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SpeCial: konventionelleS Bühnenmonitoring
inhalt
Hört, Hört
SpeCial
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So gelingt euer Bühnenmonitoring Seite 48
des Bühnenmonitorings
Gut auf- und eingestellt
Die 7 goldenen Regeln
des Bühnenmonitorings
Auf zum Kauf
Can You Hear Me?
Uli Hoppert
Gutes, konventionelles Monitoring ist kein Hexenwerk, sondern nur ein bisschen Disziplin
und geplantes Vorgehen. Wer seine Signale auf der Bühne im Griff hat und den Überblick
über Wege, Wedges und Signale behalten will, der muss vor allem eins tun: Banddienlich
denken! Also: Überlegt rangehen, unsere 7 goldenen Regeln beachten und losspielen.
ie gröbsten sünden rund ums Monitoring
kennen sicher auch schon alle, darum
hier auch nur noch mal in Kürze, was
selbst beim besten Monitorsetup unmöglich ist:
Die Gitarre leiser, den Bass früher und das talent
spürbar. Was ihr hingegen tun könnt, ist mit sinn
und Verstand und einem Blick fürs Wesentliche
euren sound optimieren. Monitoring auf der
Bühne muss klar, durchsetzungsstark und nur so
laut sein wie nötig, keinesfalls so laut wie mög-
lich. Vorfahrt genießen die Kollegen, die sich
selbst nicht verstärken können, an deren pegel
orientiert sich nicht nur die gesamte Bühnen-
lautstärke, sondern ganz besonders auch die Mo-
nitorlautstärke. und noch etwas solltet ihr be-
herzigen: Der Fuß des Gitarristen oder sängers
gehört immer auf den Monitor! spaß beiseite –
es geht los mit unseren 7 goldenen regeln.
D
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Regel 1
Achtet auf den
richtigen Winkel!
Monitoring ist immer ein System – eine Wech-
selwirkung aus Mikrofon und Monitor (Wedge,
Sidefill, In-Ear-System, etc.).
Anfang und ende
einer Übertragungskette kommen sich also ver-
dammt nah. Darum ist es besonders wichtig,
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schon an dieser Stelle sehr sauber zu arbeiten
und ungewolltes Einsprechen bereits am Entste-
hungsort zu verhindern. Achtet auf die Richtcha-
rakteristik eurer Mikros und wählt dementspre-
chend die Position der Wedges aus. Faustregel:
Niere von hinten, Super- und Hyperniere von der
Seite und Kugeln gehören erst gar nicht auf die
Bühne. Als Ausgangspunkt für eine Hyperniere
wie das Sennheiser e845 könnt ihr etwa einen
Winkel von 135° anpeilen. In dieser Region sind
die meisten Hypernieren am unempfindlichsten.
Bei der klassischen Niere zum Beispiel, dem Shure
SM58, sind es die bekannten 180° – also direkt
hinter der Kapsel. Besonderes Augenmerk auf die
Winkel solltet ihr da haben, wo es unübersicht-
lich und vertrackt wird, Paradebeispiel ist das
Schlagzeug. Da hier die Mikros meist erst mal
nach Bespielbarkeit des Sets angebracht werden,
vergisst man oft den Blick für die problema-
tischen Einsprechrichtungen. Resultat können
gerade am Set andauernde und kaum aufzufin-
dende Feedbacks sein – oft im tieffrequenten
Bereich. Also arbeitet an dieser Stelle besonders
sauber und akkurat; damit habt ihr bereits die
erste Hürde genommen. Wichtiger Ausgangs-
punkt am Set: Die Snare. Kein anderes Mikro
koppelt zusammen mit dem Drumfill so drastisch,
wie dieser Schallwandler. Darum gehört eine
Niere wie das SM 57 immer vor das Drumfill, nie
seitlich. Hypernieren wie das Opus 67 von Beyer-
dynamic sind da meist leichter zu handhaben.
Also Augen auf an dieser Stelle.
Horns selbst. Multifunktionsboxen bieten in der
Regel zwei unterschiedliche Winkel, manche
klassischen Wedges hingegen nur einen einzigen.
Als Faustregel könnt ihr euch merken: Je flacher
der Winkel, desto kleiner darf die Bühne sein –
denn ihr könnt und müsst näher ran, um im
halte ein Wedge mit drehbarem Horn und gleich-
mäßiger Abstrahlung von zum Beispiel 60° x 40°
für die flexibelste Lösung. Damit lassen sich sehr
viele Bühnengrößen bespielen und ohne viel Auf-
wand optimal ausleuchten. Einzelne Musiker be-
kommen das Horn mit 40° horizontal, um den
Richtcharakteristik:
Die Niere bedämpft Störschall direkt
hinter der Kapsel am besten ...
... die Hyperniere hingegen schräg hinter der Kapsel. Genau
dort muss dann auch das Wedge stehen.
Schallkegel der Monitorbox zu bleiben. Steile
Monitorwinkel überstreichen unter Umständen
eine ganze Bühnentiefe. Aber nicht nur da liegt
der Unterschied, auch eure eigene Größe ist nicht
ganz zu vernachlässigen. Wer sich Farin Urlaub
und Peter Maffey nebeneinander vorstellt, der
versteht sicherlich, dass die beiden da ganz an-
dere Anforderungen haben.
Ähnlich wichtig wie der mechanische Winkel
ist auch der Abstrahlwinkel des Horns – denn
auch der definiert, ob und was ihr vor dem
Monitor hören könnt.
Einige Hersteller statten
die Hochtonhörner drehbar aus, andere schwören
auf identische Abstrahlung in beiden Ebenen und
schließlich gibt es auch noch Modelle mit un-
symmetrischer Abstrahlung. Alle diese Konzepte
haben ihre Vor- und Nachteile: Ich persönlich
Schallkegel eng zu halten, für eine Frontline oder
ein Sidefill ist womöglich die Variante mit 60° in
der Horizontalen besser geeignet. Ausprobieren
und dann entscheiden. Zur Not lässt sich auch
der Winkel des Monitors mit einem Casedeckel,
einer Holzleiste oder einer D.I.-Box noch etwas
besser an die aktuellen Anforderungen anpassen.
Manchmal muss man einfach improvisieren.
Regel 2
Achtet auf den Abstrahlwin-
kel und die Form des Wedges
Genau so viele Bauformen wie es mittlerweile
gibt, genau so viele Anwendungsmöglichkeiten
gibt es auch.
Die passende Variante hängt von
vielen Parametern ab; unter anderem dem Win-
kel des Wedges und den Abstrahlwinkel des
Pfeift eure Wedges ein
Ein sauberer Frequenzgang ist die halbe Miete,
aber ihr dürft auch den Einfluss des Raumes
nicht vergessen!
Selbst wenn eure Wedges klar
sind, dann erzeugt unter Umständen der Raum
noch jede Menge Probleme. In der Regel sind ho-
Regel 3
hear it • feel it • play it
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special: Konventionelles Bühnenmonitoring
an den realen Möglichkeiten und vergesst
niemals eure Sänger oder Sängerinnen. Die
kommen an erster Stelle! Solche Über-
prüfungen lassen sich sehr gut im
Proberaum durchexerzieren. Nehmt
euch einfach mal die Zeit und pro-
biert einfach mal verschiedene
Mischungen aus. Ihr werde
sehr schnell merken, dass zu-
nächst die Versuchung, alles
haben zu wollen, sehr groß ist.
Wenn ihr dann aber Zug um Zug
Signale rausnehmt, dann werdet ihr
schnell merken, dass sich ein aufge-
räumter Monitor deutlich besser zur Kontrolle eig-
net, als ein mit tausend Signalen zugekleistertes
Wedge. Insbesonders kleine Signale (zum Beispiel
eine Hi-Hat) erweisen sich sehr schnell als deutlich
bessere Wahl für das Timing als irgend ein anderer
Regel 5
Haltet den Mix schlank
Hier geht es weniger um die Signale auf dem
Monitorweg, sondern viel mehr um den guten
Gesamtklang.
Versucht gar nicht erst eurer Mo-
nitorbox Frequenzen abzunötigen, die sie ein-
fach gar nicht wiedergeben kann. Gerade kleine
Systeme haben ihre Stärken ganz woanders,
nämlich bei den Mitten, die braucht ihr auch
fürs Monitoring. Selbstverständlich soll der Mo-
nitorsound nicht nach Blechbüchse klingen;
übertriebener HiFi-Charakter ist aber auch der
falsche Weg. Gewöhnt euch deshalb von Anfang
an daran, den Bühnensound als Kontext zu seh-
en, als Mischung aus vielen Einzelsignalen, die
zusammen einen Guss ergeben. Zu diesem Guss
gehören natürlich auch die Originalsignale, denn
Multifunktionale Funktionen:
Ein drehbares Horn sorgt
für flexiblen Einsatz
he, weitläufige Locations gutmütiger. Solange ihr
aber noch in kleinen, verqualmten Clubs mit viel
zu niedriger Decke spielt, müsst ihr versuchen,
den Raumeinfluss so klein wie eben möglich zu
halten. Wenn Reflexionen von Wänden und De-
cken in eure Bühnenmikros strahlen, dann lauert
bereits Ungemach. Wichtig ist, dass ihr sauber
einpfeift. Viele mögen denken, sobald sie einmal
eine blitzsaubere Einstellung gefunden haben,
können sie die von Gig zu Gig mitschleppen.
Fehlanzeige! Wer so denkt, vergisst die klanglichen
Eigenschaften des Raums. Sicherlich werdet ihr
feststellen, dass sich so genannte Ätzfrequenzen
rausstellen, die irgendwie immer präsent sind. Ihr
werdet erstaunt sein, wie unterschiedlich das glei-
che Wedge mit dem gleichen Mikrofon an zwei
unterschiedlichen Orten behandelt werden muss.
Wenn ihr beim Einpfeifen schnell und sicher wer-
den wollt, dann hilft nur eins: Üben, üben, üben!
Im Netz findet ihr einige Tools, mit denen ihr eu-
er Gehör auf Frequenzen trainieren könnt, alter-
nativ könnt ihr euch auch eine CD mit Testtönen
zum Üben besorgen. Einige Equalizer von Peavey,
Samson oder Altair, haben übrigens eine Art
Feedbackfinder integriert. Eine Anzeige signali-
siert euch, in welchem Frequenzband die höchste
Energie herrscht. Das kann ein Feedback sein,
dann schnell zugreifen. Leider sieht aber auch
eine heftig wimmernde Zerrgitarre auf dem Dis-
play ganz genau so aus.
fetter Rhythmus aus den Drums. Genau so oft ist
auch ein komplettes Drumset auf den Wedges nur
in sehr seltenen Fällen notwendig. Der Natursound
alleine ist meist schon satt und wuchtig genug, da
braucht man nicht auch noch den Monitor damit
voll packen. Legitime Ausnahme – das Drumfill
und der Monitor des Bassmanns. Schließlich müs-
sen die beiden zusammenspielen, dazu muss man
sich auch hören!
»
Kleine Signale erweisen sich sehr schnell als
deutlich bessere Wahl für das Timing.«
auch die tragen ihren Teil zum Eindruck bei. Ver-
fallt nicht dem Irrglauben, zum Beispiel irgend-
wo Bass dazuzuschrauben, nur weil es auf den
ersten Blick etwas dünn klingt. So was produ-
ziert nur Feedbacks und sorgt damit für Stress.
Gleiches gilt natürlich auch für jeden anderen
Frequenzbereich – insbesondere für die Höhen.
Ein Monitor muss da nicht crisp oder seidig klin-
gen, sondern neutral und ausgewogen.
Macht euch einen Plan
Nehmt euch zusammen mit der Band die Zeit
und findet raus, was ihr alles wirklich auf eu­
rem Monitor braucht –
und was davon nur un-
nötiger Ballast ist. Orientiert euch dabei immer
Regel 4
Unsitte:
Nasaler Klang und erhöhte Feedbackgefahr durch das Zuhalten der Mikrofonkapsel
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Ob Effekte einen Platz auf dem Monitor ha­
ben, ist eine der ganz großen Geschmacksfra­
gen.
Leichter machen solche Beigaben die Kon-
trolle sicher nicht, letztendlich müsst ihr jedoch
selbst entscheiden, ob ihr mit der Mischung plus
Effekt besser klarkommt, oder ein trockenes Si-
gnal bevorzugt. In der Regel, gerade auf kleinen
Bühnen, ist ein recht trockener Mix eigentlich die
bessere Wahl. Meist sorgt der Raum selbst für
einen kurzen, aber angenehmen Raumhall. Open
Air oder im Stadion mögen andere Regeln gelten
und der natürliche Raumeindruck fehlen, so was
lässt sich aber schnell abändern und ein bisschen
mit digitalem Raum verändern.
Regel 6
Geht vernünftig mit
den Pegeln um
Wer unbedingt mit brachialen Lautstärken star­
ten muss, der züchtet ganz eigene Probleme.
Zunächst einmal ist ein drastisch lauter Monitor-
mix natürlich gar nicht so einfach zu kontrollieren.
Die Gefahr von Feedback und unerträglich lautem
Geplärre anstelle von sauberer Kontrolle ist natür-
lich ungemein höher als bei einer gesitteten Laut-
stärke. Zudem nehmt ihr euch bereits jede Chance,
im Laufe des Gigs noch etwas Pegel nachzulegen.
Hand aufs Herz: Gegen Ende des Gigs wird selbst
der disziplinierteste unter euch ein gutes Stück
lauter. Wenn die Koppelgrenze aber bereits beim
ersten Stück des Sets schon längst erreicht ist,
wird die Luft schnell dünn. Zudem – und auch das
dürftet ihr schon am eigenen Leib erfahren haben
– setzt mit fortschreitender Spieldauer auch ein
merklicher Gewöhnungseffekt ein und die Ohren
empfinden es eigentlich gar nicht mehr so laut.
Wenn ihr auch dann beim Monitorsound nicht
mehr nachlegen könnt, dann macht euch das den
Job auch nicht wirklich leichter. Also: Ruhig etwas
verhalten anfangen, dann könnt ihr im Laufe des
Gigs immer noch entspannt nachjustieren.
Richtcharakteristik beachten:
Bei Hyper- oder Supernierenmikros müssen die Wedges schräg von hinten auf die Kapsel
Gefahr für Feedback, schlagartig schlechteren
Sound auf der Bühne oder ganz einfach Verwir-
rung auf der Bühne und beim Mann am Pult.
Wenn ihr dringende Wünsche habt, dann teilt
das eurem Tonmann mit, der soll sich darum
kümmern. Am besten immer klar und deutlich
und unbedingt freundlich – den euer Publikum
ist womöglich live dabei, wenn ihr dem Mann
die falschen Tiernamen gebt. So was ist echt
peinlich und geht auch anders.
Eine andere Todsünde ist die Zuhälterei.
nicht das, was ihr vielleicht denkt: Es geht um die
Unsitte vieler Sänger, die Mikrokapsel zuzuhalten,
den Mikrokopf zum vermeintlich besseren Gegröle
ganz zwischen die geschlossenen Hände zu neh-
men oder ähnlichen Unfug. Manch einer mag die
Pose vielleicht für cool halten, tatsächlich klingt
ihr mit dieser Mikrofontechnik nur noch nasal und
platt und verschafft dadurch eurem Tonmann zu-
sätzlichen Stress. Neben dem miserablen Klanger-
gebnis passiert nämlich noch etwas ganz fatales:
Die Charakteristik des betroffenen Mikros ändert
sich dramatisch in Richtung einer Kugel.
Bleibt noch die Sache mit der Bodenständig­
keit.
Auch das meine ich recht bildlich. Sicherlich,
so ein Wedge an der Bühnenkante verlockt unge-
mein zum Aufstieg, hoch erhobenen Hauptes noch
etwas Höher über euren Fans – ein echter Star
halt. Aber leider sind die meisten Wedges nicht für
solche Einlagen gebaut, im Gegenteil. Insbesonde-
re die Multifunktionswedges neigen sehr zum kip-
peln und sind daher besonders riskant. Ein falscher
Tritt und euer Gig endet eventuell recht schmäh-
lich im nächsten Krankenhaus. Also bleibt auf dem
Boden der Tatsachen, dort seid ihr bestens aufge-
hoben. Und ganz nebenbei freut sich auch euer
Techniker, denn der muss nichts nachlackieren und
braucht keine Schutzgitter auszubeulen.
Regel 7
Keine Experimente, keine
Zuhälter und immer schön
auf dem Boden bleiben
Unsere letzte goldene Regel hat an sich schon
nichts mehr mit gutem Sound zu tun, sondern
zieht erst dann, wenn schon alles läuft.
alles gut läuft, wohlgemerkt. Lasst euch nicht in
Versuchung bringen, dann noch irgendwas zu
ändern. Den Monitor beiseite schieben, um
mehr Platz zu haben oder ein Mikrofontausch
sind jetzt echt fehl am Platz und bergen Gefahr.
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