Ist der Verstärker zu stark, kann man die Laut-
sprecher aber auch mit purer Leistung durchbra-
ten. Zu diesem Thema gehört auch die leidige
Impedanzproblematik. Röhrenverstärker haben
einen Ausgangstrafo und können in der Regel
recht problemlos an eine Box mit 4, 8 oder 16
Ohm angepasst werden. Bei Solidstate-Endstufen
ist das nicht der Fall. Die meisten davon arbeiten
mit einer Minimalimpedanz von 4 Ohm (einige
wenige High-Power-Aggregate auch mit 2 Ohm),
die keinesfalls unterschritten werden darf, sonst
droht der Kurzschluss! Höhere Impedanzen werden
vertragen, kosten aber Leistung.
Das lässt schon erahnen, wie man am besten
mit den Reglern am Verstärker umgeht. Zuerst
sollte man sich bewusst anhören, was die
Kollegen frequenzmäßig so treiben. Da man meist
Einer der beliebtesten Vertreter
verzerrter Basssounds:
Lemmy von Motörhead
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