INTERVIEW: TIRED PONY/PETER BUCK
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Peter Buck ist ein umtriebiger Musiker. Der Gitarrist ist nicht nur
Gründungsmitglied der Alternative-Rocker R.E.M. – er unterhält
auch noch diverse Nebenprojekte. Sein neuestes heißt Tired Pony,
das er zusammen mit Gary Lightbody von Snow Patrol unterhält.
Wir sprachen mit ihm über dieses und andere Sideprojekte, seine
Verbindung zur Country-Musik und das kommende R.E.M-Album.
V
SC: Peter Buck als Spion?
PB:
Genau! Ich hatte ein Foto von einer Ziege
gemacht, die vor einem Flugzeug stand. Eigent-
lich keine große Sache. Aber das Flugzeug
stand auf einem Militärstützpunkt. Ich wäre
beinahe 15 Jahre hinter Gitter gekommen! Sie
hatten meine Arme schon hinter meinem Rü-
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FOTO: GETTY IMAGES, COOPERATIVE MUSIC
on einer fixen Idee zur Supergroup:
Was einst als Lightbodys Soloprojekt
gestartet war, entwickelte sich bei den
Recordingsessions zu einer richtigen Band. Mit
dabei sind Tom Smith von den Editors, die
Schauspielerin und Sängerin Zooey Deschanel
mit ihrem Partner M. Ward (als She & Him),
Richard Colburn (Belle & Sebastian), Top-Pro-
duzent Garret „Jacknife“ Lee (u. a. U2, R.E.M.,
Snow Patrol), Troy Stewart und Iain Archer
(Snow Patrol), sowie R.E.M.s langjähriger Live-
und Studiomusiker Scott McCaughey. Gemein-
sam veröffentlichen sie nun das countryesk
anmutende Debüt von Tired Pony – „The Places
We Ran From“. Im SOUNDCHECK-Interview
verrät R.E.M.-Mastermind Peter Buck, warum
er dafür zum Cowboy wurde und wieso R.E.M.
ihr im März erscheinendes Album in Berlin
aufnahmen.
SOUNDCHECK: Peter, erzähle mir drei Dinge
über dich, die ich nicht auf Wikipedia finde!
Peter Buck:
Jedes Mal, wenn ich ein viersilbiges
Wort höre, fange ich an das Lied von Oklahoma zu
singen: „Ooook-lahoma, Where The Wind Co-
mes...“ Das ist echt furchtbar! Was auch kaum
einer weiß: Ich haben meinen zweiten Vornamen
im Alter von 16 Jahren ändern lassen, denn ich
hasste ihn. Mein Mittelname ist nun Luther. Und
in Tansania hätten sie mich fast ins Gefängnis ge-
steckt, weil man mich für einen Spion hielt.
cken und mir Handschellen angelegt. Dann
zeigte sich, dass sie eigentlich nur Schmiergeld
wollten. Ich kann euch versichern: Um sich in
Tansania freizukaufen, reicht schon ein Sech-
serpack Bier!
SC: Neben R.E.M. pflegst du noch diverse
Seitenprojekte. Bist du ein Workaholic?
PB:
Es fühlt sich gar nicht so an, als würde ich so
viel arbeiten. Wenn du mich stichprobenartig
anrufen und fragen würdest, was ich gerade
mache, wäre die Antwort in 90 Prozent aller Fäl-
le: Ich sitze auf der Couch und lese ein Buch.
Oder ich gehe spazieren. Aber wenn ich arbeite,
versuche ich immer, alles rauszuholen. Ich glau-
be es ist effizient, sehr intensiv in einer kurzen
Zeitspanne zu arbeiten. Mit Tired Pony waren es
gerade mal acht Tage am Stück, zehn Stunden
am Tag, drei Songs mit Overdubs täglich. Und als
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PB:
Nein, überhaupt nicht. Snow
Patrol sind eine großartige Band.
Sie sind kommerziell erfolgreich,
aber ihre Platten können trotz-
dem besonders sein. Und nach-
dem ich mit Gary darüber gespro-
chen hatte, welche Dinge er mag,
hatte ich das Gefühl, wir hätten
viel gemeinsam.
SC: Warst du überrascht, mit was
für Songs er ankam? Die sind ja
ziemlich düster und countrymäßig.
PB:
Absolut. Es war nicht das, was ich
erwartet hatte! Gleichzeitig wusste
ich, dass er mal etwas anderes aus-
probieren wollte. Er wollte spontaner
arbeiten. Scott und ich sind bekannt dafür, dass
wir ein komplettes Album an einem Tag machen
können. Das hat auch Gary interessiert.
SC: Hättest du jemals erwartet, Mitglied in
einer Country-Supergroup zu sein?
PB:
Ich erwarte ja nicht mal mehr, morgens auf-
zuwachen! Ich wusste anfangs gar nicht, was auf
mich zukommen würde. Ich dachte, vielleicht ma-
chen wir zwei Tracks für Garys Soloplatte. Aber es
fühlte sich sofort wie eine Band an.
SC: Hattest du vorher schon eine Verbindung
zu Country-Musik?
PB:
Ich bin im Süden der USA aufgewachsen – da
hörst du den ganzen Tag Country and Western.
Ganz früher hielt ich das für Musik für alte Leute.
Aber als Mittzwanziger realisierte ich plötzlich,
dass einige der Künstler großartig sind. Ich lan-
dete bei alten Platten von Buck Owens und Patsy
Cline. Aber das war nie die Musik, die ich selbst
machen wollte. Die Tired-Pony-Platte ist auch
nicht wirklich Country. Sie flirtet eher mit Coun-
try, mit Folk und auch ein bisschen mit Krautrock.
SC: Das Album zeigt in erster Linie Garys Blick
auf Amerika – hat dich sein Bild überrascht?
PB:
Ich war sechs, als die Beatles rauskamen. Und
ich war 24, als ich das erste Mal in England war.
Aber ich hatte das Gefühl, ich wüsste alles, weil
ich Bücher gelesen hatte. Du baust dir ein Bild in
deinem Kopf auf. Und du romantisierst es. Wenn
du dann da bist, ist es doch anders. So ähnlich
war das wohl auch bei Gary. Als wir die Songs
spielten, musste ich an die Erfahrungen meiner
Großeltern denken, die Aufbruchstimmung und
ihren Wunsch, nach Westen zu ziehen. Ich sah
eine große Staubwolke vor meinem inneren Auge!
SC: Wie sieht denn dein Amerika aus?
PB:
Verglichen mit den Kriminellen, die uns zuvor
regiert haben, denke ich, dass wir uns gut entwi-
Ob David Bowie, Iggy Pop, Depeche Mode oder
U2 – sie alle besuchten die deutsche aupt-
stadt, um sich von ihr zu legendären Werken
inspirieren zu lassen. Den Hansa-Tonstudios
kam dabei besondere Bedeutung zu. Bowie, der
von 1976 bis 1978 in einer Altbauwohnung im
West-Teil der Stadt lebte, nahm hier seine
Berlin-Trilogie bestehend aus „Low“ (1977),
„Heroes“ (1977) und „Lodger“ (1979) auf.
Später offenbarte Bowie, dass der
Kontrollraum, der einen direkten Blick auf die
Berliner Mauer ermöglichte, ihn erst zu dem
Hit „Heroes“ veranlasst habe. Für Iggy Pop, der
ins selbe Haus einzog, produzierte er 1977 die
Alben „The Idiot“ und „Lust For Life“. Damit
war das Studio für nachfolgende Generationen
popkulturell geadelt. Depeche Mode kamen
1983, um in dem modernen, nun mit
64-Kanal-Mischpult ausgestatteten Studio ih-
re Platte „Construction Time Again“ aufzuneh-
men. U2 kreierten hier 1991 ihr siebtes
Studiowerk „Achtung Baby“, auf dem sie mit
dem vermehrten Einsatz von Synthesizern ih-
ren Sound revolutionierten. Jetzt kam
mit R.E.M., die ihr kommendes
Album hier aufnahmen, ein wei-
terer großer Name des Pop-
business dazu.
wir fertig waren, regnete es, und ich blieb ein-
fach für ein paar Tage im Bett.
SC: Während dessen habt ihr mit R.E.M. schon
die Demos für die nächste Platte aufgenommen.
PB:
Wir waren sogar schon bei den richtigen
Aufnahmen für R.E.M.! Aber dadurch kam ich ja
überhaupt zu Tired Pony. Denn Jacknife Lee, der
R.E.M. und Snow Patrol produziert, fragte mich
und Scott McCaughey, ob wir bei Garys Projekt
mitmachen wollen. Wir beide stimmten spontan
zu. Meine Freundin suchte allen Musikern ein
Appartement. Und ich organisierte noch einen
Pedal-Steel-Gitarristen und einen Trompeter.
SC: Gary Lightbody ist der Initiator von Tired
Pony. Er ist auch Sänger bei Snow Patrol, die
fast schon ein Pop-Image haben. Hat dir das
anfangs Kopfschmerzen bereitet?
ckeln. Aber Amerika ist viele verschiedene Dinge.
Das Amerika, das ich vor mir sehe, ist Country und
Western, Rhythm And Blues, Barbecues in der
Sonne, guter Rock ’n’ Roll, aber auch fundamen-
talistische Prediger und Monsterfilme.
SC: Haben Garys dunkle Texte dein Gitarren-
spiel beeinflusst?
PB:
Er schrieb manche der Texte erst während
wir spielten. Als ich sie zum ersten Mal hörte,
versuchte ich herauszufinden, wer die Charaktere
in den Stücken sind und welche Stimmung zu
ihnen passt. Es geht mir ja nicht darum, fehlerfrei
von einem Akkord zum nächsten zu kommen. Ich
versuche, mich mit der Musik treiben zu lassen.
SC: Siehst du eine Parallele zu deinem Side
Project Slow Music, bei dem du unter ande-
rem mit Robert Fripp improvisierst?
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INTERVIEW: TIRED PONY/PETER BUCK
Lässt sich gerne mit der Musik treiben:
An der Gitarre
ist Peter Buck voll und ganz in seinem Element.
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PB:
Ich spiele Bass, Mandoline bei mehreren
Songs, dann noch Keyboards, Percussion und ei-
nige Gitarren. Wir haben ja alles live aufgenom-
men, zusammen mit den Vocals. Nur kleine De-
tails wurden hinterher dazugefügt. Manchmal
tauschten wir auch die Instrumente untereinan-
der aus und spielten den Song dann noch einmal.
SC: Ist deine berühmte Rickenbacker auch zu
hören? Oder liegt die in einem Safe, seit sie
dir vor zwei Jahren mal entwendet wurde?
PB:
Ich habe zwar auch zwölf- und sechssaitige
Rickenbacker gespielt, aber meine wichtigste Gi-
PB:
Das war wirklich lustig, denn sowohl Pearl
Jam als auch Patti Smith spielten in New Or-
leans, als wir dort im Studio waren. Mit Patti
spiele ich ja seit Jahren immer mal wieder. Wir
haben einfach das gleiche Umfeld. In Berlin trat
die gesamte R.E.M.-Mannschaft bei ihrer Show
auf, es war großartig! Denn wir hatten ja kein
Konzert für Berlin angesetzt während wir dort
waren. Also war es nett, gleich zwei Mal mit
Freunden auf der Bühne zu stehen. Mit Pearl Jam
sind wir schon befreundet, seitdem es R.E.M.
gibt. Aber ich hatte nie zuvor mit ihnen zusam-
men Musik gemacht.
PB:
Die Arbeit mit mit diesen Wahnsinns-Musi-
kern, die alle viel besser sind als ich, war auf je-
den Fall einschneidend – eben alles machen zu
können, während man spielt, ohne einer Struktur
zu folgen. Für mich ist das wirklich eine loh-
nende Erfahrung, auch wenn viele Musiker das
nicht so mögen würden. Es veränderte mein Gi-
tarrenspiel nachhaltig.
SC: Du hast mal gesagt, dass du bei R.E.M.
immer versuchst, Sänger Michael Stipe einen
Klangteppich zu liefern, der ihn inspiriert.
Hast du das bei Tired Pony ähnlich gehalten?
PB:
Ich habe das Gefühl, dass das mein Job ist:
Leute bei Laune zu halten. Ich sage also nie: „Oh,
das war scheiße, wir machen das noch mal.“
Sondern, ich sage: „Das war großartig, aber wir
können es noch besser machen.“ Mein Trick ist,
so schnell und spontan wie möglich zu agieren,
so dass Zweifel gar nicht erst aufkommen.
SC: Bei Youtube gibt es ein Video, wo alle
Mitglieder von Tired Pony im Kreis sitzen und
musizieren. Das sieht nach Lagerfeuer-Atmo-
sphäre aus!
PB:
Meinen Urlaub würde ich da nicht verbrin-
gen wollen: Der Raum war unbeheizt. Dass ich
mit bunten Decken da saß, war also kein Mode-
statement! Ich wollte in einem Studio aufneh-
men, wo man sich gegenseitig beim Spielen zu-
sehen kann. Das ist besonders wichtig, wenn du
jeden Song nur ein Mal spielst, so wie wir.
SC: Welche Instrumente spielst du bei Tired
Pony?
tarre ist nicht zu hören. Keine Sorge, ich bewache
sie heutzutage wie meinen Augapfel! Ich war da-
mals stinksauer. Denn mit der Gitarre verbinde ich
so viele Erinnerungen und Melodien. Ich habe sie
auf jeder Platte benutzt, die wir je mit R.E.M. ge-
macht haben. Außer bei unserer allerersten Single,
denn ich kaufte das Instrument erst 1981. Die Ri-
ckenbacker war auch auf allen R.E.M.-Touren da-
bei. Um nichts in der Welt möchte ich sie verlieren.
SC: Dein Kumpel Bono sagte über dich, dass dein
Gitarrenspiel immer etwas von einem „Fuck
off“-Statement hat. Auch bei Tired Pony?
PB:
Wenn es so ist, ist es zumindest das netteste
„Fuck Off“ der Musikgeschichte. Ich bin nicht
Jeff Beck. Ich kann zehn Instrumente spielen,
ohne dass ich wirklich weiß, was ich da tue. Aber
an der Gitarre ist das anders, da bin ich gut ge-
nug, um zu wissen, wie ich es mache.
SC: Speziell Berliner Konzertgängern blieb
nicht verborgen, dass R.E.M. in der Haupt-
stadt aufgenommen hat. Als Pearl Jam und
Patti Smith im Juli in Berlin spielten, habt ihr
das Publikum mit Gastauftritten überrascht.
SC: Und jetzt sind die Aufnahmen in den Ber-
liner Hansa-Studios für R.E.M. beendet?
PB:
Mit Berlin sind wir durch. Das Album ist
jetzt fast fertig. Wir werden es dann im August
in Nashville mixen.
SC: Warum seid ihr nach Berlin gegangen?
PB:
Weil wir einfach Lust dazu hatten! Man ar-
beitet acht oder neun Stunden im Studio. Und
dann will man abschalten, gut Essen gehen, sich
einen Drink gönnen, vielleicht noch ein bisschen
am Kanal spazieren gehen. Und Berlin ist eine
ziemlich großartige Stadt dafür. Berlin hat das
Flair einer neuen, europäischen Metropole. In
Berlin ist alles möglich, und es passiert auch alles.
Berlin ist immer noch verrückt, es ist immer noch
jung. Wir hatten wirklich eine tolle Zeit, als wir
da waren. Und in den Hansa-Studios aufzuneh-
men, wo David Bowie schon „Heroes“ aufgenom-
men hat, war sehr bewegend.
SC: Hat es Belagerungszustände vor den Han-
sa-Studios gegeben?
PB:
Einige Fans haben rausbekommen, dass wir
da sind. Das war wirklich lustig, denn dadurch
Haben mächtig Spaß
zusammen:
Gary
Lightbody und Peter
Buck gemeinsam auf
der Bühne.
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Das aktuelle Album
Tired Pony „The Place We Ran From“ (Cooperative Music/Universal)
Für Snow-Patrol-Sänger Gary Lightbody war es ein Herzenswunsch, mit seinem Soloprojekt ab-
seitige Wege zu beschreiten – auch wenn eine gute Portion des melancholischen Stadionpops
seiner Hauptband auch bei Tired Pony durchscheint. Was aber auch daran liegen dürfte, dass er
die amerikanisch angehauchten Songs während der letzten Snow-Patrol-Tournee schrieb. „Das
Album ist eine zweischneidige Liebeserklärung an die Staaten. Es wurde inspiriert von meiner
Liebe zu Wilco, Calexico, Lambchop, Palace, Smog und all jene Bands, die auf die dunkle Seite
Amerikas blicken“, sagt Lightbody dazu. Die imaginäre Folkrock-Band, die er dabei im Kopf
hatte, entstand dann tatsächlich, als er eine illustre Schar an Musikern ins Studio einlud. Alle
Songs wurden von der neu gegründeten Band Tired Pony im ersten oder zweiten Take direkt
eingespielt. Das mit Peter Bucks Mandolinen-Spiel dekorierte „I Am A Landslide“ klingt überaus
charmant, der Rausschmeißer „Pieces“ mit Bucks Gitarren-Feedback durchaus verstörend.
Zudem erweist sich Lightbody auch bei Tired Pony als eindringlicher, emotianler Sänger,
der gleichwohl selbstbewusst genug ist, das Mikrofon auch mal Snow-Patrol-Kollege
Iain Archer und Editors-Frontmann Tom Smith zu überlassen. „The Place We Ran
From“ ist ein Debüt zum Weitermachen.
Webseiten: www.tiredpony.com; www.myspace.com/tiredpony
hatten wir Publikum, als wir an unserem letzten Tag in Berlin im alten
Tanzsaal des Studios Live-Aufnahmen machten. Daraus wurde dann ein
vierstündiges Konzert. Ich wollte unbedingt in diesem legendären Raum
performen, der so viel Geschichte hat und in dem der Sound so großartig
ist. Und die Fans waren dabei!
SC: Habt ihr euch auch Abends unter die Berliner gemischt?
PB:
Michael ist eher derjenige, der dazu tendiert, noch spät abends aus-
zugehen. Ich spare mir lieber meine Energie für den nächsten Studio-
tag auf. Aber ein bisschen habe ich es auch vor die Tür geschafft. Ich
war im „White Trash“, das ist eine echt coole Bar. Und da gehen garan-
tiert keine Amerikaner hin – außer mir und meinen Freunden. Es war
ja auch gerade die Fußball-WM als wir in der Stadt waren. Am Bran-
denburger Tor waren überall diese fetten Übertragungs-Monitore. An
manchen Tagen standen eine Viertelmillion Menschen vor meinem
Hotel – und das nicht wegen mir! Da habe ich mir dann eher mal den
Roomservice gegönnt.
SC: Du bist bekannt für deine große Plattensammelleidenschaft.
Bist du in Deutschland fündig geworden?
PB:
Ich habe leider während unseres Aufenthaltes keinen Plattenladen
gefunden! Außerdem habe ich ja fast jeden Tag gearbeitet, außer Sonn-
tags und den einen Montag, an dem ich verschlafen habe. Ich bin dann
viel spazieren gegangen. Als ich das erste Mal nach Berlin kam, war ich
auch schon am Checkpoint Charly. Es war interessant zu sehen, dass sie
daraus jetzt eine Touristenattraktion gemacht haben mit einem McDo-
nalds. Da merkt man schon die Unterschiede zu damals.
SC: Aber ein bisschen Geschichte hast du schon aufgesogen?
PB:
Ich will nicht den Krieg thematisieren, aber der ist das, was die
meisten Amerikaner mit Berlin verbinden. Und dann gehst du dorthin
und dir wird klar, dass Berlin diese wilde, liberale, coole Stadt ist, die
mit der Vergangenheit in Einklang lebt und sich in Richtung Zukunft
orientiert und wirklich Flavour hat. Ich besuchte einige Museen. Und
das Holocaust-Denkmal war gleich neben unserem Hotel. Für mich war
es wirklich faszinierend zu sehen, wie Berlin die Vergangenheit bewäl-
tigt hat. Ich habe mich dort gut amüsiert. Ich könnte mir sogar vorstel-
len, dort zu leben. Ich habe nur ein Problem: Ich spreche nicht sehr gut
Deutsch. Aber immerhin ist die Sprache nahe genug an der Englischen
dran, so dass ich auch viel verstehen kann, ohne sie zu beherrschen.
SC: Vielleicht könntest du mit Tired Pony ja bei der nächsten R.E.M.-
Tour als Supportact auftreten?
PB:
Es dürfte schwierig werden, die Terminpläne unter einen Hut zu bringen.
Denn auch Snow Patrol veröffentlichen im nächsten Jahr eine neue Platte.
Auf jeden Fall war der Gig mit Tired Pony ein nicht zu perfekter Mix aus
Spannung, Aufregung und Lockerheit. Wir werden definitiv noch ein paar
Shows im Herbst spielen. Ich möchte das gerne weiterverfolgen und sehen,
wohin uns die Reise führt. Für mich ist Tired Pony wie Urlaub von der Arbeit.
Katja Schwemmers
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