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Workshop: Live-Mixing für Musiker
Live-Mixing für Musiker – Teil 10
Mix The Rhythm
Spätestens seit sich in der letzten Folge unsres Workshops auch die singende Zunft auf
die Bühne gesellt hat, ist eure Band nun bereit zum Soundcheck. In dieser und der
nächsten Ausgabe liefern wir euch einen kompakten Leitfaden zum optimalen Einstellen
eures Live-Sounds. Los gehts mit dem aufwändigsten Instrument, dem Schlagzeug.
O
bwohl ihr aufgrund des anstehenden
Gigs bestimmt aufgeregt seid und es
kaum erwarten könnt endlich loszuro-
cken, heißt es jetzt noch einmal 30 Minuten
volle konzentration. Die wichtigste Vorrausset-
zung für einen erfolgreichen Soundcheck ist
nämlich, dass die ganze Band aufmerksam bei
der Sache ist. Daher ist es absolut unpassend
jetzt zu jammen, die ausgefallene Generalprobe
nachzuholen oder noch an einer Songidee zu fei-
len. Also noch mal im klartext: Drumsticks zur
Seite legen, Volume-regler an der Gitarre runter
drehen und die Finger von den tasten. Denn jetzt
geht es einzig darum, nach und nach jedes ans
Mischpult angeschlossene Signal optimal einzu-
stellen und dafür hat allein der Mann am Misch-
pult das Sagen.
Ein kompletter Soundcheck hat normalerwei-
se drei Phasen.
Vor der eigentlichen Arbeit am
klang kommt der so genannte Linecheck. Dieser
dient vor allem dazu, zu prüfen, ob alle Signale
überhaupt am Mischpult ankommen. So kann
man gleich zu Anfang kaputte kabel oder ausge-
schaltete Mikros entlarven oder falls nötig die
Phantomspeisung für kondensatormikros akti-
vieren. Im zweiten Schritt, den wir in dieser und
der nächsten Folge ausgiebig behandeln wollen,
werden dann kanal für kanal die einzelsignale
am Mischpult bearbeitet und schließlich die
ganze Band ins richtige Lautstärkeverhältnis ge-
bracht. Zuletzt wird beim Monitormix der Büh-
nensound noch einmal optimiert. Übrigens:
Nehmt euch beim weiteren Durchlesen (bei Be-
darf) die SouNDcheck-Ausgabe 06/2009 dazu;
denn in der dortigen Workshop-Folge haben wir
die Bedienelemente eures Mischpultes genau er-
klärt, so könnt ihr den ein oder anderen Fachbe-
griff nachschlagen.
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Zur Vorbereitung des Soundchecks solltet ihr
euer Mischpult „nullen“.
Das bedeutet, alle
regler und Schalter des Mixers in eine neutrale
Stellung zu bringen, um für den Mix eine über-
sichtliche Ausgangsposition zu haben. Also alle
Gain-regler Aux-Wege und kanal-Fader auf
Null, trittschallfilter und Pad-Schalter deakti-
vieren sowie eQs in die Mittenrastung drehen.
Es ist üblich, den Soundcheck mit dem Drum-
set zu beginnen, denn ein fetter Drumsound
ist die halbe Miete für ein gelungenes Kon-
zert und daher besonders wichtig.
Außerdem
hat es sich eingebürgert, die ersten kanäle des
Mixers mit dem Schlagzeug zu belegen, traditio-
nell Bassdrum auf 1, Snaredrum auf 2 usw. – al-
so legen wir mit der Bassdrum los, und arbeiten
das Pult von links nach rechts ab. Bittet den
Drummer, in maximaler Lautstärke die Bassdrum
zu treten, am besten in gleichmäßigen Viertel-
noten. Nun wird am Bassdrum-kanal zuerst der
Gain eingestellt. Zur kontrolle des richtigen Pe-
gels gibt es entweder eine kleine LeD, direkt am
Gain-regler, die bei Übersteuerung kurz auf-
leuchtet, oder ihr benutzt falls vorhanden die
PFL-Funktion (Pre Fader Listening), die den ein-
gangspegel das aktuellen kanals auf der Anzeige
der Stereosumme darstellt. Beim Gain sollte man
während des Soundchecks generell 10 % reser-
ve lassen, denn erfahrungsgemäß entwickeln
trommler später beim Gig ungeahnte kräfte und
Hochwertiges Mischpult mit professionellen Features für die ganze Band:
Midas Venice 240
hauen doch noch mal fester rein. Falls der kanal
schon bei ganz herunter gedrehtem Gain-regler
übersteuert, kommt der Pad-Schalter zum ein-
satz, um das eingangssignal zusätzlich zu dämp-
fen. Nun könnt ihr schon mal den kanal-Fader
hochschieben und euch das Ausgangssignal an-
hören. höchstwahrscheinlich ertönt nun ein
recht pappiges „Plöck“ anstelle einer druckvol-
len Bassdrum. Dieses gilt es nun mit dem equa-
lizer zu formen.
»
eine dauerhafte Überbelastung der Bass-Boxen
und endstufen klingt nicht nur schlecht son-
dern kann auch Schäden an der Anlage verur-
sachen. Wenn die Bassdrum untenrum schön
Snare
Als nächstes ist die Snaredrum dran. Genau
wie bei der Bassdrum wird zuerst der Gain ein-
gestellt.
Dafür sollte der trommler ein paar laute
rimshots spielen, da diese meist die lautesten
Signalspitzen erzeugen. Dann kann der Lautstär-
keregler des kanals aufgedreht und der eQ einge-
stellt werden. Auch die Snaredrum hat zwei Fre-
quenzbereiche, die betont werden sollten: etwa
bei 250 hz liegt der Bauch oder auch Punch der
trommel. Je nachdem wie die Snare gestimmt ist
auch etwas darüber oder darunter. hier kann also
für einen fetten Snaresound etwas angehoben
Beim Gain sollte man während des Soundchecks
generell 10 % Reserve lassen.«
druckvoll klingt, geht es daran, den so genann-
ten „kick“ herauszuarbeiten, also das typische
knacken der Bassdrum. Je nach Instrument und
Musikrichtung liegt der kick zwischen 2 und 8
khz. Bei einer rockband klingt meist ein tief-
erer kick am besten, für heavy-Metal-Bands
kann der kick hingegen nicht hoch genug sein.
Bei Jazz- oder Soul-kapellen ist allerdings ein
zu deutlicher kick unerwünscht. hier gilt es al-
so zu probieren und abzuwägen. Bei einem pa-
rametrischen Mittenregler kann dafür dessen
Gain-regler deutlich aufgedreht und mit dem
Frequenzregler der genannte Frequenzbereich
durchfahren werden bis der ideale kick gefun-
den ist. Mit dem Gain-regler des Frequenz-
bandes kann er nun genau dosiert oder wenn
nötig sogar ausgeblendet werden. Je nach Ge-
schmack kann man nun noch den Mittenbe-
reich etwas ausdünnen. Zwischen 300 und 800
hz liefert eine Bassdrum nicht viel Nützliches.
Durch Zurücknehmen dieser Frequenzen macht
man Platz für Wichtigeres.
Bassdrum
Ein schöner Bassdrum-Sound braucht zwei
Komponenten.
Zum einen muss die trommel im
tiefbassbereich ordentlich schieben. Diesen ef-
fekt erzielt man durch das Anheben der Fre-
quenzen bei ca. 60 hz. Je nachdem, ob ihr über
einen parametrischen equalizer verfügt oder
nicht könnt ihr also genau bei dieser Frequenz
ansetzen, oder einfach den Bass-regler soweit
wie nötig aufdrehen. Behaltet dabei unbedingt
die Leistungsreserven eurer PA im Auge, denn
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Workshop: Live-Mixing für Musiker
nen die Bässe und tiefen Mitten komplett ausge-
blendet werden. erst ab ca. 5 khz wird das hi-
hat-Signal interessant. Für etwas mehr Glanz
kann man versuchen die ganz oberen Frequenzen
um 10 khz leicht anzuheben.
und den Sound der trommeln aneinander anpas-
sen, und die toms ein wenig mit den Panorama-
reglern im Stereobild verteilen.
Overheads
Als letztes werden die Overheads eingestellt.
Wenn ihr mit zwei Mikros für die Becken arbeitet,
könnt ihr zunächst die einstellungen auf beiden
kanälen synchron ausführen und am ende falls
nötig einzeln anpassen. Die Panorama-regler
zweier overhead-kanäle sollten dabei von vorn-
herein recht weit auseinander gedreht werden,
um Phasenauslöschungen zu vermeiden. Beim
einstellen der Gain-regler gibt es eine Besonder-
Toms
Nun sind die Tom-Toms an der Reihe. Wie im-
mer wird zuerst mit dem Gain-Regler der Sig-
nalpegel nivelliert.
Je nach Größe und Stimmung
des toms ist der Grundton oder Bauch des tom-
sounds zwischen 300 hz (bei kleinen trommeln)
bis hinunter zu 80 hz (bei großen Standtoms) zu
finden, und kann durch Anhebungen in diesen Be-
Preamp, kompressor und eQs sind mit die wichtigsten
Werkzeuge beim Soundcheck.
»
Zuerst wird mit dem Gain-Regler der
Signalpegel nivelliert.«
heit: hier reicht es nicht, wenn der trommler nur
die Becken spielt. Da die overhead-Mikros auch
Snare und toms aufnehmen, sollte der Drummer
kurz das ganze Set bedienen bis ihr die kanäle
eingepegelt habt. Dann geht es mit crash-, ride-
und hi-hat-Becken im Wechsel weiter. Auch hier
kann der Bass-Bereich am equalizer deutlich ab-
gesenkt werden. Falls nun einzelne Becken zu lei-
se sind oder unangenehm hervorstechen, sollte
statt weiteren eQ-experimenten lieber die Aus-
richtung der Mikrofone etwas geändert werden.
Fehlt es dem Becken-Sound zuletzt noch an Bril-
lanz, hilft eine Portion höhen bei ca. 8–10 khz.
Sebi Friebe
werden. Der zweite charakteristische Frequenz-
bereich liegt bei 4 khz. hebt man hier an, kommt
das typische rascheln des teppichs zur Geltung.
Aber Vorsicht: eine zu starke Anhebung der hö-
hen kann bewirken, dass die hi-hat-Becken zu
stark auf das Snare-Mikro übersprechen. Daher
sollte der Schlagzeuger nun schon mal einen
Groove mit Bass, Snare und hi-hat spielen, um
das Lautstärkeverhältnis beurteilen und anpas-
sen zu können. Falls die hi-hat mit einem eige-
nen Mikro bestückt ist, kann im Zuge dessen
auch dieser kanal eingestellt werden. Dabei kön-
reichen betont werden. Analog zum kick der
Bassdrum sollte auch bei den toms ein präziser
Anschlag zu hören sein. Das erreicht man durch
Anheben bei ca. 3–4 khz. Denkt auch hier daran,
dass sich oft ride- oder crash-Becken nahe den
tom-Mikros befinden könnten, die bei zu forscher
Betonung der höhen unangenehm übersprechen.
Falls die toms nun zu pappig klingen, kann man
den Bereich um 600 hz weiträumig ausdünnen,
und schafft so zusätzlich Platz im Frequenz-
Dschungel, zum Beispiel für e-Gitarren oder key-
boards. Nachdem ihr jeden tom-kanal einzeln
eingestellt habt, bittet den trommler, alle toms im
Wechsel zu spielen. So könnt ihr die Lautstärken
Spickzettel zum Schlagzeug-Equalizing
Kanal
Frequenzen
Lowcut aus
60 Hz
300–800 Hz
2 kHz–8 kHz
Lowcut an
ca. 250 Hz
ab. 4 kHz
Lowcut aus
80–300 Hz
um 600 Hz
3–4 kHz
Lowcut an
unter 1 kHz
5–10 kHz
Lowcut an
unter 1 kHz
8–10 kHz
Auswirkung
Bassdruck anheben
„Pappe“ absenken
Kick anheben
Grundton anheben
Teppich anheben
Grundton anheben
„Pappe“
Attack betonen
alles absenken
Brillanz anheben
alles absenken
Brillanz anheben
Panorama
Mitte
1. Bassdrum
2. Snaredrum
Mitte
3. Toms
hohe Toms weiter rechts, tiefe
weiter links
4. Hi-Hat
Mitte oder leicht rechts
5. Overheads
Hart rechts und links
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