PRAXIS
CUBASE ZONE
© PPVMEDIEN 2009
Cubase Zone
>Gesangsspuren optimal doppeln mit Cubase >Literatur-Tipp: Cubase Composers Guide
esang ist die essentielle
Zutat der meisten Mu-
sikproduktionen. Um so
wichtiger ist eine perfekt
eingesungene Gesangsspur so-
wie deren Platzierung im Arran-
gement. In vielen Fällen ist eine
Doppelung der Stimme hier das
Mittel der Wahl. In dieser Cubase
Zone zeigen wir Ihnen, wie Sie
gedoppelten Gesang optimal auf-
nehmen, editieren und einsetzen.
Eine Gesangsdoppelung kann
sinnvoll sein, um einer Stimme
im
Arrangement
durchgehend
oder auch nur punktuell mehr
Kraft und Intensität zu verleihen.
Dabei wird eine bereits aufge-
nommene Passage vom Interpre-
ten erneut auf eine weitere Spur
aufgezeichnet. Hierzu wird nicht
also nicht mit Copy & Paste gear-
beitet, sondern die Phrasierung,
Rhythmik und Intonation genau
wie in der entsprechenden Origi-
nalspur möglichst identisch neu
eingesungen.
Das Doppeln von Gesangs-
stimmen erfordert eine Men-
ge Erfahrung. Manchmal fällt
es auch guten Sängerinnen/Sän-
gern, die mit sehr viel „Feeling“
singen, schwer, die eigene Perfor-
mance exakt zu doppeln. Das ist
besonders häufig der Fall, wenn
sie Timing und Phrasierung ihres
Gesangs ausschließlich intuitiv
gestalten. In einem solchen Fall
ist es zweckmäßig, die Aufnahme
der Doppelung auf einen spä-
teren Zeitpunkt zu verschieben
und dem Sänger oder der Sän-
gerin einen Roughmix mit der zu
doppelnden
Gesangsaufnahme
zum „Üben“ mitzugeben.
Nehmen Sie zuerst die Solo-Stim-
me auf – danach singt der Sän-
ger denselben Part einfach noch
einmal ein. Oft ist es hilfreich,
wenn der Interpret seinen zuerst
eingesungenen Take beim zwei-
ten Einsingen auf dem Kopfhörer
mithören kann. Einige Sänger ha-
ben hiermit jedoch Probleme, das
sollten Sie im Vorfeld klären oder
einfach ausprobieren.
Geübte Sänger benötigen meist
keine Orientierungsspur und ha-
ben wenig bis keine hörbaren
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KEYS 10/2008
Abweichungen in Tonhöhe und
Rhythmus.
Konsonanten wie zum Beispiel
„t“, „k“, „p“ sollten vom Sänger
beim Doppeln vor allem am Ende
einer Phrase nicht oder nur mit
geringer
Intensität
gesungen
werden, da diese unter Umstän-
den den Rhythmus negativ be-
einflussen und überbetont wir-
ken können.
Generell ist zu erwähnen,
dass die Anzahl der Doppel-
spuren nicht begrenzt ist.
Je mehr Doppelungsspuren ver-
wendet werden, desto mehr Fül-
le bekommen die Vocals. Aller-
dings ist darauf zu achten, dass
die gedoppelten Spuren nicht in
den Vordergrund gemischt wer-
den sollten, da sie ansonsten das
Klangbild der Lead- oder Solo-
spur negativ beeinflussen. Ge-
rade bei mehreren Doppelungen
sollten Sie diese sinnvoll im Pano-
rama verteilen. Um Gesangstakes
schnell zu doppeln, arbeiten Sie
mit der Stacked Recording-Auf-
nahmefunktion:
• Setzen Sie die Locatoren um den
Aufnahmebereich (z. B. Refrain).
• Schalten Sie „Cycle“ ein und
aktivieren Sie den Stacked Re-
cord Modus
im Transportfeld.
Takes als Events innerhalb ei-
ner
Spur.
Diese
Ebenendar-
stellung gibt Ihnen einen guten
Überblick über das verfügbare
Material.
• Starten Sie die Aufnahme und
nehmen Sie beliebig viele Takes
in einem Durchgang auf.
• Nach
der
Aufnahme
seh-
en
Sie
die
entsprechenden
Mit Aufnahmen im Stacked Modus können Sie durch Klicken und
Ziehen auf eine neue Spur schnell Doppelungen erzeugen
Mit dem Stiftwerkzeug lassen sich Lautstärkeanpassungen
direkt in ein Audio-Event zeichnen
G
• Ziehen Sie per Drag & Drop die
Takes einfach aus der Aufnahme-
spur in eine weitere, neue Audi-
ospur oder einen leeren Bereich
Ihres Projektfensters. Auf diese
Weise erhalten Sie schnell Ihre
gedoppelten Spuren.
Wenn Sie zwei oder mehr Doppe-
lungsspuren aufgenommen ha-
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2
ben, können sie gezielt Beto-
nungen programmieren. Arbeiten
Sie hierzu mit der Eventhüllkurve
von Cubase:
• Wählen Sie das Stiftwerkzeug
an und klicken Sie damit in das
gewünschte
Audio-Event.
Sie
können nun direkt Lautstärkever-
läufe einzeichnen. Schalten Sie
hierfür am besten das Raster in
Cubase aus.
• Heben sie Doppelungen an be-
tonten Zählzeiten hervor und sen-
ken gleichzeitig unbetonte Stellen
leicht ab. So erhalten Sie eine in-
teressant klingende Dynamik vor
allem bei Gesangsspuren.
• Wird eine Doppelungsspur der
Hauptspur mit geringer Lautstär-
ke hinzugemischt, wirkt der Ge-
sang dichter und kräftiger, ohne
dass die zwei Stimmen vonei-
nander unterscheidbar sind. Di-
ese Variante eignet sich auch für
transparente Produktionen, bei
denen der Gesang viel Platz hat.
Werden die Doppelungsspuren im
Stereobild abweichend von der
Hauptspur platziert, wirkt der Ge-
sang zwar fetter und dominanter,
verliert aber an Intimität und Na-
türlichkeit. Wie die Doppelung
Spuren leicht ändern. Wählen sie
dazu das entsprechende Audio-
Event aus und geben Sie in der
Infoleiste für den Parameter Fein-
stimmung verschiedene Werte
ungleich Null ein. Probieren Sie
hiermit eine angenehme Balance
zwischen Wohlklang und Abwei-
chung zu finden.
Für eine aufwändigere Editierung
können Sie mit dem Pitch-Shifter
arbeiten:
• Wählen Sie das entsprechende
Audio-Event an und öffnen über
das Menü Audio > Effekte die
Pitch-Shift-Funktion.
• Klicken Sie im Pitch-Shift-Fens-
ter den Reiter „Hüllkurve“ (1) an
und wählen bei den Einstellungen
einen Bereich von 1 Halbton (2)
aus. Die Qualität des Algorith-
mus sollte möglichst hoch sein,
MPEX3 und Solo Musical bieten
sich hierfür an (3). Formantmo-
dus und Zeitkorrektur müssen
aktiviert sein (4). Erzeugen Sie
jetzt im Wellenformfenster durch
Klicken viele Punkte und ver-
schieben diese nach Bedarf (5).
Aktivieren sie die Vorschau-Funk-
tion (6), um einen klanglichen Ein-
druck zu bekommen. Wenn ihnen
das Ergebnis gefällt, klicken Sie
auf „Ausführen“. Sie sollten dann
unbedingt „Neue Version“ wäh-
len, um die Originaldatei nicht zu
PRAXIS
VON HOLGER STEINBRINK
verändern. Spielen sie beide Spu-
ren ab, um Ihre finale Bearbeitung
zu hören. Kombinieren Sie diese
Möglichkeit mit den oben be-
schriebenen Punkten.
Den folgenden Trick können
Sie auch ohne eine Spurdupli-
zierung anwenden: Erzeugen
Sie einen Mono-Effektkanal mit
einem Chorus-Effekt. Über einen
Send mischen Sie den Chorus Ih-
rem Original-Signal hinzu. Achten
Sie darauf, dass der Chorus-Ef-
fekt keine extremen Einstellungen
besitzt und der Mix-Parameter
auf 100 Prozent steht. Regeln
Sie das Panorama Ihrer Original-
Audiospur nach links, das des
Effektkanals nach rechts. Sie
hören nun das reine Audiosignal
auf einer Seite, den reinen Cho-
ruseffekt auf der anderen. Passen
Sie die Parameter des Chorus bei
Bedarf an.
Kombinieren sie alle bisher ge-
nannten Möglichkeiten, um meh-
rere Doppelungen zu erreichen.
Arbeiten Sie mit der Verstimmung
und dann jeweils mit einem ei-
genen
Chorus-Effektkanal
für
jede Audiospur. Auf diese Wei-
se erhalten Sie eine sehr volle
„Stimmenwand“. Trotz aller Bear-
beitungen bringt das mehrfache
Einsingen immer noch die besten
© PPVMEDIEN 2009
zum Einsatz kommt, hängt von
der Stilistik des Songs und der
Zielvorstellung des Produzenten
ab. Sollten Sie keine Möglichkeit
haben, Gesang mehrfach aufzu-
nehmen und zu doppeln, können
Sie die nachfolgenden Tricks zur
„künstlichen“ Vervielfachung an-
wenden:
1
3
4
6
Mit der Pitch-Shift-Funktion können leichte
Intonationsschwankungen simuliert werden
Duplizieren Sie die Gesangs-
spur, indem Sie im Kontextmenü
(Rechtsklick auf die Spurliste)
den Befehl „Spuren duplizieren“
auswählen. Cubase legt eine
exakte, physikalische Kopie der
Gesangsspur mit allen Effekten
und Einstellungen an. Beachten
Sie hierbei, dass vorgenommene
Änderungen in den Audio-Events
der kopierten Spur sich auch auf
die Originalspur auswirken. Arbei-
ten Sie deshalb immer mit Kopien
(Neue Version), die Cubase übri-
gens automatisch anlegt, wenn
Sie destruktive Bearbeitungen
wie etwa Pitch-Shift oder Norma-
lize vornehmen.
Um eine gewisse Natürlichkeit
in die exakte Kopie zu brin-
gen, können sie beide Spuren
im Panorama auseinanderle-
gen – zum Beispiel halb links und
halb rechts positionieren – und
dann mit der Spurverzögerung
bei einer der beiden Spuren diese
um etwa 50 Millisekunden ver-
schieben. Sie erhalten dann eine
etwas räumlichere Darstellung,
die zumindest eine Doppelung
erahnen lässt. Zusätzlich können
Sie die Tonhöhe einer der beiden
Literaturtipp:
Cubase Composers Guide
Vom Cubase Zone- und Buch-Autor
Holger Steinbrink („Cubase Profi Guide“)
ist soeben das neuesteWerk,der Cubase
Composers Guide, erschienen.
In Kooperation mit dem Musiker und
Arrangeur Gunther Gerl verfasst, bietet
dieses Buch einen umfangreichen
Einblick in die Themen Songwriting
und Arrangement – wie gewohnt
knapp und präzise formuliert und
sehr praxisnah. Mit den zahlreichen
Cubase-Projektbeispielen
auf
der
beiliegenden CD-ROM wird der Leser
Schritt für Schritt von der Idee bis
zum finalem Mix und Mastering
geführt und lernt, alle relevanten
Arbeitsweisen zu verstehen und
auf seine eigenen Produktionen
anzuwenden. Ob Pop, Rock oder elektronische
Musik wie Minimal oder HipHop – für jeden Interessierten ist etwas dabei.
Erhältlich im PPV-Verlag!
ISBN: 978-3-937841-73-1
Umfang: ca. 260 Seiten, inkl. CD-ROM mit Beispielproduktionen
www.keys.de
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K
und klangvollsten Ergebnisse.