Tasten Workshop Tusch Variationen und Einmaersche
© PPVMEDIEN 2008
TASTEN
WORKSHOP
Keyboard-Tipps: Tusch-Variationen und Einmärsche
Tusch, 2, 3, 4 ...
Der Workshop
Diese Praxisreihe vermittelt Tipps & Tricks
zum Umgang mit Arranger-Keyboards am
Beispiel der Tyros-Modelle von Yamaha. Viele
der behandelten Themen lassen sich aber
auch ganz einfach auf andere Keyboard-
Modelle übertragen.
Heidrun
Dolde
arbeitet selbständig
als Musikerin und
Grafikerin. Seit 1984
präsentiert sie
Yamaha-Keyboards
und Digitalpianos und
bestreitet seit 2002
Musiker-Workshops.
Tipps und Downloads
im Internet unter
(http://heidruns-
musikerseiten.de)
In dieser Ausgabe
geht es um Tusch-Varianten und Einmärsche.
An diesen scheinbaren Nebensächlichkeiten
beweist sich die Professionalität eines
Keyboarders.
önnen Sie uns bitte mal einen Tusch spielen?“
Wer als Solo-Keyboarder oder in einer Tanz-
band musiziert, wird mit hoher Wahrschein-
lichkeit während einer Veranstaltung diese Frage
hören. Und meist wird erwartet, dass man sofort
reagiert und den gewünschten Tusch spielt.
Viele Musiker geraten dabei ins Schwitzen. Einer-
seits, weil es Ihnen an Ideen mangelt, wie man einen
Tusch spielen könnte. Andererseits, weil sie sich
nicht die Mühe gemacht haben, eine passende Ein-
stellung am Keyboard abgespeichert zu haben.
K
Nachfolgend eine sehr universelle Instrumentie-
rung, mit der man unzählige Tusch-Varianten spielen
kann. Am besten, man speichert sie als Registrie-
rung an einem zentralen Registrationsplatz im Key-
board ab. Für die rechte Hand werden drei verschie-
dene Instrumente kombiniert: Streicher, Bläser und
– falls vorhanden – eine Bigband-Voice mit Saxofon.
Für die linke Hand nimmt man eine Kesselpauke
(Timpani), oder noch besser – falls vorhanden – einen
Orchestersound, in dem eine Kesselpauke als eines
der Instrumente des Sounds vorkommt.
instrumentierungsbeispiel
für zahllose Tusch-Varianten
Hin und wieder findet man in Musikerforen die ver-
zweifelte Anfrage eines Keyboarders nach einem
fertig eingespielten Tusch-Midifile. Gerade ein Tusch
sollte aber nicht einfach als Playback ablaufen, son-
dern auf die Situation zugeschnitten sein und des-
halb unbedingt von Hand gespielt werden. Auch an
solchen Nebensächlichkeiten zeigt sich die Profes-
sionalität eines Musikers. Denn Könner sind in der
Lage, spontan ein ganzes Tusch-Sortiment für ver-
schiedenste Anlässe aus dem Ärmel zu zaubern!
Beispiel-Instrumentierung
für zwei Yamaha-Keyboards
Tyros 2:
Right 1 Voice: Brass Combo, Right 2 Voice:
Strings, Right 3 Voice: BigBandBrass, Left Voice:
Tutti
Tyros 1:
Right 1 Voice: Brass Combo, Right 2 Voice:
Strings, Right 3 Voice: Tutti, Left Voice: Tutti
Alle vier Instrumente werden bei den Tyros-Instru-
menten mit „Part Select“ zusammengeschaltet. Zu-
sätzlich muss man den Splitpunkt für die Voice der
linken Hand noch auf eine passende Maximalhöhe
stellen, z.B. auf F2. Höchstwahrscheinlich werden
die Oktavlagen für die vier Instrumente noch nicht
optimal liegen. In Yamaha-Keybords kann man diese
im Main-Mixer auf der Tune-Seite einstellen.
Folgende Einstellungen haben sich bewährt:
Tyros 2:
Right 1 Voice: -1, Right 2 Voice: 0, Right 3
Voice: 0, Left Voice: -1
Tyros 1:
Right 1 Voice: 0, Right 2 Voice: 0, Right 3
Voice: -1, Left Voice: -1
Und dann muss noch die Lautstärke der vier Voi-
ces eingestellt werden: Balance-Knopf drücken und
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die gewünschten Werte über die Wippschalter 5–8
unterhalb des Displays eingeben.
Tyros 2:
Right 1 Voice: 86, Right 2 Voice: 80, Right
3 Voice: 80, Left Voice: 127
Tyros 1:
Right 1 Voice: 80, Right 2 Voice: 80, Right
3 Voice: 110, Left Voice: 127
Die Tutti-Voice, die man bei den String-Voices
findet, ist übrigens eine Spezialität bei den Yamaha-
Topmodellen. Wird sie sachte gespielt, hört man ab
dem Ton F1 abwärts Streichbass und Kesselpauke.
Wird mit der linken Hand ein Ton heftig angeschla-
gen, d.h. mit einem Velocity-Wert ab 72 aufwärts,
ertönt zusätzlich das Konzert-Becken.
Durch die Steuerungsmöglichkeit über die An-
schlagdynamik lässt sich diese Voice sehr dynamisch
spielen. Durch mittelstarkes Repetieren (= Wieder-
holen) des gleichen Tons mit der linken Hand kann
man z.B. mit einem Paukenwirbel beginnen, den
man dann zusätzlich mit dem Konzert-Becken been-
det, indem man den letzten Ton dieses Wirbels kräf-
tig anschlägt.
Zugegeben, die Repetiertechnik will geübt sein,
umso mehr, weil sie mit der linken Hand produziert
werden soll. Um sie zu lernen, fängt man am besten
langsam an und gewöhnt sich gleich einen passen-
den Fingersatz an, z.B. 3-2-1-3-2-1-3-2-1 oder 2-
1-2-1-2-1 (1 = Daumen, 2 = Zeigefinger, 3 = Mittel-
Technik-Tipp
Styles für Einmärsche
Folgende Style-Arten eignen sich als Einmarschmusik:
• Discofox-und Dance-Rhythmen in unterschiedlichem
Tempo; optimal sind Tempi von 126 bis 140 Bpm.
• Drehorgel-Styles wie z.B. den Theatermarsch in Tyros
und Tyros 2. Hiermit kann man nostalgische Ein-
märsche spielen.
• Verschiedene traditionelle oder klassische Polkas und
Märsche im 4/4- und 6/8-Rhythmus. Ob Oberkrainer-
oder Egerländermusik, orchestrale Werke wie der
Triumphmarsch aus Aida oder der Radetzki-Marsch:
Damit bringt man Zuhörer zum Mitklatschen.
• Styles, die man der Kategorie „Showtime“ zuordnen
kann. Der berühmte Can-Can aus „Orpheus in der
Unterwelt“ von Jacques Offenbach ist auch ein
hervorragender Stimmungsmacher, den man mit
einem Showtune-Style gut spielen kann. Dieses
Musikstück eignet sich besonders gut als ausge-
lassenes Finale einer Publikums-Darbietung.
• Mit einem Dixieland-Style à la „Icecream“ lässt sich
die Eisbombe schwungvoll zur Tür herein begleiten.
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Eine typische Tusch-Registrierung: Kesselpauke und Becken
im Tutti der linken Hand sorgen für klangliche Steigerung.
Diese Tusch-Ideen im 3/4-
und 4/4 Takt können Sie
bei ihrem Gig aufgreifen
und variieren.
finger). Anfangs ist es schwierig, mit wechselnden
Fingern die gleiche Taste zu spielen. Mit etwas Übung
wird man aber feststellen, dass sich mit dem Finger-
wechsel ein Paukenwirbel wesentlich sauberer spie-
len lässt, als wenn man mit nur einem Finger die
gleiche Taste schnell hintereinander anschlägt.
Mit der obigen Instrumentierung lassen sich un-
zählige Tuschs spielen, viele auch basierend auf
weltbekannten klassischen Melodien wie dem An-
Um Tuschmotive zu variieren, kann man sie z.B. bei jeder
Wiederholung um einen Halbton nach oben transponieren.
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fangsmotiv von Beethovens fünfter Sinfonie, Esca-
millos Auftrittslied „Auf in den Kampf“ aus George
Bizets „Carmen“ oder „Also sprach Zarathustra“
von Johann Strauss.
Aber auch ein Mainzer Narhalla-Marsch lässt sich
damit zu Gehör bringen und dadurch unterstützen,
dass man zusätzlich das Schlagzeug eines Marsch-
Styles ablaufen lässt. Auch das oft geforderte „Ta-
Taaa“ während einer Karnevals-Prunksitzung dürfte
mit dieser Registrierung kein Problem sein. Einige
weitere Tusch-Ideen im Drei- und Viervierteltakt
finden Sie in den Notenbeispielen. Extra-Tipp: Wenn
man in ziemlich rascher Folge z.B. bei einem Ehrungs-
abend viele Tuschs spielen muss, kann man die
Spannung erhöhen, indem man den gleichen Tusch
jedes Mal um einen Halbton höher spielt.
Einmärsche für Familien-
und Vereinsveranstaltungen
Bei vielen Familien- und Vereinsveranstaltungen wer-
den von den Gästen kleine Einlagen geboten. Oder
eine Eisbombe wird feierlich vom Gastronomen-Team
herein getragen. Hier wird Spontanität von Live-
musikern erwartet, denn Länge und Stil von MIDI-
Files passen meist nicht zum geplanten Programm-
punkt, den man musikalisch unterstützen soll. Um
möglichst flexibel reagieren zu können, sollte man
Einmärsche also besser nicht mit fertigen Playbacks
gestalten. Das Spiel mit Styles bietet sich hier an.
Manchmal genügt es, nur das Intro und Ending
ablaufen zu lassen!
Günstig ist es, sich gleich mehrere Registrationen
mit unterschiedlichen Einmarsch-Styles anzulegen.
Eine stilistische Ordnung wie z. B. Disco/Show/Folk-
lore ist hilfreich, um eine bestimmte Einmarsch-
Registrierung schneller zu finden. Bei Faschings-
Einmärschen von Tanz-Mariechen & Co. kann man
sich schneller anpassen, wenn man auf einen Blick
sieht, wie schnell der registrierte Style ist. Gerade
bei Faschings-Einmärschen wird manchmal ein be-
stimmtes Einmarsch-Tempo verlangt. Deswegen
sollte man sich kleine Regie-Anweisungen in die
Registrierung schreiben.
Beim oft verlangten Marsch aus der TV- Serie
„Das Traumschiff“ gibt es übrigens mehrere Varian-
ten: Eine James-Last Version im Party-Polka-Stil,
ein schmissiger 6/8-Marsch und der bekannte River-
Kwai-Marsch. Letzterer ist wohl meistens gemeint,
wenn der „Traumschiff-Einmarsch“ gewünscht wird.
Auch wenn es Mühe macht, sich passende Ein-
stellungen auszusuchen und abzuspeichern: Beim
Live-Auftritt freuen sich Veranstalter und Gäste
gleichermaßen über Musiker, die spontan auf unter-
tw
schiedlichste Wünsche reagieren können.
Auf den einzelnen Registrie-
rungsplätzen sieht man
Hinweise zum verwendeten
Style-Tempo. das *-Symbol
symbolisiert, dass Liedtext
im TXT-Format in die Re-
gistrierung eingebunden
wurde.