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Workshop: Live-Mixing für Musiker
Live-Mixing für Musiker – Teil 8
Ran an die Tasten
Nach dem die trommelnden und zupfenden Bandkollegen verkabelt und mikrofoniert
sind, widmen wir uns in dieser Folge des Live-Mixing Workshops dem Aufbau und der
Abnahme von Keyboards und anderen elektronischen Signalquellen.
W
ar es vor 15 Jahren noch ein garan-
tierter Party-Lacher, sich als key-
boarder einer rockband vorzustel-
len, sind aus heutigen Formationen tastenvirtu-
osen, Schallplattenakrobaten und Groove-tüftler
nicht mehr wegzudenken. Dabei entwickelt
sich keine andere Instrumentengruppe so
rasant wie die der elektronischen klan-
gerzeuger. So mussten in der Pio-
nierzeit der tastenrocker noch
schwere Pianos oder riesige ham-
Aktiver Monitor für den Live-Keyboarder:
hk audio Premium Pro 12 ma
mondorgeln samt Leslie-kabinett auf die bühne
geschleppt werden – später wurden diese dann
durch gigantische Synthie-burgen ersetzt. In der
jüngsten entwicklung wird neben diversen key-
boards auch der computer immer öfter bestand-
teil des bühnenequipments und dient gleicher-
maßen als unerschöpfliche klangquelle sowie
als Zuspieler für diverse Loops und Playbacks.
Die Grundlagen bei der einbindung dieses mo-
dernen equipments in euren band-Sound, sowie
die besonderheiten gegenüber den klassischen
band-Instrumenten werden wir im Folgenden
näher beleuchten. Dabei nennen wir die zentra-
le Gestalt hinter diesem Gerätepark der ein-
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Submixer für zwei Key-
boards:
Yamaha mG 10/2
fachheit halber „keyboar-
der“, auch wenn „multimedia-Direktor“
vielleicht manchmal angebrachter wäre.
Gehör finden
Hinsichtlich des Einsatzes auf den Bühnen
eurer ersten selbst gemischten Konzerte ha-
ben die meisten Klangerzeuger dieser Gat-
tung eine problematische Eigenheit.
Im Ge-
gensatz zum Schlagzeug, dessen bestandteile
von Natur aus gut zu hören sind, oder Gitarren-
anlagen, die obligatorisch aus Instrument und
»
Sinnvoller ist, es der Saiten-
fraktion nachzumachen, und
einen eigenen amp dabeizu-
haben. Da der markt der reinen
keyboard-Verstärker nicht son-
derlich viel hergibt, macht es Sinn,
sich bei den aktivmonitoren umzu-
schauen. Solche monitorboxen ha-
ben bereits eine regelbare endstufe
eingebaut und können direkt an euer
equipment angeschlossen werden. Somit
ist man als keyboarder auf der bühne unabhän-
gig von Position und Leistung der Gesangsanlage
und kann durch geschicktes Positionieren der
monitorbox auch die mitmusiker mit ausreichend
Signal versorgen. Die Deluxe-Variante ist ein Set
von zwei monitoren. Je nach bühnensituation ist
es damit möglich, entweder seinen eigenen
Sound in Stereo zu genießen oder eine box auf
sich zu richten und die andere zur beschallung
der band oder sogar des Publikums zu benutzen.
Dem Thema Monitoring ist besondere
Aufmerksamkeit zu schenken.«
es kann übrigens nicht schaden, für den Notfall
noch einen kopfhörer im Gepäck zu haben. Wenn
alle Stricke reißen, kann man damit zumindest
sich selber gut hören, andernfalls reicht ihr ihn
an euren trommler weiter, der sich so wesentlich
sicherer auf Loops oder Sequenzer-tracks kon-
zentrieren kann. hierbei ist jedoch darauf zu
achten, dass derjenige, der den kopfhörer nutzt,
auch noch die anderen musiker hört – dem ti-
ming zu Liebe.
passendem Verstärker bestehen, haben die we-
nigsten elektronischen klangerzeuger einen ei-
genen Lautsprecher an bord, der deren bediener
auf der bühne als monitor dienen könnte. Daher
ist dem thema monitoring bei der Verwendung
solchen equipments besondere aufmerksam-
keit zu schenken. Denn nicht nur der keyboar-
der selbst sollte sich, bzw. die von seinen Gerä-
ten erzeugten Signale gut hören können. Gera-
de beim einsatz von rhythmischen Loops oder
ganzen backing-tracks, muss gewährleistet
sein, dass auch die anderen band-mitglieder,
besonders aber der Schlagzeuger ihr timing si-
cher an das des elektronischen kollegen anpas-
sen können. Vor allem für kleine club-Gigs, wo
keine opulente monitoranlage für die bühne
vorhanden ist, gilt es also, selbst für entspre-
chende Verstärkung zu sorgen.
Auf die im Proberaum gängige Praxis, die Ge-
sangsanlage für die Verstärkung der Key-
boards zu benutzen,
sollte man sich für Live-
Situationen allerdings
nicht verlassen.
Anschluss finden
Eine weitere Besonderheit beim Einbinden
elektronischer Klangerzeuger in den Band-
sound ist deren Abnahme.
Im Gegensatz zu
Schlagzeug, Gesang oder Gitarre wird dabei
nämlich nicht ein akustisches Signal mit einem
mikrofon aufgefangen. Die aufgabe besteht
vielmehr darin, den bereits elektronisch vorlie-
genden Sound ans mischpult anzubinden. Das
Problem daran ist, dass die meisten keyboards,
Sampler oder audio-Interfaces für den einsatz in
einer „aufgeräumten“ Studioumgebung ausge-
legt sind und daher nur über unsymmetrische
audioausgänge verfügen, meist als klinken- oder
Nützliche Presets für Bühne und Studio
sind schon integriert:
Nord Stage eX
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cinch-buchsen. Wie ihr im vierten teil dieses
Workshops (siehe SouNDcheck 07/2009) ge-
lernt habt, eigenen sich solche unsymmetrischen
kabelverbindungen jedoch denkbar schlecht für
die Verkabelung auf einer von elektro-Smog
durch Dimmer und trafos belasteten bühne. hier
kommt die so genannte DI-box ins Spiel. Sie
wandelt ein ankommendes unsymmetrisches Sig-
nal mittels Übertrager in ein symmetrisches um,
was eine weitere Verkabelung mittels hochwer-
tiger XLr-kabel, die gegen einstreuungen un-
empfindlicher sind, ermöglicht. Durch die galva-
nische trennung im Signalübertrager der DI-box
werden zusätzlich brummschleifen wirkungsvoll
unterdrückt.
Pro Signalweg wird je eine DI-Box benötigt,
im Normalfall also zwei Stück für einen Ste-
reoausgang am Keyboard.
bei einem Setup mit
mehreren Instrumenten kann das allerdings
schnell teuer und aufwändig werden. auch aus
diesem Grund, aber vor allem um die anzahl der
benötigten kanäle am Foh-mixer nicht überzu-
strapazieren, ist es üblich, als keyboarder auf der
bühne einen Submix zu erstellen. Dafür wird ein
kleines mischpult benötigt, das die Signale aller
komponenten eures equipments zu einer Stere-
osumme zusammenführt, welche dann eben nur
zwei DI-boxen und zwei kanäle eures hauptmi-
schpultes beansprucht. ein weiterer Vorteil ist,
dass man als keyboarder selbst die Lautstärke-
verhältnisse der einzelnen Geräte regeln kann
und sich nicht auf die aufmerksamkeit des Foh-
sound geschickt füllen können. Dafür solltet ihr
euch jeden einzelnen Sound, den ihr in eurer
Show einsetzt noch einmal vorknöpfen und auf
seine Gig-tauglichkeit überprüfen.
mischers zu verlassen braucht. So ein Submixer
oder auch Linemixer muss auch gar nicht beson-
ders teuer sein, da er außer Lautstärke- und
Panoramareglern nicht viel bieten sollte. Im Ge-
genteil: Je weniger Preamps oder equalizer im
Signalweg sitzen, umso besser. besonders prak-
tisch ist hierbei das modell DI8 von Sm Pro au-
dio – eine kombination aus Sub-mischer und
achtfach DI-box.
»
Es ist üblich, als Keyboarder auf der Bühne einen
Submix zu erstellen.«
Die meisten Werks-Presets moderner Synthe-
sizer oder Sampler sind nun mal so program-
miert, dass über eine Studio-Abhöre oder ei-
nen Kopfhörer im Musikgeschäft der „haben
Wollen“-Impuls ausgelöst wird.
Dafür haben
die entwickler eine ordentliche Schippe bassfre-
quenzen draufgelegt und die Sounds mit allerlei
Stereo-effekten wie Delays und langen hallfah-
nen aufgehübscht, damit das Instument alleine
schon richtig fett und breit klingt. Spielt man den
gleichen Sound, der einem im musik-Shop noch
zum Spontankauf bewogen hat, dann das erste
mal über eine club-Pa, kommt oft das böse er-
wachen. hier klingt plötzlich alles matschig und
die bässe dröhnen und wummern undifferenziert
aus den Subwoofern. Daher solltet ihr besonders
die Sounds, die in euren Songs eher eine unter-
malende rolle spielen, zum beispiel Flächen oder
Strings, etwas ausdünnen. Gleiches gilt für or-
gel- oder Pianosounds. besonders klavier-Pre-
sets sind meist so eingestellt, dass die tiefen töne
im Panorama sehr weit links platziert sind, die
hohen weit rechts. Was auf dem kopfhörer für
ein realistisches klangbild sorgt, kann beim kon-
zert dazu führen, dass die rechte hälfte der au-
dienz den ganzen abend nur eure basstöne der
linken hand hört und umgekehrt.
Anders verhält es sich mit aufwändig pro-
grammierten Loops und Samples, die eine
zentrale oder treibende Rolle im Song spie-
len.
hier ist weniger Zurückhaltung gefragt,
schließlich sind solche elemente oft die hookli-
ne oder rhythmische Grundlage des Songs, auf
die sich die anderen Instrumente stützen. hier
darf das Stereopanorama ruhig mal ausgenutzt
werden und die bässe eines Grooves ordentlich
Donnern. Wichtig ist dabei, die Leistungsgren-
zen der eigenen Pa bzw. Gesangsanlage realis-
tisch einzuschätzen und deren akustischen ei-
genschaften bei der Programmierung eurer
Sounds mit zu berücksichtigen. Denn auch
wenn die elektronischen elemente in eurem
Sound eine wesentliche rolle spielen, sollte
dennoch auf der Prioritätenliste einer knapp
dimensionierten anlage die saubere Wiederga-
be des Gesangs ganz oben stehen.
Sebi Friebe
Sounds finden
Die Wahl der Sounds und Samples, die ihr
während eines Konzertes einsetzt, ist natür-
lich euch überlassen und hängt maßgeblich
von euren Songs und eurem persönlichen Ge-
schmack ab.
Dennoch seid ihr als mitglied einer
band auch als teamplayer gefragt und solltet
eure Sounds so gestalten oder bearbeiten, dass
sie einerseits Luft für die anderen Instrumente
lassen aber andererseits auch Lücken im band-
Virtuoser Tastenkünstler bei der Progressi-
ve-Rock-Gruppe „Dream Theater“:
Jordan rudess
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