Mixdown Gitarrensolo EQ und Dynamics
recording
MIXDOWN
© PPVMEDIEN 2009
Gitarrensolo: EQ und Dynamics
statt nur dabei
S O L A S S T I H R D A S G I TA R R E N S O LO Z U M J U W E L E U R E S S O N G S W E R D E N
Mitten durch
Es ist geschafft. Der perfekte Take ist auf Band oder Festpatte gebannt.
Jetzt gilt es das solistische Kunststück zum Glanzstück aufzupolieren.
All die Mühe beim Einspielen und Aufnehmen soll ja dann im Mix
glänzend und funkelnd in Szene gesetzt werden. Und dafür sind die
beliebten Studiohelferlein Equalizer und Dynamics nun mal äußerst
formidable Werkzeuge. Wir zeigen, wie ihr Solos ideal in Szene setzt.
GITARREN-SOUND MISCHEN
Foto/Montage: Amentsbichler
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Halt, bevor es eigentlich daran geht, sollte man kurz
mal über das Thema Editing nachdenken. Denn nur
im Idealfall habt ihr einen perfekten Take zur
Verfügung, in einer perfekten Welt sogar mehrere
perfekte Takes zur Auswahl. Die Realität sieht aber
meistens anders aus. Gitarristen sind Menschen und
haben als solche auch mal einen schlechten Tag.
Ausnahmegitarristen, denen der Ruf vorauseilt, dass
sie auch nachts um vier, nach 36 Stunden ohne
Schlaf noch voll inspiriert und fehlerfrei abliefern,
sind halt wirklich die Ausnahme. Wir alle wissen, das
wahre Leben ist dagegen ernüchternd profan. Solo-
Editing tut also oft Not. Mehr darüber lest ihr im
entsprechenden Kasten auf Seite 60.
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Gitarrensolo: EQ und Dynamics
Weiter geht es mit der klanglichen
Beurteilung unseres Gitarrensolos.
Dazu
hört man es sich erstmal total trocken im
Zusammenhang mit den Rhythmusspuren an.
Wie kommt das Solo vor diesem Hintergrund
zur Geltung? Fehlt was oder gibt es unschöne
Überlagerungen mit Bass oder Rhythmusgitar-
ren? Sind hier eventuell Frequenzauslösch-
ungen zu hören? Letztere Fragen sind beson-
ders interessant wenn sowohl Solo- als auch
Rhythmusgitarren verzerrt sind, also gleichar-
tige Sounds liefern. Keyboards sind da übrigens
meist unproblematischer. Flächige Streicher-
oder Padsounds trennen sich allein durch ihre
geringere Dynamik schon sehr gut von der Gi-
tarre. Bei einer gut angecrunchten Hammond
mit ordentlichem Anschlagsklick kann das aller-
dings schon wieder anders aussehen, zumal
sie in den Mitten auch einen
ähnlichen
Frequenzbereich
in Anspruch nimmt wie die
Durch einen Sweep mit einem
schmalbandig geboosteten EQ-Band
wurde bei einer tief gestimmten,
verzerrten Rhythmusgitarre ein stö-
rendes Dröhnen bei 140 Hz gefunden.
Anschließend wird dieser Übeltäter auf
umgekehrtem Wege gnadenlos in die
Versenkung geschickt und die Gitarre
passt richtig in den Mix.
übelstem Gerumpel führen. In solchen Fällen
bleibt einem nichts anderes übrig, als das
Frequenzdickicht gehörig auszulichten.
Equalize it!
Es sei nochmals erwähnt, dass man bei der
Aufnahme tunlichst die Finger vom EQ der DAW
oder dem Pult lassen sollte. Im Idealfall sollte
der Klang der Aufnahme durch Gitarre, Amp,
Mikrofonierung (eventuell einen Mikrofon-
Preamp) und natürlich nicht zuletzt durch die
Finger des Gitarristen geformt werden. Alles was
Überlagerungen mit anderen
Instrumenten? Frequenzen ausdünnen!
ihr später im Mix hören wollt, sollte im unbe-
arbeiteten Signal schon da sein. Nur so könnt
ihr es noch wirklich effektiv mit einem EQ be-
arbeiten. Wie geht man dabei vor? Wie eben
schon gesagt heißt die Devise, Licht in das
Frequenzdickicht zu bringen. Im Falle von ver-
zerrten Rhythmusgitarren im Hintergrund soll-
Gitarre. Überlagerungen im
Bassbereich werden eher ein
Thema wenn die Gitarre tiefer gestimmt ist,
wie das bei vielen Metal-Sounds heutzutage
üblich ist. Werden im Solo stiltypische schnell
angeschlagene Läufe gespielt, die oft mit der
Hand abgedämpft werden, um den perkus-
siven Anschlag deutlicher hervorzuheben, kann
das bei tieferen Stimmungen schon mal zu
Gitarrenheld im Scherenschnitt
Spielen und Editieren
Oft hat man mehrere Solo-Takes, bei
denen Passagen richtig gut sind, an-
dere eher mäßig. Warum nicht daraus
einen perfekten Take schneidern?
Das wurde, seit es entsprechende
technische Möglichkeiten gab, schon
immer so gemacht.
Und auf die Gefahr
hin, jetzt so manches Heldenlied aus
alten Tagen zum simplen Volkslied zu
entzaubern, sei festgestellt, dass so
einige legendäre Gi-
tarrensoli nicht al-
lein das Werk der geschickten Finger des
Herrn Gitarristen sind, sondern oftmals
auch erst durch solides Handwerk des
Produzenten und Tontechnikers enstan-
den. Beispiel gefällig? Eddie Van Halens
Solo auf „Beat It“ (Michael Jackson) ist
so ein Fall. Als Eddie überraschend zur
Session gebeten wurde, spielte er meh-
rere Takes auf verschiedenen Spuren
ein, aus denen sich Quincy Jones dann
die finale Version zusammengemischt
hat. Wer jemals versucht hat, das Solo
nachzuspielen, kann die Nahtstellen gut
erahnen. Übrigens: beim „Jump“-Solo
vom gleichen Künstler habe ich auch so
meine leisen Zweifel, ob das aus einem
Guss entstanden ist. Im Analogzeitalter
wurden diese Takes in Echtzeit auf eine
Spur runtergemischt, indem man punkt-
genau an den entsprechenden Stellen
die eine Spur an-, die andere stumm
schaltete (manueller Crossfade inklu-
sive). Solche Mixdowns musste man
vorher regelrecht proben.
In der digitalen Welt haben wir es
doch da viel leichter.
Die einzelnen
Audio-Files lassen sich auf den Frame
genau zurechtschnippeln. Wenn mal
ein Schnitt nicht passt, wird alles wieder
rückgängig gemacht und die Schnipsel
nach Herzenslust hintereinander geklebt.
Allerdings ist auch hier Gehör und Gefühl
für die Materie gefragt, damit noch alles
möglichst natürlich klingt und die Schnitte
im Idealfall nicht wahrnehmbar sind. Man
begutachtet erst einmal die Phrasierung
der einzelnen Takes und sucht Stellen, an
denen ein Übergang zum nächsten File
gut zu kaschieren ist, etwa eine kurze
Pause. Da kann man die betreffenden
Files dann einfach überlappen lassen.
Künstlerisch brauchbare Nebengeräu-
sche wie Fingerslides, Pickslides und
ähnliches sollten nicht unnatürlich be-
schnitten werden. Sollte trotzdem beim
Übergang zum nächsten File ein verräte-
risches Knacken zu hören sein, kann man
dieses mit einem kurzen Crossfade an der
Nahtstelle gut eliminieren. Zur späteren,
komfortableren Bearbeitung kann man
das nun maßgeschneiderte Heldensolo
mittels Merge-Funktion zu einem File zu-
sammenkleben. Vorher solltet ihr unbe-
dingt noch einmal die Spur furztrocken
solo abhören, um eventuell vorhandene
Fehlerstellen zu entdecken.
Ein Crossfade in der DAW. So wird manch
moderner Solist zum Helden geschnippelt. Aber
nicht übertreiben, sonst wird es unrealistisch.
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te man zunächst mal bei denen nachschauen.
Sind diese etwas zu fett abgeschmeckt, können
sie dem Solo-Sound den Platz im Mix nehmen.
Dazu hört man nun die Solospur zusammen
mit den Rhythmusgitarren und forscht nach
Überlagerungen, störendem Gewummer und
ähnlichen Phänomenen. Hat man welche aus-
gemacht, hört man nun die Rhythmusgitarren
solo und macht sich mit dem EQ auf die Suche
nach den Störenfrieden. Dazu benutzt man
diesen wie einen umgekehrten Notch-Filter.
Das englische Wort notch bedeutet soviel wie
Kerbe. Mit einem Notch-Filter lassen sich sehr
schmalbandig Frequenzanteile eines Signals
ausblenden, es wird sozusagen eine Kerbe
in den Frequenzgang geschlagen. Notch-
Filter werden daher gern benutzt um gezielt
Störgeräusche zu entfernen, etwa um im Live-
Betrieb Rückkopplungen zu beseitigen. Wenn
man stattdessen schmalbandig anhebt, lassen
sich sehr gut bestimmte erwünschte oder uner-
wünschte Frequenzen herausfinden – wie folgt.
Man nehme also einen Equalizer.
Sehr be-
quem und anschaulich geht das mit dem hau-
seigenen Equalizer einer DAW wie etwa dem
Channel EQ in
Logic oder dem
Studio EQ in Cu-
Bei Gitarrensolos lässt sich über die
Bearbeitung der Transienten viel Einfluß auf
den Charakter der Darbietung nehmen.
Rhythmus- und Sologitarre müssen
sich gegenseitig Platz im Mix lassen.
base, die auch
eine grafische
Darstellung des Frequenzbearbeitung bieten. Ihr
aktiviert den EQ in der betreffenden Spur, wählt
euch ein Frequenzband mit Glockencharakte-
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ristik und stellt dort den Q-Faktor (Filtergüte)
auf einen extrem hohen Wert. Dann hebt ihr
den Gain dieses Frequenzbereichs übertrie-
ben an, ruhig mal um 20 dB. Im EQ-Fenster
sollte nun eine Spitze steil nach oben ragen.
Diese lässt man, in-
dem man den
Frequenc y-Wer t
verändert,
über
Stark dynamische Cleansounds
komprimiert man im Peak-Modus.
den
kompletten
Frequenzumfang streichen. Dadurch hört man
nun den Bereich um die jeweilige Center-
Frequenz übertrieben laut und findet so schnell
die Problemzonen. Ist eine solche gefunden,
Solo-Einsatz für den Kompressor
Dynamik und Druck optimieren
Man kann dem Kompressor die Kriterien vor-
geben, nach denen er die betreffenden Signale
bearbeiten soll. Aber wo wende ich welche
Kompressor-Betriebsart an.
Hard Knee oder Soft Knee?
Wie rigoros der Kompressor zu Werke geht, wird mit
der Wahl zwischen Hard oder Soft Knee bestimmt.
Wie der Name sagt, setzt die Kompression bei Hard
Knee eben hart ein. Bildlich gesprochen: Jedes
Signal, das auch nur so gerade über den Threshold
lugt, kriegt prompt eins auf die Mütze. In der Soft-
Knee-Einstellung setzt die Pegelreduktion um den
Threshold herum (also auch schon leicht unterhalb)
weich und fließend ein.
Peak oder RMS ?
Im Peak-Modus reagiert er auf die Spitzenpegel,
in der RMS-Einstellung auf die durchschnittliche
Gesamtlautstärke. Zur Verdeutlichung werfe man
nochmals einen Blick auf die hier als Wellenform
dargestellten Gitarrensignale. Der Cleansound zeigt
im Anschlag deutlich hervorstechende Pegel, ge-
folgt von einem in der Signalstärke stark abfallenden
Ausklingen des Tons. Hier kommt der Peak-Modus
zum Einsatz. Der ist übrigens auch angebracht, wenn
der Kompressor eher wie ein Limiter arbeiten und
problematisch hohe Pegelspitzen reparieren soll (z.
B. bei der Nachbearbeitung von Live-Mitschnitten).
Dagegen zeigt das mit dem E-Bow gespielte Signal
so gut wie keine Anschlagstransiente, dafür aber ei-
ne hohe, gleichbleibende Lautstärke und wäre somit
ein Fall für RMS. Das oben abgebildete E-Bow-Signal
soll hier aber nur die Verschiedenheit der Signale
Eine Spur einer verzerrten Gitarre. Auch
hier ist das Signal eher wenig dynamisch.
Mit der gleichen Vorgehensweise lässt
Gitarrensolo-Sound so gut wie ohne
Dynamik – erzeugt mit einem E-Bow.
sich auch der Solo-Sound bearbeiten.
Moderne High-Gain-Amps liefern oftmals
ein gewaltiges Low End, da sie zumeist einen
Resonance-Regler, also einen Bassregler in der
Endstufe, an Bord haben. Dieser ist das tief
tönende Gegenstück zum Presence-Regler.
Eigentlich eine feine Sache, da man damit
dem Gitarren-Sound unten herum so richtig
Schub verleihen kann. Sobald aber mehrere
Gitarrensignale im Mix kollidieren, kann die-
ser Segen auch schnell zum Fluch gedeihen.
Bei einem stark verzerrten Solo-Sound, wie er
auf Metal-Produktionen üblich ist, können sich
hier Abdämpf- und Anschlagsgeräusche unan-
genehm verstärken. Bei tieferen Stimmungen
sind hier auch Überlagerungen mit Bass und
Bassdrum möglich. Also sollte man sich in sol-
chen Fällen mal auf der Solospur unterhalb von
250 Hz nach überflüssigem Gewummer auf die
Suche machen und dieses dann entsprechend
absenken. Aber auch am anderen Ende des
Frequenzspektrums kann ein hoch eingestellter
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veranschaulichen, denn in der Realität käme wohl
niemand darauf, ein derartig undynamisches Signal
noch mit einem Kompressor zu bearbeiten. Aber su-
stain-reiche Slide-Soli wären für den RMS-Modus ein
denkbares Einsatzgebiet.
senkt man genau in diesem Bereich den Gain auf
einen negativen dB-Wert ab und der EQ wird so
wieder zum Notch-Filter. Auf diese Weise lassen
sich Sounds gezielt verschlanken und besser ins
Gesamtklangbild einpassen. Dann könnt ihr sie
später im Mix bei Bedarf auch lauter einpegeln.
Anders dagegen ein Clean-Solo: Hier läßt
sich mit Dynamics viel erreichen.
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Fotos: Ametsbichler, Hersteller, Sony BMG; Grafiken: Emskötter
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Obertönen und fiesen Picking-Geräuschen äu-
ßern kann. Die oberen Mitten klingen dann ver-
dächtig nach Rasierapparat. Da singt nix mehr,
da schreit es nur noch. In diesem Fall sollte
man mal gründlich den Frequenzwald bei etwa
6 kHz durchforsten, um fieses Gequietsche
ohrenverträglich zu mildern.
Bis jetzt war hier nur vom Absenken
die Rede.
In einigen Fällen ist aber auch eine
Anhebung bestimmter Frequenzen sehr effek-
tiv. Braucht mein Solo trotz eines im Kern ge-
sunden Grund-Sounds einen kleinen Tick mehr
Durchsetzungsvermögen, so kann man sich den
als irgendwelchen Zahlen. Schnell hat man im
Eifer des Gefechts einen an sich soliden Sound
so verbogen, dass er zur Karikatur gerät. Das
Schöne am EQ ist ja, dass man den vermeint-
lichen Fortschritt in der Klangformung auch mal
mit dem Bypass-Schalter überprüfen kann. Da
merkt man schnell, ob man sich gerade in die
falsche Richtung verrennt.
Dynamik
Ein wichtiges Thema, gerade in Sachen Solo-
Sound. Und hier kommt nun der Kompressor
ins Spiel. Ein Kompressor verringert den Dy-
mamikumfang des Signals, indem er krasse
Signalspitzen
über
einem eingestellten
Schwellwert (Thre-
shold) in einem be-
Störenden Picking-Geräuschen lässt
über einen gezielten Boost in den Mitten be-
sorgen. Hier liegt das Herz des Gitarren-Sounds,
so etwa um 800 Hz herum. In diesem Bereich
steckt der wirkliche Punch, der ein Solo im Mix
deutlich nach vorn trägt. Habt ihr andererseits
mal ein cleanes oder nur angezerrtes Solo, das
ein wenig frischer klingen könnte, kann eine
dezente Anhebung der Frequenzen ab etwa
5 kHz helfen. Speziell hier könnte aber auch
ein Exciter oder Enhancer mal einen Versuch
wert sein. Generell sollte man bei all diesen
Spielereien eine gewisse Vorsicht walten lassen
und bei der Beurteilung des Signals den Ohren
und dem eigenen Geschmack mehr vertrauen,
sich bei circa 6 kHz Einhalt gebieten.
stimmten Verhältnis
(Ratio) bedämpft. Lautstärkeunterschiede zwi-
schen lauten und leisen Passagen werden so
ausgeglichen und das Signal kann in seiner
Gesamtlaustärke mittels Gain angehoben wer-
den. Dadurch klingt es dichter, oder wie man so
schön sagt, fetter. Für verzerrte Solo-Sounds ist
zusätzliche Kompression oft nicht nötig, da
durch die Übersteuerung im Amp das Gitarren-
signal schon mächtig komprimiert wird. Geht
man da noch mit einem Kompressor drüber,
wird der ohnehin schon geringe Dynamik-
umfang des Signals vollends platt gebügelt und
die Natürlichkeit des Gitarren-Sounds kann
dabei verloren gehen.
Um zu Zeiten der Bandmaschine zwischen
den gelungensten Takes überzublenden,
musste man schnell sein und dabei
Fingerspitzengefühl beweisen.
Gain-Regler am Gitarren-Amp zu Missvergnügen
führen. Durch die starke Verzerrung können
nämlich auch die Präsenz-Frequenzen unange-
nehm werden, was sich in harsch klingenden
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Gitarrensolo: EQ und Dynamics
Cleansounds oder angecrunchte Klänge
sind aber deutlich anschlagsdynamischer,
ebenso ist das Ausklingen nicht so lang wie
beim High-Gain-Brett.
Der Dynamikumfang
dieser Signale ist also wesentlich extremer. So
kann es passieren dass hart angeschlagene
Töne deutlich hervorstechen, andere Passagen,
die vielleicht eher legato gespielt sind, im
Verhältnis dazu absaufen. Da kann Kompression
die Sache dichter und tragfähiger machen.
Allerdings ist dabei Fingerspitzengefühl gefragt.
Auch hier kommt man schneller zum Ergebnis,
wenn man eher den Ohren als den Zahlen ver-
traut. Zunächst wird ein geeigneter Threshold-
Wert gewählt. Dieser ist natürlich von der Stärke
des Eingangssignals abhängig. Je niedriger der
Threshold eingestellt ist, umso mehr werden
Transienten wie das Anschlagsgeräusch dem
danach ausklingenden Ton angeglichen. Dann
wird ein passender Ratio-Wert gesucht. Bei ei-
ner Ratio von 2:1 etwa wird jedes Signal, das 2
Carlos Santana hat nicht zuletzt durch
seinen ureigenen Solo-Sound schon
von seinem Debut „Santana“ Millionen
Exemplare verkauft.
dB über dem Threshold liegt, ausgangsseitig nur
mit 1 dB mehr weitergegeben. Bei 4:1 verringern
sich 2 dB über dem Threshold also zu 0,5 dB.
Letzteres ist demnach schon ein deutlich größe-
rer Eingriff in den Dynamikumfang. Das dyna-
mische Verhalten des Kompressors
wird dann mit Attack und Release
fein justiert. Attack bestimmt
wie schnell der Kompressor auf
Eingangssignale reagiert. Bei län-
Das Herz des Gitarrenklangs
findet ihr bei ungefähr 800 Hz.
zum Beispiel Enveloper. Die Bedienung ist da
recht einfach, denn sie beschränkt sich auf zwei
entscheidende Regler. Mit dem Attack-Regler
lässt sich die Einschwingphase anheben oder
absenken, der Sustain-Regler (heißt bei ande-
ren auch Release) bearbeitet das Ausklingen
des Signals. Obwohl diese Geräte besonders
gern zur Bearbeitung von Drums, Loops und
ähnlichem herangezogen werden, sind sie auch
für Gitarren ein echter Tipp. So könnte man bei-
spielsweise die Pick-Attacks bei schnell gespie-
lten Läufen noch stärker herauskitzeln, um ihre
Virtuosität besser zur Schau zu stellen. Habt ihr
andererseits die Rhythmusgitarren etwas schlan-
ker gemischt, um dem Solo Platz zu machen,
könnt ihr deren Anschlag etwas hervorheben,
um sie so rhythmisch präsent zu halten. Braucht
ihr die Rhythmusgitarren flächiger, macht ihr es
halt umgekehrt.
Generell gibt es auch bei der Dynamik-
bearbeitung keine in Stein gemeißelten
Regelwerte.
Hier zählt Erfahrung und um sol-
che zu sammeln, muss man sich auch mal or-
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geren Attack-Werten setzt die Signalbearbeitung
später ein, so dass das perkussive Einschwingen
des Tons (Anschlagsgeräusch) unbedämpft
bleibt. Je kürzer die Attack-Zeit, umso stär-
ker werden die Transienten beschnitten.
Der Release-Wert bestimmt, wie schnell der
Kompressor die Signaldämpfung wieder zu-
rückregelt. Je schneller die Release-Zeit einge-
stellt ist, umso eher hört ihr also das natürliche
Ausklingen des Tons. Mit diesen beiden Reglern
lässt sich somit das Signal von knackig-per-
kussiv bis hin zu weich und flächig formen.
Die meisten Kompressoren bieten zudem die
Einstellmöglichkeiten Peak oder RMS und Hard
oder Soft Knee. Wie das den Klang des Solos
beeinflussen kann, lest ihr im entsprechenden
Kasten auf Seite 62.
Zum gerade angesprochenen Thema
Transienten muss noch der Transient Desi-
gner erwähnt werden.
Den gibt es zum Beispiel
von SPL als Hardware oder auch als PlugIn. Viele
gängige DAWs bieten solch ein Gerät ebenfalls
in ihren PlugIn-Bundle. Bei Logic nennt sich das
Für Solos im DAW-Mix gibt es den Transient
Designer jetzt auch als PlugIn (siehe Equip-
ment-Workshop in diesem Heft auf Seite 96).
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Vorstufenverzerrung auch gern ein zünftiges
Grundrauschen von sich. Voll aufgerissene
Vintage-Verstärker sind da übrigens auch
nicht immer zurückhaltend. Wurde der Song
nebst Gitarrensolo von mehreren Musikern in
einem Aufnahmeraum eingespielt, oder gar
bei einem Live-Gig mitgeschnitten, kann es zu
Übersprechungen anderer Instrumente in das
Gitarrenmikro kommen. Bei Konzertmitschnit-
ten sind auch Einstreuungsbrummen, Trittschall
und ähnlich unschöne Dinge durchaus möglich.
Das möchte man natürlich alles nicht auf der
Solospur hören, geschweige denn mit durchs
Delay oder den Hall jagen. Also, weg damit.
Und aufgepasst: Da ein Kompressor solche
Nebengeräusche völlig kritiklos mitbearbeitet
und gegebenenfalls in der Lautstärke mit an-
hebt, gehört das Noise-Gate in der Signalkette
natürlich vor den Kompressor, damit dieser nur
mit einem sauberen Signal gefüttert wird. Auch
für die Einstellung eines Noise Gates muss man
erst ein Gefühl entwickeln. Der Threshold-Wert
bestimmt hier die Pegelgrenze, die ein Signal
überschreiten muss, um das Gate zu öffnen.
Alles unterhalb dieser Grenze wird ausgeblen-
Der Sound kommt aus den Fingern. Nur
was hier entsteht, kann auch gemischt wer-
den. Und was hier vollkommen fehlt, könnt
ihr auch im Mix nicht rein schrauben.
dentlich „verschrauben“, nur um zu merken, dass
es so nicht geht. Nicht zuletzt entscheidet auch
der persönliche Geschmack oder der Zeitgeist.
Einen klassisch ausgebildeten Tontechniker
der 60er-Jahre würde bei einem bis an die
Haarspitzen komprimierten Mix à la Muse wohl
das kalte Grauen packen. Ist heute aber total
det und so das hoffentlich lautere Nutzsignal
vom Störsignal getrennt. Auch beim Noise Gate
finden sich Attack- und Release-Regler, die re-
geln, wie schnell das Gate öffnet oder schließt.
Bei perkussiven Signalen sind die Attack-Zeiten
entsprechend kurz zu wählen, bei lang ausklin-
genden Tönen sorgen längere Release-Zeiten
für ein langsames Schließen des Gates, so dass
das Signal nicht unnatürlich abgeschnitten wird.
Damit hat man es eigentlich schon im Griff. Das
Noise Gate sollte übrigens am Besten als Insert
in den Kanal der Solospur platziert werden.
So bekommt ihr die
Solospur schön fett und
sauber.
Und ihr seid bereit,
Viele bekannte Gitarren-Sounds sind
auch ein Ausdruck des Zeitgeists.
hip. Die aalglatt komprimierten Gitarren-Sounds
auf Def Leppards Hysteria waren in den späten
80ern richtungsweisend. Heute würde das aber
kein Mensch mehr so machen.
Der Kompressor bringt uns auch noch
zum Thema Nebengeräuschen und da-
mit zum Noise Gate.
Eigentlich handelt man
das meist bei der Aufnahme ab, ein Gate lässt
sich aber auch im Mix noch sinnvoll einset-
zen. Störgeräuschquellen gibt es viele. Gerade
High-Gain-Amps geben neben einer hohen
www.recmag.de
das Ganze nach Gusto im
Klangbild zu platzieren und
mit jeder Menge Schabernack wie Hall, Delay
oder Modulationseffekten zu veredeln. Aber das
ist schon wieder ein anderes, weites Feld. Viel
Spaß beim Schrauben.
Der Autor
Uli
Emskötter
Gitarrist, Workshop- und
Fachbuchautor (Band Book Bd. 1&2)
ist unter anderem auf den Playalongs
der DrumHeads!!-CD zu hören.
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