INTERVIEW: CHIMAIRA
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Chimaira
Die Mischenwesen des Metal
doch nach Antike klingen diese Jungs so gar nicht. Wir trafen die
Modern Metaller Chimaira auf ihrer letzten Tour und fühlten
Gitarrist Rob Arnold auf den Zahn.
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Eigentlich gehören Chimären ja in die griechische Mythologie,
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C
himaira ist ein der Bands, die man getrost
zu den festen Größen des Genres zählen
darf. Seit knapp zwölf Jahren sind sie im
Geschäft, gehören damit allerdings noch lange
nicht zum alten Eisen. Im Gegenteil: Die sechs
Jungs, die mit ihrem variantenreichen Sound von
vielen als die Wegbereiter des Metalcore gesehen
werden, klingen heute frischer und knackiger
denn je. Wir trafen Gitarrist Rob Arnold in Mün-
chen, um ihm Details zur Tour und zum aktuellen
Album zu entlocken.
SOUNDCHECK: Wie läuft die Tour bisher?
Rob Arnold:
Bis jetzt läuft alles großartig. Die
Shows laufen spitze, die Leute sind alle cool und
es macht einfach einen Riesenspaß.
SC: Für diese Tour musstet ihr ja extra einen
neuen Gitarristen anlernen...
RA:
Ja, Emil Werstler von Daath springt für Matt
DeVries ein. Der ist wegen der Geburt seines
Sohnes zu Hause geblieben. Emil macht einen
fantastischen Job und passt gut in die Band.
SC: Und wie lief das? Habt ihr ihm einfach die
Songs gegeben und gesagt: „Lern das!“...?
RA:
Ja. Anschließend haben wir noch ein wenig
mit ihm an den Songs gearbeitet, aber er war
schon von Anfang an perfekt vorbereitet.
SC: ...und ihr habt deswegen auch die Setlist
ein wenig geändert, richtig?
RA:
Stimmt. Wir spielen eigentlich jeden Abend
dieselben 14 Songs und können da auch nicht
großartig variieren, da er unsere anderen Songs
eben nicht kennt, sondern nur diese gelernt hat.
SC: Klingt ihr mit Emil denn immer noch nach
Chimaira?
RA:
Oh ja! Davon kannst du dich ja später selbst
überzeugen! (lacht) Er spielt einen Peavey 6505
(bzw. den Vorgänger 5150, Anm. d. Red.) über
eine Mesa-Box, genau wie Matt... es könnte so-
gar Matts Equpment sein, da bin ich mir nicht
sicher. Aber er spielt seine eigenen Gitarren, ein
paar echt schöne PRS, und es klingt immer noch
nach Chimaira.
SC: Du hast ja deinen Laptop dabei... arbei-
test du während der Tour an neuen Songs?
RA:
Nein, ich lerne gerade Panteras „Broken“ und
„Metallicas „Sad But True“. Wir haben die Songs
Die Band Chimaira wurde 1998 von Mark
Hunter und Jason Hager gegründet. Schon
bald entwickelte sich die Musik in die Richtung,
die heute als Metalcore bekannt ist, also eine
Mischung aus Metal- und Hardcore-Elemen-
ten. Zwei Jahre später erschien die erste EP
„This Present Darkness“, was ihnen einen
Vertrag bei Roadrunner Records einbrachte
und zur Produktion des ersten Albums „Pass
Out Of Existence“ führte. Es folgten weitere
Besetzungswechsel und Studioalben. In der jet-
zigen Besetzung existiert die Band seit 2006,
das einzig verbliebene Gründungsmitglied ist
Frontmann und Sänger Mark Hunter. Das aktu-
elle Album „The Infection“ ist im April vergan-
genen Jahres bei Nuclear Blast erschienen.
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heute beim Soundcheck angespielt. Klang echt
klasse, aber wir kamen nicht über die erste Stro-
phe hinaus. Also lerne ich die Songs, damit wir sie
morgen spielen können.
SC: Benutzt du denn Modelingsoftware um
unterwegs zu spielen?
RA:
Das einzige derartige Programm, das ich be-
nutze, ist Amplitube, ein Plug-In, dass man auch
für Sequencer-Software benutzen kann. Aber
momentan habe ich hier einfach nur einen Kopf-
hörer angeschlossen, höre mir die Musik an und
spiele dazu (spielt ein paar Licks).
SC: Nutzt ihr den Soundcheck zum
Proben?
RA:
Nein, eigentlich nutzen wir den
Soundcheck für den Sound. Aber heute
haben wir recht früh damit angefangen,
und zwei von uns waren im Fitnessstudio,
also hatten wir ein wenig Spaß mit Songs
von Pantera und Metallica.
SC:
Feilt ihr dann auch noch an be-
stimmten Stellen, die vielleicht am
Vorabend nicht ganz sauber waren?
RA:
Das haben wir schon hinter uns. Das
ist ja schon die zehnte oder elfte Show
dieser Tour, da haben wir die Feh-
ler schon soweit ausgemerzt.
Ganz in seinem Element:
Auf der Bühne überzeugt Rob
Arnold mit einer gelungenen
Mischung aus fetten Riffs
und gemeidigen Leads.
Signature-
Gitarren
Unter Rockgitarristen gleicht es
einem Ritterschlag, wenn ESP
ein Signature-Modell auflegt.
Diese Ehre wurde bei Chimaira
gleich beiden Gitarreros zuteil.
Rob Arnolds RA-600 ist dabei
eine aufs wesentliche Reduzierte
Abwandlung von ESPs M-Serie, in
diesem Fall mit durchgehendem Hals,
Floyd-Rose, einem EMG81 und einem
Volume-Regler. Matt Devries' MFA-
600 dagegen basiert auf der Viper-
Serie, kommt mit fester Brücke und
ebenfalls durchgehendem Hals,
EMG81 und einem Volume-Poti.
„Bei uns ist die Tour die
Haupteinnahmequelle."
Hochzeit in diesen Zeitraum fällt, er
wird also ziemlich beschäftigt sein.
Aber wir versuchen natürlich immer
optimal vorbereitet zu sein.
SC: Wie sieht es denn mit dem Equip-
ment aus, wenn ihr in Europa tourt?
RA:
Früher haben wir unser Equip-
ment immer selber mitgebracht,
aber inzwischen haben wir eine
komplette doppelte Backline. Al-
les, was wir in Amerika benutzen,
können wir auch hier benutzen,
mitbringen müssen wir nichts mehr.
SC: Und was benutzt du auf der Bühne?
RA:
Meine ESP-Signature-Gitarre, die RA-600,
Peaveys 6505-Amps, Mesa-Boxen und den 19"-
Preamp GSP1101 von Digitech für meine Effekte.
SC: Benutzt du auch verschiedene Tunings?
RA:
Ich habe jeden Abend vier Gitarren auf der
Bühne, eine auf Drop-C und eine auf Drop-B so-
wie jeweils eine Backup-Gitarre.
SC: Und was würdest du sagen, ist dir bei dei-
nem Live-Equipment besonders wichtig?
RA:
Das sind eine Menge Dinge... angefangen
bei den Gitarren, die müssen sich gut anfühlen
und gut spielen lassen. Der Amp muss passen,
ebenso die Soundanlage des Clubs, in dem wir
spielen. Der Monitorsound ist wichtig, und na-
türlich sollten die Kabellossysteme fehlerfrei
arbeiten, und wenn man mit Instrumenten mit
sehr hohem Output spielt, muss man Rückkopp-
lungen unterbinden. Es spielen eine Menge Fak-
toren zusammen, die beachtet werden müssen.
SC: Du hast eben Monitore erwähnt. Benutzt
ihr die clubeigenen Monitore oder habt ihr
auch ein eigenes Monitoring dabei?
RA:
Nein, wir benutzen die Monitore der Clubs.
Unsere Soundtechniker sind ziemlich gut ausge-
bildet und wissen, worauf es ankommt.
SC: Wenn man so viel unterwegs ist wie ihr,
wie bereitet man sich da auf eine Tour vor?
RA:
Das ist immer unterschiedlich. Zwischen
dieser Tour und der letzten mit Hatebreed lagen
nur knapp zwei Wochen, also mussten wir uns
nicht extra vorbereiten. Vor der Tour mit Trivium
müssen wir wahrscheinlich noch ein wenig Pro-
ben, da wir vorher eine Weile frei haben und Jims
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SC: Wie nahe versucht ihr dem Album-Sound
zu kommen, wenn ihr live spielt?
RA:
Natürlich wollen wir möglichst wie auf dem
Album klingen, aber das ist schwierig. Wir arbei-
ten seit knapp 20 Jahren an unserem Sound, und
wir wissen ziemlich genau, wie wir klingen wol-
len. Wir touren immer mit demselben Setup. Das
ist unser Sound, und im Studio versuchen wir,
diesen Sound so gut wie möglich einzufangen.
Aber das hängt immer von vielen Faktoren ab:
Vom Produzenten, dem Mischpult, dass er be-
nutzt, den Boxen...
SC: Wie teilt ihr die Gitarrenparts beim Song-
writing ein? Gibt es da bestimmte Regeln?
RA:
Das ist unterschiedlich... (Überlegt ...) Neh-
men wir zum Beispiel den Chorus von „The Venom
Inside“ von „The Infection“. (Spielt beide Gitarren-
parts kurz an.) Da haben wir beim Aufnehmen
einfach gesagt: „Hey, ich spiel das Hohe, du das
Tiefe!“ - Das ergibt sich meistens irgendwie.
SC: Und wie würdest du das Songwriting bei
euch beschreiben?
RA:
Bei „The Infection“ haben Mark (Hunter,
Vox; Anm. d. A.) und ich sieben Songs alleine ge-
schrieben, und der Rest ist gemeinsam im Probe-
raum entstanden, bei „Resurrection“ war es an-
ders. Es kommt auch immer darauf an, wer gerade
mit guten Ideen ankommt. Die probieren wir dann
aus, und wenn es läuft, dann läuft es eben.
SC: Was haltet ihr denn von der Entwicklung
durch das Internet? Die Plattenverkäufe ge-
hen immer weiter zurück...
Doppelt hält besser:
Robs Mesa-Box wird mit einem Sennheiser Evolution e906 und einem Electro-Voice Microphones
Cardinal abgenommen, um die Vorzüge beider Schallwandler kombinieren zu können.
RA:
Naja, aber was soll man machen? Zu Beginn
unserer Karriere hat uns das Internet sehr gehol-
fen, weil viele Leute uns sonst womöglich einfach
nie gehört hätten. Aber heutzutage, wo sich jeder
einfach eine komplette Plattensammlung auf ei-
nen USB-Stick ziehen kann, hat sich vieles ver-
kompliziert. Musik wird anscheinend nicht mehr
so hoch geschätzt
wie früher, aber es
macht wenig Sinn,
sich darüber zu be-
klagen.
SC: Touren und
Merchandise sind
also wichtiger als
die Alben...
RA:
Was das Geld verdienen angeht, ja. Zumin-
dest bei Bands wie uns. Acts wie AC/DC verdie-
nen wahrscheinlich nach wie vor ordentliches
Geld mit ihren Alben, aber bei uns ist die Tour die
Haupteinnahmequelle.
Wilhelm Würmseer
Album
Mit dem 2009er-
Longplayer „The
Infection“ haben
Chimaira ihren Fans
wieder genau das gelie-
fert, was diese von der
Band erwarten:
Massive, groovende
Riffwalzen, elegante Leadgitarren
und aggressive Vocals. Abgeschmeckt mit dezenten
Electro-Sounds und einem richtig dicken Sound ergibt das ein Album,
das zeigt, dass sich der Cleveland-Sechser zurecht an der Spitze der
Metalcore-Szene befindet. Übrigens: Die Special-Edition von „The
Infection“ kommt mit einer DVD, auf der einem gut 45 Minuten lang
Einblick in die Entstehung des Albums gewährt wird. Nicht nur für
Fans sehr aufschlußreich.
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