Buehne Workshop VST Effekte im Live Einsatz
© PPVMEDIEN 2008
Bühne
Workshop
Special: VST-Effekte im Live-Einsatz
Computereffekt
Der Workshop
In diesem Workshop-Special widmen wir uns
dem Live-Einsatz von Software-Effekt-Plug-
ins. Leistungsfähige Computer und schnelle
Datenschnittstellen an Mischpulten
erschließen völlig neue Möglichkeiten des
Effekteinsatzes – nicht nur im Studio,
sondern auch live. Wir stellen Ihnen erste
Anwendungsmöglichkeiten vor, die Sie selbst
schnell umsetzen können.
Hans-Joachim
Schäfer
ist promovierter
Diplom-Biologe und
arbeitet als Software-
Entwickler. Seine
Aktivitäten als Musiker
sind vielfältig: im Stu-
dio spielt er Synthesizer
und Keyboards, auf der
Bühne unplugged in
einem Gitarren-Duo.
Zudem befasst er sich
seit Jahren mit dem
Thema Recording im
eigenen Home-Studio.
us Studio-Produktionen sind sie längst nicht
mehr wegzudenken: Virtuelle Effekt-Plug-ins
gehören zu den Standardwerkzeugen bei der
digitalen Musikbearbeitung. Inzwischen werden alle
namhaften DAWs (Digital Audio Workstations) à la
Cubase, Sonar oder Samplitude ab Werk mit Effekt-
Plug-ins ausgestattet, die nicht nur den Ansprüchen
im Homestudio gerecht werden. Für die ersten Live-
Erfahrungen mit virtuellen Effekten sind diese Pro-
grammzugaben ebenfalls mehr als ausreichend. Im
Profi-Umfeld würde man natürlich auf hochwertige
Plug-ins von Drittanbietern wie Waves Native, T.C.
A
5) L/R-Out (zur PA)
1) Audio-In
2) FireWire oder
USB 2.0
4) FireWire oder
USB 2.0
3) Computer bearbeitet
live das Audiosignal mit
VST-Effekten
Electronic oder Digidesign zurückgreifen. Audioease
Altiverb beispielsweise bietet einen professionellen
Faltungshall, und Antares Autotune erlaubt eine kom-
fortable Tonhöhenkorrektur – falls der Sänger mal
nicht so gut drauf war. Die beiden genannten gehen
aber weit über die Grundlagen hinaus.
Die Vorteile von Effekt-Plug-ins im Vergleich zu
den Hardware-Kollegen liegen klar auf der Hand:
• Man spart eine Menge Geld, da Software-Plug-ins
in der Regel deutlich günstiger sind als entsprechen-
de Effektgeräte; viele Plug-ins gibt’s als Freeware
sogar zum Nulltarif.
• Man gewinnt Platz, da man eventuell das komplet-
te Effekt-Rack einspart.
• Die Programmierung der Effekte ist übersichtlicher
und umfassender.
• Man kann sich auf der PC-Harddisk beliebig große
Bibliotheken an Effekteinstellungen anlegen.
• Das Experimentieren mit unterschiedlichen Effekt-
kombinationen und Einstellungen geht viel bequemer
und schneller von der Hand.
• Per Mausklick ist ein Total-Recall aller eingesetzten
Effekte möglich.
Warum sollte man also das virtuelle Effekt-Rack
nicht auch mit auf die Bühne nehmen? Ein Note-
book mit der entsprechenden Software könnte ein
komplettes Bandscheibenkiller-Rack ersetzen.
Das größte Problem
ist die Latenzzeit
Wird ein Effekt im Echtzeit-Betrieb eingesetzt,
muss das Audiosignal den Weg Audiohardware >
Treiber > Effekt-Plug-in > Treiber > Audiohardware
tastenwelt 6/2008
Damit VST-Effekte live genutzt werden können, braucht man schnelle Datenverbindungen,
einen leistungsfähigen Computer und Hardware-Komponenten mit niedriger Latenz-Zeit.
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zurücklegen. All diese Komponenten müssen in der
Summe so schnell sein, dass Verzögerungen (Latenz)
für den Musiker weder hör- noch spürbar sind. Dafür
bedarf es hochwertiger Komponenten (inklusive des
Computers) und eine Anbindung des Audiointerfaces
über eine schnelle Schnittstelle (USB 2.0, FireWire
oder PCI).
Geeignete Hardware kommt mit Verzögerungszei-
ten von nur wenigen Millisekunden aus. Der Digital-
mixer Yamaha N8, der als Versuchsgrundlage für
diesen Workshop diente, erreicht in Verbindung mit
einem aktuellen Standard-PC (Intel Core 2 Duo
E6700) 4 ms Verzögerungszeit. Dies ist für den Live-
Einsatz der meisten Effekttypen absolut ausreichend.
Aber auch hochwertige Audio-Interfaces und Sound-
karten bieten diese sehr kurzen Verzögerungszeiten
und eignen sich für den Live-Einsatz.
Effekte, die von Haus aus verzögern, wie Delay
oder Hall, haben mit einer kleinen zusätzlichen Ver-
zögerung sowieso kein Problem. Man kann sie bei
Bedarf am Effekt selbst wieder ausregeln. Aber auch
Modulationseffekte wie Chorus, Flanger, Phaser oder
ein Rotary-Effekt sind uneingeschränkt einsetzbar.
Es ist nicht hörbar, wenn der Chorus 4 ms später
einsetzt. Lediglich zeitkritischen Effekten wie etwa
einem Kompressor könnten durch die Latenzen Gren-
zen gesetzt werden.
Oben links: Cubase 4 mit
virtuellem N8-Mixer und
geöffneten Effekt-Plug-Ins.
Daneben: Spur-Inspector
mit den Monitor-Symbolen.
Schnelle Datenschnitt-
stellen sind das A und O
Besonders komfortabel ist der Anschluss des Com-
puters an einen Digitalmixer mittels FireWire- oder
USB-2.0-Schnittstelle. Die Effekte können in die-
sem Fall direkt auf digitaler Ebene eingebunden wer-
den, ohne dass qualitätsmindernde AD- und DA-Um-
wandlungen dazwischen geschaltet sind, wie dies im
Falle einer analogen Anbindung über eine Sound-
karte der Fall ist.
Für den Testversuch im Rahmen dieses Workshops
kam der Yamaha-Mixer N8 zum Einsatz, der unter
anderem durch seine Audioqualität und durch seine
analoge Bedienoberfläche zu überzeugen weiß. Er
verfügt über zwei schnelle FireWire-Ports und hat
auch gleich eine Spezialausgabe des Cubase-4-Se-
quencers im Gepäck. Da Steinberg mittlerweile zum
Yamaha-Konzern gehört, ist es selbstverständlich,
dass der N8-Treiber nahtlos und automatisch in die
Cubase-Umgebung integriert wird. Die Kommunika-
www.tastenwelt.de
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Yamahas Digitalmixer N8
bietet zwei schnelle Fire-
Wire-Ports und integriert
sich nahtlos in Steinbergs
Sequencer Cubase 4.
jekt „Yamaha N8-Multichannel Recording“. Danach
schließen Sie Instrumente und Mikros an den N8 an
und pegeln die Eingangspegel mit den Gain-Reglern
ein. „Input Select“ muss auf “A.IN” (analog input)
stehen. Der Stereo-Ausgang des N8 ist an die PA
angeschlossen.
Jedem N8-Kanal ist eine Cubase-Spur zugeordnet.
Analog zu den N8-Kanalzügen sind auch die ersten
vier Cubase-Spuren monophon und die Spuren 5 und
6 stereophon angelegt. Die Kanäle 1 bis 4 eignen
sich somit für Mikrofone und monophone Instrumen-
te wie Gitarre und Bass; die Kanäle 5/6 und 7/8
(entsprechend die Spuren 5 und 6) sind vorbereitet
für Keyboards, Dumcomputer oder MIDI-File-Player
mit Stereoausgang.
Aktivieren Sie für jede benutzte Spur die Monitor-
Funktion (kleines Lautsprecher-Symbol im Spur-
Inspektor). Damit wird das bearbeitete Eingangs-
signal sofort wieder zum Ausgang geleitet. In der
geladenen Default-Einstellung sind die Ausgänge
der sechs Spuren auf „N8-L/R“ gelegt und werden
somit der Stereo-Summe des N8 zugeführt. Steuern
Sie nun die belegten Kanäle an den N8-Fadern aus.
Die LED-Ketten des N8 sowie die virtuelle Aussteu-
erungsanzeige der zugehörigen Cubase-Spur sollten
das Signal anzeigen. Wenn Sie nun den Summen-
Fader des N8 aufziehen, sollten Sie das Audiosignal
auch hören.
Alles am Start
für den Effekteinsatz
Jetzt ist alles vorbereitet, um die Effekte einzubin-
den. Öffnen Sie die Audiokanaleinstellungen der
angewählten Cubase-Spur, indem Sie links oben im
Spur-Inspektor auf das e-Symbol klicken. Sie kön-
nen jeder Cubase-Spur bis zu acht Effekt-Plug-ins
zuweisen. Doch Vorsicht, mit der vollen Bestückung
und mehreren Spuren überlastet man auch einen
High-End-Rechner im Handumdrehen.
Im Normalfall kommt man mit einigen wenigen
Effekten wie Hall, Delay, einem Modulations- (z.B.
Chorus) und einem Dynamik-Effekt (z.B. Kompres-
sor) aus. Die Qualität der Cubase-4-Effekte ist gut
und sollte für den Live-Einsatz ausreichen. Es gibt
aber auch eine ganze Menge Freeware-VST-Plug-
ins, die es auszuprobieren lohnt. Die Links zu ent-
sprechenden Homepages finden Sie bei uns unter
www.tastenwelt.de.
Für Gitarristen ein ganz heißer Tipp ist GuitarRig
von Native Instruments. Es bietet Amp-Simulationen
und Effekte in Hülle und Fülle und das in sehr guter
Qualität. Wer gerne experimentiert, sollte auch ein-
mal seine Vintage-Keyboards über einen virtuellen
Gitarrenverstärker schicken. Im Handumdrehen eröff-
nen sich ganz neue, aber interessante Klanggestal-
tungsmöglichkeiten.
Ein interessanter Nebeneffekt der Yamaha N8-
Cubase-Konfiguration: Bei Bedarf und leistungsstar-
kem Notebook kann man die Audiosignale gleich
aufzeichnen, um einen mehrkanaligen Live-Mitschnitt
tw
mit nach Hause zu nehmen.
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Gelungene Amp-Simulation: GuitarRig von Native Instruments
als kompletter Gitarren-Preamp inklusive Effekte.
Latenz-Zeit
Als Latenz-Zeit wird unter
anderem die Verzögerungs-
zeit eines Audio-Interfaces
bezeichnet, um ein Audio-
signal vom Eingang zum
Ausgang zu wandeln. Ein
analoger Impuls wird in ein
digitales Signal gewandelt
und wieder zurück.
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tion über FireWire 1394 hat Vor- und Nachteile.
Pro: Es wird keiner der sonst so begehrten USB-
2.0-Ports belegt, und FireWire ist stabil und schnell.
Kontra: Falls der Computer keinen FireWire-Port
besitzt, benötigt man eine zusätzliche FireWire-Kar-
te (PCI-Karte bei Desktop-PC, PCMCIA-Modul für
Laptops).
Schritt für Schritt:
So geht’s beim Yamaha N8
Nach der Installation von Software (Cubase 4) und
Treiber (mLAN) verbinden Sie den N8 per FireWire-
Kabel mit dem Computer und starten den mLAN-
Treiber. Sie starten nun Cubase, wählen den mLAN
als „Master-Asio-Treiber“ und laden das Default-Pro-