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Workshop: Live-Mixing
für Musiker
Live-Mixing für Musiker – Teil 6
Das muss kesseln!
Die Bühne steht, die PA ist aufgetürmt und der Mixer an seinem Platz. Nun geht es daran,
die einzelnen Instrumente zu mikrofonieren und zu verkabeln. In dieser Folge unseres
Live-Mixing-Workshops beginnen wir mit der Abnahme des Drumsets.
W
Im Gegensatz zu besagten Sound-Experten
habt ihr übrigens einen entscheidenden Vor-
teil:
Ihr könnt den live-Sound eures Drumsets
bereits lange vor dem Gig in aller ruhe verbes-
sern. Wie das geht? Durch richtiges Stimmen!
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elches Mikro ist für welche trommel
geeignet? Wie bekommt man den
richtigen Druck in den Bassdrum-
Sound und was sind eigentlich overheads? Diese
und andere Grundlagen werden wir behandeln
und auf drei bekannten live-Situationen exemp-
larisch anwenden.
Denn wie schon das tontechniker-Sprichwort
„crap in, crap out“ besagt, ist auch das beste tech-
nische equipment machtlos, wenn das Instrument
kein akzeptables Ausgangsmaterial liefert. Dessen
sollte sich euer trommler bewusst sein und regel-
mäßig sein Set mit frischen Fellen versehen, diese
sorgfältig tunen und wenn nötig gegebenenfalls
dämpfen. neben verbeulten und ausgeleierten
Drumheads sind aber auch rissige oder einfach
minderwertige Becken ein Garant für einen miser-
ablen Drumsound. Die teuersten kondensatormi-
kros können aus einem scheppernden Blecheimer
kein strahlendes crash-Becken zaubern.
Club Gig
Je kleiner der Auftrittsort, desto geringer wird
die Gefahr, dass eventuell nicht alle Zuhörer
etwas vom Schlagzeug hören könnten.
In klei-
nen clubs und kneipen wird euch eher die Proble-
matik beschäftigen, dass das Drumset viel zu laut
ist und sich somit eine Verstärkung über die PA
ganz oder teilweise erübrigt. Besonders, wenn ihr
nur über eine kleine Gesangsanlage verfügt, die
eben lediglich die Vocals verstärken kann, solltet
ihr schon beim Aufbau der Drums darauf achten,
dass diese möglichst wenig auf die Gesangsmikros
übersprechen. Also das Drumset nicht unbedingt
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toms oder Becken. zwar ist es eine gängige Alter-
native, ein sparsames Miking mit Bassdrum und
zwei kondensatormikros als overhead über dem
Set zu realisieren. Jedoch ist diese Variante weit-
aus störanfälliger bei clubs mit niedrigen Decken,
empfindlicher für Feedbacks und erfordert schon
einiges an erfahrung beim Mix.
Die Snare wird normalerweise von schräg oben
abgenommen.
Dabei sollte das Mikro nicht allzu-
weit über das Schlagfell ragen. Das hat nicht un-
bedingt klangliche Gründe, sondern verlängert
schlicht und einfach seine zu erwartende lebens-
dauer. So ein Snare-Mikro bekommt schließlich
immer mal wieder einen Schlag mit dem Drum-
stick verpasst. richtet man das Mikro nun eher
zur Fellmitte, wird der Sound etwas bauchiger
und druckvoller, zeigt es dagegen eher auf den
äußeren Fellrand, werden die obertöne präsenter.
Auch hier geht probieren über studieren und eine
Anpassung der Mikrostellung bewirkt oft mehr als
ein Dreh am equalizer. Beliebte Mikrofontypen für
die Snare sind das Shure SM57 oder das Sennhei-
ser e 905, die nicht nur einen geeigneten Fre-
Aufgabenteilung:
Bei Mikrofonarmut könnt ihr zwei toms
mit einem Mikro abnehmen
Der Winkel machts:
Bei steiler Ausrichtung des Mikros
auf den rand der Snare gibts mehr obertöne
»
mittig hinter dem Sänger aufstellen, sondern lie-
ber seitlich am Bühnenrand. obwohl es den meis-
ten trommlern nicht gefallen wird: Gerade in lau-
schigen Pubs, die im schlimmsten Fall noch mitten
im Wohngebiet liegen, sollten die Drumsticks zur
Abwechslung mal im köcher bleiben und der
Abend mit rods oder Besen bestritten werden. So
kann man die lautstärke in zaum zu halten und
gleichzeitig noch dynamisch und punchy spielen.
drum zu legen und daran das Mikro anzubringen.
Bei der Positionierung des Mikrofons gilt: eine
Position nahe dem Schlagfell ergibt einen di-
rekten, spitzen Sound mit viel „kick“, weiter ent-
fernt nehmen die Bassanteile zu und der klang
wird voluminöser und fetter. Also bevor ihr wild
an der klangregelung herumdreht, versucht
erstmal durch verschiedene Mikrostellungen ein
soliden Grundsound zu finden.
Das Drumset nicht hinter dem Sänger aufstellen,
sondern lieber seitlich am Bühnenrand.«
Kleiner Saal
In einem etwas größeren Raum ist das Schlag-
zeug zwar höchstwahrscheinlich immer noch
ohne weitere Mikrofonierung laut genug.
Dennoch kann aus klanglicher hinsicht eine Ab-
nahme weiterer teile des Sets nicht schaden. Da
ihr vermutlich nicht über einen unerschöpflichen
Vorrat an Mikrofonen verfügt, macht es Sinn, bei
der Auswahl der abzunehmenden Schlagzeug-
komponenten Prioritäten zu setzen und womög-
lich mehrere Fliegen mit einer klappe zu schla-
gen. Die Abnahme der Bassdrum ist dabei in je-
dem Fall Pflicht. Steht noch ein zweites Mikro zur
Verfügung, kann damit zusätzlich die Snare be-
stückt werden. Bassdrum und Snare sind die we-
sentlichen elemente in einem Schlagzeug-Groo-
ve, daher ist es wichtiger, zunächst diese trom-
meln über die PA in Szene zu setzen als etwa
Hat sich euer Drummer nun auf eine ange-
messene Spielweise eingestellt und sein Set
so weit wie möglich von anderen Mikros ent-
fernt aufgebaut, kann man dem Schlagzeug-
Sound wieder etwas mehr Druck verleihen,
indem zumindest die Bassdrum mit einem Mikro
abgenommen wird. Im Idealfall verwendet ihr
dafür ein spezielles Bassdrum-Mikrofon wie et-
wa das klassische D112 von AkG (meist einfach
„ei“ genannt) oder das Shure Beta 52A. Solche
Mikros haben bereits einen angepassten Fre-
quenzgang, der die für einen druckvollen Bass-
drumsound wichtigen Frequenzbereiche betont.
Eine gute Ausgangsposition für das Bass-
drum-Mikro ist direkt vorne am Loch des Re-
sonanzfells.
es gibt auch die Möglichkeit, ein
spezielles kissen mit Mikrohalterung in die Bass-
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Stereobild verteilen zu können. Wenn ihr auf
Sparkurs seid, entscheidet euch lieber für ein ein-
zelnes gutes kondensatormikro und nehmt die
Becken zunächst Mono ab, anstatt mehrere min-
derwertige teile einzusetzen. erschwingliche Pro-
fi-overheads sind zum Beispiel das AkG c-430
oder das opus 53 von Beyerdynamic. Bei der Po-
sitionierung der Mikros gilt es zu beachten, dass
möglichst wenig Fremdsignale von zum Beispiel
Gitarrenamps oder Monitorboxen eingefangen
werden. zusäzlichen Frequenzballast könnt ihr
eliminieren, wenn euer overhead-Mikro über ei-
nen hi-Pass-Filter verfügt, der tiefe Frequenzen
abschneidet. Wenn ihr die hi-hat mit einem ei-
genen Mikrofon abnehmt, achtet darauf, nicht
genau zwischen die Öffnung auszurichten – an
dieser Position gibts nämlich starke Windge-
räusche durch luftverwirbelung. zudem solltet
ihr das Mikro so positionieren, dass ihr nicht das
ganze Set mit einfangt oder genau auf den Büh-
nenmonitor zielt. Also richtcharachteristik des
Mikros beachten.
Richtig positioniert:
Das hi-hat-Mikro sollte nicht zwischen der Öffnung der beiden Deckel positioniert werden.
quenzgang mit crispen höhenanteilen mitbringen,
sondern auch stabile Gehäuse, denen ein trom-
melstock so schnell nichts anhaben kann.
Großer Saal und Open Air
Bei großen Veranstaltungen wird am besten das
ganze Set abgenommen.
Auch die toms brauchen
hier PA-unterstützung. Besonders in Bands der
härteren Gangart spielen die toms oft eine wich-
tige rolle, wenn zum Beispiel Gitarrenriffs damit
gedoppelt werden, oder virtuose tomfills zum
nächsten Song-teil überleiten.
Die Tom-Mikros werden genau wie bei der
Snare von schräg oben auf das Schlagfell ge-
richtet.
Auch hier gilt: Je steiler das Mikro auf den
Fellrand zeigt, desto härter wird der Sound. Wenn
ihr nicht genügend Mikrofone für jedes einzelne
tom habt, gibt es die Möglichkeit, je zwei trom-
meln mit einen Mikro abzunehmen. Dieses plat-
»
ziert man mittig zwischen den toms in etwa 5–10
cm Abstand, und kann durch geschicktes neigen
lautstärkeunterschiede zwischen beiden toms
ausgleichen. um ein homogenes klangbild aller
toms zu erhalten ist es ratsam, für alle trommeln
Besonders in Bands der härteren Gangart spielen
die Toms oft eine wichtige Rolle.«
Allgemein solltet ihr beim Abmiken des Schlag-
zeugs berücksichtigen, dass der Trommler
nicht in seiner Spielweise beeinträchtigt wird.
Sensibilisiert euren Schlagzeuger dafür, sich die
Mikrofonstellungen beim Soundcheck genau an-
zuschauen, und während des Gigs immer darauf
zu achten, ob sich etwas geändert hat. Absolut
tabu ist auch, nach dem Soundcheck die Mikros
in ihrer Position zu verändern.
✖
Sebi Friebe
den gleichen Mikrofontyp zu verwenden. Prak-
tisch sind spezielle clip-Mikros, die über einen
klemmmechanismus verfügen, der die kapsel fest
mit dem Spannreifen der trommel verbindet, zum
Beispiel das Shure Beta 98D/S. Solche halte-
rungen gibt es auch für herkömmliche Mikros.
Für die Abnahme der Becken werden norma-
lerweise zwei Kondensator-Mikros eingesetzt,
um alle cymbals gleichmäßig verstärken und im
Praxistipp
Drum Tuning
haben eure Felle beulen, ist die Beschichtung runtergespielt oder sind
sogar risse im Fell? runter damit. So ein Fell kann nicht mehr sauber
schwingen und lässt sich auch nicht richtig stimmen. Wir verraten euch
wie ihr eure Felle ordentlich zum klingen bringt.
•
Die Auswahl des richtigen Fells bestimmt den Grundsound eures Sets. es
gibt einlagige Felle die sehr offen und luftig klingen, oder doppellagige,
die einen fetteren aber gedeckteren Sound produzieren. eingelasse-
ne Dämpfungsringe oder Dots in der Mitte des Fells beeinflussen das
Schwingungsverhalten zusätzlich. Probiert verschiedene Felle aus, um
herauszufinden welches am besten zu eurem Sound passt.
•
Jedes neue Fell muss erst einmal ordentlich vorgedehnt werden, bevor
man es stimmen kann. Dazu legt ihr das Fell auf den kessel, und spannt
den Spannreifen möglichst gleichmäßig bis es merklich höher klingt,
als gewünscht. zusätzliche Spannung könnt ihr erzeugen indem ihr
mit dem handballen auf die Fellmitte presst. Damit wird erreicht, dass
das Fell sich schon jetzt maximal ausdehnt und ihr nicht später immer
nachstimmen müsst.
•
nun entspannt ihr das Fell wieder vollständig, und dreht danach die
einzelnen Stimmschrauben locker mir den Fingern zu, soweit bis ihr
den ersten Widerstand spürt. Ab jetzt geht es mit dem Stimmschlüssel
zunächst in halben, später in Vierteldrehungen weiter. Dabei arbeitet
ihr immer über kreuz. Also mit einer Schraube anfangen, dann die
gegenüber, dann eine Schraube zwischen diesen beiden, wieder die
gegenüber und so weiter.
•
ob ihr die Spannung auf allen Schrauben gleichmäßig verteilt habt,
könnt ihr prüfen indem ihr mit dem Stock den äußeren rand des Fells
abklopft, etwa 2–3 cm von jeder Schraube entfernt. Ist der zu hörende
oberton höher oder tiefer als bei der nachbarschraube, muss jeweils
nachjustiert werden.
•
Bleiben trotz guter Grundstimmung noch nervige obertöne, kann man
die trommel dämpfen. Dafür eignet sich eine Schlaufe aus Gaffa-tape,
eleganter sind aber zum Beispiel die selbstklebenden Moon-Gel-Plätt-
chen, die sich beliebig oft neu platzieren lassen. Auch ein aus einem
alten Fell ausgeschnittener ring kann Wunder wirken.
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