Workshop: Live-Mixing für Musiker
© PPVMEDIEN 2010
Live-Mixing für Musiker – Teil 13
Feinkost für die Bühne
Im vergangenen Jahr habt ihr in dieser Workshop-Reihe gelernt, wie ihr mit dem Equipment aus
dem Proberaum eure Gigs selbst mischen und beschallen könnt. Zum Abschluss stellen wir euch
noch ein paar Geräte vor, die eurem Live-Sound noch das Sahnehäubchen aufzusetzen.
SO
Man unterscheidet bei den Effektarten zwei
Hauptkategorien.
Zum einen die Dynamikpro-
zessoren wie Noisegate, Kompressor oder ganze
Channel Strips und auf der anderen Seite die
Noisegate
Ein einfacher und oft sehr hilfreicher Vertre-
ter der Inline-Effekte ist das Noisegate.
misst permanent die Lautstärke des Signals und
Typische Regler an einem Kompressor:
threshold, Ratio,
attack, Release & output gain
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er sich ernsthaft mit Live-Mixing be-
schäftigt, kommt am thema effekt-
geräte nicht vorbei. Denn früher oder
später gehört zu jeder professionellen pa-anlage
auch ein sinnvoll bestücktes Siderack. Doch wel-
che effekte gibt es überhaupt? und welche ge-
räte sind zu Beginn am wichtigsten, um den Live-
sound eurer Band aufzupeppen? In dieser ausga-
be stellen wir euch die wichtigsten Komponenten
vor und erklären, wie ihr sie in eure anlage inte-
grieren und im Live-Mix richtig einsetzen könnt.
klassischen Verzögerungs- und Modulationsef-
fekte wie Hall, Delay oder auch Chorus, Flanger
und dergleichen. ein wesentlicher unterschied
dieser beiden gattungen ist die art des an-
schlusses an euer equipment. Während etwa ein
Kompressor immer nur ein einzelnes Signal bear-
beiten kann und daher mittels Y-Kabel in den
Insert-Weg eines Kanals eingeschleift wird, hän-
gen Hall und Co in der Regel an einem aux-Weg
des pultes und stehen so in allen Kanalzügen als
Send-effekt zur Verfügung.
lässt nur solche Signalanteile durch, die höher als
der eingestellte Schwellwert (threshold) sind. al-
les was leiser ist, wird ausgeblendet. Noise gates
werden daher weniger als hörbarer effekt einge-
setzt, sondern dienen eher zum aufräumen des
Mixes. ein typisches einsatzgebiet sind zum Bei-
spiel die Kanäle der toms. Diese schwingen übli-
cherweise angeregt durch Bassdrum-Schläge und
andere Bühnengeräusche permanent mit und sor-
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gen so für Sound-Brei auf der PA. Die Lösung: Ein
Noisegate pro Tom-Kanal einschleifen und beim
Soundcheck die ganze Band spielen lassen, wobei
der Trommler oft Tom-Fills einwerfen sollte. Nun
könnt ihr die Tom-Kanäle einzeln, am besten über
Kopfhörer abhören. Am Gate dreht ihr nun jeweils
langsam den Threshold nach oben, bis das Tom
nur noch dann zu hören ist, wenn es auch tat-
sächlich geschlagen wird. Viele Geräte verfügen
noch über Hold- oder Release-Regler. Damit lässt
sich die Hüllkurve des Noisegates formen. „Hold“
bestimmt wie lange das Gate komplett geöffnet
bleibt, mit „Release“ stellt man die Ausschwing-
phase ein. Gerade bei Toms sollte man etwas mit
diesen Werten experimentieren, damit die Trom-
meln nicht zu abgehackt klingen.
Bedenkt, dass jedes Gate immer nur für einen
Kanal zur Verfügung steht.
Für sein Set mit
Bassdrum und mehreren Toms benötigt ihr also
Besonders für Drumsignale geeignet:
4-fach Gate-/Kompressor-Kombi Samson S-Com 4
entsprechend viele Geräte. Anstatt mehrere ein-
zelne Einheiten zu kaufen, kann man auch auf
Multi-Gates zurückgreifen die bis zu vier sepa-
rate Signale verarbeiten können.
Kompressor
Obwohl er wohl der wichtigste Dynamikpro-
zessor im Live-Setup ist, ist die Wirkungswei-
se des Kompressors für viele ein Buch mit
sieben Siegeln.
Ein falsch eingestellter Kom-
pressor führt oft zu Problemen und Sound-Ein-
bußen, weswegen man die Kernfunktion dieses
Gerätes schon genau kennen sollte: Ist das Si-
gnal lauter als der eingestellte Schwellwert
(Threshold), wird der darüber liegende Pegelan-
teil in einem einstellbaren Verhältnis (Ratio) be-
dämpft. Der auf diese Weise gewonnene Head-
room kann dazu genutzt werden, das zu bear-
beitende Signal insgesamt zu verstärken, ohne
dass die ursprünglichen Pegelspitzen zu Über-
steuerungen führen würden. Daher wird der Kom-
pressor besonders dann eingesetzt, wenn ihr die
Dynamik eingrenzen wollt um den Mix im Endef-
fekt lauter aussteuern zu können.
Studiosound auch für die Bühne möglich:
Mindprints EnVoice MkII ist ein preiswerter Channel Strip.
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Besonders beim Gesang kann ein ein Kom-
pressor Verständlichkeit und Präsenz deutlich
verbessern.
ein Kompressor im gesangskanal
sollte aber nicht übertrieben eingestellt werden.
eine Ratio von 2:1 reicht, um die Signalspitzen
wirkungsvoll abzufangen. Die attack und Re-
leasezeiten können recht kurz gehalten werden.
Nun kann die Stärke des effekts allein mit dem
threshold beeinflusst werden. Je niedriger dieser
Wert liegt, desto höher kann der Kanal später
verstärkt werden. aber Vorsicht: ein falsch oder
zu stark eingestellter Kompressor lässt nicht nur
den gesang pappig und undifferenziert klingen,
die gefahr von Feedbacks steigt natürlich mit
jedem Dezibel Lautstärkegewinn. Das prinzip ist
logisch: Nehmen wir mal an ihr steht mit eurem
Mikrofon vor einem Bühnenmonitor, der euer
Mikrosignal verstärkt, so lauft ihr bei einem
komprimierten Signal gefahr, dass dieses Signal
stärker als normal wieder von eurem Mikro auf-
genommen wird und sich so wieder und wieder
verstärkt – bis es pfeift.
Insertpunkte finden sich in der Regel immer direkt bei den Kanaleingängen.
Channel Strips
Die Familie der Channel Strips (was nichts an-
deres Kanalzug bedeutet), ist eigentlich eher
im Studiobereich zu Hause.
es handelt sich da-
bei um die Nachbildung eines kompletten Kanal-
zuges einer üppig ausgestatteten Studiokonsole
mit Vorverstärker, parametrischem equalizer
und oft auch einer Dynamik-Sektion mit gate
und Kompressor. So wie diese geräte im Studio
genutzt werden um einfache Soundkarten um
eine professionelle Vorstufe zu erweitern, lässt
sich auch ein einfaches Live-pult durch einen
oder mehrere Channel Strips aufwerten.
»
Besonders, wenn ihr nur über ein Mischpult
ohne parametrischen Equalizer verfügt, sind
der Klangformung Grenzen gesetzt.
Vor allem
beim gesang oder bei akustischen Instrumenten
wie der a-gitarre sind aber filigrane eingriffe in
Frequenzgang und Dynamik unumgänglich. Hier
schafft ein Channel Strip wie zum Beispiel der
krofone zur besseren Signaltrennung möglichst
nah an der Schallquelle positioniert werden, feh-
len die für den natürlichen Höreindruck wichtigen
Raumanteile im gesamtklang. Mit der Zumischung
eines künstlichen Nachhalls lässt sich der akusti-
sche eindruck wieder homogener und „glaubwür-
diger“ gestalten. Besonders Snare-Drum, toms
Gerne wird ein Echo eingesetzt, um lange
Gesangsnoten theatralisch in Szene zu setzen.«
und der gesang klingen mit einer Hallfahne we-
sentlich angenehmer und weniger direkt. Während
das passende Maß an Hallanteilen für jeden Kanal
beim Soundcheck festgelegt und im Laufe des
gigs nicht mehr maßgeblich geändert wird, ist der
einsatz von Delay- oder echo-effekten eher spo-
radisch üblich. gerne wird ein echo eingesetzt, um
lange gesangsnoten möglichst theatralisch in
Szene zu setzen, oder gesangspausen effektvoll
mit Wiederholungen des zuletzt gesungenen zu
füllen. Das wichtigste Bedienelement eines Delay-
gerätes für den Live-Mix ist der tap-tempo-tas-
ter. Damit kann durch tippen von Viertelnoten im
tempo des gerade von der Band gespielten Songs
die Verzögerungszeit des echos angepasst werden,
sodass sich die Wiederholungen nicht rhythmisch
mit der Musik ins gehege kommen sondern genau
zum Song passen.
Reine Hall- oder Echo-Geräte gibt es fast
kaum noch.
Sinnvoller ist es, ein oder zwei Mul-
tieffektgeräte anzuschaffen, die neben verschie-
denen Hall- und echo-arten noch andere effekte
bereithalten. So ist man auch für zukünftige Mo-
deerscheinungen und Songideen ausgerüstet und
kann je nach anforderung verschiedene Hall-pro-
gramme für Drums und gesang verwenden oder
auch Hall und Delay kombinieren.
Sebi Friebe
Mindprint envoice oder der presonus StudioCha-
nel abhilfe. In den Insert-Weg des entprechenden
Kanals eingeschleift, stehen nun eine Röhrenvor-
stufe, ein Kompressor und ein vollparametrischer
equalizer bereit. Features, die ein Mischpult ein-
gebaut nur wesentlich teurer zu haben sind.
Hall und Delay
Einer der bekanntesten und wichtigsten Ef-
fekte in einem Liverack ist der Hall (engl. Re-
verb).
ein Hallgerät simuliert die Reflexionen
eines Signalimpulses in einem Raum je nach ein-
gestellter Nachhallzeit, Raumgröße oder Vorver-
zögerung. Im gegensatz zu den Dynamikeffekten,
bei denen jeweils das gesamte Signal bearbeitet
wird, fügen Hallgeräte nur dem ursprünglichen
Signal eine synthetische Komponente hinzu, wes-
wegen sie üblicherweise an einen aux-Weg ange-
schossen werden. So kann in jedem Kanal der Si-
gnalanteil, der verhallt werden soll, am entpre-
chenden aux-Regler bestimmt werden. Das
erzeugte Hallsignal wird dem Mix dann über ei-
nen sogenannten Return-Weg oder einem eige-
nen Kanalzug zurückgeführt.
Obwohl ein Hall, wie auch jeder andere Effekt,
stets mit Vorsicht dosiert werden sollte, ist er
doch für das subjektive Hörempfinden des Pu-
blikums entscheidend.
Da bei der abnahme der
einzelnen Instrumente und des gesangs die Mi-
Über die aux-Wege lässt sich ein Send-effekt dem
originalsignal zumischen.
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