PREDATOR ZONE
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PRAXIS
Predator Zone
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Wir basteln uns unterschiedliche Klänge
N
achdem Sie in der letzten Folge
die Struktur des Predator KEYS
kennengelernt und einen Flä-
chensound gebastelt haben, widmen wir
uns nun weiteren Klängen. Zum Standard-
repertoire jeder Musikproduktion gehört
natürlich ein Bass. Ich zeige Ihnen ein
einfaches Beispiel, das nur mit einem
Oszillator arbeitet. Sie starten mit dem
Default-Preset 127. Zu hören ist eine Si-
nuswelle aus Oszillator 1. Dieser Sound
ist für die subtraktive Synthese mangels
Obertönen wenig geeignet. Ein Filter hat
hier also wenig zu formen. Schalten Sie
in der Wellenformauswahl daher auf den
Eintrag Waves 1–32 Saw – den Säge-
zahn. Im Handumdrehen erzeugen Sie
nun eine Minisequenz, indem Sie den
„Play Mode“ zunächst auf „Arp“ setzen
und damit den Arpeggiator aktivieren. Die
zugehörige Oberfläche für die Einstellun-
gen öffnen Sie mit dem Taster unterhalb
der Pitch-Bend-Justierung. Dort wird
zwischen Arpeggiator- (>arp) und Mo-
dulationsoberfläche (>mod) gewechselt.
Halten Sie nun eine Note auf dem Key-
board gedrückt, wird der Sägezahn in
Sechszehnteln gespielt. Nicht jede Note
klingt dabei identisch, denn Predator si-
muliert in der Voreinstellung einen ana-
logen Oszillator, der unabhängig von den
Startimpulsen schwingt. Was für viele
Sounds wünschenswert ist, soll hier ge-
rade nicht der Fall sein. Schalten Sie den
entsprechenden Parameter „Free“ unter
der Wellenformauswahl daher aus.
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Ein Sägezahn-Oszillator bildet die Basis des Bass-Sounds.
Über den „File“-Taster in der Arpeggiosektion laden Sie über „Load Arp“ das Preset ArpSeq riff 02. Stellen Sie nun
noch den Parameter Speed auf „1x BPM“ und Sie erhalten eine kleine Sequenz, mit der Sie arbeiten können, bis der
Klang fertig gestaltet ist. Sie können die Sequenz sogar über den Latch-Taster einfrieren, um sich ganz den klang-
formenden Parametern zu widmen.
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Per Suboszillator schaffen
Sie fettes Fundament.
Zunächst geben Sie der Bassline ein üppiges Funda-
ment, indem Sie den Suboszillator mit -15 dB hinzu-
mischen.
Tipp Werteveränderungen: Die meisten Einstellungen
werden über virtuelle Drehregler gemacht. Die Hand-
habung ist äußerst einfach. Klicken und halten Sie mit
der Maustaste auf den Drehregler und bewegen Sie die
Maus auf oder ab um die Werte zu verändern. Der rote
LED-Ring rund um das Poti zeigt den ungefähr einge-
stellten Wert an. Der exakte Wert wird im Feld in der
rechten unteren Ecke der Bedienoberfläche angezeigt.
Auch Werteveränderungen sind dort im Detail ablesbar.
Wenn Sie nur den aktuell eingestellten Wert eines Potis
oder Schalters wissen möchten, ohne etwas zu ver-
ändern, fahren Sie einfach mit dem Mauszeiger über
den Regler.
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Mit Tiefpassfilter und Hüllkurve
wird der Sound etwas bewegter.
Nun soll das Filter zum Einsatz kommen. Die Voreinstellung
ist ein Tiefpass mit einer Flankensteilheit von 24 dB/Okta-
ve. Das ist passend. Drehen Sie die Cutoff-Frequenz zurück
auf 70 Hz, was zu einem dumpfen Klang führt. Indem Sie
nun den Regler Envelope auf 63 % stellen, übertragen Sie
die Steuerung der Filtereinsatzfrequenz anteilig der Filter-
hüllkurve. Damit klingt es schon etwas lebendiger. Drehen
Sie nun auch die Resonanz (Regler Q) auf etwa 40 %, um
die jeweilige Filterfrequenz etwas prägnanter zu betonen.
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Zur Installation der Software
Die KEYS-CD liefert Ihnen eine spezielle
Version des Predator, lauffähig bis zum
April 2011. Das achtstimmige Plug-in liegt
in den Formaten VST/AU und RTAS unter
Mac OS X und allen Windowsversionen ab
XP vor und bietet ein umfassendes virtuell-
analoges Spektrum, das von Emulationen
klassischer Analogsounds bis hin zu mo-
dernen Elektronikklängen, Trance-Stacks
und angezerrten Klängen reicht. Dabei liefert
Predator KEYS dank seines erweiterten Wel-
lenformfundus mit etlichen kurzen Spektren
und Formantlauten auch Klänge, die man
eher bei digitalen Synthesizern erwartet.
Die Installation geht schnell von der Hand: Per
Doppelklick starten Sie die Installationsdatei
auf der KEYS-CD und folgen den Installations-
anweisungen. Schließlich starten Sie Ihren
Sequencer und fügen Predator KEYS als
Plug-in in eine Instrumentenspur ein. Das
funktioniert mit allen gängigen Sequencer-
Hosts, egal ob Ableton Live, Steinberg Cubase,
Apple Logic oder einem anderen Produkt mit
entsprechender Plug-in-Unterstützung.
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Den Anfang für eine Bass-Drum schaffen Sie durch
eine kurze Lautstärkehüllkurve und tief getriggerte Noten.
Nun fehlt eigentlich nur eine Bass-Drum, und Sie haben einen ersten Beat programmiert. Zwar sind perkussive
Klänge nicht unbedingt die Paradedisziplin von Predator, einen tiefen Wumms können Sie dennoch erzeugen. Legen
Sie hierfür eine zweite Predator-Instanz auf einer neuen Spur an, zeichnen dort auf jedem Viertel eine C2-Note und
stellen den Predator wieder auf das Default-Setting 127. Sie hören einen tiefen Sinuston. Zunächst regeln Sie den
Sustain-Level der Lautstärkehüllkurve auf 0 %, denn eine Bass-Drum hat typischerweise keinen Haltewert.
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Über die Filter- und Lautstärkehüllkurven
gestalten Sie den Klang knackiger, während
ein Delay für etwas Groove sorgt.
Bewegen Sie nunmehr die Decay- und Sustainpara-
meter der Filterhüllkurve etwa auf die 12-Uhr-Stel-
lung, um den Sound knackig zu verkürzen.
Den Sustainparameter in der Lautstärkehüllkurve
können Sie in diesem Fall sogar komplett auf 0 %
drehen. Spielen Sie nun noch ein wenig mit den
Werten für Cutoff, Resonanz, der Hüllkurveninten-
sität sowie dem Decay-Regler der Lautstärkehüll-
kurve.
Eventuell drehen Sie auch noch die LFO-Filter-
modulation (gesteuert mit dem Regler LFO in der
Filtersektion) auf einen geringen Wert, um eine ge-
ringfügige, zyklische Änderung der Klangfarbe her-
beizuführen. Schließlich aktivieren Sie in der Effekt-
sektion nun das Stereo-Delay (ggf. müssen Sie nach
dem Aktivieren des Effektes nochmals eine Note
drücken).
Sie erhalten unmittelbar ein rhythmisches Echo, das
Sie nur noch in der Intensität über den Mix-Regler
anpassen brauchen. Schalten Sie nun den Latchreg-
ler aus.
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Das Zusammenspiel von Filter, Hüllkurven und Verzerrung führt schließlich zu einer angezerrten Kick.
Sie können nun wahlweise eine 808-artige Bass Drum durch Anpassen der Releasezeit schaffen oder aber auf eine
obertonreichere Wellenform umschalten. Im Beispiel haben wir uns für die Rechteckwelle (Waves 1–32 Square) ent-
schieden. Der Klang klingt nun partout nicht mehr nach Bass-Drum. Es bedarf nun eines passenden Zusammenspiels
von Cutoff, Resonanz und beiden Hüllkurven. Unser abgebildetes Beispiel arbeitet mit einem 12-dB-Tiefpass. Die
Cutoff-Frequenz liegt bei etwa 120 Hz, betont über eine hohe Resonanz. In beiden Hüllkurven (Filter und Amp) sind
die Decay- und Releaseparameter relevant, experimentieren Sie ruhig mit den Werten. Der Regler für die Hüllkurven-
intensität mit einer Einstellung im unteren positiven Modulationsbereich bewegt den Klang noch mehr in Richtung
Trommel. Schalten Sie nun den Pre-Filter-Distortion auf „Edgy“ und regeln etwa Verzerrung hinzu. Knapp über der
Hälfte erhalten Sie eine angezerrte Techno-Kick. Schalten Sie nun zurück auf die Bass-Spur und triggern Sie das
Arpeggio nach Wunsch in der gewünschten Tonhöhe. Für etwas zusätzlichen Spaß duplizieren abschließend Sie noch
die Bass-Spur, verschieben die Noten dort um 2/16 in den Off-beat und wählen in einer dritten Predator Instanz einen
passenden zweiten Bass. Uns gefiel dabei Preset 6 – ein weiterer Arpeggiosound mit Echo.
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Ein einfacher
Klang, nur ein
Oszillator mit
einer Sinuswelle.
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Eine LFO-Modulation der Oszillatortonhöhe führt in
diesem Beispiel zunächst zu einem sirenenartigen Klang.
Im nächsten Klangbeispiel machen wir einen Ausflug weg von der subtraktiven Synthese. Gerade geräusch-
hafte und metallische Klänge lassen sich nicht durch Filterung erzeugen. Ring- und Frequenzmodulation
verknüpfen die Signale miteinander und schaffen dabei neue Obertöne. Mit unserem Preset 127 starten
Sie zunächst ein einfaches Experiment: Oszillator 1 erzeugt wieder einen ungefilterten Sinus. In der Modu-
lationssektion (Ggf. müssen Sie vom Arpeggiator-Bedienfeld dorthin umschalten) drehen Sie nun LFO 1 auf
eine langsame Geschwindigkeit. Im Feld darunter (LFO 1 Destination) legen Sie „Osc 1 Semi 1“ als Modulationsziel
fest und regeln den Modulationshub (Amount) auf. Fertig ist die Sirene! Drehen Sie die Geschwindigkeit nun langsam
höher. Die Modulation wird schneller, bis sie in der Position bei 27 Hz weniger als Tonhöhenänderung, sondern fast
als Effekt wahrnehmbar ist.
Der LFO steuert
die Tonhöhe des
Oszillators
per Sinuswelle.
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Oszillator 1 lässt sich auch als
Modulator nutzen. Er wird hierzu von
der Klaviatur entkoppelt und
ausgangsseitig vom Filter getrennt.
Um zu erfahren, was passiert, wenn die Modulations-
geschwindigkeiten noch höher ausfallen, nutzen Sie
statt des LFOs nun einen zweiten Oszillator als Modu-
lator. Drehen Sie zunächst die LFO 1-Geschwindigkeit
auf null zurück und schalten Sie Oszillator 2 ein. Für
Oszillator 1 stellen Sie den Tonhöhenregler „Semi“
ganz auf Linksanschlag. Sie erhalten zwei gegen-
einander verstimmte Sinustöne. Da Oszillator 1 nur
noch als Modulator arbeiten soll, entfernen Sie des-
sen Ausgangssignal über den Filtertaster (>filter) aus
dem Ausgang. Entkoppeln Sie den Oszillator zusätz-
lich von der Klaviatur, indem Sie oberhalb der Tonhö-
henregelung (semi) den Parameter TRK deaktivieren
(Schalter darf nicht rot sein).
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Wenn Oszillator 1 seinen Partner
in einer Audiofrequenz moduliert,
entstehen neue Obertöne.
Um nun eine Modulation zu erzeugen, wählen Sie bei
Oszillator 2 im Popup zur FM/Ringmodulation den
Eintrag FM 1. Oszillator 1 wird damit zum Tonhöhen-
Modulator von Oszillator 2. Regeln Sie die Intensität
der Frequenzmodulation vollständig auf. Sie hören
vorerst ein klassisches Vibrato. Wenn Sie nunmehr
die Tonhöhe von Oszillator 1 steigern, nimmt die Mo-
dulationsgeschwindigkeit zu. Schnell ist kein Puls
mehr wahrnehmbar, sondern nur noch eine Klangfar-
benänderung. Voilà: Frequenzmodulation. Die beiden
Parameter Modulationsgeschwindigkeit, hier durch
den Semi-Regler in Oszillator 1 und die Intensität der
Modulation (Amount FM/Ringmodulation beziehungs-
weise der Volume-Regler von Oszillator 1) bestimmen
dabei die Klangfarbe.
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Mit der richtigen Modulationsfrequenz und
-intensität ergibt sich ein glockenartiger Klang.
Setzen Sie die Tonhöhe von Oszillator 1 auf +6 Halbtö-
ne und drehen Sie die FM-Intensität zurück auf 60 %.
Dazu erhöhen Sie die Release-Zeit der Lautstärkehüll-
kurve auf etwa zwei Sekunden. Schon ergibt sich ein
glockenartiger Klang. Damit Sie diesen sinnvoll spielen
können, schalten Sie die Tonhöhe von Oszillator 1 über
„TRK“ in Abhängigkeit von der Klaviatur. Probieren Sie
abschließend nun den Klangeffekt aus, den Sie erzie-
len, wenn Sie die LFO-Geschwindigkeit wieder mode-
rat aufdrehen.
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Auch Oszillator 3 lässt sich in der
Frequenz durch Oszillator 2 modulieren.
Für eine komplexe Frequenzmodulation schalten Sie
Oszillator 1 zunächst wieder aus und stattdessen Os-
zillator 3 ein. Er soll nun durch Oszillator 2 moduliert
werden.
Hierzu sind folgende Schritte notwendig: Für Oszilla-
tor 2 entfernen Sie dessen Ausgang vom Filtereingang
und entkoppeln diesen nach Bedarf zusätzlich von
der Klaviatur. Über das FM/Ringmodulation Popup von
Oszillator 3 erklären Sie Oszillator 2 zum Modulator
(FM 2). Sie haben erneut eine einfache Frequenzmodu-
lation geschaffen. Experimentieren Sie auch hier mit der
Modulationsgeschwindigkeit und der Lautstärke des
Modulators.
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Durch Hinzuschalten von Oszillator 1
erhalten Sie eine doppelte Frequenzmodulation.
Wenn Sie nun Oszillator 1 wieder einschalten (mit
aktiviertem Keyboard-Tracking TRK) erhalten Sie eine
komplexe Frequenzmodulation. Oszillator 3 wird durch
Oszillator 2 moduliert, der seinerseits durch Oszilla-
tor 1 moduliert wird. Entsprechend entstehen weitere
Obertöne, die über zwei Geschwindigkeits- und Inten-
sitätsregler gesteuert werden.
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Probieren Sie eine hüllkurvengesteuerte
Veränderung der Tonhöhe von Oszillator 1.
Schalten Sie das Keyboard-Tracking von Oszillator 1
aus und steuern Sie die Tonhöhe stattdessen durch
Modulationshüllkurve 1.
Hierzu adressieren Sie in der Modulationssektion das
Ziel Osc 1- Semi 1 mit negativer Intensität. Die Attack-
und Decayzeit der Hüllkurve setzen Sie auf volle Länge,
den Sustainwert hingegen auf Null. Das Ergebnis: Die
Tonhöhe des Oszillators bewegt sich langsam abwärts-,
bis Sie die Taste lösen. Klanglich macht sich der Effekt
vor allem als Klangfarbenänderung bemerkbar.
Eine weitere Klangveränderung im Sinne einer Filte-
rung führen Sie über die zweite Modulationshüllkurve
herbei. Schalten Sie für Modulations-Slot 1 ENV 2 auf
Osc 1- Vol 1. Drehen Sie die zugehörige Modulations-
intensität auf und justieren Sie die zweite Hüllkurve.
Wir haben dabei eine weniger lange Decayzeit ge-
wählt. Ganz nach Bedarf könnten Sie die entstehen-
den Klänge weiterführend natürlich auch konventionell
filtern und damit zähmen, was dem ehrwürdigen DX7
seinerzeit verschlossen blieb.
Das Obertonspektrum steuern Sie über
die Lautstärke des Modulators – hier Oszillator 1,
der über eine weitere Hüllkurve adressiert wird.
In der nächsten Folge werden wir weitere Klangforschun-
gen mit dem Rob Papen Predator unternehmen. Wir wün-
schen bis dahin viel Spaß beim Experimentieren und ver-
Ulf Kaiser
bleiben bis zur nächsten Folge.
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