Buehne Workshop Funkmikrofone in der Praxis
© PPVMEDIEN 2009
Bühne
Workshop
FunkmikroFone in der Praxis
Nie mehr Funkstille
Der Workshop
in diesem Workshop-special
zeigen wir Ihnen, wie Sie eine Funkmikrofon­
anlage sicher und störungsfrei betreiben
können. Wir erklären die technischen
Zusammenhänge eines Drahtlossystems und
geben Ihnen Tipps und Tricks an die Hand,
damit Sie Ihr System mit maximaler
Betriebssicherheit nutzen können.
Andreas
Ederhof
ist Toningenieur,
Musiker und Journalist.
er beschäftigt sich
unter anderem mit
der Produktion von
orchester- und Chor-
werken und unterrich-
tet an tontechnischen
Lehrinstituten.
F
unkmikrofonsysteme sind in den letzten Jahren
immer beliebter geworden – nicht zuletzt, weil
auch hochwertige Systeme inzwischen für
einen moderaten Preis zu haben und somit für jeder­
mann erschwinglich sind. Auf der Bühne erlauben
Drahtlossysteme dem Sänger, aber auch Gitarristen
und Bassisten, ein Höchstmaß an Bewegungsfreiheit,
was dem Unterhaltungswert der Show zugute kommt.
Eines ist jedoch auch klar: Der sicherste Weg, ein
Mikrofonsignal auf die PA zu übertragen, ist immer
noch das gute, alte Mikrofonkabel. Aus diesem
Grund will dieser Workshop die technischen Zusam­
menhänge einer Drahtlosanlage erläutern, damit
Sie eventuelle Störfälle von vornherein vermeiden
können.
Grundsätzliche Funktionsweise
einer drahtlosanlage
Genau wie bei einem drahtgebundenen System
wird der Schall von der Kapsel eines Funkmikrofons
erst einmal in ein elektrisches Signal umgewandelt.
Dieses Signal wird dann einem Sender zugeführt
und auf einen hochfrequenten Träger aufmoduliert.
Die Frequenz des Trägersignals liegt im Bereich von
ca. 700 bis 800 MHz und damit weit über dem Be­
reich der hörbaren Audiosignale. Der Sender strahlt
das modulierte Trägersignal in Form von elektromag­
netischen Wellen ab, die sich mit Lichtgeschwindig­
keit im ganzen Raum ausbreiten. Ein Empfänger,
der sich in Reichweite des Senders befindet, wan­
delt die elektromagnetischen Wellen wieder in Audio­
signale zurück. Das niederfrequente Audiosignal
steht an den Ausgangsbuchsen des Empfängers zur
Verfügung und kann einem Mischpult und der PA
zugeführt werden. (Abb. 1)
Für eine einwandfreie Funkübertragung müssen
die Übertragungsfrequenzen von Sender und Emp­
fänger übereinstimmen. Wenn Sender und Empfän­
ger auf unterschiedliche Trägerfrequenzen eingestellt
sind, findet der Empfänger den Sender nicht – ähn­
lich wie bei einem falsch eingestellten Autoradio.
Eine Abweichung der Trägerfrequenzen zwischen
Sender und Empfänger von 25 kHz wird von vielen
Systemen noch toleriert – viel weiter sollten die
Frequenzen nicht auseinander liegen. Außerdem
sollte ein Mindest­Frequenzabstand von 400 MHz
zwischen zwei benachbarten Funkfrequenzen einge­
halten werden, damit sich die verschiedenen Sender
nicht gegenseitig stören.
tastenwelt 1/2009
Mikrofon
Sender
Empfänger
Mischpult
Audiosignal
HF-Signal
Audiosignal
Abb. 1: Prinzip einer funkübertragung. der sender strahlt eine hochfrequente elektromagne-
tische Welle ab, die der empfänger demoduliert und als Audiosignal an das Mischpult abgibt.
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Antenne A
Antenne B
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Signalausfälle bei Funkmikrofonübertragungen sind
sehr störend und können im Extremfall zum Ab­
bruch des Auftritts führen. Um zu vermeiden, dass
es bei einem Funkloch zu den so genannten Drop­
outs kommt, werden heute alle hochwertigen Funk­
mikrofonsysteme mit der Diversity­Technik ausge­
stattet: Zwei Empfangsantennen sind in einem
bestimmten Abstand zueinander angeordnet – dieser
Abstand sollte ungefähr im Bereich der Wellenlänge
des Funksignals liegen. Beide Antennensignale
werden jeweils einem eigenen Empfänger zugeleitet
und der HF­Pegel beider Signale miteinander vergli­
chen. Der Kanal, der den höheren Pegel führt, wird
auf den Verstärker und damit zum Ausgang des
Empfängers durchgeschaltet. Wenn sich Antenne A
in einem Funkloch befindet, schaltet das System
automatisch auf Antenne B um, wodurch die Aus­
fallsicherheit des Gesamtsystems entscheidend er­
höht wird. (Abb. 2)
Die meisten Drahtlossysteme signalisieren mit
Hilfe einer LED, welcher der beiden Antennenkanäle
gerade aktiv ist. Ob Ihr Funkmikrofonsystem zuver­
lässig arbeitet, können Sie auch daran erkennen,
ob die Diversity­Anzeige am Empfänger ab und zu
umspringt. Bei den meisten Systemen können zwei
Teleskop­Antennen am Empfänger angeschlossen
werden – meist mit Hilfe von BNC­Steckverbindun­
gen. Die optimale Empfangssicherheit ergibt sich,
wenn Sende­ und Empfangsantenne parallel zuein­
ander ausgerichtet sind – stehen die beiden Antennen
in einem 90­Grad­Winkel zueinander, ist der Empfang
sehr schlecht. Unglücklicherweise ändert sich die
Ausrichtung der Sendeantenne bei einer Funkmikro
fon­Übertragung jedoch laufend, da sich der Sänger
bewegt. Deshalb sollten Sie die beiden Empfangs­
Antennen im 90­Grad­Winkel zueinander drehen,
damit immer eine der beiden Antennen die optimale
Ausrichtung zum Sender hat (Abb. 3).
Durch Wahl unterschiedlicher Trägerfrequenzen
können mehrere Kanäle gleichzeitig übertragen wer­
den, so dass alle Musiker der Band ein Funksystem
sicherer Funkempfang
durch diversity
Wie Sie einen Störer
ausfindig machen
Wenn Sie vermeiden wollen, dass auf Ihrer Übertragungs­
frequenz ein „Störer“ unterwegs ist, dann sollten Sie
vor dem Einschalten des Senders erst den Empfänger
in Betrieb nehmen. Zeigt der Empfänger nun ein Hoch­
frequenz­Signal an, dann deutet das darauf hin,
dass sich ein Störer auf der von Ihnen eingestellten
Frequenz befindet. In diesem Fall wählen Sie eine
andere Übertragungsfrequenz und gehen dieselbe
Prozedur noch einmal durch. Dieses Vorgehen kostet
nicht viel Zeit und sollte deshalb zu einer guten
Gewohnheit werden.
Um bei diversity-funksystemen optimale empfangsergebnisse zu erzielen, sollten die beiden
Antennen nicht parallel, sondern angewinkelt zueinander stehen.
Antenne A
Antenne B
Empfänger 1
elektronische
Umschaltung
Empfänger 2
Audio Ausgang
Abb. 2: funktionsweise des diversity-Verfahrens: die hf-Pegel
beider Antennen werden miteinander verglichen – die Antenne, die
den höheren Pegel führt, wird auf den Ausgang durchgeschaltet.
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einige hersteller bieten
Anstecksender, mit denen
ein herkömmliches Mikro
zum funkmikrofon wird.
nutzen können. Viele Hersteller bieten Mehrkanal­
anlagen an, bei denen die parallel nutzbaren Fre­
quenzen in einem Preset zusammengefasst sind.
Ein Preset enthält meist acht Kanäle, deren Frequen­
zen sich nicht gegenseitig stören.
Wenn Sie Funkmikrofonsysteme von unterschied­
lichen Herstellern gleichzeitig nutzen wollen, sollten
Sie auf den Mindest­Frequenzabstand von 0,4 MHz
achten. Wenn zwei Sender auf unterschiedlichen
Frequenzen funken, kommt es zur Bildung von
Störfrequenzen – den Intermodulationsfrequenzen.
Es entstehen völlig neue Frequenzen, die eventuell
die Übertragung eines dritten Kanals stören. Als
Faustregel gilt: Sie sollten niemals gleiche Fre­
quenzabstände zwischen den Übertragungskanälen
einstellen, um Intermodulationsstörungen zu ver­
meiden.
HF-Eingangsspannung
Antenne A
HF-Eingangsspannung
Antenne B
Fehlerquellen aufspüren
in 5 Schritten
In den meisten Fällen werden Sie eine drahtlose Mikrofonanlage sicher und störungsfrei
betreiben können. Gerade einkanalige Anlagen sind heute so zuverlässig, dass sie einer
drahtgebundenen Lösung in punkto Übertragungssicherheit nahezu ebenbürtig sind. Wenn es
dann doch einmal ein Problem gibt: keine Panik! Arbeiten Sie die 5 Punkte unserer Liste
durch – meist ist das Problem dann schnell behoben.
1. Ist der Sender eingeschaltet? So trivial das auch klingt: Gerade, wenn der Handsender
keine Aktivitäts­LED hat, sieht weder der Künstler, noch der Toningenieur auf Anhieb, ob der
Sender aktiviert wurde. Also vor jedem Auftritt den On/Off­Schalter checken und diesen
Schalter gegen unbeabsichtigtes Betätigen sichern!
2. Stimmen die Übertragungsfrequenzen überein? Überprüfen Sie noch einmal die am Sender
und Empfänger eingestellten Frequenzen – bei vielen Systemen kann die am Sender einge­
stellte Frequenz per Infrarot­Schnittstelle an den Empfänger übertragen werden.
3. Batterien oder Akkus überprüfen! Wenn der Sender nach dem Auftritt nicht gleich ausge­
schaltet wurde, ist die Batterie beim nächsten Gig leer. Am besten ist es, wenn Sie generell
vor jedem Auftritt frische Batterien einlegen und die alten Batterien sofort entsorgen. Wenn
Sie alte und frische Batterien nicht getrennt aufbewahren, dann legen Sie in der Hektik vor
dem Gig eventuell gebrauchte Batterien ein – mit den entsprechenden Folgen.
4. Eine weitere Fehlerquelle ist ein falsch eingestellter Squelch. Die Squelch­Funktion bewirkt
eine Stummschaltung des Audio­Ausgangs, wenn der Empfänger keinen Sender auf der ein­
gestellten Frequenz findet. Ohne diese Funktion würde der Empfänger laut aufrauschen, was
für alle Beteiligten ziemlich unangenehm ist. Mit Hilfe des Squelch­Reglers stellen Sie den
Threshold des Noise­Gates ein, das den Audio­Ausgang mutet. Wenn Sie einen zu hohen Wert
gewählt haben, dann schaltet das Gate den Ausgang stumm, obwohl der Sender eingeschaltet
ist und die Übertragung einwandfrei funktioniert.
5. Überprüfen Sie Positionen der Antennen: Ideal ist es, wenn sich Sender und Empfänger
„sehen“ können. In diesem Fall ist sicher gestellt, dass die Funkwellen nicht durch Metall­
gegenstände wie Racks oder Bühnenaufbauten abgeschirmt werden. Generell gilt: Höhe
bringt’s! Je höher Sie die Empfangsantenne ihres Drahtlossystems installieren, desto siche­
rer die Übertragung. Wenn Sie den Empfänger in einem Rack eingebaut haben, sollten Sie
vielleicht eine abgesetzte Antenne anschließen. Diese können Sie auf ein Mikrofonstativ
aufschrauben, das in unmittelbarer Nähe der Bühne aufgestellt ist. Im Zweifelsfall verlegen
Sie lieber ein paar Meter Antennenkabel von der Antenne zum Empfänger, als den Empfänger
zu weit von der Bühne entfernt zu positionieren.
HF-Eingangsspannung
Antenne A + B
Abb. 3: durch das diversity-Verfahren verbessert sich die Über-
tragungssicherheit entscheidend, weil immer das signal mit
dem höheren Pegel an den Ausgang durchgeschaltet wird.
hand- oder Taschensender?
Persönliche Präferenz entscheidet
Funkmikrofonsysteme werden in den unterschied­
lichsten Ausführungen und Preisklassen angeboten.
Bei einem Handsender sind Antenne, Sender und
Batterien im Mikrofongriff untergebracht, so dass das
Funkmikro einem drahtgebundenen Bühnenvokal­
mikrofon recht ähnlich sieht. Bei einigen Systemen
ist es sogar möglich, den Kapselkopf zu tauschen.
Üblicherweise wird der Front­Sänger den Handsender
bevorzugen, da viele Sänger und Sängerinnen an
diese Art der Performance gewöhnt sind und mit
diesem Mikrofontyp gut umgehen können.
Noch mehr Bewegungsfreiheit erhalten Sie mit
einem Ansteckmikrofon, das an einen Taschensender
angeschlossen wird. Kopfbügelmikrofone – auch Head­
sets genannt – haben sich in den letzten Jahren
ebenfalls durchgesetzt, da die Mikros immer kleiner
und unauffälliger geworden sind und die Bühnen­
Optik kaum noch stören. Das Mikrofon wird meist
mit einem 3,5­mm­Klinkenstecker an den Taschen­
sender angeschlossen, der am Gürtel oder in einer
Tasche des Musikers angebracht ist. Im Taschen­
sender sind das Sendemodul, ein Batteriefach und
die Bedienelemente für die Sender­Einstellungen
tw
untergebracht.
tastenwelt 1/2009
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