Mixdown Gitarrensolo fuer den Mix planen
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MIXDOWN
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Gitarrensolo für den Mix planen
OPTIMAL AUFNEHMEN UM IM MIX ZU GLÄNZEN
Millionen
G I TA R R E N S O LO – M I T P L A N U N G Z U M P E R F E K T E N M I X
Solo für
Schon seit den frühen Tagen des Rock'n'Roll gehört
das Gitarrensolo in den Song wie Strophe und Chorus.
Seither bemühen sich Generationen von Gitarristen und
Tontechnikern, den ultimativen Solo­Sound zu kreieren.
Wir zeigen euch hier wie das Solo zum Highlight im Mix
Foto: Wilschewski
wird. Und das entscheidet sich schon bei der Aufnahme.
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Auf die Frage „Wie mischt man ein Gitarren-
solo?“ geben viele die Antwort: „Laut, in die
Mitte, Hall drauf – fertig!“ Ganz so einfach
ist die Sache dann aber doch nicht. Allein
wegen der vielen unterschiedlichen Genres
heutiger Gitarrenmusik ist Solo nicht gleich
Solo und daher lohnt es sich, dieses Thema
mal aus verschiedenen Blickwinkeln zu be-
trachten. Setzen wir zuerst einmal die Pro-
duzenten-Brille auf. Am Anfang steht hier
die Frage, welchen Beitrag das Solo später
im Song leisten soll. Denn genau an diesem
Punkt beginnt eine Kette von Überlegungen,
die schließlich in den finalen, klanglichen
Entscheidungen im Mix endet. Rock-Kracher
oder Ballade? Gibt es einen eigenen Soloteil
mit anderen Harmonien oder gar einer an-
deren Tonart? Gibt es Rhythmus- bzw.
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Tempowechsel? Wird vielleicht über einen
schon bekannten Songteil wie Chorus oder
Bridge soliert? Ist es ein kurzes, knackiges
Popsolo über 8 bis 16 Takte, oder ein
langes, auskomponiertes Solo, das viel-
leicht eine Minute dauert? Was machen die
anderen Instrumente im Hintergrund? Mit
diesen Fragen ist man schon mittendrin im
Arrangement und damit auch in den ersten
Produktionsentscheidungen. Grundsätzlich
gibt es hier zwei Strategien: Habe ich schon
eine klare Vorstellung vom späteren Gesamt-
klangbild im Kopf, kann ich das Solo schon
während der Aufnahme gezielt in diese
Richtung gestalten. Will ich mir aber für den
späteren Mix möglichst viele Optionen of-
fen halten, muss ich ein Signal haben, dass
mir diese Flexibilität bietet.
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In jedem Falle gilt: Ein guter Mix beginnt
mit einer guten Aufnahme.
Das klingt wie
eine hundertmal gehörte Binsenweisheit, trifft
aber den Kern der Sache. Die Qualität der zu mi-
schenden Signale hat oftmals mehr Einfluss auf
das Endergebnis als die Preisschilder am Mixing-
Equipment. Das heißt im Klartext: Wenn ein Solo
von Anfang an schrecklich klingt, dann kann ich
im Mix bestenfalls nur versuchen, Müll zu po-
lieren. Das führt selbst bei teuerstem Werkzeug
in der Regel zu eher zweifelhaften Ergebnissen.
Beginnen wir mit dem ersten der vorher gezeich-
neten Szenarien: Das Genre des Songs ist klar
vorgegeben und es gilt gewisse Stil-Klischees zu
bedienen. Also beginnt die Klangformung schon
mit der Auswahl der geeigneten
Gitarre/Amp-Kombination. Für ein
Metal- oder Hardrock-Solo wird wohl
niemand auf die Idee kommen, eine
Das Gitarren-Equipment
bestimmt den Solo-Sound im Mix
Telecaster und einen Fender Twin
ins Studio zu schleppen. Ebenso wenig dürf-
te eine Superstrat mit Humbuckern und Floyd
Rose-Vibrato über einen Mesa Rectifier für ein
stilechtes Rockabilly-Solo geeignet sein. In der
Regel haben Gitarristen, die einem bestimmten
Musikstil verhaftet sind auch das szenetaug-
liche Equipment am Start. Bin ich Studiogitarrist
oder Producer und Gitarrist in Personalunion,
sollte ich über die entsprechende Auswahl an
Klangwerkzeugen verfügen.
Zuerst einmal gilt es, das Frequenzbild
der Basic Tracks kritisch zu beurteilen.
Schließlich muss man das Solo ja in diesem
Gesamtbild einpassen und daher gilt es eine
„Frequenz-Nische“ dafür zu suchen. In aller Regel
funktioniert hier ein Sound, der sich gut von
Rhythmusgitarren und Keyboardflächen abhebt.
Checkliste: Besserer Mix durch gute Aufnahme
Um in der Mischung die nötigen
Freiheiten und keine Phasenprobleme
zu haben, muss man sich Gedanken
über die Mikrofonierung machen – ei­
ne kurze Checkliste:
1) Der Abstand der Mikrofonmembran
zum Speaker wird gemessen.
Bei
Großmembranmikros sieht man recht
gut wo die Membran sitzt, bei dyna-
mischen Mikros wie dem SM 57 muss
man schätzen. Habe ich freien Zugang
zum Speaker, wie zum Beispiel in dem
Isolation Cabinet von Audio Amp Co., ist
diese Messung recht leicht durchzufüh-
ren. Bei 4 x 12“-Boxen oder Combo-
Amps mit dicker, undurchsichtiger
Bespannung vor den Speakern ist das
schon schwieriger. Da hilft der Strick-
nadeltrick: Eine dünne Stricknadel (oder
irgendetwas Vergleichbares) wird an
der Stelle, wo ich das Mikro platzieren
möchte, vorsichtig durch die Bespan-
nung geschoben bis sie den Speaker
berührt. Aber wirklich absolut vorsichtig,
denn man will ja nicht den guten
Speaker piercen. Jetzt die Nadel ganz
nah an der Bespannung fassen, heraus-
ziehen und dann das herausgezogene
Ende messen. Dann den Abstand des
Mikros zur Bespannung abmessen, bei-
de Längen addieren. Mit diesem Richt-
maß könnt ihr nun die Prozedur mit
dem zweiten Mikro wiederholen.
2) Jedes Mikro muss einzeln eingepe­
gelt werden.
Dann die Fader nachein-
ander hochziehen. Nun wird der Sound
kritisch beurteilt.
3) Sind Ausdünnungen oder Überbe­
tonungen zu hören?
Dann müssen die
Mikros von Hand nachjustiert werden.
Hat man diese Prozedur erfolgreich
hinter sich, kann man aber auch klang-
lich aus dem Vollen schöpfen und ganz
gezielt mit den verschiedenen Mikro-
Sounds arbeiten. Suche ich beispiels-
weise den klassischen Vintage-Mar-
shall-Sound, ist ein Shure SM57 eine
gute Wahl. Für eine andere Mitten-
Charakteristik bieten sich die Senn-
heiser-Klassiker MD 421 und MD 441
an. Brauche ich es breitbandiger, macht
ein Großmembranmikro wie etwa ein
Shure KSM 32 oder ein Neumann TLM
103 eine gute Figur. Als heißer Tipp für
Wärme und Druck gelten Bänd-
chenmikrofone, die es von günstig (z.B.
the t.bone RM 500) bis HiEnd (z.B.
Royer R-121) gibt. Für fetten Attack in
den unteren Frequenzbereichen wird
auch gern ein Electro Voice RE 20 ge-
nommen. An einer 4 x 12“-Box könnte
man theoretisch vor jedem Speaker
eines oder mehrere Mikrofone aufstel-
len. Das hat natürlich zur Folge, dass
man immer mehr Kanäle bzw. Spuren
belegen muss. Außerdem ist noch mit
einer wesentlich längeren Mikrofon-
schieberei zu rechnen, um jegliche Pha-
senschweinereien auszumerzen. Man
kann aber auch bewusst Phasenaus-
löschungen provozieren, um einen
Sound besser im Mix einzupassen. Da
heißt es: Erfahrungswerte müssen ge-
sammelt werden.
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Ähnliches gilt für das Thema Kom-
pression.
Da verzerrte Gitarren durch die
Verzerrung sowieso schon komprimieren, erüb-
rigt sich der Kompressor zur Aufnahme eigent-
lich. Bei Cleansounds oder einem Slide-Solo
kann ein vorsichtig eingesetzter Kompressor
ganz wohltuend sein. Meist leistet ein gutes
Kompressorpedal, das vor den Amp gehängt
wird, schon gute Dienste. Benutzt man einen
Outboard-Kompressor oder ein Kompressor-
PlugIn aus der DAW, ist wirklich Vorsicht ge-
boten, da man die Dynamik des Signals allzu
leicht platt bügelt. Auch eventuell entstehendes
Rauschen ist zu beachten.
Unter Umständen kann es aber auch nö-
tig sein, ein anderes Mikro zu suchen.
Damit
beginnt das leidige Thema Mikrofonierung. Da
unterschiedliche Mikrofone jeweils verschie-
dene Frequenzgänge liefern, sind sie als Faktor
in der Klangformung nicht zu unterschätzen.
Auch hier steht zuerst eine grundsätzliche
Entscheidung an: Benutze ich eins oder meh-
rere Mikros? Dazu gibt es eine goldene Regel:
So viele Mikros wie nötig, so wenige wie mög-
lich! Denn die Abnahme einer Gitarrenbox
mit mehreren Mikros bringt auch Probleme
mit sich. Stehen die Mikrofone in verschie-
denen Abständen zu den Speakern, kommt
Fahren die Rhythmusgitarren volles Nu­Metal­
Brett – also viel Bass, wenig Mitten, viel Höhen –
empfiehlt es sich, den Solosound entgegengesetzt
dazu schon am Amp mittenlastig einzustellen.
Habe ich beispielsweise im Hintergrund ein
typisches Metal-Brett mit szeneüblichem
Badewannenfrequenzgang (sprich: Bass- und
Höhenregler am Amp weit aufgerissen, Mitten
raus) dann sollte ich meinem Solosound
ausreichend Mitten verpassen, denn die
machen ihn durchsetzungsfähig. An diesem
Punkt sollte man sich keinesfalls auf das oft
gehörte „We‘ll fix that in the mix“ verlassen.
Das funktioniert nämlich nicht. Was am Signal
fehlt, kann auch kein noch so teurer Equalizer
Was ihr bei der Auf-
nahme bedenkt, hilft
euch beim mischen.
später dazuregeln. Der kann nur vorhandene
Signalanteile anheben oder abschwächen.
Daher muss ich alles, was ich später an
Frequenzen im Solo hören will, dem Signal
schon bei der Aufnahme angedeihen lassen.
Um im Mix die Signale auch wirkungsvoll mit
einem EQ bearbeiten zu können, sollte man
daher bei der Aufnahme die Klangregelung
am Pult oder Mikrofon-Preamp neutral ein-
stellen und versuchen, den Klang zunächst
mit Gitarre und Amp zu formen. Brauche ich
also einen Tick mehr Mitten, kann der Griff
zum Mittenregler am Amp schon genügen.
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es durch die unterschiedlichen Laufzeiten des
Signals zu Phasenverschiebungen und damit
zu Frequenzauslöschungen, die zum ungelieb-
ten Kammfiltereffekt führen. Dieser äußert sich
dann in einem eher hohlen, nasalen Sound
das Solo dann im späteren Mix besonders natür-
lich im Klangbild einbetten. Das wirkt nicht künst-
lich aufgepfropft – was bei billigen Halleffekten ja
schon mal passieren kann. Bei dieser Auf-
nahmetechnik ist zwar die ganze Mess-Arie über-
flüssig, allerdings ist darauf zu achten, das
Raumikro nicht direkt in den Abstrahlkegel der
Box zu richten. Besser ist es das Raummikro im
Winkel von 90° zum Speakermikro zu drehen. In
den meisten Fällen greift man hier zu einem
Kondensatormikro. Hat man vielleicht noch die
Möglichkeit einer umschaltbaren Richtcharak-
teristik, so sollte man es mal mit einer Kugel oder
auch der Acht versuchen. Diese beiden Polar
Pattern kommen im Aufnahmeverhalten unseren
Ohren am nächsten und klingen deshalb für uns
besonders natürlich. Auch bei diesem Verfahren
sollten das Close-Mikro und das Raum-Mikro ein-
zeln eingepegelt und aufgenommen und erst
danach zusammengemischt werden, um eventu-
elle Phaseneffekte zu beurteilen. Steht all dieser
Luxus nicht zur Verfügung, kann man aber mit
einem guten Hallprogramm (wie etwa dem
Space Designer in Logic 8) ähnliche Ergebnisse
erzielen. Man belegt mit dem Reverb einen Bus,
über den man später die unterschiedlichen
Signale mit gleichen Hallräumen versorgen kann.
Oder man zieht mit seinem Mix in größere
Räumlichkeiten um, welche sich für natürliche
Halleffekte eignen und schickt seine Signale auf
Lautsprecher, von denen man dann in ausrei-
Gezielte Auswahl eines charak­
teristischen Gitarren­Amps samt
Box hilft, ein Gitarren­Solo im
Mix wie gewünscht zu platzieren.
oder auch in einem dröhnenden Gewummer,
denn je nachdem welche Frequenzanteile aus-
gelöscht werden, findet in anderen Bereichen
eine Überbetonung statt. So ist im Umgang mit
mehreren Mikros vor derselben Schallquelle
unbedingt Sorgfalt geboten. Damit man im Mix
nicht mit Problemen kämpfen muss, die durch
zu viele Mikrofone bei der Aufnahme entstan-
den sind, beachtet bitte unseren „Checkliste“-
Kasten auf Seite 62.
chender Distanz ein Raumsignal aufnimmt.
Und schon sind wir bei der ReAmping-
Technik angelangt – in Sachen Flexibilität ist
das der Königsweg.
Wie es der Name schon
verrät, geht es dabei um das Wiederverstärken
eines bereits aufgenommenen Gitarrensignals.
Diese Aufnahme/Mix-Technik kommt in profes-
sionellen Studios auch für andere Instrumente
zum Einsatz. Trocken aufgenommene Drums
können so mit natürlichem Raum veredelt wer-
den und dabei zum Beispiel Toms und Becken
Fotos: Wilschewski, EMI Music Germany/Harry Borden
recmag
tipp
Quick &
Dirty
Das Wort Solo deutet ja an, dass es sich
nur um eine einzelne Gitarre dreht.
Wenn ihr aber mit Reamping etc. viele
Optionen offen haben wollt, werdet ihr
im Mix ein gerüttelt Maß an Spuren der
gleichen Signalquelle verwalten müssen.
Um auch gezielt aus dem Vollen schöp­
fen zu können, solltet ihr einen genauen
Spurenplan führen und immer den ge­
samten Song im Blick behalten. So könnt
ihr fokussiert eure Möglichkeiten nutzen.
Gut geplant mischt besser.
Raum-Effekte planen
Sehr edel kann es klingen, wenn ich die
Möglichkeit habe, das Solo in meinem Mix mit
natürlichen Raumklängen zu versehen. Aber
auch diese Option muss man
sich schon bei der Aufnahme
erarbeiten. Hat man also einen
unterschiedliche Raumanteile beigemischt wer-
den. Doch zurück zur Gitarre. Um ReAmping
nutzen zu können, sollte man ein möglichst
Bei einem gut klingenden Aufnahme-
raum empfiehlt sich ein Raummikro.
trockenes, noch besser ein total cleanes, unver-
fälschtes Gitarrensignal aufgenommen haben.
Clean heißt hier aber nicht, dass die Gitarre
über den Clean-Kanal eines Verstärkers einge-
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gut klingenden Aufnahme-
raum zur Verfügung, in dem
eventuell auch schon die Drums aufgenommen
wurden, sollte man auch mal eine Kombination
aus Nahabnahme und Raummikrofon auszupro-
bieren. Durch den gleichen Hallraum lässt sich
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Hat man das Solo erst
einmal clean auf Band
oder Festplatte, kann
man im Mix in jede
Richtung experimen­
tieren – es zum
Beispiel mit Röhren­
Obertönen anreichern.
spielt wird, da dieses durch Verfärbungen in der
Klangregelung bzw. des Speakers nicht mehr
geeignet ist. Will ich einem Gitarren-Sound mit-
tels ReAmping lediglich etwas natürlichen Raum
verpassen, kann ich natürlich jedes trocken ab-
genommene Amp-Signal auf eine Monitorbox
im Aufnahmeraum schicken, um dort mit
einem oder mehreren Mikros den Raumhall
aufzuzeichnen. Will ich aber die Sounds von
mehreren Amps nutzen, brauche ich ein natur-
belassenes, direktes Gitarrensignal, welches ich
im Aufnahmeraum in verschiedene Verstärker
spiele, deren Klang dann an entsprechenden
Lautsprechern abgenommen wird. Eventuelle
Raumanteile können dann gleich
in einem Aufwasch mit aufge-
nommen werden. Dazu wird nun
Die größte Flexibilität im Mix
erhält man sich mit Reamping.
lichst reales Spielgefühl zu vermitteln. Nutze ich
zur Aufnahme eine DAW, kann ich die betreffen-
de Spur mit einem PlugIn wie Amplitube oder
Guitar Rig belegen, um so dem Gitarristen das
Amp-Gefühl zu geben. Damit bietet sich auch
die Möglichkeit des „ReAmping light“, denn mit-
tels dieser Programme lässt sich das Signal ja
zu jedem späteren Zeitpunkt mit anderen Amp-
oder Effekt-Sounds verarbeiten.
ein direktes Gitarrensignal auf das
Aufnahmemedium geschickt. Das
geschieht am besten per DI-Box, welche mein
hochohmiges, unsymmetrisches Gitarrensignal
in ein niederohmiges, symmetrisches Line-
Signal verwandelt. So lassen sich auch even-
tuelle Brummschleifen oder Höhenverluste
vermeiden. Die DI-Box bietet auch den Vorteil,
das Signal zu splitten. So kann ich den Thru-
Ausgang auf einen Amp im Regieraum geben,
um dem Gitarristen beim Einspielen ein mög-
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Gitarrensolo für den Mix planen
Da aber ein richtiger Röhrenverstärker
klanglich nicht zu schlagen ist, wollen wir
das Signal zum Mixdown natürlich durch ei-
nen ebensolchen schicken.
Dazu muss ich
mein aufgenommenes Direkt signal wieder in
ein unsymmetrisches, hochohmiges Signal
zurück ver wandeln, um dem Amp vorzugaukeln,
dass am anderen Ende der Klinkenleine auch
und Schallloch. Ist der Sweet Spot gefunden, ist
dieses Mono-Signal vielleicht schon alles, was
man braucht. Aber halt – jetzt heißt es wieder
spätere Raumeffekte zu bedenken! Bin ich vom
Klang meines Signals überzeugt und möchte im
Mix mit verschiedenen Hallräumen experimen-
tieren, muss ich die Akustik des Aufnahmeraums
ausschalten. Ein Teppich unterm Sitz des Gitar-
risten und ein akustischer Absorber am Mikrofon,
wie der SE Electronics Reflexion Filter oder der
günstige The T.Bone Micscreen, können schon
die Lösung dieser Aufgabe sein. Die Luxusversion
wäre hier natürlich ein Aufnahmeraum mit ver-
änderbarer Akustik. Oder man packt den
Gitarristen in einer Sprecherkabine.
Will ich die Akustik-Gitarre später im Mix
breiter abbilden, muss ein zweites Mikro
her.
Damit habe ich wieder mehrere Optionen:
X/Y-Stereophonie oder M/S-Stereophonie. Bei
der X/Y-Stereophonie werden zwei Kondensa-
tormikros, die Kapseln direkt übereinander,
im Winkel von 90° zueinander ausgerichtet.
Die beiden Signale werden später je nach
Geschmack im Stereopanorama verteilt. Die M/
S-Stereophonie bietet noch mehr Möglichkeiten.
Hier wird zum einen ein Monosignal aufgenom-
men, dafür eignet sich ein Großmembranmikro,
das im Stereopanorama in die Mitte gesetzt
wird. Die dabei eingesetzte Richtcharakteristik
ist meist die Niere, es geht aber auch Kugel
oder Hyperniere. Darüber wird genau um 90°
verdreht ein Mikro mit Acht-Charakteristik po-
sitioniert. Dieses nimmt das Seitensignal auf,
das wiederum gesplittet und nach rechts und
links gelegt wird. Bei einer Seite muss dabei
die Phase gedreht werden. Dieses Verfahren
bietet die Möglichkeit, die Gitarre im Mix sehr
präsent, gleichzeitig aber sehr räumlich abzu-
bilden. Gleichzeitig ermöglicht es euch eine
vollkommen monokompatible Mischung. Wenn
ihr all die genannten Techniken berücksichtigt,
stellt ihr euch die benötigten und geeigneten
Möglichkeiten für den Mix bereit. So sollte es
euch gelingen, dem heiligen Gral der Gitarren-
musik, dem Solo, einen Platz in der Mischung
einzuräumen, der ihm zur Ehre gereicht.
Berühmtes Reamping-Solo:
wirklich eine Gitarre hängt. Dazu gibt es Geräte
wie den X-Amp von Radial,
den Red Eye von Little Labs,
oder auch den von Engineer
John Cuniberti (Joe Satriani,
Dead Kennedys uvm.) ent-
„Another Brick in the Wall“
wor fenen ReAmp. Mit ihnen lässt sich das
Gitarrensignal auf einen oder mehrere Amps
verteilen. Eines der wohl bekanntesten
Gitarrensoli der Popgeschichte entstand
so: Pink Floyd-Gitarrist David Gilmour
spielte bei „Another Brick In The Wall“
zunächst ein cleanes Gitarrensolo direkt
ins Pult, da er dachte, dass dies später
gut zum Sound des Songs passen wür-
de. Beim Mix stellte er jedoch fest, dass
ihm dann doch zu wenig „Fleisch“ am
Sound war und schickte das Direktsignal
wieder in einen Marshall-Amp, der dann
aufgenommen wurde. Das Ergebnis
klingt legendär. ReAmping kann mir für
den Mix also einen ganzen Haufen
klanglicher Optionen bieten. Aber bis-
lang haben wir nur von E-Gitarren ge-
sprochen. Was mache ich denn mit
einem Akustikgitarren-Solo?
Das Akustik-Solo
Auch hier stellt man im Aufnahme-
prozess schon die Weichen für den Mix:
und zwar durch die Wahl des Aufnahme-
raums, die Mikrofonierung und natür-
lich die Anzahl der aufgenommenen
Mikrosignale. Hat die Gitarre auch noch
einen oder mehrere Pickups (Magne-
tischer Tonabnehmer und/oder Piezo)
an Bord, können auch diese wertvolle
Signale für den späteren Mix liefern. Zur
Mikrofonierung bieten sich wieder un-
Einer der großen Meister des
Gitarrensolos in allen Varianten – und
dabei drückt er jeder Aufnahme den ganz
eigenen David-Gilmour-Stempel auf.
terschiedliche Techniken an. Zuerst sollte man
mal ein möglichst gutes Mikro vor der Gitarre
platzieren. Ein Großmembranmikro ist hier eine
gute Wahl, für Nylonstring-Gitarren eignen sich
warm klingende Röhrenmikros besonders gut.
Das Mikro richtet man meist auf den Hals/
Korpus-Übergang, je nach Soundvorstellung
auch schon mal auf eine Position zwischen Steg
Der Autor
Uli
Emskötter
Gitarrist, Workshop- und
Fachbuchautor (Band Book Bd. 1&2)
ist unter anderem auf den Playalongs
der DrumHeads!!-CD zu hören.
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