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SpeCial: BandreCording
D
ass die richtige herangehensweise und
organisation bei einer recordingsession
nicht immer einfach vonstatten geht, habt
ihr wahrscheinlich alle schon einmal selbst erle-
ben müssen. Die im Vorfeld notwendige Denkar-
beit nehmen wir euch mit unserem special so-
weit möglich ab und fassen in knapper, verständ-
licher Form zusammen was ihr vor künftigen
recording-sessions unbedingt beachten solltet.
Regel 1
Behaltet die Pegel im Auge
Besonders im Zeitalter der Digitaltechnik ist di-
es die wichtigste Regel.
Digitale signale die schon
während der Aufnahme übersteuern, sind nicht
mehr zu retten! hier gibt es keine Bandsättigung,
sondern knallhartes Abschneiden – was dann hard
clipping genannt wird. Bemerkbar macht sich
das mit knacksern im Audiosignal. kein Plugin
kann euch dann die kaputte Audioaufnahme re-
parieren. Problematisch ist auch ein zu leises si-
gnal. Damit handelt ihr euch unnötiges rauschen
ein und reduziert schon im Vorfeld eure Dynamik.
Besonders störend zeigt sich das insbesondere beim
einsatz von kompressoren. hier werden zu allem
Verdruss gerade die störgeräusche in den Vorder-
grund geregelt. habt ihr euch doch rauschen auf
der Aufnahme eingehandelt, könnt ihr unter um-
ständen einen expander einsetzen, der wie ein um-
gekehrter kompressor funktioniert: er regelt sig-
nalanteile unter dem schwellwert (threshold) he-
runter. Leises wird also noch leiser geregelt,
während das hauptsignal bestehen bleibt.
Bei der Vorbereitung zu einer gelungenen Auf-
nahme gilt es, gerad hier besondere Sorgfalt
walten zu lassen.
Besonders sehr dynamische sig-
nalquellen wie zum Beispiel sänger müssen mit
genügend headroom eingepegelt werden. Lasst
den sänger den aufzunehmenden song zwei- bis
des Bandrecording
Vorbereitung ist das halbe Album
Unsere 7 goldenen Regeln befassen sich in diesem Special hauptsächlich
mit dem idealen Ablauf einer Recordingsession. Denn was bringt schließ-
lich das beste Equipment wenn etwa eine durch und durch chaotische
Organisation vernünftiges Arbeiten von vornherein unmöglich macht.
inhalt
Achtung Aufnahme
des Bandrecording
SpeCial
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Seite 36
Bandrecording im Proberaum
Die 7 goldenen Regeln
Auf zum Kauf
Klangperlen aus dem Proberaum Seite 40
Markus Beug-Rapp
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SoundCheCk 12
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dreimal komplett durchsingen und regelt den Pegel auf 0 dB aus. Bevor
ihr dann die tatsächliche Aufnahme-session beginnt, regelt ihr den Gain
um ca. 10 dB zurück und verschafft euch somit ein kleines Polster. Wich-
tig ist auch, dass der sänger den Abstand zum Mikrofon so beibehält,
wie bei den Probedurchläufen.
Regel 2
Der richtige Klang ist planbar
„Das machen wir später im Mix!“ … so oder so ähnlich hat es wohl
schon jeder Musiker gehört.
Lasst euch mit solchen Aussagen nicht
einlullen oder vertrösten. euren klang bestimmt ihr vor der eigentlichen
recordingsession, indem ihr euer equipment auf die aufzunehmenden
songs abstimmt. Den erwünschten traumklang gibt es demnach nur,
wenn alle komponenten richtig miteinander arbeiten. Instrument, Ver-
stärkeranlage und Abnahmesystem müssen im Verbund also so klingen,
wie ihr es euch vorstellt. Beim Mixdown solltet ihr eher darauf achten,
alle signale korrekt im Mix zu platzieren.
Millimetergenau:
Nach fixieren des statives muss es die Position halten.
Den richtigen Sitz im Mix könnt ihr durch meist subtile Eingriffe
realisieren.
hauptwerkzeuge hierbei sollten parametrische eQs, Panora-
maregler, kompressoren, halleffekte und Delays sein. oberstes Gebot
sollte demnach ein transparenter Mix sein, in dem frequenztechnisch
jedes Instrument seinen Platz hat. hierbei ist es von Vorteil, wenn ihr
genau wisst, in welchem Frequenzbereich jedes einzelne Instrument sei-
nen typischen klang entwickelt. Natürlich bietet es sich an, die besagten
Frequenzen anzuheben oder aber auch abzusenken. Wenn möglich, soll-
tet ihr eher absenken, da sich dies klanglich weniger negativ auf das zu
bearbeitende Audiosignal auswirkt.
Wenn ihr chartorientiert und mit Sänger arbeitet, sollte besonders
die Stimme perfekt zur Geltung kommen.
Genau darauf wird nämlich
eure Fangemeinde besonders achten. eine stimme die zu wenig Druck
hat und sich nicht recht durchsetzen kann, wird euch insgesamt schlech-
ter dastehen lassen. Deshalb noch mal ganz deutlich: Macht im Mix
Platz für die stimme.
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SPECIAL: BANDRECORDING
Regel 3
Assistenten sind stets
willkommen
Bevor überhaupt „Record“ gedrückt wird, gibt
es eine Menge Dinge zu erledigen.
Schließlich
muss erst einmal alles Equipment aufgebaut und
»
dämpfung von bis zu 26 dB erreichen. In diesem
Zusammenhang sei auch erwähnt, dass ihr nur
qualitativ hochwertige Mikrofonstative einset-
zen solltet. Zumindest sollten die Stative nicht
nachgeben, wenn ihr das Mikrofon millimeterge-
nau justiert habt. Dann war die ganze Arbeit
nämlich umsonst, wenn das Stativ nach der Fi-
xierung ein bis zwei Zentimeter Spiel hat.
Wissen
Kauftipp „Band-Recording“ (DVD)
Die Anforderungen an Demo-CDs sind
heute enorm. Wie kann eine Band profes-
sionell aufnehmen, ohne dafür einen Kredit
aufnehmen zu müssen? In diesem Video
zeigen die erfahrenen Profis Edo Zanki und
Carsten Kümmel, wie man eine Band in
einem Proberaum mit kleinem Budget pro-
fessionell aufnimmt. Besonders praktisch:
Die passende Aufnahmesoftware Magix
Samplitude SE 9 liegt der DVD als Vollversion
bei. Ziel ist es, möglichst gutes Material
in den Aufnahmerechner zu bekommen.
Schwerpunkte der Darstellung sind deshalb
die Optimierung des Aufnahmeraums mit
einfachen Mitteln, die beste Mikrofonierung
mit einfachem Equipment und die richtigen
Settings am Aufnahmepult. So erfahrt ihr
Schritt für Schritt, worauf bei einer guten
Aufnahme unter Proberaum-Bedingungen
zu achten ist. Verfolgt auch, wie die Profis
mit wenigen Handgriffen aus dem guten
Ausgangsmaterial
einen hervorra-
genden Mix ent-
stehen lassen. Mit
diesem Know-
how wird auch
die Aufnahme
eurer Band Fans
und Veranstalter
begeistern.
Bevor überhaupt „Record“ gedrückt werden kann,
gibt es noch eine Menge Dinge zu erledigen.«
eingestellt werden. Um dies schneller und orga-
nisierter zu erledigen, sind Helfer stets willkom-
men. Wichtig ist hierbei, dass einer delegiert –
also das Sagen hat. Typisch ist oft folgende Situ-
ation: Casedeckel liegen im Weg, Kabel sind
falsch verlegt, Equipment wird nicht mehr gefun-
den, usw. Am besten sollte derjenige alle Fäden in
der Hand halten, der auch die tontechnische Ver-
antwortung übernimmt. Der sollte sich schließ-
lich mit allen zum Einsatz kommenden Gerät-
schaften auskennen und dementsprechend die
Helfer instruieren können.
Auch die Ausrichtung der Mikros geht mit einem
Assistenten schneller vonstatten.
Ihr habt dann
nämlich die Möglichkeit, den Klang von der Regie
aus zu überprüfen und dem Helfer Anweisungen
zu geben, wann der Sound stimmt. Vergesst aber
nicht, bei lauten Amps und Instrumenten euren
Helfer mit Gehörschutz auszustatten. Am besten
natürlich mit geschlossenem Kopfhörer, denn
dann könnt ihr ganz ohne Geschrei – per Talk-
backmikrofon – Instruktionen erteilen. Der Vor-
teil von geschlossenen Kopfhörern ist zudem,
dass sie in der Regel eine hohe Außengeräusch-
Regel 4
Seid selbstkritisch
Jeder Musiker der schon mal Songs aufgenom-
men hat, weiß, dass sich Recordingsessions mit-
unter langwierig gestalten können.
Sehr oft
zieht sich das Recording bis in die Nachtstunden
hinein. Besonders wenn ihr müde werdet, eine
Stelle aber dennoch immer und immer wieder ein-
spielen müsst, kann es passieren, dass eu-
re Konzentration nachlässt und ihr grenz-
wertige Stellen nicht mehr ausbessert.
Dem könnt ihr eigentlich nur entgegenwir-
ken, indem ihr in regelmäßigen Abständen
Pausen macht. Wenn es gar nicht mehr
geht, macht besser erst am nächsten Tag
weiter.
Damit noch nicht genug: Selbst wenn ihr
alles richtig eingespielt habt, kann es vor-
kommen, dass sich Störgeräusche ein-
schleichen.
Etwa der im Takt wippende Fuß
oder das rasselnde Armkettchen bei der Akus-
tikgitarren-Aufnahme. Gerade bei leisen Ins-
trumenten kann dies sehr schnell passieren.
Entdecken könnt ihr diese, indem ihr die Spuren
einzeln abhört und genau auf solche Fehler ach-
tet – am besten über Kopfhörer.
Regel 5
Nicht übertreiben
Oft werden euch auch schlicht und einfach die
technischen Fertigkeiten fehlen.
Dies ist sehr
oft bei Anfängern festzustellen, die sich mehr zu-
trauen als sie tatsächlich spielen können. Wenn
also euer Basser die ultrakomplizierte sechzehn-
tel-Linie nicht schafft, sollte er sie lieber achteln.
Immer noch besser als sich im nachhinein über
das Geholpere zu ärgern. Dieses Phänomen be-
trifft häufig auch Sänger, die ihrer Stimme zu viel
abverlangen und deshalb nur noch so klingen als
hätten sie zu enge Hosen an. Wenn so ein Musi-
ker zu euren Bandmitgliedern zählt, solltet ihr
ihn sanft darauf aufmerksam machen. Geht nicht
zu forsch vor, sondern bleibt konstruktiv. Schlech-
te Laune während einer Recordingsession wirkt
sich meist schlecht auf das Endergebnis aus. In
einem solchen Fall seid ihr gut beraten, die nicht
spiel- oder singbare Phrase so abzuändern, dass
sie auch in vereinfachter Form zum Song passt.
Regel 6
Euer Equipment muss
vollständig sein und
funktionieren
Dass euer Equipment vollständig und intakt sein
muss, klingt zunächst nach einer Binsenwahr-
heit.
Dennoch passiert es immer wieder – egal ob
im Studio oder auf der Bühne – dass notwendiges
Zubehör nicht eingeplant wurde oder defekt ist.
Ruhe bitte:
Beim Akustikgitarrenrecording müsst ihr die
Kopfhörerlautstärke sehr gering halten.
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SOUNDCHECK 12
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Gemeint sind hier zunächst mal kabel jeder Art.
Also nicht nur die strippe vom Instrument zum
Amp, sondern auch die ganzen Verbindungskabel
der effekt- oder MIDI-Geräte – gerne auch in dop-
pelter Ausführung falls eines ausfallen sollte.
Dinge die man nicht sieht und die auch nicht
direkt klingen werden auch gerne vergessen.
hierzu müssen in erster Linie Batterien für aktive
Pickup-systeme oder sicherungen für Amps ge-
nannt werden. Aber auch für genug ersatzsaiten
sollte gesorgt sein. Fairerweise muss hierbei er-
wähnt werden, dass Gitarristen in der regel über
genügend ersatzsaiten verfügen. Nicht ganz so
selbstverständlich gehen Bassisten mit diesem
thema um. Na gut, hier kann man nicht alle Basser
über einen kamm scheren, aber sehr häufig verlas-
sen sich Bassisten darauf, dass Basssaiten nur sehr
selten reißen. An den dumpferen klang und die
schlechteren stimmeigenschaften wird dabei aber
oft nicht gedacht. Gitarristen mit Floyd-rose-sys-
temen brauchen auch noch schraubenzieher oder
Imbusschlüssel um nach einen saitenwechsel die
saitenlage auf ein ordentliches Maß zu regeln.
Falls euer Instrument irgend eine Marotte hat,
ist vor der Recordingsession übrigens der rich-
tige Zeitpunkt, diese zu beseitigen.
stellt euch
vor, ihr spielt gerade den take eures Lebens ein
und dann verhunzt beim Ausklingen des tons ein
durch korrodierte kontakte verursachtes, scheuß-
liches knacken die Aufnahme. Ähnlich unange-
nehm ist es übrigens, wenn euch alle paar Minu-
ten eine saite reißt, nur weil an einer der Mecha-
niken oder an der Brücke eurer Gitarre ein scharfer
Grat ist, der die saite durchscheuert. Wenn das
der Fall sein sollte, könnt ihr übrigens auch ein-
fach feines schmiergelpapier zur hand nehmen
und die scharfe stelle vorsichtig abschleifen.
Check your Hardware:
Insbesondere wo die saiten mit Druck aufliegen, dürfen keine
scharfkantigen Grate die saite unnötig belasten.
Regel 7
Erstellt einen Zeitplan
Haltet schriftlich fest, wann wer, für welchen
Song, was macht.
Plant dabei aber in jedem Fall
genügend Zeit für alle beteiligten ein. Wenn ihr
normale songs in radiolänge (also ca. 3,5 Minu-
ten) aufnehmt, dann solltet ihr für deren Aufnah-
me pro song und Person ungefähr zwei stunden
einplanen. Wenn ihr gut vorbereitet seid, sollte
diese Zeit ausreichen, sodass ihr definitiv ent-
spannt agieren könnt. selbst wenn etwas nicht
auf Anhieb klappen sollte, kommt ihr dann nicht
in Zeitnot. Im tonstudio – mit üblicherweise ho-
hen stundenpreisen – solltet ihr die Zeit knapper
kalkulieren, da ihr sonst ein Vielfaches mehr
zahlt. Wenn ihr gut vorbereitet seid, sollte eine
stunde pro Person und song aber ausreichen.
Natürlich muss euer Zeitplan auch den Aufbau
eurer Instrumente berücksichtigen.
um ein schlag-
zeug aufnahmefertig vorzubereiten, kann schon
mal ein halber bis ganzer tag vergehen. kein Wun-
der: Immerhin habt ihr es hier, je nach kit, mit
rund acht einzelinstrumenten zu tun, die letztlich
zu einem großen Instrument zusammengefasst
werden und wie aus einem Guss klingen müssen.
Der Zeitplan muss euch übrigens heilig sein. Wenn
ihr nämlich hier schludert, bringt das nicht nur die
ganze Planung durcheinander, sondern sorgt mit
großer Wahrscheinlichkeit auch für böses Blut.
Besonders derjenige, der für die Produktion ver-
antwortlich ist, wird darunter leiden, da er jeden
Verzug ganz unverschuldet dulden muss. Wenn
das pro song und Bandmitglied einer vierköpfigen
Gruppe eine halbe stunde Verzögerung ausmacht,
stehen am schluss pro song zwei stunden mehr
auf der uhr des Produzenten.