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Logic
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Mischen in Logic – den
Compressor verstehen
Abb.1: Das vielseitigste Dynamik-Werkzeug in Logic Pro: der Compressor.
I
n den letzten beiden Folgen wurden zu-
nächst alle Spuren in ein erstes, grobes
Lautstärke-Verhältnis gesetzt und jedem
Instrument ein Platz im Panorama zugeord-
net. Anschließend wurde mit dem Equalizer
der Klang der einzelnen Signale optimiert
und geformt, wir haben Störgeräusche ent-
fernt und durch Absenken einzelner Fre-
quenzbänder Platz im Mix geschaffen. Der
Mix müsste jetzt schon sehr aufgeräumt und
durchsichtig klingen, alle Instrumente haben
einen Platz und eine Funktion. Doch einige
Signale lassen sich noch immer nicht richtig
eingliedern, sie sind an manchen Stellen viel
zu laut, regelt man sie dann zurück, setzen
sie sich nicht mehr durch und gehen unter.
automatisch lauter gespielt, um die Bedeu-
tung dieser Stelle zu betonen. Nach dem
Refrain werden fast alle Songs wieder etwas
ruhiger, damit der Sänger seine Geschichte
erzählen kann. Problematisch wird es nur,
wenn die Dynamik innerhalb eines Signals
zu groß ist. In leisen Passagen will man das
Signal dann lauter drehen und an lauten
Stellen ist wiederum der Pegel viel zu hoch.
Und genau hier kommen Werkzeuge wie ein
Compressor ins Spiel, die im Grunde nichts
anderes tun als die Dynamik eines Signals zu
bearbeiten. Wie und wofür man den Com-
pressor und alle die anderen Dynamik-Tools
in Logic am besten einsetzt, darum wird es
im Verlauf dieses Beitrages gehen.
Was genau ist eigentlich Dynamik in einem Song ?
Wie bekommt man Sie in den Griff und wie erzeugt man ein
insgesamt druckvolles Klangbild?
Außerdem ist der ganze Song an sich noch
viel zu leise, es fehlt an Druck und Präsenz.
Zeit also, die Dynamik in Angriff zu nehmen.
Der Compressor im Einsatz
Der Compressor ist das vielseitigste Dyna-
mik-Tool in Logic. Mit seiner Hilfe kann man
fast alle Dynamik-Probleme in den Griff be-
kommen. Gleichzeitig ist es auch eines der
umfangreichsten Plug-ins, deshalb zunächst
ein funktionaler Überblick.
Etwa in der Mitte der Ober äche wird die
Komprimierungskurve dargestellt, darüber
sieht man die Anzeige für die Gain-Reduc-
tion. Hier kann man ablesen, wann und
wie stark der Compressor gerade arbeitet.
Links von der Komprimierungskurve sieht
man den Attack-Regler, der festlegt, wie
schnell der Compressor zu arbeiten be-
ginnt, wenn der Threshold überschritten
wird.
Rechts neben der Kurvendarstellung ndet
sich der Drehregler für die Release-Zeit, also
die Geschwindigkeit mit der der Compressor
nach Unterschreiten des Threshold wieder
zurückregelt. Der Auto beschriftete Button
bewirkt, dass die Releasezeit automatisch
geregelt wird.
Die Bearbeitung der Dynamik
Doch was genau ist eigentlich Dynamik?
Wie bekommt man Sie in den Griff und wie
erzeugt man ein druckvolles Klangbild?
Ein musikalisches Signal wird nur selten eine
konstante Lautstärke haben. In jeder Ihrer
Aufnahmen wird es sowohl leise als auch
laute Stellen geben. Den Unterschied zwi-
schen leisester und lautester Stelle nennt
man Dynamik oder den Dynamikbereich
eines Signals. Dass Signale dynamisch sind,
ist zunächst einmal nicht negativ, im Gegen-
teil. Stellen Sie sich einmal einen Sänger vor,
der konstant in der gleichen Lautstärke singt
und keinerlei Hebungen und Absenkungen
macht, um bestimmte Stellen zu betonen.
Das würde im besten Fall langweilig und
einschläfernd klingen. Musik lebt also von
Dynamik, wichtige Stellen und Höhepunkte
werden von Musikern und Bands auch ganz
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KEYS 07/2010
Im unteren Bereich der Bedienober äche
nden wir den Schieberegler für Ratio,
also die Stärke des Kompressionsverhält-
nisses. Mit Knee wird festlegt, ob ein Signal
nach Überschreiten des Threshold sofort
voll komprimiert wird oder der Übergang
ießend gestaltet wird. Man spricht auch
von Hard-Knee (sofort) und Soft.Knee ( ie-
ßend).
Im oberen Teil be ndet sich ein Feld mit
dem Namen Circuit-Type, zu deutsch Schal-
tungskreis. Dahinter verbirgt sich eines der
mächtigsten Features des Compressors.
Über ein Pop-up-Menü wird zwischen sechs
verschiedenen Compressor-Typen umge-
schaltet. Die unterschiedlichen Schaltkrei-
sen sind bekannten klassischen analogen
Compressoren nachempfunden.
>
Platinum ist der neutralste Vertreter. Gut
geeignet für alle unauffälligen Aufgaben.
>
ClassA_R und ClassA_U: Diese zwei
Schaltkreise emulieren hochwertige Röh-
renschaltungen in Class-A-Bauweise und
sollen deren Klang färbende Eigenschaften
nutzen – gut, wenn klangliche Verfärbungen
gewünscht sind.
>
VCA (Voltage Controlled Ampli er) be-
zeichnet ein elektronisches Bauteil, das
als Verstärker für ein Signal fungiert. VCA-
Compressoren zeichnen sich durch extrem
schnelle Regelzeiten insbesondere beim
Attack aus. Gut geeignet, um Subgruppen
oder ganze Mischungen zu bearbeiten.
>
FET simuliert einen Compressor auf Feld-
Effekt-Transistor Basis. Auch die FET-Schal-
tung arbeitet schneller als beispielsweise die
OPTO-Variante. Probieren Sie die FET-Schal-
tung unbedingt einmal beim Gesang aus.
Abb.2: Die Auswahl der Compressor-Typen.
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Opto steht für einen Compressor nach dem
Prinzip der optoelektronischen Rückkopp-
lung. Opto-Compressoren sind aufgrund
ihrer Bauweise etwas träger und langsamer
als andere Typen. Sie machen sich vor allem
bei Drums gut, da die für den Schlagzeug-
sound wichtigen Transienten durchgelassen
werden. Dadurch wird das Signal zwar kom-
primiert und lauter, gleichzeitig bleibt aber
das Impulshafte und „Knallige“ erhalten.
Auf der rechten Seite der Bedienoberfläche
schließlich finden sich noch die Regler für
den Threshold, Gain und einen integrierten
Limiter.
Threshold legt die Einsatzschwelle fest,
ab der der Compressor beginnt zu arbei-
ten. Unterhalb des Reglers kann man über
Peak/RMS festlegen, ob er dabei auf einzel-
ne Spitzen des Signal reagiert (Peak) oder
auf die Durchschnittslautstärke (RMS). (Die
Peak/RMS Wahl funktioniert nur bei der Pla-
tinum-Schaltung)
Testen Sie Output-Distortion einmal auf ei-
ner Bassdrum, die sich nicht richtig im Mix
durchsetzt.
Side-Chain-Filter: Mithilfe des Side-Chain-
Filters kann man zwischen mehreren Filtern
auswählen, um einen bestimmten Frequenz-
bereich gezielt von der Bearbeitung durch
den Compressor auszunehmen. Ein Anwen-
dungsbeispiel dafür wäre eine Bassdrum
innerhalb eines Drumloops, die durch ihre
hohe Energie jedes Mal den Compressor
auslöst und damit den ganzen Loop herun-
terregelt und zum pumpen bringt. Setzt man
im Sidechain Filter einen High-Pass-Filter
ein, so passiert die Bassdrum den Compres-
sor unbearbeitet.
Output-Mix: Regelt das Verhältnis zwischen
bearbeitetem und unbearbeitetem Signal.
Bei Compressoren ist es zwar meist üblich
und auch sinnvoll das ganze Signal zu bear-
beiten, es gibt jedoch eine Ausnahme. Schon
seit vielen Jahren praktizieren Toningenieure
des Compressors langsam dazu bis Ihnen
das Ergebnis zusagt.
Tipps zum Compressor
Unsere Übersicht macht deutlich, welch um-
fangreiches Werkzeug der Compressor ist.
Abschließend noch eine Reihe von Tipps
zum Thema:
>
Der beste Compressor ist meist derjenige,
den man nicht hört. Setzen Sie Compresso-
ren dezent ein. Zu starke Kompression klingt
unnatürlich und verstärkt auch Nebengeräu-
sche. (Atmen, Rauschen etc. ...)
>
Auch bei Dynamik-Werkzeugen gilt, das
beste Plug-in, ist immer das, welches man
gar nicht braucht.
Vergleichen Sie auch hier stets kritisch
vorher und nachher. Ganz wichtig: Immer
bei gleicher Lautstärke vergleichen. Das
menschliche Ohr neigt dazu lautere Signale
als besser zu empfinden.
>
Überlegen Sie auch hier vor dem Einsatz
was Sie eiegntlich erreichen möchten.
>
Setzen Sie den Compressor immer nach
dem EQ ein, dann haben Sie störenden
Frequenzen schon entfernt und diese wer-
den erst gar nicht komprimiert und ver-
stärkt.
>
Wenn Ihr Signal nur einige wenige starke
„Ausrutscher“ nach oben oder unten hat,
können Sie diese auch zunächst mithilfe
der Automation korrigieren. Dann hat es der
nachfolgende Compressor einfacher und
muss auch nicht ganz so rabiat auf diese Ex-
tremwerte hin eingestellt werden. Dadurch
müssen Sie außerdem weniger stark kom-
primieren und haben letztlich weniger Ne-
bengeräusche.
>
Das bekannte Pumpen, wenn es denn
gewünscht ist, entsteht durch sehr kurze
Release-Zeiten durch die der Compressor
ständig zurückregelt.
>
Stellen Sie den Release einmal im Tempo
des Songs ein (auf 8tel oder 16tel). Dadurch
beginnt die bearbeitete Spur im Groove des
Songs zu arbeiten und zu grooven. Solche
Groove-unterstützenden Maßnahmen kön-
nen einen Song den entscheidenden Kick
verleihen. Umgekehrt kann ein asynchron
eingestellter Compressor im schlimmsten
Fall den ganzen Song ausbremsen.
Da die Release-Zeit in Millisekunden einge-
stellt wird, können Sie die dem Song entspre-
chenden Zeiten ganz einfach im Fenster mit
den Region-Parametern im Arrange-Fenster
links oben ablesen.
Dazu müssen Sie in der Parameter-Box zu-
nächst mit CTRL + Klick klicken und die Op-
tion Delay in ms aktivieren. Danach können
Sie, wie in Abb. 4 zu erkennen, die Delay-
Zeit zu den einzelnen rhythmischen Werten
Moritz Maier
ablesen.
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Abb.3: Der Compressor in der erweiterten
Darstellung.
Abb.4: Compressor-Release mit
8teln oder 16teln.
Der Gain-Regler ermöglicht es, den durch
die Kompression entstandenen Pegelverlust
wieder auszugleichen.
Der Limiter schließlich kann Pegelspitzen
abfangen, die von der Compressor-Schal-
tung noch durchgelassen wurden. Dabei ist
der Limiter so integriert, dass bei zu hohem
Pegel nahtlos zwischen Kompression und
Limiting überblendet wird.
Die sogenannten erweiterten Parameter er-
gänzen die Einsatzmöglichkeiten des Com-
pressors noch einmal um einige interessante
Besonderheiten. Klicken Sie einfach auf das
kleine Dreieck-Symbol unten in der Com-
pressor-Oberfläche.
Output-Distortion entscheidet darüber, was
mit Werten von über 0 dB geschieht. Zur
Wahl stehen Soft, Hard und Clip. Verein-
facht gesagt fügt diese Option dem Signal
noch Verzerrungen hinzu. Im Ergebnis klingt
ein Signal zum Beispiel mit der Soft-Varian-
te durchsetzungsfähiger und „knackiger“
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beim Mischen von Schlagzeugspuren die
sogenannte Parallel-Compression (auch
New York Compression genannt)
Dabei wird eine zweite Drumsubgruppe an-
gelegt, die wiederum heftigst komprimiert
wird. Diese brachial bearbeitete Variante
wird dann der unbearbeiteten Version de-
zent zugemischt. Dadurch hat man zum
einen den offenen, dynamischen Klang des
Originals und zum anderen den Druck der
komprimierten Version. Mit dem Output-
Mix-Regler können Sie nun genau das nach-
machen. Legen Sie den Compressor auf die
Drummsubgruppe und stellen Sie ihn wie
gewünscht ein. Denken Sie daran, es darf
ruhig zur Sache gehen. Man muss den Com-
pressor richtig arbeiten hören, gerne darf es
auch etwas pumpen.
Dann regeln Sie über den Mix-Regler das
Verhältnis zwischen Original und Kompri-
miert. Beginnen Sie bei 100 % Original (Mix-
Regler auf 0) und geben Sie dann den Anteil