Special Live Fettnaepfchen Shit happens
Special:
Live-Fettnäpfchen
So vermeidet ihr peinliche Situationen beim Auftritt
Der Sommer naht in großen Schritten und damit auch die Zeit der Openairs und 1.000
Gigs. Das Equipment schnell in den Kofferraum geworfen, kurz bei der Tanke auf dem Weg
angehalten um das Nötigste zu besorgen und ab zur Location. Das klingt nach Rock ´n´ Roll,
ungezügelter Freiheit und Rebellion. Der schiere Wahnsinn!
ahnsinn – ja genau. So cool das alles
auch klingen mag, wer so an seine
Gigs rangeht, der hat zumindest eine
Garantie. Nämlich die, dass so was sicher schief
geht. Spätestens wenn die Gitarre nicht mehr
schiebt, weil die Saiten runter sind, der Bass man-
W
Unvermeidbare Pannen?
Damit euch solche Pleiten sicher erspart blei-
ben haben wir den Profis im Business mal ein
bisschen über die Schultern geschaut
und zei-
gen euch, wie die für einen reibungslosen Gig
sorgen. Klar sind auch die ganz Großen nicht vor
Mutter aller Pannenshows:
Bühnenbaustelle zu „The Wall“ in Berlin 1990.
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F O T O S : H O P P E R T, B E U G - R A P P & I M A G O
gels frischer Batterien drucklosen Mumpf von sich
gibt statt schön zu drücken, oder aus der Band-
PA nur noch ein jämmerliches Gekreische kommt,
weil wieder mal die Hälfte der Kabel defekt sind,
wird das alles sehr schnell uncool. Meist kommt
man nicht einmal so weit, denn die ersten Fett-
näpfchen lauern oft schon weit vor dem eigentli-
chen Gig. Zu wenig Strom vor Ort, eine marode
Bühne unter den Füßen oder - ganz schlicht, aber
trotzdem gern genommen - irgend jemand hat
die Anfahrtsskizze zur Location verlegt und das
Navigationssystem meldet mitten in der Einöde:
„Sie haben Ihr Ziel erreicht“.
Pannen oder Pech gefeit. Fast schon legendäre
Beispiele gibt es da genug. Die Spanne reicht da-
bei vom technischen Desaster bis zum schlichten
Lampenfieber – von Bob Marley, der seinen Ein-
satz verpasste, bis zu Sarah Connors textlicher
Kreativität. Noch weit größere Tragweite nahmen
die Pannen 1990 in Berlin an, als Roger Waters
und ein gigantisches Staraufgebot noch einmal
„The Wall“ über die Bühne bringen wollten. Nach
zwei Stromausfällen kurz hintereinander fielen
große Teile der PA aus, die Scorpions absolvier-
ten ihren Part im akustischen Blindflug und
gänzlich ohne Monitoranlage. Sinéad O´Connor
verlor dabei gar Faden und Text und gegen Ende
wollte selbst die gigantische Mauer nicht so ein-
stürzen wie geplant. Die Pannen waren so gra-
vierend, dass für die Live-Übertragung im TV
und die später erschienene DVD in weiten Teilen
Aufnahmen von der Generalprobe am Abend zu-
vor verwendet werden mussten. Die mehr als
320.000 Zuschauer vor der gigantischen Bühne
DAS FACHBLATT FÜR MUSIKER
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Shit happens?!
Die 11 Gebote
Special
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Seite 42
Seite 46
Bandmitglieder von mal zu mal zu vertrösten, „weils
ja irgendwie immer funktioniert“ ist schlicht Selbst-
betrug und rächt sich früher oder später. Da eine
Band ja zumeist auch noch ein sehr komplexes Ge-
bilde ist, hat sich hier klare Arbeitsteilung bewährt,
bei der jeder für einen exakt umrissenen Teilbereich
zuständig ist. Die Profis haben es recht einfach an
dieser Stelle, dort werden die Vorbereitungen dele-
giert. Ton-, Licht- und Bühnentechniker kümmern
sich ausschließlich um ihre Gewerke, während die
Backliner sich des Bandequipments annehmen.
So was ist natürlich Vertrauenssache, oft ar-
beiten Künstler und Backliner über Jahre hinweg
zusammen und wissen entsprechend gut Bescheid,
was gefragt ist.
Für eine Tour mit zehn Gigs bean-
spruchen da schon mal alleine die Gitarrensaiten
beachtlichen Platz. Auch Batterien und andere
Verbrauchsmaterialien werden in großen Mengen
eingeplant und mitgenommen. Phil Taylor ist so
ein Beispiel für einen langjährigen Tourbegleiter –
seit über 20 Jahren nimmt er sich der Gitarren von
So vermeidet ihr peinliche
Situationen beim Auftritt
gegen Fettnäpfchen on Stage
1-2-3 … dabei!
Aufgepasst und eingepackt!
Ein Special von Uli Hoppert
hat das wohl demnach nicht gestört. Nach fast vier
Stunden Show lag man sich vor der letztendlich
doch gestürzten Mauer selig in den Armen.
Glück gehabt, wer so glimpflich davonkommt.
Deutlich tragischere Beispiele gibt es aber leider
ebenfalls. Das Roskilde Festival 2000 gehört da
sicher zu den ganz schwarzen Tagen. Obwohl die-
ses Festival bereits damals zu den sichersten über-
haupt gehörte, fanden trotzdem neun Besucher
den Tod, als der Druck der Menge beim Auftritt
von Pearl Jam zu groß wurde. Auch im letzten
Jahr gab es negative Schlagzeilen: Auch Southside
2007 hat traurige Berühmtheit erlangt, denn auch
hier gab es einen Toten zu beklagen. Beim Hei-
necken-Jamming-Festival nahe Venedig im letz-
ten Jahr stürzte bedingt durch einen Sturm ein
komplettes Licht-Rig ein – zum Glück gab es da-
bei nur Verletzte.
Aber was tun?
Gänzlich vermeiden lassen sich
Pannen und Desaster nicht, jedoch mit Sicherheit
großräumig umfahren. Ganz ähnlich, wie es schon
in dem bekannten Werbespot für eine Kopf-
schmerztablette zu hören war – „Tja, gegen das
Wetter kann ich auch nichts machen. Aber gegen
ihre Pannen, da hab ich was!“
Gefahr erkannt,
Gefahr gebannt
An dieser Stelle greift der Apotheker ins Regal,
für uns beginnt analog dazu die Vorbereitungs-
phase.
Startet mit einer Art Problemanalyse: Prüft
Stück für Stück alle relevanten Parameter rund um
euren Auftritt und sucht mit offenen Augen nach
möglichen Fehlerquellen. Überall, wo Fehler pas-
sieren können, werden sie unweigerlich auch ir-
gendwann passieren. Sich selbst und die anderen
„ ... brüh im Lichte ...“:
Sarah Connor modifizierte
die deutsche Nationalhymne bei der Einweihung der
Münchner Allianz-Arena.
David Gilmour an. Tommi Willis, Backliner von Chris
Rea, bringt es mittlerweile auf fast 20 Jahre an der
linken Bühnenseite des Gitarristen und Sängers.
super.
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Live-Fettnäpfchen
Immer den Überblick
behalten
Wessen Ruhm jedoch noch nicht soweit gedie-
hen ist, dass ein Heer von Technikern und Roadies
parat steht, wird also selbst Hand anlegen müs-
sen.
Wenn man dabei von Klein nach Groß vor-
geht, behält man sicher den Überblick, vergisst
nichts und stellt trotzdem fest, dass es ganz oft
die kleinen Dinge sind, die später in der Summe
zum Desaster führen (können). Fangt mit eurem
eigenen Equipment an und überprüft es akribisch
Prüft nach, wo Adapter zum Einsatz kommen
und haltet Ersatz bereit, denn all zu oft bleibt
vor dem Gig keine Zeit zum Testen, Analysieren
und Reparieren.
Insbesondere wenn ihr Exoten
einsetzt, also Adapter, die nicht von der Stange
kommen, ist ein Ersatz essenziell. Im direkten
Vergleich zum Kaufpreis des gesamten Equip-
ments bleiben solche Ersatzteile zudem fast
schon verschwindend günstig. Mit der Zeit be-
kommt man auch ein Gespür dafür, wo Fehler-
quellen versteckt sind und wie man womöglich
langfristig Abhilfe schaffen kann. Insbesondere
bei betagten Instrumenten helfen oft auch Foren
oder Fachleute weiter, an die man sich besser vor
einer Panne als danach wendet. Oder rechtzeitig
SOUNDCHECK lesen.
Wer sein Equipment überprüft und auch die
notwendigen Ersatzteile bereithalten will, der
steht zwangsläufig vor dem nächsten Problem.
Wohin damit? Immerhin kommt sehr schnell eine
ganz beachtliche Menge an Adaptern, Kabeln und
Kleinteilen zusammen, die auch ordentlich trans-
portiert werden will. Darin unterscheiden sich all
diese Tools und Spares kein bisschen vom restli-
chen Equipment. Schlimmer noch, denn wer im
Problemfall nur noch weiß, „dass da irgendwo
dieses Ersatzkabel sein muss“, der verliert wichtige
Zeit und Nerven. Ein passendes Case oder ein Kof-
fer, worin alles ordentlich sortiert seinen Platz fin-
det, wäre das Mittel der Wahl. Womöglich schafft
man auch bandintern so eine Toolbox an, ausge-
stattet mit Schubladen und Fächern findet dann
jeder schnell und sicher, was gerade gebraucht wird.
Ganz essenzielle Dinge, ohne die die Rock-´n´-
Roll-Welt ohnehin nicht funktionieren würde, las-
sen sich in so einer Toolbox übrigens sehr gut
gemeinsam und für alle verfügbar unterbringen –
Anschlüsse und
Stromversorgung satt:
SKB PS55E
Ersatzteillager:
Bei Bedarf reicht ein Griff in die richtige
Schublade, um Spares bereit zu stellen.
genau. Nur wer sein Material wirklich kennt, kennt
auch seine Schwachstellen. Ein Satz neuer Saiten
für die Gitarren oder den Bass und eine Handvoll
Plektren erscheint sicherlich jedem nachvollzieh-
bar; ein Ersatzkabel für den Anschluss an den
Amp womöglich auch noch. Manch Drummer
denkt vielleicht automatisch an genügend Sticks
für den Gig und eventuell auch noch einen Satz
neuer Felle.
Und dann? Versagt das Netzteil des Bodentre-
ters, verabschiedet sich die Sicherung am Bas-
samp und der Schlagzeuger sucht verzweifelt
nach der Befestigungsschraube seiner Fußma-
schine.
Tatsächlich habt ihr bisher nämlich nur an
Hilfsmittel gedacht und nicht etwa an wichtige
Ersatzteile. Wenn ihr böse Überraschungen ver-
meiden wollt, dann habt für jeden neuralgischen
Punkt eures Equipments Ersatz oder eine Alterna-
tive dabei. Überprüft also, wo die Sicherungen
eurer Ams sitzen, welche Sicherungen gebraucht
werden und ob womöglich sogar Spezialwerkzeug
zum Wechsel notwendig ist. Manch einer hat so-
gar ein paar empfindliche Ersatzröhren für den
Amp im Gepäck – man weiss ja nie. Überprüft
auch eure Bodeneffekte und legt euch ein Univer-
salnetzteil oder wenn möglich auch Batterien be-
reit, sodass ihr im Schadensfall jedes Originalnetz-
teil ersetzen könnt. Noch besser als solche Einzel-
lösungen sind eventuell sogar Komplettlösungen
wie das SKBPS55E-Pedal-Management-System mit
integrierter Verkabelung und Netzversorgung –
dieses Board haben wir euch übrigens in SOUND-
CHECK 04/2008 bereits ausgiebig vorgestellt.
zwei Rollen Gaffaband zum Beispiel, zwei Spann-
gurte, ein paar Holzwäscheklammern, Kopfschmerz-
tabletten, Halspastillen, ein Päckchen Taschentü-
cher und eine Rolle Pflaster sind schon mal ein
guter Grundstock für sehr viele Eventualitäten.
Sorgfaltspflicht
Die selbe Sorgfalt, die ihr eurer Backline ange-
deihen lasst, solltet ihr natürlich auch auf eure
eventuell vorhandene Band-PA verwenden.
Auch
hier gibt es mehr als genug potenzielle Fehlerquel-
Praxistipp
Die 5 wichtigsten Adapter
1. Y-Adapter oder Yankee:
Macht aus einem
Signal zwei oder auch aus zwei Signalen eins.
2 Tommikros lassen sich damit zur Not auch mal
auf einen Input legen, wenn die Eingänge knapp
sind. In der Klinkenvariante lassen sich mit dem
Y-Adapter Insertwege verkabeln.
2. Sex- oder Genderchanger:
Liegt wieder mal
ein Kabel falsch rum? Was bei Speakon nicht
passieren kann, ist oberhalb von 20 Metern bei
XLR eventuell ein kleines Desaster. Bei Bedarf
lassen sich mit diesen Adaptern auch Returnwege
beim Multicore zu Sendwegen machen – und
umgekehrt. Sexchanger gibts logischerweise in den
Varianten Weiblich/Weiblich und Männlich/Männ-
lich. Tipp: Immer pärchenweise dabei haben!
3. Klinke auf XLR und XLR auf Klinke:
Keine
Mikrofoneingänge mehr frei? Keine DI-Box fürs
Keyboard mehr frei? Dann schlägt die Stunde für
den Adapter Klinke/XLR. In der anderen Richtung
hilft dieser Adapter oft bei älteren oder semipro-
fessionellen Endstufen oder bei der Verkabelung
von Effektgeräten.
4. Speakon auf XLR und XLR auf Speakon:
Moderne Lautsprecher haben Speakon- oder XLR-
Eingänge. Aber niemals beides. Darum ist dieser
Adapter so lange Pflicht, bis sich die Industrie auf
eines der beiden Formate geeinigt hat.
5. Miniklinke auf ein professionelles Ste-
ckerformat:
Im Zeitalter des i-Pod und anderer
MP3-Player der Adapter schlechthin, um solche
Konserven ans Pult zu bringen. Welcher Variante
man dabei den Vorzug gibt, hängt von den per-
sönlichen Vorlieben und dem restlichen Equipment
ab. Merke: Besser immer mehr davon dabei haben,
kein Adapter verschwindet so häufig wie dieser.
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len und die Marge zwischen Erfolg und Misser-
folg ist schmal. Anders als bei eurer Backline zum
Beispiel ist es hier allerdings wenig sinnvoll, ab
einer gewissen Größe der Anlage sogar unmög-
lich, für alles Ersatz dabei zu haben. Die Menge
an notwendigen Kabeln zum Beispiel nimmt oh-
nehin auch ohne Ersatz schnell beträchtliche Aus-
maße an. Wichtig ist hier also, das richtige Maß
an Ersatzteilen zu finden. Bei ohnehin pflegli-
chem Umgang mit dem Material sinkt die Ausfall-
quote gerade im Bereich Kabel meist deutlich ab,
man muss also nicht mehr unbedingt so viele Mi-
krofon-, Lautsprecher- oder Netzkabel vorhalten.
einer fliegenden Verkabelung zum Laufen zu be-
kommen. Oft ist hierbei Improvisationstalent vom
zuständigen Techniker gefragt.
Probleme bekommt man in Sachen Ersatz
bei den großen Teilen.
Ein abgefackelter Amp,
ein durchgebrannter Treiber im Monitor oder in
der PA, verstummte Kanalzüge am Mischpult -
in solchen Fällen ist schneller Ersatz häufig
nicht möglich. Hier hilft nur ein solider und
funktionierender Plan B. Monitore oder Moni-
torwege zusammenstreichen, um defekte Boxen
oder Endstufen zu sparen, die PA möglicher-
weise passiv oder zur Not sogar Mono betrei-
ben, um auf eine defekte Endstufe verzichten
zu können, Bühnenmikrofonierung minimieren,
um Eingänge zu sparen. Wo man den Rotstift
ansetzt ist durchaus planbar, ob so was in der
Praxis und im Falle eines Falles funktioniert,
lässt sich jedoch niemals vorausplanen. Einen
Minimalplan parat zu haben, ist jedoch immer
eine gute Ausgangsposition. Wird man dann
tatsächlich mit so einer Situation konfrontiert,
dann ist meist auch eine gehörige Portion Cool-
ness notwendig, um für alle Unbeteiligten un-
bemerkt umzuschalten. Wirkliche Profis können
so was ohne mit der Wimper zu zucken. Ein
gutes Gefühl, oder? Und noch etwas nimmt
man dabei mit. Man wird von Panne zu Panne
abgebrühter – und im Zweifelsfall hat man lie-
ber zuviel als zuwenig dabei.
Praxistipp
Reparieren oder sortieren?
Den berühmten Leatherman oder ein
ähnliches Multitool hat heute fast jeder am
Gürtel.
Der alleine reicht allerdings nicht aus,
um alle Probleme auf Tour aus der Welt zu
schaffen. Selbst mit einem gut ausgestatteten
Werkzeugkoffer und einer ruhigen Hand lässt
sich hinter der Bühne bestenfalls etwas flicken,
jedoch kaum dauerhaft reparieren.
Darum gilt besonders für Kabel und andere
empfindliche Teile:
Lieber aussortieren, erset-
zen und später im Proberaum oder Bastelkeller
dauerhaft instand setzen. Ganz wichtig: was
defekt ist, muss deutlich markiert werden.
Nur so lassen sich Verwechslungen sicher
ausschließen!
Ausfälle – erwartet
und behoben
Aktive Pannenvorsorge solltet ihr aber auch
noch auf ganz anderem Weg betreiben.
Bis hier
hin haben wir uns fast ausschließlich um Defekte
gekümmert, die niemand so richtig verursacht
hat. Technik stirbt nun mal irgendwann, das ist
tatsächlich die einzige Garantie, die ein Hersteller
lebenslang unterschreiben kann. Was ist aber mit
den echten Klassikern im Musikerleben, mit den
Pannen, die fürs Publikum vielleicht echten Slap-
stick-Charakter haben mögen, unter Umständen
Trotzdem gilt auch hier: Exoten sind immer dop-
pelt an Bord. Ungewöhnliche Netzstecker, wie sie
häufig an Pultnetzteilen oder Peripherie mit ex-
ternen Netzteilen vorkommen, Spezialkabel zur
Pult- oder Ampverteilung oder Ähnliches sollten
nach Möglichkeit immer auch als Ersatz vorhan-
den sein. Möglich ist natürlich auch eine Alterna-
tivverkabelung. Wenn also das Multicore zwischen
Pult und Peripherie versagt, dann sollten genug
Patchkabel vorhanden sein, um den Frontplatz mit
Werkzeugkasten für Gitarristen im Taschenformat: Das JP Guitar Tool
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Live-Fettnäpfchen
tet, dass auf der Bühne und rund um das Misch-
pult nichts abgestellt wird, was dort nicht hinge-
hört, der hat schon mal die schlimmsten Hürden
überwunden. Kisten und Jackenberge, übereinan-
dergestapelte Taschen und ungenutztes Equip-
ment haben insbesondere während des Gigs zwei
ganz besondere Eigenschaften: nämlich im Weg
zu liegen und unter meist infernalischer Lärment-
wicklung umzufallen. Also seht zu, dass ihr einen
besseren Platz findet, fragt den Veranstalter nach
einem Lagerraum oder vergleichbarem. Abschließ-
bar sollte er übrigens unbedingt sein – man weiß
ja nie. Ganz wichtig: sollte euch ein grünes Hin-
weisschild den Weg zum zugewiesenen Raum
weisen, dann handelt es sich dabei um einen Not-
ausgang. Weitersuchen! Auf diesem Weg und vor
solchen Türen hat nichts zu stehen oder gelagert
zu werden. Im Ernstfall muss man diesen Durch-
gang nämlich schnell passieren können.
Auch Stative jedweder Art entfalten häufig
einen ganz speziellen Reiz.
Große, belastbare Sta-
tive stehen meist im direkten Weg oder in der
Sichtlinie, obgleich sie da eigentlich rein gar nichts
zu suchen haben. Ebenso wenig wie in unmittel-
barer Nähe von Treppen oder Kanten, wo sie meist
ebenso hinderlich sind, zudem aber auch noch ein
immenses Gefahrenpotenzial bieten. Pannen an
dieser Stelle gehen meist mit bösen Schäden oder
Verletzungen einher. Also keine Kompromisse,
sondern Aktionismus. Kipp- und rutschsicher
müssen solche Stative stehen, überlastet werden
dürfen sie auf keinen Fall! Beachtet also die An-
gaben des Herstellers.
Viel perfider sind jedoch die kleinen Stative.
Notenständer, Instrumentenständer und Mikro-
stative widersetzen sich gerne dem Entfalten,
gelingt es dann endlich, fehlen meist wichtige
Schrauben oder Klammern.
Also lieber noch vor
der Abfahrt zum Gig prüfen, ob alles klappt und
vorhanden ist. Und immer eine von den zuvor er-
wähnten Wäscheklammern zum Notenständer da-
zupacken. Beim nächsten Openair kommt die
Windböe bestimmt und nimmt die losen Noten-
blätter gnadenlos mit. Übrigens – tagsüber dürfen
die Klammern zur Not auch aus Plastik sein. Aber
Abends unbedingt Holz verwenden! Weil sogar
eine lausige 25-Watt-Pultleuchte bereits ausreicht,
um Plastikklammern zum Schmelzen zu bringen.
Wie immer kommt auch diesmal das wichtigs-
te zum Schluss:
Weiterspielen lautet die Devise.
Ein gewinnendes Lächeln aufsetzen, den Takt hal-
ten und weitermachen. Selbst wenn sich hinter
euch kleine Weltuntergangsszenarien abspielen.
Hauptsache euer Publikum kriegt erst mal nichts
davon mit oder – noch besser – glaubt, alles, was
auf der Bühne passiert, gehört auch zu eurer
Show. Denn um es mal mit den Worten von Fred-
dy Mercury zu sagen: „The Show Must Go On!“
Verbarrikadiert:
Dieser Notausgang bietet bei Gefahr
sicher keine schnelle Rückzugsmöglichkeit mehr.
Stolperfallen und loses
Blattwerk vermeiden
Kabel sollten grundsätzlich nicht im Fußbe-
reich verlegt werden, sondern großzügig am Büh-
nenrand entlang.
Eine schöne Weisheit, die Reali-
tät zeigt jedoch all zu oft, dass dies häufig nicht
so ohne weiteres möglich ist. Wenn ihr schon Ka-
bel im Fußbereich verlegen müsst, dann sorgt da-
für, dass diese nicht zu Fußangeln werden und
deckt sie entsprechend mit Gummimatten ab.
Adam Halls Defender-Serie etwa bietet hier sogar
Kabelkanäle mit Deckel, für die komfortable Ka-
belverlegung. Sieht gut aus, schützt eure Kabel
und verhindert zudem ungewollte, artistische Ein-
lagen. Wenn die Kabel übrigens auch noch lang
genug sind, dann bekommen überdies Sänger
oder Sängerinnen plötzlich wieder Lust, sich zu
bewegen, anstatt wie angewurzelt mit straffem
Mikrokabel auf der Stelle zu stehen.
aber die ganze Show kippen können? Zu kurze,
achtlos verlegte Kabel, verschüttete Getränke,
Stolperfallen auf der Bühne, wackelige Stative
oder grenzwertige Bühnebauten aus Sitzbänken,
Bierbänken und aufeinandergestapelten Geträn-
kekisten?
Ganz einfach: Umgeht sie ganz souverän.
Achtet von Anfang an auf einen ordentlichen Büh-
nenaufbau und haltet euch und eure Bandmit-
glieder zur Disziplin an. Wer sein Getränk im un-
verschlossenen Behältnis bei der Technik abstellt,
der riskiert ernstzunehmenden Schaden an der
Technik, selbst eine achtlos weggeschnippte Ziga-
rettenkippe kann im schlimmsten Fall zu bösen
Schäden führen. Wer zusätzlich noch darauf ach-
Praxistipp
Schnelle Helfer
Zwei Helferlein, die auch ohne großes hand-
werkliches Geschick selbst anzufertigen sind
und die in keinem Toolcase fehlen sollten,
sind der Groundlift und der Phasendreher.
Beide lassen sich ganz einfach aus etwa 20
cm symmetrischem Mikrofonkabel und jeweils
einem Stecker und einer Buchse herstellen. Ob
man nun XLR, Klinke oder eine Kombination
verwendet, hängt ganz vom restlichen Equip-
ment ab. Idealerweise fertigt man beide Adapter
aus möglichst bunten Kabeln an, das vermeidet
Verwechslungen und einen irrtümlichen Einsatz.
Beim Phasendreher
– der hilft überall da, wo
wegen Kammfiltereffekten die Polarität des
Signals gewechselt werden muss – werden an
einer Seite des Adapters die Kontakte 2 und
3 vertauscht aufgelegt. Der Adapter hilft oft
bei schlappen Bässen oder Monitorwegen. Das
Ergebnis lässt sich nicht vorhersagen, deshalb
einfach mal im Zweifel ausprobieren.
Der Groundlift besteht ebenfalls aus 20-
cm-Kabel und den entsprechenden Steckern.
Diesmal werden die Kontakte 2 und 3 auf beiden
Seiten richtig aufgelegt, lediglich Kontakt 1 wird
nicht aufgelegt. Mit dem Groundlift-Adapter
lassen sich unschön brummende Erdschleifen
unterbrechen. Funktioniert nicht so sicher wie
ein Trenntrafo oder Übertrager, hilft aber in ca.
90 % aller Fälle weiter.
Gewagtes Spiel:
Getränke gehören weder verschlossen
noch offen an den Mischplatz.
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Infos im Netz: Die aus-
führliche Technikanwei-
sung findet ihr als PDF-
Dokument auf
www.soundcheck.de
in unserer
Bonusbox.
Praxistipp
Grafische oder schriftliche
Technikanweisung
Hier seht ihr auszugsweise zwei mögliche For-
mate für Technikanforderungen. Wichtig ist
hierbei, eine realistische Forderung, gegenüber
dem Veranstalter. Gerade für Bühnenneulinge ist
es nämlich nicht einfach, in den angemessenen
Dimensionen zu denken – geschweige denn zu
planen. Hier fehlen meist schlicht und einfach
die Erfahrungswerte oder das technische Know-
how. In einem solchen Fall hilft dann eine fach-
kundige Beratung durch einen Tontechniker.
Einen grafischen Rider könnt ihr wie auf dem
Bild unten gestalten.
Auf der Skizze sieht man
die Bühne und wie die einzelnen Musiker und
Sänger samt Equipment angeordnet sind. Das
verschafft dem Tontechniker eine bessere Orien-
tierung, da er dann genau weiss, wo wer, mit was
steht. Wer es schriftlich mag, kann sich an den
folgenden Punkten orientieren. Die ausführlichen
Dokumente gibts dann unter: www.soundcheck.de
Schriftlicher Rider (auszugsweise)
1. Bühne
Die Bühne muss waagerecht und eben sein.
Bühnenmindestmaße: 6 x 4 Meter frei, keine Bo-
xen auf der Spielfläche! Mindestbelastbarkeit:
250 kg pro qm, alle Bühnenelemente untereinan-
der fest verbunden. Die gängigen Bestimmungen
nach BGV und VstVo sind unbedingt einzuhalten.
Die Bühne muss ab Aufbaubeginn frei und unge-
hindert zugänglich sein.
2. Strom
Es wird direkt an der Bühne ein Drehstroman-
schluss mit 32 sowie ein Drehstromanschluss
mit 16 Ampere CEE benötigt.
Alternativ: Drei
mal 16 Ampere CEE. Sollten vor Ort nur größere
Anschlüsse oder gar ausschließlich Schukostrom
verfügbar sein, ist eine Rückmeldung unbedingt
erforderlich. Gleiches gilt für Anschlüsse, die
mehr als 5 m von der Bühne entfernt sind. Der
Stromanschluss muss nach den gültigen VDE-Be-
stimmungen installiert sein und zwingend geer-
det sein. Der Zugang zum Sicherungskasten
muss ungehindert zugänglich sein.
3. Aufbau
Der Aufbau der Anlage beginnt spätestens
vier Stunden vor Konzertbeginn.
Alle genann-
ten Punkte dieser Bühnenanweisung müssen also
mindestens vier Stunden vor Konzertbeginn er-
füllt sein.
4. Soundcheck
Der Soundcheck wird ca. 2 Stunden vor Kon-
zertbeginn durchgeführt.
Dabei werden erheb-
liche Lautstärken erreicht. Wir bitten dies unbe-
dingt zu berücksichtigen. Einlass für das Publi-
kum ist frühestens 15 Minuten nach dem Ende des
Soundchecks möglich. Ein Soundcheck vor Publi-
kum ist nicht möglich! (....)
Grafischer Rider
5
Monitor
1 Anschluss
Drummer
SN
Hat
Ride
1x Audio-Technica
AE2500
1x Shure SM57
2x Audio-Technica
AT Pro35x
2x Neumann KM184
Tom
Tom
BD
230
6
Monitor
1 Anschluss
Gitarrist
Keyboarder
Gitarren
AMP
Shure SM57
Shure SM58
230
DI-Box
DI-Box
Drum-Riser 2x2m
ard
bo
ey
4
Monitor
1 Anschluss
K
Lead Voc
Acc Git
Lead Voc female
Bassist
Shure SM58
Bass
AMP
Shure SM58
Audio-Technica
AE5400
230
DI-Box
3
Monitor
1 Anschluss
230
1
Monitor
1 Anschluss
2
Monitor
1 Anschluss
DI-Box
40
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