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Workshop: Live-Mixing für Musiker
Live-Mixing für Musiker – Teil 11
Eingebettet im Mix
Und weiter gehts mit unserem SOUNDCHECK-Leitfaden zum Mitnehmen. In der letzten
Folge haben wir euch einen Spickzettel für den Drumsound geliefert, diesmal machen
wir mit dem Soundcheck der restlichen Instrumente weiter.
a
uch wenn der Drumsound im kasten ist,
hat der Schlagzeuger nun keineswegs Fei-
erabend. Denn solange der Mann am
Mischpult die Bandkollegen einpegelt muss er
hände und Füße stillhalten und darf nur auf ex-
plizite aufforderung etwas zum Besten geben.
Das Wort hat nämlich weiterhin, bis der Sound
steht, allein der Sound-Beauftragte eurer Band.
Bass
Im Vergleich zum Abmischen eines Drumsets
habt ihr mit dem Basssignal leichtes Spiel.
Denn in der Regel hat man es hier mit einem ein-
zelnen Monosignal zu tun, das entweder direkt
aus dem Instrument über eine DI-Box oder aus
einem entsprechenden ausgang des Bassver-
stärkers ins Mischpult gelangt. Daher braucht
ihr euch über phasenauslöschungen, Feedbacks
oder trittschallprobleme, wie sie bei Mikrofon-
Signalen vorkommen können, keine gedanken zu
machen. allerdings hat das DI-Signal oft einen
anderen unangenehmen Begleiter. Frei nach
Murphys gesetz gesellt sich in 80 % der Fälle ein
störendes Netzbrummen zum Basssound. also
bevor ihr den Bassisten die ersten testtöne zup-
fen lasst, horcht erst einmal in den Basskanal
hinein. oft lässt sich so ein Brummen, dessen
ursache ein einsreuender Lichtdimmer oder die
currywurstmaschine der pommesbude nebenan
sein kann, durch wechselweises Betätigen der
ground-Lift-Schalter an Di-Box und amp besei-
tigen oder zumindest stark abmildern. Wenn al-
les nichts hilft, bleibt nur noch, den Brummfre-
quenzen mir dem equalizer zu Leibe zu rücken.
Nun aber zum eigentlichen Basscheck.
ders bei kleinen anlagen und Bühnen, kommt es
weniger darauf an, einen edlen hiFi-Basssound
zu schrauben. Vielmehr gilt es, die Möglichkeiten
der anlage und die „unmöglichkeiten“ der Loca-
tion so zu beeinflussen, dass der Bass überall gut
hörbar, aber nicht zu aufdringlich erklingt. also
bittet den Basser, ein paar töne zu spielen,
checkt wie üblich zuerst den gain des kanals
und schiebt dann den channelfader hoch. ab
jetzt zählt die kunst des Weglassens. Bevor ihr
also achtlos Bässe reindreht und zur tagesord-
nung übergeht, lauft etwas im publikumsraum
herum und hört (besonders in den Saalecken),
ob es irgendwo dröhnt oder mulmt. Wer über ei-
nen parametrischen eQ verfügt, kann nun diesen
Frequenzen gezielt zu Leibe rücken. um heraus-
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zufinden, welcher Frequenzbereich am meisten
stört, kann man sich des folgenden tricks bedie-
nen: anstatt den gain des mittleren Frequnz-
bandes abzusenken hebt man ihn erstmal extrem
an. Dann fahrt ihr mit dem Frequenzregler lang-
sam dessen gesamten Bereich von unten nach
oben ab. Wenn es an einer Stelle nun besonders
dröhnt, kann man diese Frequenz nun einfach
absenken. Wenn ihr schon beim absenken seid
und noch ein parametrisches Filter frei habt,
solltet ihr den Bassbereich dort etwas ausdün-
nen, wo ihr ihn bei der Bassdrum angehoben
habt. Das schafft ordnung im Frequenzkeller.
angehoben wird. Bei clean- oder crunch-gitar-
ren kann jedoch oft eine portion glanz im obe-
ren Frequenzbereich nicht schaden. Wenn wäh-
rend des gigs verschiedene Sounds benutzt
werden, lasst euch alle noch einmal kurz anspie-
len. oft sind clean-Sounds zu leise und Solo-
Sounds zu laut, also bittet den gitarristen gege-
benenfalls diese unterschiede anzupassen.
Spielen zwei Gitarristen in der Band, ist es
notwendig, die beiden kurz zusammen spielen
zu lassen.
Nun könnt ihr das Lautstärkeverhält-
nis und die eQ-einstellungen noch etwas anpas-
Schalter gedrückt werden. Da Synthies und Sam-
pler sehr unterschiedliche Sounds wiedergeben
können, gilt es beim gain etwas mehr headroom
als üblich zu lassen. Weiterhin ist es sinnvoll,
den keyboader zu bitten für den Soundcheck
den jeweils lautesten und leisesten Sound des
konzertes kurz anzuspielen, um sich ein Bild von
der Dynamik machen zu können.
Beim EQing ist auch hier Aufräumen und Aus-
dünnen angesagt.
Besonders die Frequenzbe-
reiche, die bei gitarren und Bass betont wurden,
sollten bei den keys zurückgenommen werden. ein
Lowcut mit dem trittschallfilter ist ebenso obliga-
torisch um denn Bassbereich sauber zu halten. In
den höhen darf man, wenns zu muffig klingt, den-
noch eine priese reindrehen.
um das zu prüfen lasst nun Basser und Drummer
ein paar takte zusammenspielen. achtet darauf,
dass der Bassbereich nun schön dicht klingt,
Bass und Bassdrum sauber getrennt sind und die
anlage nicht in die knie geht, wenn ein Bass-
drum-Schlag mit einem Basston zusammenfällt.
»
Beim EQing ist auch hier Aufräumen und
Ausdünnen angesagt.«
sen, bis beide Signale sich zu einer homogenen
gitarrenwand zusammenfügen. an dieser Stelle
verteilt ihr die Signale auch gleich ein wenig im
Stereopanorama. am besten analog zur Bühnen-
position der akteure, also den von euch aus
rechten gitarrero etwas nach rechts und umge-
kehrt. Zum abschluss der gitarren-checks spie-
len nun noch einmal Drums, Bass und gitarren
zusammen um nun die Balance zwischen diesen
einzustellen.
Gesang
Den Gesang klar und verständlich im Mix zu
platzieren, vor allem im Zusammenhang mit
einer kleinen PA und einer lauten Band, ist
wohl die Königsdisziplin beim Live-Mixing.
Doch mit ein paar Fakten über die menschliche
Stimme im hinterkopf könnt ihr auch diese
meistern. Beim gesang gibt es genau wie bei
allen Instrumenten bestimmte Frequenzbe-
reiche, die besonders wichtig für Druck, cha-
rakter und Durchsetzungskraft der Stimme
sind, andere wiederum können getrost zurück-
genommen werden; so zum Beispiel alles un-
terhalb 100 hz. hier produziert auch der männ-
lichste Sänger nur noch heiße Luft, die mit
trittschall- bzw. Lowcut-Filter ausgeblendet
werden kann. Der grundton, der auch die Wär-
Gitarren
Als nächstes sind die E-Gitarren an der Reihe.
kontrolliert hier zunächst noch einmal die Mik-
ropositionen vor den gitarrenboxen. Worauf hier-
bei zu achten ist, haben wir in teil 7 (SouND-
check ausgabe 10/2009) dieser Workshop-
Reihe ausführlich erklärt. Sobald der gitarrist zu
spielen beginnt, kann nun der gain am Mischpult
eingestellt werden.
Bei den Gitarren sollten die EQ-Reserven
ebenfalls zunächst zur Entzerrung, also der
Filterung von störenden Frequenzen genutzt
werden.
Zuerst wird daher das trittschallfilter
aktiviert. unterhalb 100 hz bietet ein e-gitar-
rensignal nicht viel nützliches und dieser Bereich
sollte für Bassdrum und Bass reserviert bleiben.
genau wie beim Bass können nun mittels para-
metrisches Filter Frequenzen, die aufgrund der
Raumakustik oder pa-aufstellung besonders
stören, aufgespürt und eliminiert werden. Sollte
es dem gitarrensound nun noch etwas an Druck
fehlen, kann im Bereich der tiefen Mitten leicht
angehoben werden. 250–300 hz sind hier eine
gute ausgangsposition zum probieren. passt da-
bei auf, dass sich die gewählte center-Frequenz
nicht genau mit der der Snaredrum überschnei-
det. um dann noch etwas die transparenz und
Durchsetzungskraft zu pushen hilft eine leichte
anhebung zwischen 700 und 1000 hz. Mit dem
höhenregler sollte man besonders bei high-
gain-Sounds vorsichtig sein, da der Sound
schnell schmerzhaft sägt, wenn hier zu forsch
Keyboards/Sampler
Die elektronischen Klangerzeuger im Mix un-
terzubringen, steht als nächstes auf dem Plan.
Ähnlich wie beim Bass sollte auch hier der Sig-
nalweg auf mögliche einstreuungen überprüft
und falls nötig der entsprechende ground-Lift-
Beim Mischen einer Band ist volle konzentration geboten, vor allem wenns bei Rückkopplungen mal schnell gehen muss.
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me und den Druck der Stimme transportiert,
liegt etwas darüber. Bei Männern um die 150
hz, bei Frauen bei ca. 250 hz. Mit einem para-
metrischen Filter könnt ihr diesen Bereich
durchsuchen, um die grundfrequenz eures Sän-
gers zu ermitteln. Vergleicht diese gleich mit
den Bereichen, die ihr bei Snaredrum und gi-
tarren betont habt, und versucht, Überschnei-
dungen zu vermeiden.
Der für die Stimme wichtigste Frequenzbe-
reich liegt zwischen 300 und 3000 Hz.
beim eingreifen mittels equalizer Feingefühl an-
gesagt. Denn einerseits finden sich hier viele
störende oder unangenehme klangfarben oder
harte, aggressive Bestandteile, andererseits sind
oft genau diese für die Durchsetzungskraft und
Verständlichkeit der Stimme mitverantwortlich.
Vergleicht bei Änderungen im mittleren Fre-
quenzbereich auch immer die einstellungen mit
denen der gitarrenkanäle, da es hier die meisten
Überschneidungen gibt. Bei etwa 4 khz ist das
obere ende des Frequenzspektrums der Stimme
erreicht. Frequenzen darüber können also den
keyboards oder overheads vorbehalten bleiben.
allerdings kommt die Stimme bei etwa 10 khz
wieder ins Spiel. und zwar mit den perkussiven
Lauten, die bei harten konsonanten im Mund ent-
stehen. Zischende S- oder knallige t- und p- Laute
können nerven, sind aber auch für die Verständ-
lichkeit des gesungenen unabdingbar.
Plant für den Gesang genug
Headroom ein, da beim Live-
gig meist mehr Gas gegeben
wird, als beim Soundcheck.
Band
Zum Schluss des Soundchecks spielt nun die
ganze Band zusammen.
es ist übrigens hilfreich,
vorher abzusprechen was genau gespielt wird. al-
so „spielt mal eine Strophe und einen Refrain von
Song X“. So ist gewährleistet, dass alle gleichzei-
tig wieder Ruhe geben und man weitere anwei-
sungen oder Wünsche äußern kann. Wenn die
Band nun zum ersten mal zusammenspielt, werft
als erstes einen Blick über alle gain-Regler.
Dann gehts an die Lautstärkenverhältnisse
der einzelnen Instrumente.
an erster Stelle
sollte der gesang stehen. Nehmt also zunächst
alle anderen kanäle zurück und dreht den ge-
sang so weit auf, dass er deutlich und klar über
allem anderen steht. Nun kommen zunächst die-
jenigen kanäle wieder ins Spiel, die dem gesang
am wenigsten im Weg sind. Bassdrum und Snare
gehören dazu, aber auch der Bass dürfte dem
gesang nicht in die Quere kommen. erst dann
werden auch die anderen Instrumente wie gitar-
ren und keys nacheinander dazu geschoben.
Falls nun etwa die gitarren noch etwas zu leise
sind, den gesang aber schon deutlich in seiner
präsenz beeinflussen, habt ihr bei der eQ-arbeit
etwas falsch gemacht. Seht euch noch einmal
die Filtereinstellungen an und nehmt bei den
entsprechenden kanälen die Frequenzen zurück,
die für den gesangs-Sound wichtiger sind.
Sebi Friebe
Spickzettel zum Band-Equalizing
Kanal
Bass
Frequenzen
Lowcut aus
60 Hz
100 Hz
über 1 kHz
Lowcut an
ca. 300 Hz
ca. 700 Hz
über 4 kHz
Lowcut an
100 Hz–4 kHz
darüber
Lowcut an
ca. 150 Hz
ca. 250 Hz
300 Hz–3 kHz
3 kHz–4 kHz
ca. 10 kHz
Auswirkung
Platz für Bassdrum lassen
Grundton
Nebengeräusche absenken
Druck anheben
Mitten anheben
Sägen absenken bei Highgain/
Brillanz anheben bei Cleansounds
Platz machen für Bass/
Gitarren/Gesang
Transparenz/Glanz anheben
Grundton Mann anheben
Grundton Frau anheben
Verständlichkeit
Präsenz zusätzlich anheben
Konsonanten anheben oder absenken
Panorama
Mitte
E-Gitarre
Mitte/bei 2 Gitarren
halb links und rechts
Keys/Sampler
rechts und links
(Stereo)
Vocals
Mitte
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