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INTERVIEW: DAVE MATTHEWS BAND
Der geheime Megaseller
Den Namen Dave Matthews Band
haben viele schon gehört, aber
wenn man nicht gerade ein Fan
der Band ist, bekommt man hier-
zulande quasi nichts von ihr mit.
Ganz anders in den USA, wo sie
ein absoluter Megaseller und
Stadionfüller ist. Jetzt beehrten
die Musiker den alten Kontinent.
Und wir waren vor Ort.
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it ihrem Stilmix und ihrer immensen
musikalität hat es die Dave Matthews
Band in kürzester Zeit quasi von Null
auf Stadionband geschafft. Und auf diesem Ni-
veau bewegt sich die Band mittlerweile schon
seit über zehn Jahren. Grund genug für uns, den
Musikern bei einer ihrer seltenen Europa-Stipp-
visiten mal auf die Finger zu schauen. Vor dem
Konzert im Münchner Zenith nam sich Bassist
und Gründungsmitglied Stefan Lessard ausführ-
lich Zeit, umd uns im Interview zu erzählen, wie
er zur Band kam, wie seine musikalische Karriere
begann und welches Equipment er bevorzugt.
SOUNDCHECK: Hallo Stefan, fangen wir doch
mal ganz von vorne an: Wie bist du eigentlich
zur Musik gekommen?
mit einem Jazzlehrer zu spielen, der sich
auch mit klassischer Musik auskannte.
Als ich dann bei der Dave Matthews
Band anfing, ging ich wieder zurück zum
E-Bass, einfach, weil die Musik sich mit
Kontrabass nicht richtig anfühlte. Im
Endeffekt hab ich mir also so ziemlich al-
les selbst beigebracht, denn es ging ziem-
lich schnell mit dem Touren los, also konn-
te ich meinen Unterricht nicht mehr neh-
men. Wir waren dann die ganze Zeit On The
Road, und arbeiteten wirklich viel, so gese-
hen ist diese Band meine Schule.
SC: Hattest du denn gleich daran ge-
dacht Profimusiker zu werden, als es mit
der Dave Matthews Band losging?
Stefan Lessard:
Im Alter von 6 Jahren habe ich
angefangen Gitarre zu spielen, dazu Klavier und
Geige. Dann sagten mir meine Eltern, ich müsse
mich für ein Instrument entscheiden, und ich
wählte Geige und Klavier. Meine Eltern waren bei-
de Musiker, also gab es immer Instrumente und
Musik bei uns zu Hause. Aber ich habe mich nicht
ernsthaft mit einem Instrument befasst, bis ich so
14 oder 15 Jahre alt war und wieder anfing, Gitar-
re zu spielen. Mein Vater arbeitete zu der Zeit bei
einem Instrumentenhersteller und brachte eines
Tages einen Hamer Bass mit nach Hause. Den
nahm ich mit zur Schule und begann einfach ein
paar Skalen im Musikunterricht zu spielen. Und
mein Musiklehrer sagte gleich „Hey, du machst
das ziemlich gut, hast du schon mal daran ge-
dacht, das ernsthaft zu betreiben?“ Und ich sagte
nur: „Klar, ich mache doch alles ernsthaft.“ Und
ein Jahr später kam ich zur Dave Matthews Band.
Ich bin also beim Bass geblieben (lacht).
SC: Hast du damals Unterricht genommen?
SL:
Ich hab damals Kontrabass gespielt, und woll-
te das wirklich lernen, also habe ich angefangen
SL:
Als das alles losging war ich erst 16
und kannte nur mein behütetes Leben mit
Elternhaus und Schule. Ich hatte keine
Ahnung, was mich da draußen erwartete. Ich
kannte nicht mal die Stadien und Arenen, in de-
nen jeder Musiker einmal spielen möchte. Davon
hätte ich nicht mal zu träumen gewagt. Mir ging
es darum, mit hervorragenden Musikern aus der
Gegend zusammenzukommen und gemeinsam
Musik zu machen. Als wir dann anfingen, in grö-
ßeren Locations zu spielen, bin ich da mit großen
Augen reingekommen und dachte nur „ Wow, ich
wusste nicht einmal, dass es diesen Laden gibt.“
Ich träumte von anderen Dingen, als ich jung
war. Ich wollte Songs schreiben, fähig an meinem
Instrument und dazu im Stande sein, mit ande-
ren Musikern zu kommunizieren. Und das wurde
alles nach und nach Realität.
SC: Und wie würdest du deine Rolle in der
Band beschreiben? Als Bindeglied zwischen
den Drums und den Melodieinstrumenten?
SL:
Das ist eine gute Beschreibung. Ich sehe
mich selbst wirklich als das verbindende Element
Stefan Lessard würde 1974 in Anaheim,
Kalifornien geboren. Nach seiner Schulzeit trat
er 1991 im Alter von gerade einmal 16 Jahren
der gerade im Entstehen befindlichen Dave
Matthews Band bei, die schon bald große
Kommerzielle Erfolge feierte. Seitdem ist er als
Profimusiker rund um die Welt unterwegs.
zwischen der Percussion und der Melodie. Auf
meinem In-Ear-Monitor beispielsweise habe ich
eigentlich nur den Gesang, die Drums und meinen
Bass. Und da der Bass ja kein Akkordinstrument
ist – obwohl man natürlich Akkorde spielen kann
– spielt man ständig Melodielinien, ähnlich wie
ein Sänger. In dieser Band wechselt die Aufgabe
des Basses auch von Song zu Song. Es gibt Parts,
bei denen ich genau merke, dass der Bass jetzt
wirklich die Basis legen muss, an der alle sich
orientieren können. Carter (Beauford, Drummer
der DMB) ist echt genial, wenn es darum geht,
komplett frei zu spielen. Ich beschließe dann
meistens ihm nicht zu folgen, denn wenn ich auch
das Timing verlassen würde, wären alle völlig
orientierungslos. Ich halte dann lieber den Rhyth-
mus und signalisiere allen „Ok, hier sind wir“.
SC: Und wie funktioniert so etwas dann im
Studio, wenn ihr neue Songs erschafft.
SL:
Das funktioniert fantastisch. Bei zwei Songs
des aktuellen Albums etwa, „Lying in The Hands
Of God“ und „Spaceman“, kam wirklich eine tolle
Kommunikation zwischen Gitarre, Bass und den
Drums zustande. Wir haben das gleich aufge-
Der mittlerweile 43-jährige in Johannisburg/
Südafrika geborene Sänger und Gitarrist Dave
Matthews war vor Gründung der Dave Matthews
Band lediglich in einigen regionalen Bands aktiv.
Neben der nach ihm benannten Dave Matthews
Band arbeitet er auch noch an seinen Solo-Alben
hatte Gastauftritte bei unter anderem Santana,
Johnny Cash, oder den Rolling Stones.
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nommen. Später haben wir nochmal versucht,
die Songs aufzunehmen. Wir haben uns also hin-
gesetzt, uns die Akkorde und das Arrangement
aufgeschrieben und sind ins Studio gefahren,
und haben es dort drei- oder viermal gespielt.
Später in dem Jahr sind wir in ein anderes Studio
gegangen, um das Ganze nochmal aufzunehmen,
mit genau den Sounds, die wir uns vorstellten,
aber wir haben den Vibe einfach nicht mehr hin-
bekommen. Das war damals ein ganz magischer
Moment, und wenn ich mir die Aufnahmen heu-
te anhöre, bemerke ich sofort, dass das daran
liegt, weil wir eine echte Konversation mit un-
seren Instrumenten haben, und diese Unterhal-
tung kann man einfach nicht Wort für Wort bzw.
Note für Note wiederholen. Und das passiert uns
auf der Bühne auch ganz oft, dass Carter ir-
gendetwas macht, und ich dann darauf reagiere.
Ich empfinde diese Momente als sehr musika-
lisch. Ich habe schon viele Bands gesehen, die
einfach ein Lick nach dem anderen rausknallen,
was ja auch großartig ist, aber manchmal ist ei-
ne gepflegte Konversation eben auch etwas
Schönes. Und ich glaube auch, dass das Publi-
kum das zu schätzen weiß, insbesondere bei ei-
ner Band mit Gesang. Wenn jeder einfach nur
Vollgas geben würde, während der Frontmann
singt, würde das doch nur zugemüllt klingen.
SC: Benutzt ihr denn In-Ear-Monitoring um
euch immer optimal zu hören?
SL:
Ja, ich benutze In-Ear-Hörer. Zudem ist mein
Bassamp hinter mir angeschaltet, von dort be-
komme ich also trotzdem noch Vibrationen. Zudem
verfügen meine In-Ear-Hörer über ein Raum-
mikrofon mit dem ich regeln kann, wieviel Außen-
geräusche ich mitbekomme. Ich höre also das
Publikum und auch den Naturdrumsound, daher
klingt das Ganze sehr echt, nicht wie im Studio.
Dazu hab ich noch eine Wedge vor mir liegen die
eigentlich nur ein Shaker ist. Die Idee hab ich mir
von Carter abgeschaut, der einen Shaker an sei-
nem Drumhocker hat. Er spürt es also, wenn er
die Kick tritt, und wenn ich eine Basston spiele,
spürt er das auch. Und ich brauche das auch, ge-
rade auf großen, tot klingenden Bühnen.
Stephan Lessard hat uns in der Folge noch
mehr über seine Arbeit mit der DMB sowie
sein Equipment erzählt.
Den weiteren Text fin-
det ihr auf www.soundcheck.de unter dem Punkt
Bonusbox. Viel Spaß beim Lesen.
Jan Hoffmann
Die Dave Matthews Band entstand 1991 auf
Initiative ihres Namensgebers. Schnell waren
mit Carter Beauford (Schlagzeug), Stefan
Lessard (Bass), Boyd Tinsley (E-Violine) und
LeRoi Moore (Saxophon) gefunden. Aus den
unterschiedlichen Einflüssen der Musiker formte
man gemeinsam einen Stilmix aus Rock, Pop,
Jazz, Folk und Funk. Das erste Album, das die
Billboard-Charts enterte, war der 1994er
Longplayer „Under the Table and Dreaming“,
der sich über zwei Jahre in den Charts hielt.
Seitdem ist die DMB ein sicherer Kandidat für
die Top 10 der US-Charts, sowohl mit den
Studio- wie auch den Live-Alben. Noch er-
folgreicher ist die Band live, den in den USA
zählen sie seit einem Jahrzehnt zu den 10 er-
folgreichsten Live-Acts. Ihr größtes Konzert
gaben sie im New Yorker Central Park vor
rund 120.000 Zuschauern.
Good Vibrations:
Über eine
umgebaute Box holt Stefan sich
lautlosen „Bassdruck“.
Analog trifft digital:
Stefan Lessard setzt auf die
Kombination aus fetten Ampeg-Amps und Modeling-Software.
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