©PPVMEDIEN 2010
Bühne
Workshop
Live-Mixing (5): eQuALizer iM einsAtz
Sound nach Maß
Der Workshop
In dieser Praxis-Reihe erfahren Sie, welche
Möglichkeiten Sie haben, Ihren Sound beim
Mixing zu optimieren. Einfach umsetzbare
Tipps machen Sie Schritt für Schritt zum
Sound-Spezialisten.
Uli Hoppert
ist Verantwortlicher für
Veranstaltungstechnik
und Meister Vt. Als
freier techniker für
rigging und System ist
er seit etwa 15 Jahren
unterwegs, seit 1999
zudem Geschäftsführer
und teilhaber eines
Dienstleistungsunter­
nehmens für Veranstal­
tungstechnik. Daneben
schreibt er für mehrere
Zeitschriften.
in dieser Ausgabe
erfahren Sie, wie Sie mit der Klangregelung
professionell umgehen können. Lesen Sie,
welche Arten von Filtern es in welchen
Komponenten gibt und wofür sie genutzt
werden sollten.
n diesem Beitrag dreht sich alles um Frequenzen
– genauer gesagt, um die Bearbeitung von Fre­
quenzen mit der Klangregelung. Zwischen Mikro­
fon und Lautsprecherbox erfährt ein Signal mehr
als nur einmal eine Klangbearbeitung. Grund genug
also, sich mit diesen Filtern auseinanderzusetzen.
Bereits beim schnellen Durchzählen der Klangre­
gelstufen auf dem Signalweg kommt man auf eine
ganz beachtliche Anzahl: Los geht’s mit dem so
genannten Lowcut am Mischpulteingang, danach
folgt die Klangregelung im Kanalzug, schließlich der
Summenequalizer vor der Beschallungsanlage und
I
womöglich parallel dazu ein Equalizer im Monitor­
Aux­Weg. Ebenfalls nicht zu vergessen: die Klang­
regelung im Prozessor der Beschallungsanlage. Kaum
ein System kommt heute ohne diese Regelstufe
aus. Häufig ist sie jedoch so in das System integriert,
dass sie optisch kaum noch in Erscheinung tritt.
All diesen Regelstufen ist eines gemeinsam: sie
regeln den Klang des Signals, greifen also physika­
lisch gesehen in das Frequenzgefüge ein. Deutliche
Unterschiede gibt es jedoch in der Art und Weise,
wie dies geschieht, genauer gesagt im Aufbau der
Filter selbst. Je nach Einsatzzweck kommen ein­
fache Festfrequenzfilter, parametrische Equalizer
oder grafische Equalizer ins Spiel; unter Umständen
werden insbesondere bei Prozessoren oder Control­
lern bisweilen auch pegelabhängige, so genannte
dynamische Equalizer eingesetzt.
Arten der Klangregelung
und typische einsatzorte
Das einfachste Filter ist das feste Filter. Als Hi­
oder Lowcut finden sich diese Vertreter in der Regel
ganz oben im Mischpult, beispielsweise als zuschalt­
bares Trittschallfilter am Anfang eines Kanalzugs.
Verwendung finden sie auch als Boost oder Cut in
aktiven Lautsprechern – z.B. zur Bassanhebung im
Fullrange­Betrieb oder als Hicut in aktiven Subwoo­
fern. Feste Filter verfügen über eine feste Einsatz­
frequenz und eine feste Verstärkung.
Etwas aufwändiger sind Klangregelstufen wie sie
z.B. in der Klangregelung eines Mischpultkanals
zum Einsatz kommen. In der einfachen Form ist
hier lediglich die Verstärkung regelbar. Man spricht
tastenwelt1/2010
Bei einem semiparametrischen eQ kann die Center­Frequenz eingestellt werden; die Filter­
breite – auch Güte oder Q­Faktor genannt – ist dagegen auf einen festen Wert eingestellt.
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dabei von einer Festfrequenzregelung, die häufig
bei Line­Eingängen zu finden ist. Flexibler sind die
so genannten semiparametrischen Filter, bei denen
Einsatzfrequenz und Verstärkung regelbar sind. Eine
als Kanal­Equalizer häufig anzutreffende Kombina­
tion der genannten Filter besteht aus zwei Festfre­
quenzfiltern für Bässe und Höhen sowie einem oder
zwei semiparametrischen Filtern für die Mitten. Mit­
unter wird so ein Kanal­Equalizer durch ein Tritt­
schallfilter ergänzt.
Am Ende des Signalwegs finden sich meist Equa­
lizer, die entweder anhand ihrer Bänderzahl oder
ihrer Regelmöglichkeiten die bisher genannten deut­
lich übertreffen. Die Rede ist von 31­Band­EQs –
auch bekannt als 1/3­Oktav­Equalizer – und von mehr­
bandigen, parametrischen Equalizern. Während 31
Bänder zum Handwerkszeug gehören und sowohl
für die Summenbearbeitung als auch für den Moni­
torweg als EQ mit Schiebereglern immer noch erste
Wahl sind, findet man parametrische Equalizer mit
fünf oder vereinzelt mehr Bändern in der Regel als
digitale Lösung in Prozessoren und Controllern.
regelstufen zum Einsatz, und zwar am besten so,
wie sie auch am wirkungsvollsten einsetzbar sind.
Der Summen­Equalizer bügelt die Probleme des
Raums und der Beschallungsboxen aus, der Kanal­
Equalizer nimmt sich der einzelnen Mikrofonsignale
an. Sie sollten nicht versuchen, mit den Kanal­
Equalizern den Raumklang zu bearbeiten.
equalizer in der Praxis:
anheben oder absenken?
Bei der Frage, ob man mit einem EQ Frequenzen nur
absenken oder auch anheben darf, scheiden sich
die Geister. Es kommt ganz darauf an, welcher Effekt
beabsichtigt ist. In der Summe, also vor den Laut­
sprechern, ist sicher das Absenken von störenden
Frequenzen das Mittel der Wahl.
Tipp: Sollte sich eine nervende Frequenz nicht
direkt finden lassen, dann einfach kurz, aber beherzt,
am grafischen Equalizer verschiedene Frequenzen
drastisch anheben. Eine Ätzfrequenz wird dabei
überproportional lauter werden, sobald der richtige
Regler gefunden wurde. Hier kann dann abgesenkt
werden. Analog dazu kann man natürlich auch bei
einem parametrischen Equalizer Ursachenforschung
betreiben. Dazu wird der Gain auf Maximum ge­
stellt, mit dem Frequenzregler fährt man dann den
Einstellbereich ab. Nervende Frequenzen werden
Wie equalizer arbeiten
und wofür sie eingesetzt werden
Vereinfacht gesagt, werden bei jedem Equalizer
und jedem Filter bestimmte Frequenzbereiche
angehoben oder abgesenkt. Das Maß der Veränderung
nennt man Verstärkung, die Angabe erfolgt in dB.
In der Regel weisen viele Equalizer Verstärkungen
von ± 6 bis ± 12 dB auf. Selten anzutreffen sind
Verstärkungen von bis zu 18 dB. Hält man sich vor
Augen, dass eine Anhebung um 6 dB bereits eine
Verdoppelung der Leistung bedeutet, wird an einem
einfachen Beispiel schnell klar, warum Eingriffe an
der Klangregelung immer dosiert erfolgen sollten.
Oft erlebt: Für den Subwoofer erscheint die Loca­
tion zu klein, das 12­Zoll­Topteil klingt alleine aber
nicht voluminös genug. Also greift man zum Equa­
lizer und schiebt zwischen 60 und 120 Herz beherzt
an, alternativ dreht man im Kanalzug einfach den
Bassregler weiter auf. Ohne eine Klangverbesserung
zu hören – die Box kann nämlich konstruktionsbedingt
gar nicht so viel Bass wiedergeben – mutet man dem
12­Zöller ganz fix das Doppelte an Leistung zu. Ob
das gut klingen wird, ist die eine Frage, ob der
Lautsprecher so den Abend überlebt, eine ganz an­
dere. Analog gilt dieses Beispiel natürlich auch für
alle anderen Frequenzen, weshalb es beispielsweise
bei einem Summen­Equalizer durchaus ratsam sein
kann, die maximal mögliche Verstärkung auf 6 dB
zu begrenzen.
Der Begriff Equalizer leitet sich vom englischen
Wort „equal“ (gleich) ab. Mit dem Equalizer gleicht
man also den Klang an oder ab. Das ist grundsätzlich
notwendig, da die Übertragungskette niemals linear
ist. Vereinfacht gesagt: Was vorne ins Mikro rein­
geht, kommt hinten nicht genau so an. Insbesondere
Schallwandler, also Mikrofon und Lautsprecher, ver­
ändern das Signal drastisch. Konsequenterweise
kommen an diesen Stellen die erwähnten Klang­
www.tastenwelt.de
Selbst in Aktivboxen finden
sich Filter zur Klangbearbei­
tung – in den premium­pro­
Boxen von HK Audio z.B. als
einfacher tone­regler.
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erster Klangfilter im
Signalfluss: lowcut.
Bei Dynacord folgt ein
Voice­Filter für mehr
präsenz.
Mit dem Summen­eQ
werden die akustischen
probleme des Auftritts­
orts ausgeglichen.
Der Kanal­eQ ist nicht nur
da, um problemfrequenzen
auszumerzen, hier darf
auch betont werden.
praktisch sind halbpara­
metrische Mitten, bei
denen die einsatzfreqzuenz
und die Verstärkung
eingestellt werden können.
auch so deutlich und können dann abgesenkt wer­
den. Übrigens: Fehlender Pegel nach der klanglichen
Bearbeitung lässt sich am Master­Gain oder dem
Gain­Regler am Equalizer wieder ausgleichen.
Etwas anders liegt der Fall bei Kanal­Equalizern,
denn dort kommt es nicht nur darauf an, Problem­
frequenzen aufzufinden und auszumerzen, sondern
durchaus auch darauf, bestimmte Frequenzbänder
zu betonen. Deshalb ist an dieser Stelle auch anhe­
ben erlaubt. Um eine Bassdrum knackig, den Bass
knurrig, die Akustikgitarre weich oder die Stimme
stärker zu machen, sind Anhebungen in bestimmten
Frequenzbändern notwendig. Andererseits kann es
sinnvoll sein, durch Absenken bestimmter Frequenzen
bei einem Instrument einem anderen Instrument
Raum zu schaffen. Gitarren konkurrieren z.B. häufig
mit den Stimmen. Daher ist es einfacher, der Stim­
me etwas Raum zu schaffen, indem man die Gitarre
nicht einfach leiser, sondern schlanker macht.
Dass viel Filtereinsatz auch viel hilft, ist ein Trug­
schluss. Wer in der Summe z.B. mehr als fünf Fre­
quenzen überproportional bearbeiten muss, sollte
den Grund für den Missklang an anderer Stelle su­
chen. Oft gibt es aber auch systembedingte Pro­
bleme, die sich durch einen Equalizer nicht behe­
ben lassen. Basslöcher oder Bassüberhöhungen an
verschiedenen Stellen des Raums sind ein Beispiel
dafür. Diese Phänomene entstehen bei einer typi­
schen Stereoanordnung der Bässe fast zwangsläufig.
Hier ist der Griff zum Equalizer ohne Wirkung, das
Problem wird eher noch verstärkt. Die Ursache liegt
nicht in den Frequenzen selbst, sondern in einer
Überlagerung von Schallwellen aus zwei unterschied­
lichen Quellen. In so einem Fall wäre eine geänderte
Aufstellung eine bessere Herangehensweise.
Ähnliche Effekte stellt man vielleicht auch mit ein­
zelnen Mischpultkanälen fest: Die Gitarre will nicht
rocken, die Stimme klingt dünn oder dem Bass
fehlt der richtige Druck. Wer da auch mit massivem
Einsatz der Klangregelung keine Besserung bewirkt,
sollte nachdenken, ob der Fehler an der Quelle selbst
liegt. Nicht jedes Gesangsmikrofon passt zu jeder
Stimme, und oft ist es eine Frage der Mikrofon­
aufstellung oder auch der Effekte, die einen Bass
oder eine Gitarre schlicht schlecht klingen lassen.
Das richtige Frequenzband finden:
Was passiert eigentlich wo?
Musik spielt in den Mitten – in diesem banalen Satz
steckt sehr viel Wahrheit. Tatsächlich passiert außer­
halb des Bereichs zwischen 300 und 4.000 Herz
kaum etwas, was wirklich musikalische Information
birgt. Darunter liegt der Bass mit Bassgitarre und
Kickdrum, darüber in den Höhen finden sich eigent­
lich nur Obertonanteile und etwas Beckensound.
Kümmern Sie sich also um die Mitten – und ganz
zu Anfang um die Stimme. Zwischen 1 und 2 kHz
liegt die Hauptinformation der menschlichen Stim­
me, darum sollte man diesen Bereich tunlichst
freihalten. Hier entscheidet sich, ob eine Stimme
schiebt – oder eben nicht. Sehr viele Gesangsmikro­
fone sind genau in diesem Bereich mit einer leich­
ten Anhebung ausgestattet. Wer keine Frequenzan­
teile hineindrehen will, der beschneidet die anderen
Instrumente in diesem Bereich etwas, denn damit
erhält die Stimme Raum. Darüber, zwischen 4 und
6 kHz, lässt sich die Sprachverständlichkeit der
Stimme pushen, hier darf etwas angeschoben wer­
den. Aber Vorsicht! Hier lauern die schlimmsten Feed­
backs. Noch eine Oktave darüber, bei 10 bis 12 kHz,
lässt sich der Stimme ein leichter Silberschein ge­
ben, der alles etwas klarer macht. Außerdem: Immer
einen Lowcut aktivieren, denn unter 100 Hz ist aus
dem Gesangsmikrofon nichts Gutes zu erwarten.
Viele elektrische Gitarren neigen zu einem recht
aggressiven Ton rund um 2 kHz, also genau im
Druckbereich der Stimme. Hier sollte etwas ge­
dämpft werden, dafür tut einer elektrischen Gitarre
eine leichte Anhebung bei 300 bis 500 Herz gut
und lässt das Instrument wärmer und voller klingen.
Akustische Gitarren haben vor allem eins – nämlich
Mitten. Darum darf man ruhig alles darüber und
darunter beschneiden, sonst droht ein schrilles oder
dumpfes Ergebnis. Auch hier gilt: Lowcut drücken.
Ähnliches gilt für viele Keyboards. Abgesehen
von den echten Flaggschiffen sind viele Instrumente
auf einen vollen Solosound getrimmt und klingen
entsprechend mit fetten Mitten und fettem Bass.
Auch hier räumt etwas Rausdrehen das Klangbild
merklich auf. Die Stimmen bekommen Luft und für
den Bass ist – natürlich – der Bassist zuständig.
Bleibt noch die Rhythmusgruppe, also Schlagzeug
und Bass. Ganz oft klingt alles unter 1 kHz irgendwie
verwaschen und dumpf, weil alles nur Bass ist.
Folglich heißt die Devise „aufteilen“: Betonen Sie
die Kickdrum bei 80 Hz (da liegt das Bumm) und
zwischen 2 und 4 kHz (da macht es Klack) und
dämpfen Sie dazwischen etwas ab, bleibt schlagartig
mehr Platz für die Bassgitarre. Der Bass freut sich
über etwas Dämpfung unter 100 Hz, weil es da nur
grummelt, dafür bekommt er etwas mehr ab 400
tw
Hz bis 1 kHz – schon ist der Rhythmus tight.
PrAxis
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Sonderfall Monitoring
Beim Bühnen-Monitoring sind Klangregler, insbesondere grafische Equalizer, fast noch
wichtiger als bei der Publikumsbeschallung, denn hier geht es ganz gezielt um das Vermei-
den von Feedbacks. Besonders tückisch sind die Frequenzen, die innerhalb der Signalkette
überproportional vertreten sind. Sie erzeugen stets zuerst das lästige Pfeifen. An dieser
Stelle kann mit dem Equalizer gegengesteuert werden, der Fachmann spricht hier vom Ein-
pfeifen. Per EQ werden bei offenem Mikrofon und offenem Monitor die gefährlichen Frequen-
zen sukzessive angeregt – durch Anheben am Equalizer – und bei aufkommendem Feedback
so weit abgesenkt, bis kein Feedback mehr auftritt. Diese Prozedur wiederholt man so lange,
bis der Gesamtpegel feedbacksicher so weit wie möglich angehoben werden kann.
Ein sauber eingepfiffener Monitor bringt bis zu 6 dB mehr Pegel, bevor es zu Feedbacks kommt.
Am besten kontrolliert man das Ergebnis unter realen Bedingungen – also ruhig mal die
Kapsel zuhalten oder mit dem Körper bewusst abschirmen. Beachten Sie aber: Feedbacks
können das Gehör drastisch schädigen, also sollte beim Einpfeifen tunlichst niemand im
Raum sein, der nicht auch im Raum sein muss. Alle anderen tragen Gehörschutz, insbeson-
dere derjenige, der am Mikrofon steht.