Special EQS on Stage Entspannt zum transporten Mix
© PPVMEDIEN 2008
DAS FACHBLATT FÜR MUSIKER
Special:
EQs On Stage
DAS FACHBLATT FÜR MUSIKER
SPECIAL
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Ausgleichende Gerechtigkeit
Mit EQ und Filter
zum Wunschsound
Die 11 Gebote
des Live-EQings
Der EQ-Basar
1-2-3 … dabei!
Entspannt zum transparenten Mix
Der Equalizer, dein Freund und Helfer. Falsch eingestellt kann er
aber auch den ganzen Mix „versauen“. Wenn ihr die folgenden
Regeln beachtet, dann kann fast nichts mehr passieren.
E
qualizer, Filter, Entzerrer oder wie man
diese Effekte sonst noch nennen will,
sind mit die wichtigsten Instrumente
beim Erstellen eures individuellen Sounds. Mit
diesen Tools verschafft ihr eurem Mix mehr
Transparenz, macht Platz im gesamten Fre­
quenzbereich und minimiert Feedbacks bzw. kre­
iert ganz neue Sounds. Die folgenden Tipps und
Ratschläge sollten euch EQ­fest machen.
1. Gebot
Du sollst nur hinlangen
wenns sein muss
Equalizer geben dem Toningenieur die Macht
zum Künstler zu werden.
Sie entscheiden über
schön und hässlich, böse und nett, groß und
klein. Sie sind also wie ein Meißel, der an einer
Skulptur angesetzt wird. Leider kann aber auch
hier mit dem letzten gut gemeinten Schlag die
Nase der Skulptur abgeschlagen und so das gan­
ze Stück wertlos gemacht werden.
Der Graphic-EQ sollte zunächst eine Basis
zum Mischen schaffen.
Frequenzen, die in Ord­
nung scheinen, bleiben unbearbeitet. Und wenn
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Praxistipp
Beim Graphic-Equalizer sollte der Schnitt
des gesamten EQs nahe der Nullmarke liegen.
Sind allerdings sehr viele Bänder bereits
verstellt, so wird man sich schwer tun, einen
letztendlich zufrieden stellenden Grundsound
zu finden. Gerade an dieser Stelle sollte man
sich die Zeit nehmen und mit der bis dahin
gesammelten Hörerfahrung und -situation
noch einmal bei Null anfangen. Die neue
Einstellung geht dann meistens leichter und
schneller von der Hand.
bearbeitet wird, wird eher abgesenkt als erhöht.
Ebenso ist es mit dem Kanalequalizer: Vielleicht
klingt ja die Stimme oder die Gitarre schon so
gut, dass man eigentlich gar nichts mehr verän­
dern muss. Ein unbenutztes Band kann später
nämlich gut für Effekteinlagen sein. Hat man
Normalnull:
Bevor ihr eure anlage einmesst, müsst ihr
darauf achten, alle Fader auf Neutralstellung zu haben.
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Soundcheck 02 08
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Die 11 Gebote
des Live-EQings
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bei 15 von 24 Kanälen die Höhen angehoben, so ist es um einiges effek­
tiver, diese alle wieder zu linearisieren und stattdessen am Summen­
equalizer ein wenig anzuheben. Jeder nicht benutzte Regler eines EQs
hilft der Durchsichtigkeit und Originalität eines Signals.
2. Gebot
Du sollst nicht nur
in eine Richtung regeln
Die Regler eines Equalizers sind lauter kleine Gainregler.
Sie verändern
die Lautstärke und den Arbeitspunkt einzelner Frequenzen und Frequenz­
bereiche. Beobachtet man einen Ka­
nalpegel per PFL und hebt alle EQ
Bänder um 3 dB an, so steigt der
Gesamtpegel erheblich. Die Aufgaben
des EQs sind allerdings viel edler als
nur lauter zu machen. Musikalität
und Charakter sollten betont, über­
betonte Lagen dagegen gedämpft
werden. So ergibt sich ein komplexes
Klangbild, das letztendlich nicht line­
ar sein muß, sondern dem Original
signal nahe kommen sollte. Also nicht
Transparenz:
Gewollte Frequenzbe-
vergessen, die einzelnen Bänder kann
reiche gehören gefeatured, während
man auch leiser regeln.
störende bedämft werden müssen.
3. Gebot
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Du sollst einen sauberen
Schnitt machen
Einer der gröbsten Fehler im Umgang mit Equalizern ist das radikale
Wegnehmen von nicht verwendeten Frequenzen.
Klassisches Bild dabei
sind die komplett abgesenkten un­
tersten Frequenzen des graphischen
Equalizers. Das dabei vorgestellte
Bild des Frequenzganges entspricht
überhaupt nicht mehr den Tatsachen.
Zudem ist die gesamte Partialtonreihe
jeder einzelnen Frequenz dabei mit
beeinflusst. Ganz zu schweigen von
den Auswirkungen auf das Phasen­
verhalten dieser Frequenzen. Wenn
Abgeschnitten:
Nicht benötigte
man also die Partialtöne bei den er­
tieftonanteile gehören gecuttet.
sten fünf abgesenkten Bändern mit­
verfolgt, so sind eigentlich alle beim
Terzband­EQ existierenden Bänder betroffen. Diese Aufgabe ist ein­
deutig die eines Low­Cuts oder stellvertretend die eines High­Pass;
selbst ein Shelving­EQ löst eine solche Aufgabe ordentlicher. Es werden
ja schließlich nicht einzelne Bänder mit den dazugehörigen Phasen­
verschiebungen bearbeitet. Gleichzeitig sind die Flanken von Cuts um
einiges steiler – also effektiver.
4. Gebot
Du sollst Treppen bilden
Jeder einzelne Regler am Frequenzband hat eine Reihe von Bauteilen
inklusive eines Operationsverstärkers.
Wird ein Band angehoben, ent­
steht eine kleine Pyramide. Die umliegenden Frequenzen sind also
leicht mit beeinflusst, obwohl die Fader eigentlich in Nullstellung sind.
Senkt ihr neben einer angehobenen Frequenz ab, so entsteht quasi eine
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Special:
EQs On Stage
Frequenzen überdeckt. Würde man die Hoch­
töner nämlich alleine hören, so wäre der Eindruck
unglaublich laut.
Dieser Anteil an Unregelmäßigkeiten im
Frequenzgang ist sehr viel geringer als es sich
zunächst anhört.
Viel effektiver ist daher ein
Absenken dieser wenigen Frequenzen. Obwohl
sie vorher im selben Umfang vorhanden waren,
hat man nun den Eindruck, das Frequenzbild
würde deutlich mehr Tiefbässe und Höhen ent­
halten. Der selbe Effekt entsteht übrigens auch
beim Bearbeiten von Einzelsignalen. Bevor ein­
zelne Töne die Lautstärke eines Instruments im
Mix bestimmen, bedämpft diese lieber etwas. So
ist auf einmal auch zu hören, was der Bassist
außer dem einen Ton gespielt hat.
6. Gebot
mit den einzelnen Drehreglern ausgiebig ausei­
nander. Doch wie kann man nun störende Fre­
quenzen finden und absenken? Nur ein schmal­
bandiges Überbetonen lässt Frequenzen treffsi­
cher finden und danach effektiv bedämpfen.
Mit dieser Prozedur provoziert ihr dann regel­
rechte Pfeiforgien. Doch Vorsicht: Solche Experi­
mente dürft ihr nur alleine und mit Gehör schutz
durchführen, da sonst Anwesende vor Ort mit
einem schmerzhaften und irreparablen Gehör­
schaden rechnen müssen.
Weniger ist oft mehr:
Versucht beim Einmessen der Pa
oder den monitoren eher einzelne Frequenzen abzusenken.
Du sollst nicht mit
den Augen hören
entgegengesetzte Bewegung, die zu nichts an­
derem als zur gegenseitigen Aufhebung führt.
Um solchen Effekten zu entgehen vermeidet
man am besten allzu harte Kanten im EQ Verlauf.
Regelt also die benachbarten Frequenzen leicht
mit – dann wird das Klangbild auch klarer.
Praxistipp
Einrauschen
Um eine Pa auf eine Location
einzumessen, benötigt es
nicht viel: man nehme etwas
rosa Rauschen als testsi-
gnal, ein messmikrofon und
einen analyzer; beobachte
das grafisch dargestellte
Frequenzbild und regele am
graphischen Equalizer nach
bis man eine lineare Linie
erhält.
5. Gebot
Viele Tonkutscher kämpfen mit dem Problem,
dass man an manchen Tagen die PA einfach
nicht zum Klingen bringt.
Viele Faktoren spielen
dabei eine Rolle: Die Temperatur der Luft und
des Bodens, der Luftdruck, Gegenstände im
Raum, oder der Strom. Sogar der eigene Blut­
druck oder die verstopfte Nase führen zu einer
veränderten Wahrnehmung des Sounds. Hören
muss also jeden Tag neu gelernt werden. Wer
sich einmal darauf konzentriert, was an
Geräuschen, Pegeln und Frequenzen im täg­
lichen Leben passiert, der gewinnt auch Sicher­
heit und Erfahrung.
Sehr oft suggerieren Aufdrucke an Reglern
und Potis einen vermeintlichen Klang.
Entschei­
dend für das Agieren am Equalizer darf am Ende
aber nur der gute Sound sein – nicht die graue
Theorie. Ein schönes Beispiel hierfür ist eine
eingemessene PA (siehe Kasten: Einrauschen).
Eine solche sollte dann normalerweise alle
Frequenzen linear übertragen. Tatsächlich sind
oft aber die Mitten zu stark vertreten und lassen
das Klangbild dementsprechend scharf erschei­
nen. Erst der Frequenzschliff per Gehör wird die
PA angenehm klingen lassen.
7. Gebot
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In die Quere gekommen:
E-Bässe dürfen ruhig im tiefbass
beschnitten werden, wenn sie der Kickdrum den Druck rauben.
8. Gebot
Du sollst den Instrumenten
und Stimmen Platz machen
Du sollst auch mal
was wegnehmen
Der erste Eindruck eines Lautsprechers oder
eines Beschallungssystems ist meistens mit dem
Satz „Da fehlt etwas!“ verbunden.
Beispielsweise
hat ein System, obwohl der Analyzer ein anderes
Bild zeigt, keine luftigen Höhen und klingt be­
deckt. Um diesem Eindruck entgegenzusteuern,
kann es schon mal vorkommen, dass man die
Höhen um 10 dB anheben muss. Die Höhen wer­
den nämlich oft von anderen besser hörbaren
5
Du sollst provozieren
Frequenzen zu erkennen oder richtig zu be-
stimmen ist fast immer der Schlüssel zum guten
Mix.
Daher ist es immens wichtig, dass ihr euer
Equipment gut kennt. Gerade bei Mischpulten
sieht man oft den Wald vor lauter Bäumen nicht.
Die Kanal­EQs sind sehr oft auf engstem Raum
angeordnet und daher im Eifer des Live­Gefechts
nur schwer überschaubar. Setzt euch deshalb
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Soundchecks können mitunter sehr zeitinten-
siv sein.
Kein Wunder, es muss ja jedes einzelne
Signal bearbeitet werden. Das Ziel dabei ist, je­
des Instrument ideal dastehen zu lassen. Die
Überraschung kommt dann aber meist, wenn die
Band zusammenspielt, oft klingt das Zusam­
mengespielte dann sehr überladen und verwa­
schen. Doch was nun?
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Zunächst muss eine Analyse gemacht werden.
Welche Instrumente gehören nach vorne ge­
mischt? Ist die Stimme vorhanden? Oft sind es
die Snare oder die Gitarre, die der Stimme den
Platz rauben, da sie sich im gleichen Fre­
quenzbereich tummeln. Einzelnes Weg nehmen
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Soundcheck 02 08
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