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Cubase 4.1: Sidechaining in der Praxis
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Extra-Tipp: Bus Recording
Ab Version 4.1 ist in Cubase auch Sidechaining möglich
as frisch erschienene Cubase-
4.1-Update bietet zahlreiche
neue Funktionen, unter anderem
integriertes Sidechaining. Wie
aber funktioniert Sidechaining
D
genau und was lässt sich mit dem
neuen Tool in der Praxis alles an-
stellen? Diese Fragen und noch
mehr beantwortet Ihnen die fol-
gende Cubase Zone.
Der Extra-Tipp: Bus Recording in der Praxis
Cubase 4.1 bietet einen einfachen und
direkten Weg, Bus-Signale direkt aufzu-
nehmen. Hierzu gehen Sie wie folgt vor:
• Erzeugen Sie eine neue Audiospur und
wählen als Eingang das gewünschte Bus-
Signal aus. Es können Audiosignale von
allen angelegten Gruppenspuren oder Ef-
fektkanälen aufgenommen werden.
• Nutzen Sie diese Funktion zum Erzeugen von Stems (zusammengefasste
Audiospuren) für weitergehendes Mixing und Mastering oder zum kont-
rollierten Ausspielen von Spuren.
• Sie können bei Bedarf auch mehrere Audiospuren parallel aufnehmen,
um Zeit zu sparen. Auf diese Weise können Sie sogar einen Mehrkanal-
Mixdown durchführen.
Um die grundsätzliches Ar-
beitsweise von Sidechaining zu
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KEYS
1/08
FOTOS: HERSTELLER/VERTRIEB
• Starten Sie die Aufnahme. Das gewählte
Signal wird in Echtzeit direkt intern in
die neue Audiospur aufgenommen. Während der Aufnahme können Sie
gleichzeitig eine „Hinterbandkontrolle“ zur Kontrolle des Aufnahmesig-
nals durchführen.
Neu in Cubase 4.1: Auch
Busse können jetzt Ein-
gänge für Audiospuren sein
Bei einem Kompressor oder
anderen dynamikbearbeitenden
Effekten wird in der Regel das
Nutzsignal selbst als Steuersig-
nal verwendet.
Es gibt jedoch re-
lativ häufig Situationen, in denen
es sinnvoller ist, ein anderes Signal
zum Steuern zu nutzen. Über einen
separaten Eingang in ein Dynamik-
PlugIn, „Sidechain In“ genannt,
kann man ein anderes Audiosignal
zur Steuerung der Dynamikbe-
einflussung verwenden. Cubase
bietet ab Version 4.1 in beiden
Programmversionen Sidechaining
für die internen PlugIns an. Inter-
essant ist, dass sich nicht nur Dy-
namik-PlugIns (Compressor, Gate,
Expander, Vintage Compressor)
durch ein externes Signal steuern
lassen, sondern auch die folgenden
Cubase-Effekte: alle drei Delays, die
Modulationseffekte Chorus/Flan-
ger/Phaser, Tremolo und Vibrato
sowie WahWah und Auto Pan.
verstehen, empfiehlt sich der
Aufbau eines kleinen Test-Se-
tups:
• Laden Sie in den ersten Insert-Slot
einer Audiospur das PlugIn Test
Generator und erzeugen Sie einen
Sinus-Ton zwischen 200 und 300
Hertz. Achten Sie dabei auf eine
moderate Abhörlautstärke.
• Laden Sie in den nächsten Insert-
Slot der gleichen Audiospur den
Kompressor und aktivieren Sie
dort den Sidechain-Button
1
.
• Erzeugen Sie eine Instrumenten-
spur, laden Sie dort Halion One
und ein beliebiges Drumset. Spie-
len Sie eine Standard-4/4-Bass-
drum ein und loopen Sie diese.
Zwei Takte genügen für unser
Experiment.
• Im nächsten Schritt leiten Sie das
Signal dieser Bassdrum in den
Sidechain-Eingang des Compres-
sors. Dafür stehen Ihnen zwei
verschiedene Möglichkeiten zur
Verfügung:
• Über das Ausgangsrouting
2
der
Instrumentenspur steht Ihnen der
aktivierte Sidechain-Eingang der
Audiospur zur Verfügung. In die-
sem Fall wird aber das komplette
Bassdrum-Signal in den Sidechain
geleitet und ist dann nicht mehr
hörbar.
• Über den Sendweg der Instru-
mentenspur steht Ihnen der ak-
tivierte Sidechain-Eingang der
Audiospur zur Verfügung. In die-
sem Fall hören Sie die Bassdrum
weiterhin, ein Teil wird aber über
den Sendregler in die Audiospur
geschickt. Diese Möglichkeit ist in
den meisten Fällen zu bevorzu-
gen. Sie können hierbei auch die
Pre-Fader-Funktion aktivieren, so
dass Sie mit dem Kanalfader das
Sidechainsignal unhörbar aus-
blenden, der Send aber weiterhin
als Trigger arbeitet.
• Experimentieren Sie mit den Com-
pressor-Parametern in der Audio-
spur. Bei jedem Bassdrum-Schlag
sollte der ansonsten konstante
Sinuston rhythmisch komprimiert
werden.
• Laden Sie alternativ anstatt des
Compressors die übrigen Effekte,
die Sidechaining unterstützen
und probieren Sie die externe
Steuerung und die damit verbun-
denen klanglichen Auswirkungen
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Praxis
2
Wird das Steuersignal direkt am
Mixer zum Sidechain geroutet,
steuert es nur noch den Side-
chain-Kanal
auf den Sinuston aus. für die
Delay-effekte sollten sie ein rhyth-
misches Audiosignal verwenden,
da sie so den Effekt besser wahr-
nehmen können.
Das bekannteste Anwen-
dungsbeispiel für Sidechaining
ist wohl die Bassdrum, welche
den Kompressor eines Basses
triggert.
In diesem Falle liegt auf
dem Kanal des Basses der Com-
pressor, dessen Sidechain die Bass-
drum als Eingangssignal bekommt.
sobald diese gespielt wird, geht der
Bass kurz „in die Knie“ und wird lei-
ser. Dadurch kommt die Bassdrum
etwas besser zur Geltung.
Nachfolgend haben wir für
Sie einige weitere typische aber
auch experimentelle Praxis-An-
wendungen für Sidechaining:
•
Sidechain zur Timing-Verbes-
serung: Die Bassdrum steuert
das Expander-Plugin auf dem
Bass, weil dieser nicht sauber
im Timing gespielt ist. Auf diese
Weise können sie versuchen,
das Timing von Bass und Bass-
drum zu verbessern, in dem sie
den Expander so einstellen, dass
dieser bei Unterschreiten des
Thresholds den Bass etwas lei-
ser regelt. Sobald die Bassdrum
spielt, wird der Bass dann wieder
lauter und beide Instrumente
spielen besser zusammen.
Fotos: Hersteller/Vertrieb
1
Dieser Compressor wird von
einem Sidechain gesteuert
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•
Sinuston unter der Bassdrum für
mehr Druck: laden sie wie oben
beschrieben den Test Generator,
der einen tief gestimmten Sinus-
ton (zwischen 50 und 60 hz) er-
zeugt. Legen sie das Gate-Plugin
in den Insert-Slot. Die Bassdrum
sollte dann das Gate per Sidechain
steuern, so dass der Sinuston nur
während jedem Bassdrum-Schlag
zu hören ist. Das ergibt ein sehr
kräftiges Fundament.
•
Mehr Präsenz für die Snaredrum:
Ähnlich wie beim letzten Beispiel
erzeugt der Test Generator hier
ein rosa Rauschen. Die Snare-
drum steuert das Gate auf dem
Rauschgenerator. Auf diese Weise
können sie sehr präsente Snare-
Drum-Sounds mit viel Attack oder
eine Simulation des unterreprä-
sentierten Teppichs erreichen.
Nutzen sie hierbei auf jeden Fall
den Kanal-Equalizer, um das
Rauschsignal entsprechend nach-
zubearbeiten.
•
Das bekannte Gated Reverb: Er-
zeugen sie einen Effektkanal mit
einem längeren Hallraum und
leiten sie ihn auf ein perkussives
Audiosignal. Laden sie in den In-
sert dieses Effektkanals ein Gate
und steuern sie dieses beispiels-
weise durch eine Snaredrum
oder ein anderes perkussives
Signal. Der Hall wird je nach Ein-
stellung des Gates rhythmisch
abgeschnitten.
•
Der Vocal-Ducking- oder Voice-
Over-Effekt ist sicherlich aus
dem Radio bekannt: immer
wenn ein Sprach- oder Gesangs-
signal kommt, wird die Musik in
der Lautstärke reduziert. Hierzu
nutzen sie einen Kompressor
mit wenig Make-up-Pegel. Wen-
den sie diesen wahlweise auf das
gesamte Playback oder einzelne
Spuren an, zum Beispiel alle Gi-
tarren und Keyboard-Sounds.
Sie können diese dafür in einer
Gruppenspur zusammenfassen.
•
Der „pumpende“ Mix ist ein
Effekt, der aus vielen Dance-
Produktionen bekannt ist. Hier
liegt ein Kompressor auf dem
Mix-Signal, dessen Sidechain-
eingang von einer Bassdrum
getriggert wird. Dabei werden
bei jedem Schlag alle Sounds
mehr oder weniger herunter-
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geregelt, was einen typischen
Pump-Effekt ergibt. Erzeugen
sie hierfür eine Gruppenspur
und routen sie alle Signale, die
den „Pump-Effekt“ erhalten
sollen dort hinein. Komprimie-
ren sie diese Gruppe dann.
•
Sidechain als Deesser: ein De-
esser ist im Grunde genommen
nichts anderes, als ein selektiver
Kompressor für überbetone s-
und Zischlaute. Kopieren sie zu-
nächst ihre Gesangsspur. Laden
sie den Kompressor in den In-
sert ihrer Original-Gesangsspur.
bei der kopierten Gesangsspur
wählen sie einen schmalban-
digen parametrischen EQ und
heben sie den Frequenzbereich
der Zischlaute (meist zwischen
4000 bis 6000 hz) stark an, wäh-
rend sie die übrigen Frequenz-
bereiche absenken. Leiten sie
dieses Signal als Sidechain in
den Compressor, am sinnvolls-
ten über ein direktes Routing,
schließlich wollen sie ja das
übermäßig bearbeitete Signal
nicht zusätzlich hören. Nach ei-
nigen Parameteranpassungen
sollte der Kompressor bei jedem
überbetonten Zischlaut diesen
entsprechend absenken.
•
Experimenteller Einsatz von
Sidechaining: Sie können ein
Sidechain-Signal auch mit In-
sert-Effekten und EQ bearbei-
ten, bevor sie es als Steuersignal
weiterleiten. Das ergibt je nach
Konfiguration sehr individuelle
Effekte: Probieren sie einmal,
einen stark komprimierten und
mit einem kurzen Reverb verse-
henen Drumloop als Steuersig-
nal für einen Flanger auf einem
Basslauf zu verwenden. Routen
Sie das Sidechain-Steuersignal
über den Send-Regler, diesen
sollten sie auf Pre fader schal-
ten, damit sie bei Bedarf die Ab-
spiellautstärke unabhängig von
der Sidechain-Intensität steuern
können.
Hoger „tsching“ Steinbrink//maz
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