Special Aufstellen und Einmessen der PA Die 7Goldenen Re
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Special: Aufstellen und Einmessen der PA
der PA-Installation
Von goldenen Winkeln und dem echten Rock-´n´-Roll-Sound
Als Anfang der 70er Jahre des vorigen
Jahrhunderts die ersten PAs auf-
tauchten, machte sich sehr schnell
eine ganz besondere Spezies un-
entbehrlich: Der Systemtechniker!
Bewaffnet mit Simulations-
programm, Laptop und Controller
ist der Job dieser Spezialisten heute
mindestens so wichtig wie der der
Toningenieure und Techniker am
Pult. Denn sie wirken entscheidend
am Beschallungssound mit.
ber Hand aufs Herz – wer von uns kann
sich schon eine Truppe echter Spezia-
listen leisten? Oder einen ausgewach-
senen Technikfuhrpark mit Analyzern und oft auch
horrend teuren Audiotools. Da denkt man manchmal
gerne an die gute, alte Zeit zurück, wo Rock ´n´ Roll
noch mit der Hand gemacht wurde. Und wo die ech-
ten Cracks den „goldenen Winkel“ zwischen den
Topteilen noch in Handbreiten gemessen haben, die
Leute, die heute davon reden, dass früher alles besser
war. Wie so oft müsst ihr euch wahrscheinlich
Abend für Abend selbst darum kümmern, dass alles
rockt und das Publikum den optimalen Sound gebo-
ten bekommt. Wir zeigen euch mit unseren 7 golde-
nen Regeln, worauf es bei der Aufstellung eurer
Beschallungsanlage tatsächlich ankommt. Keine
Bange – ihr braucht dafür kein Ingenieursstudium,
einen Doktortitel oder sonstiges kryptisches Wissen!
A
Regel 1
Arbeitet sauber
Ganz gleich ob es um die Ausrichtung der ein-
zelnen Lautsprecher oder die Einstellungen an
Controller oder Klangregelung geht, nehmt alle
Änderungen und Einstellungen akkurat und ge-
wissenhaft vor.
Wer schummelt, der verschwen-
det Potenzial und wer hudelt, der verzichtet auf
wichtige Reserven, die eigentlich in der verwende-
ten Anlage stecken. Bereits bei der mechanischen
Ausrichtung von einzelnen Lautsprechern oder
Stacks geht es oftmals nur um um Zentimeter,
wenn mittel- und Hochtonbereich sauber koppeln
sollen. ein Blick auf die Wellenlängen zeigt, wor-
auf ihr achten müsst: während bei 100 Hz im Bass
die Wellenlänge des Signals noch im meterbereich
liegt, zählen in den mitten bei beispielsweise 3
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F O T O S : I M A G O, B E U G - R A P P, S H U T T E R S T O C K
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inhalt
Special
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Ab ins Publikum
So stellt ihr eure PA richtig
auf und ein
Die 7 goldenen Regeln
der PA-Installation
Auf zum Kauf
Uli Hoppert
Geregelte Verhältnisse –
alles unter Kontrolle!
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Flying High: Insbesondere, wenn man Boxen fliegt, sie also aufhängt, muss man unbedingt sicher arbeiten.
kHz bereits wenige Zentimeter. Im Hochtonbereich
werden die Abstände nochmals entsprechend en-
ger, hier geht es um kleinste Differenzen. Optimale
Kopplung gibt es nur, wenn ihr akkurat arbeitet,
ansonsten drohen Auslöschungen oder, noch
schlimmer, Kammfiltereffekte die euren Sound
dramatisch verschlechtern.
Wenn ihr einzelne Lautsprecher verschiebt, dann
beobachtet, wie sich der Gesamtsound verändert.
Achtet darauf, dass sich die Schallwände eurer Boxen
auf einer Höhe oder Linie befinden. Genau so wichtig
wie die Abstände zueinander sind die Winkel der
Lautsprecher untereinander. Wenn sich Abstrahlbe-
reiche und Frequenzbereiche unkontrolliert über-
schneiden, drohen auch hier Kammfiltereffekte. Glei-
ches gilt natürlich auch für das Finetuning mittels der
Elektronik. Bewegt die Fader am Equalizer mit spit-
zem Finger und lasst Vorsicht walten, wenn ihr Regler
an Frequenzweichen oder Controllern bewegt. Ein
beherztes Anpacken gibt zwar die Richtung vor, das
Tuning sollte dann aber filigran ausfallen. Wenn ihr
die Möglichkeit habt, dann wählt an Equalizern und
Regelverstärkern die kleinstmögliche Verstärkungs-
möglichkeit – viele EQs bieten zum Beispiel eine um-
schaltbare Verstärkung, etabliert haben sich hier
meist 6 dB oder 12 dB.
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Regel 2
Arbeitet sicher
Wohl die wichtigste unserer Regeln, auch wenn
sie nicht direkt mit dem Sound einer PA zu tun
hat.
Macht auf keinen Fall Kompromisse bei der
Aufstellung, sondern sorgt jederzeit für einen siche-
ren Stand eurer Beschallungsanlage und achtet auf
mögliche gefahrenquellen. Wer glaubt, diese Regel
gilt nur für den geflogenen Betrieb, der irrt. Bereits
eine Fullrange- oder Satelliten-Box auf dem Stativ
kann ausreichen, um ernsthafte Personenschäden
anzurichten. ein kippendes Lautsprecherstack ist ei-
ne nicht zu unterschätzende gefahr für Leib und
Leben. Sicherheit beginnt hier bereits bei der Auf-
stellung und beim Aufbau der Anlage, beim Stacken
oder Aufstellen von Stativen.
Achtet auf sicher stehende Bühnenpodeste als
Unterbau für eure Beschallungsanlage, verwen-
det Spanngurte um Stacks sicher zu verbinden
und achtet auf rutschfeste Unterlagen.
Gummi-
matten unter oder zwischen Lautsprechern geben
hierbei zusätzlichen Schutz gegen unbeabsichtigtes
Verrutschen. Wenn ihr eure Beschallungsanlage
fliegt, dann setzt ausschließlich zugelassenes und
geprüftes Zubehör ein und lasst die Finger von ma-
terial zweifelhafter Herkunft. Seid ihr euch nicht
sicher, dann zieht Fachleute zu Rate und lasst denen
bei sicherheitsempfindlichen Arbeiten den Vortritt.
Und nicht vergessen: Wenn etwas passiert, dann
seid ihr in der Haftung!
euch Bässe mit der möglichkeit
zum monobetrieb, denn damit
könnt ihr auch in kleinen Sets pro-
blemlos einen Sub mitbetreiben.
Auch in Sachen Bauart gibt es
gewichtige Unterscheidungen –
so seid ihr mit einem direkt ab-
strahlenden System in kleineren
und mittleren Locations tendenzi-
ell besser bedient, horngeladenen
Systeme sind wiederum bei gro-
ßen Locations vorteilhaft. Haupt-
grund für diesen Unterschied ist
Der Winkel machts: Viele Boxenhochständer lassen sich in diversen Winkeln
die Tatsache, dass Hörner meist
fixieren, um die Speaker optimal auf die zu beschallende Fläche auszurichten.
erst ab einer gewissen Stückzahl
zufriedenstellend funktionieren
und erst in so genannten Clustern oder Stacks in
ständig und macht euren Sound damit schön
trocken. Erreichen könnt ihr diesen Effekt nur durch
Sachen Abstrahlcharakteristik und Basswiedergabe
so richtig wirken. Genau so wichtig wie das richtige
eine akkurate Ausrichtung der Topteile. Industrie
und Hersteller sind mittlerweile sehr einfallsreich
an die Hand zugeben. Verstellbare montagebügel
wenn es darum geht, euch Hilfsmittel für diesen Job
System ist bei der Auswahl der PA auch die passende
Leistung. Reserve ist zwar immer gut, aber ein mehr-
kanaliges Amprack, dass mit 7.000 Watt nur im
»
Ihr seid mit einem direkt abstrahlenden System in
kleineren Locations tendenziell besser bedient.«
oder variable Stativflansche sind die erste Wahl für
kleine und mittlere Topteile, flexible Flugbügel oder
sogenannte Cradles erlauben das optimale Ausrich-
ten bei größeren, geflogenen Systemen.
Übrigens – auch bei den Bässen solltet ihr glei-
chermaßen für eine funktionierende Aufstellung
sorgen.
Denn perfekte Mitten und Höhen sind für
die Katz, wenns im Bassbereich nur übel dröhnt und
mulmt. Durch geschickte Aufstellung der Bässe
(oder sogar des einzelnen Basses) könnt ihr sogar
dem Tieftonbereich eine Richtung geben und damit
ebenfalls Reflexionen an den Wänden vermeiden.
Zusätzlich erreicht ihr durch Kopplung mehr Schall-
druck und eine tiefere grenzfrequenz – ohne auch
nur ein Watt mehr in das System stecken zu müssen.
Leider gibt es für den Bass kein ähnlich universelles
Patentrezept wie „Alles schön aufs Publikum aus-
richten“, denn die Wechselwirkung von Raum, Wel-
lenlängen und Anordnung sind zu vielfältig. Also
traut euch, in dieser Disziplin zu experimentieren!
Standgas läuft ist aber genau so deplaziert wie ein
mickriger Fullrange-Verstärker für eine 1.000-
mann-PA. Habt also ein Auge auf die Verhältnismä-
ßigkeiten – dann klappts auch mit dem Sound.
Regel 3
Plant und dimensioniert eure
Anlage passend zur Location
Wenn ihr hier bereits sauber arbeitet, dann habt
ihr schon die halbe Miete eingefahren.
Denn nicht
jede PA eignet sich gleichermaßen für die Beschal-
lung einer Location. Weit vorne seid ihr, wenn euer
Beschallungssystem möglichst flexibel skalierbar ist,
also praktisch modular durch mehrere einheiten er-
weitert werden kann – quasi von der Clubanlage bis
zur ausgewachsenen Open-Air-PA. Freilich sind auch
solchen Systemen grenzen gesetzt, endlos und sinn-
voll vergrößern oder verkleinern kann man kaum ein
System auf dem markt. Klare Vorteile verschaffen
Regel 4
Bringt den Schall da hin, wo
er gebraucht wird
Nämlich zum Publikum – und nicht auf Wände,
Decken oder den Boden.
Diese Flächen haben näm-
lich nicht nur keine Ohren, sondern auch eine sehr
schlechte Angewohnheit: Sie reflektieren den Schall
hart und sorgen damit für unkalkulierbare echos
und Reflexionen. Sowas vermatscht den gesamten
Sound und sorgt für ein diffuses, nicht greifbares
Klangbild. Umgekehrt sorgt euer Publikum – hof-
fentlich zahlreich anwesend – für eine sehr hohe
Dämpfung, verhindert also Reflexionen fast voll-
Regel 5
Die Kombination machts:
Auch wenn eure Ohren erstmal das mittel der Wahl sind – wenn man nicht weiterkommt,
können geräte wie Behringers Ultracurve Pro mit integriertem Real-Time-Analyzer eine große Hilfe sein.
Traut euren Ohren
Jeder Mensch bekommt zu seiner Geburt genau
zwei geeignete Messinstrumente mitgegeben –
die eigenen Ohren!
Sicherlich, für hochkomplexe
Systeme benötigen Fachleute einen ausufernden
Fuhrpark an Spezialwerkzeug, letzten endes wird
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Special: Aufstellen und Einmessen der PA
der Sound aber trotzdem für die Leute und nicht für
Maschinen gemacht. Und diese Leute haben übli-
cherweise ebenfalls Ohren am Kopf. Also lernt, auf
diese bordeigenen Messinstrumente zu hören und
bewertet einen Raum und den Sound der PA zu-
nächst einmal mit eurem Gehör. Dazu müsst ihr
euch natürlich schon eine gewisse Gehörbildung
aneignen sowie über psychoakustische Effekte Be-
scheid wissen. Hört euch dazu durch alle Sparten
und Genres verschiedener Musikstücke, trainiert
euch ein Gefühl für ausgewogenen Sound und für
eine gute Abstimmung zwischen Bässen, Mitten und
Höhen an und überprüft diesen Stand immer wieder
aufs Neue – das Publikum wird es euch danken.
Wenn ihr dann möglichst unvoreingenommen an
eine PA herangeht, könnt ihr bestimmt schon auf
den ersten Blick eine Tendenz ausmachen und er-
ste Optimierungsschritte einleiten.
Für das Finetu-
ning oder zum Aufdecken nicht ganz so offensicht-
licher Fehler oder Probleme dürft ihr natürlich auch
Messwerkzeug zu Hilfe nehmen. Viele Soundproble-
me haben ihre Ursache zum Beispiel im schlechten
oder falschen Phasenverhalten – was unser Ohr
zwar hören, aber nicht zuordnen kann. An dieser
Stelle können dann Analyzer weiterhelfen. Selbst-
verständlich nur, wenn man auch um ihre Bedienung
weiß und die angezeigten Daten richtig zu deuten
weiß. Daraus folgt:
oder teures Equipment zum Einsatz kommen, reicht
es vielleicht schon aus, Boxen zu verschieben oder
anders auszurichten, Endstufenleistungen anzu-
passen oder womöglich auch zunächst der Verka-
belung einen kritischen Blick zu gönnen. Ein ver-
polter Treiber lässt sich bereits durch aufmerksa-
mes Zuhören entdecken, auf dem Display eines
Analyzers sieht dieser Fehler jedoch unter Umstän-
den genau so aus wie ein zu schwach aufgedrehter
Verstärkerkanal, eine falsche Übernahmefrequenz
oder eine unschöne Raumreflexion. Phasenpro-
bleme zum Beispiel machen den Sound drucklos
und hören sich zerfallen an, auf dem Display eures
Realtime-Analyzers sieht hingegen unter Umstän-
den alles richtig aus. Was hilft ist also Funktions-
weise und Umfang eures Equipments zu kennen, zu
Regel 7
Guter Sound wird schon auf
der Bühne gemacht
Solange ihr keine Superstars seid und Arenen,
Stadien und Plätze füllt, wird euer Sound beim
Livegig immer eine Mischung aus Direktschall
und PA-Sound sein.
Und damit hat euer Bühnen-
sound einen gravierenden Einfluss auf das Gesamt-
klangbild. Ganz egal, wie optimal eure PA ausge-
richtet ist oder wie leistungsfähig das Equipment
ist. Und zwar nicht nur in den ersten Reihen, son-
dern im ganzen Raum. Klar ist natürlich, dass eine
solide und sauber klingende PA im Idealfall immer
eine Schippe lauter ist als der Bühnensound und
damit akustisch betrachtet im Vordergrund steht.
»
Euer Bühnensound hat einen gravierenden
Einfluss auf das Gesamtklangbild.«
Klar ist aber auch, dass ihr den Bühnensound nicht
ausblenden könnt. Also lernt, diese beiden Klang-
faktoren zu kombinieren und mit ihnen umzuge-
hen. Spielt ihr im Kellerclub und sieht die PA nicht
sonderlich leistungsfähig aus? Dann runter mit der
Bühnenlautstärke und verzichtet bei der Wieder-
gabe über die PA auf Bass und Schlagzeug. Die PA
braucht ihr jetzt für die Vocals und andere, unver-
stärkte Signale.
Wichtig: Das lauteste Instrument ohne Verstär-
kung gibt den Grundpegel vor!
Ganz anders sieht
es in einer größeren Location aus, wo reichlich PA
zur Verfügung steht und das Publikum vielleicht
nicht direkt auf Tuchfühlung steht. Dort könnt ihr
natürlich auch auf der Bühne mal aus dem Vollen
schöpfen, die Bühnenlautstärke hat hier merklich
weniger Einfluss auf den Saalsound.
lernen und die Leistungsfähigkeit und vor allem die
Grenzen jedes Bausteins einschätzen zu können.
Genau so wie eine Fullrange-Box keine 130-dB-
Schalldruck bei 30 Hz erzeugen kann, kann kein
Real-Time-Analyzer Phasenprobleme darstellen.
Versucht am besten gar nicht erst, unmögliches
aus eurer PA rauszuholen – ganz egal wie viel
Equalizer ihr einsetzt, aus oben genannter Box
wird niemals ein Subwoofer.
Im Gegenteil, es droht
höchsten der Pappenkollaps und damit die Zerstö-
rung der Box. Mit geschicktem Controllereinsatz
und geschickter Ausnutzung der vorhandenen Lei-
stung könnt ihr aber sicherlich das Optimum aus der
Box rausholen und eurem Publikum guten Sound
bieten – und darauf kommt es schließlich an. Und
das, ohne übertrieben viel Equipoment durch die
Gegend zu karren.
Regel 6
Lernt, mit Analyzern,
Equalizern und Prozessoren
umzugehen
Jedes Gerät ist nur so gut und leistungsfähig wie
der Mensch, der es bedient.
Wenn ihr also euer
System optimieren wollt, dann müsst ihr zunächst
eure Möglichkeiten kennen. Bevor also Elektronik
Keyboard
Gitarre 1
Monitor
Bass
Gitarre 2
Monitor
Gitarre 1
Keys
Bass
Monitor
Monitor
Monitor
Monitor
Monitor
Monitor
PA
PA
PA
PA
In die Hände gespuckt:
Bereits mit der Aufstellung der Geräte auf der Bühne beeinflusst
ihr den Gesamtsound erheblich (je kleiner die Location, desto mehr) ...
… soll das Bühnenequipment weniger ins Publikum abstrahlen, also den Sound weniger
beeinflussen, muss man es so verschieben, dass es möglichst nur die Musiker beschallt.
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