Special EQs on Stage Mit EQ und Filter zum Wunschsound
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Special:
EQs On Stage
Ausgleichende
Gerechtigkeit
Mit EQ und Filter zum Wunschsound
FOTOS: IMAGO, HOPPERT
Magie und Faszination, Retter oder Zerstörer, oder auch Ying und Yang der Klanggestaltung:
all das ist der Equalizer. Seine Bedienung gilt wohl als die große Kunst des Tontechnikers. Im fol-
genden Special lernt ihr die verschiedensten Typen von Equalizern kennen und natürlich auch
die Tricks und Tipps zu deren Bedienung.
as englische Wort Equalizer steht für
„Ausgleicher“ und das ist auch die ur-
sprüngliche Aufgabe: Unregelmäßigkei-
ten im Klangbild auszugleichen. Frei übersetzt
sprechen wir also von einer Klangregelung.
Mit dem Wandel der Zeit wurde der EQ oder
auch Entzerrer, immer mehr als Effekt verwen-
det.
Da sich nicht jede EQ-Art dazu eignet, um
etwa eine Telefonstimme herzustellen, zeigen wir
euch eine Übersicht der verschiedenen EQ-Typen:
D
Grafisch – oder du hörst
was du siehst
Der grafische Equalizer hat seinen Namen
seinem Aussehen zu verdanken.
Viele nebenein-
ander angeordnete Regler stellen die Verände-
rung des Frequenzganges auch in graphischer
Form dar. Die wohl kleinste Bauweise besteht
aus fünf verschiedenen Reglern für Frequenzen
bis hin zum Terzband-EQ. Bei letzterem liegen
die bearbeitbaren Frequenzen im Abstand von
drei Halbtönen – also einer Terz – an. Mit seinen
meist 31 Reglern von 20 Hertz bis 20 Kilohertz
deckt dieser Entzerrer jeden dritten Ton im ge-
samten Hörbereich des Menschen ab. Deshalb
eignen sich graphische Equalizer ideal zum Ent-
zerren oder „Entpfeifen“ von Lautsprechern und
Beschallungssystemen. In beiden Fällen wird
hier der Gesamtsound eingestellt.
Mit dem Kuhschwanz
gefiltert
Der Shelving-EQ ist wohl der weitestverbreitete
EQ-Typus.
Wir kennen ihn von Stereoanlagen oder
Autoradios. Minimal mit einem Regler ausges-
tattet, werden ab einer festgesetzten Frequenz
ent weder alle Töne darüber oder darunter angeho-
ben oder abgesenkt. Dieser oft nur mit „Tone“ be-
zeichnete Regler ist wohl der einfachste Equalizer
den es gibt – was sich natürlich auch klanglich be-
merkbar macht. Man kann also ab einer bestimm-
Klark Tekniks DN370:
Typisches Beispiel für einen grafischen Equalizer.
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DAS FACHBLATT FÜR
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MUSIKER
DAS FACHBLATT FÜR MUSIKER
Ausgleichende Gerechtigkeit
Die 11 Gebote
des Live-EQings
Der EQ-Basar
SPECIAL
Original hörbar. Der Apotheker würde an dieser
Stelle von weniger Nebenwirkungen sprechen.
Semi kommt aus dem Lateinischen und heißt
halb, das Gegenteil heißt hier vollparamtisch.
Und auch einen solchen Equalizer gibt es. Wer
sich mit halben Sachen nicht zufrieden gibt, fin-
det beim vollparametrischen EQ pro Regelbe-
reich drei Einstellmöglichkeiten. Neben den be-
reits bekannten Potis zur Pegelveränderung, so-
wie dem zweiten für die Frequenzwahl kann mit
dem dritten Regler die so genannte Bandbreite
oder Güte eingestellt werden. Jede Anhebung
oder Absenkung einer Frequenz wird – je stärker
sie wird – auch entsprechend breiter. Diese Brei-
te ist die sogenannte Bandbreite.
Vorsicht jedoch bei den angegebenen Wer-
ten:
steht hier ein Q für Q-Faktor, so handelt es
sich um den Teil einer Oktave, der bei 10 dB An-
hebung mit angehoben wird. Ein Wert von 1/12
Mit EQ und Filter zum Wunschsound
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1-2-3 … dabei!
Ein Special von Michael Lachawitz
Wissen
Feedback
Ein Feedback oder, auf deutsch gesagt, eine
Rückkopplung entsteht dann, wenn ein Signal
nach elektronischer Bearbeitung zeitnah
am Ursprungsort wiederholt anliegt und ein
zweites Mal aufgenommen und elektronisch
bearbeitet wird. Dabei fangen akustisch be-
günstigte Frequenzen an sich in der Lautstärke
zu addieren und selbst aufzuschwingen.
Praktisch sieht das so aus: Ein Mikrofon
nimmt eine Schwingung auf, die letztendlich
von einem Lautsprecher wiedergegeben wird.
Diesen Schall des Lautsprechers nimmt das
Mikrofon jedoch erneut auf, um ihn wieder
über den Lautsprecher abzugeben. Ab einer
gewissen Lautstärke entsteht dann das uns als
Pfeifen bekannte Geräusch.
Um diese Rückkopplung beispielsweise bei
Bühnenmonitoren zu vermeiden, verwendet
man Mikrofone mit Richtcharakteristik zum
Signal und nicht zum Monitor. Mit EQs kann
man zusätzlich die zur Rückkopplung neigen-
den Frequenzen des Raums, des Lautsprechers
und des Mikrofons verringern und so eine
wesentlich größere Lautstärke und besseren
Klang erreichen.
ten Frequenz alle Bässe oder Höhen anheben oder
absenken. Durch die steile Frequenzveränderung
spricht man vom Kuhschwanzfilter.
pulten der Mittelklasse. Während der erste Reg-
ler weiterhin den Pegel um die Center-Frequenz
anhebt oder senkt, kann mit dem zweiten Regler
stufenlos die Frequenz des EQs bestimmt wer-
den. Wesentlicher Unterschied zum Shelving-EQ
ist der nach oben und unten abgegrenzte Fre-
quenzbereich. Dadurch lässt sich gezielt eine
bestimmte Frequenz bearbeiten. Aber auch ge-
genüber dem graphischen Equalizer gibt es ei-
nen wesentlichen Unterschied: man kann jede
x-beliebige Frequenz wählen.
Der jedoch entscheidendste Vorteil des para-
metrischen Equalizers wird durch einen Blick
auf sein Inneres deutlich.
Das Signal durchläuft
wesentlich weniger Bauteile und ist somit deut-
lich geringer in seiner Phase beeinflusst. Dieser
eigentlich nicht sofort fassbare Punkt ist leider
erst im Zusammenspiel mit anderen Instrumen-
ten oder im Vergleich mit dem unbearbeiteten
Nur für grobe Eingriffe:
Der Shelving-EQ (roter Bereich)
Parametrisch – Total Control
Den Schritt hin zur Professionalität macht
der semiparametrische Equalizer.
Erkennbar an
zwei Reglern finden wir ihn meistens an Misch-
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Special:
EQs On Stage
wäre also ein Halbton, eine 1 hingegen eine Ok-
tave (zum Beispiel von C1 bis C2).
Ist der Regler mit Güte bezeichnet, so wird er
mit steigendem Wert immer schmaler in seiner
Bandbreite.
Man spricht dann von einer hohen
Güte. Eine Mischform zwischen Semi- und
Vollparametrik findet man oft in Form eines
kleinen Schalters, der zwischen zwei verschie-
denen Bandbreiten wählen kann. Extrem
schmal bandige Filter nennt man übrigens
Notch-Filter. Man verwendet sie um beispiels-
weise ein Netzbrummen oder Feedbacks ohne
große Verluste im Klangbild zu löschen. Die
obere und die untere Frequenz eines parame-
trischen EQs sollten nicht zu weit auseinander
liegen, da ein Einstellen oder Suchen einer Fre-
quenz sonst zum filigranen Ratespiel wird.
Meist werden mehrerer EQs mit leicht überlap-
penden Frequenzbereichen gewählt. Ihren Ein-
satzbereich finden die parametrischen Equali-
zer im genauen Bearbeiten von Instrumenten
und Stimmen – in hoher Qualität auch zur Sum-
menbearbeitung und beim Mastern.
Ein typischer Einsatz von Cuts und Band-
passfiltern ist eine Frequenzweiche.
Der gesam-
te Frequenzbereich wird so in unterschiedliche
Übertragungsbereiche mit einzelnen Ausgängen
unterteilt. Entsprechend bekommt jeder Laut-
sprecher nur das von ihm zu übertragende Si-
gnal und ein Hochtöner muss keine zerstören-
den Bassfrequenzen übertragen.
Wissen
Plugins
EQ-Plugins sind mittlerweile nicht mehr
wegzudenken. Viele legendäre Equalizer, die
inzwischen vergriffen sind, sowie teilweise
auch schon legendäre Neuentwicklungen auf
Software-Basis sind einfach in die DAW (Digi-
tal Audio Workstation) zu integrieren.
Eine fantastische Sammlung von Legenden sind
beispielsweise die Karten von UAD, auf denen
sich edle EQs wie Pultec, Neve und Cambridge
befinden. Aber auch die Oxford-EQs von Sony
sind von T.C. Electronic erhältlich. Selbst
SSL- und API-Equalizer die man bisher nur von
Studiokonsolen her kannte, können nun im PC
installiert werden.
Über Qualitätsunterschiede zu den oft vielfach
teureren Originalgeräten streitet sich die Fachwelt
schon lange. Aber gerade weil die Hardware oft
unerreichbar bleibt – der Vorteil des Abspei-
cherns und der vergleichsweise niedrige Preis
machen EQ-Plugins attraktiver denn je.
mal abgesenkt, verbessert sich zwar das überbe-
tonte Klangbild verbessert, gleichzeitig fehlt im
Signal aber auch ein Ton.
Frequenzen beeinflussen sich auch gegenseitig.
Partial- oder Obertöne mit einer genau halb
oder ein Drittel so langen Schwingung werden
natürlich mit angeregt zu schwingen. Genau
diese Obertöne sind dann meistens auch die
nächsten störenden im Klangbild. Daher empfiehlt
es sich auch, genau die Vielfachen der störenden
Bassfrequenzen im unteren Mittenbereich zu be-
achten. Resoniert eine Bühne zum Beispiel stark
bei 160 Hertz, geschieht dies oft auch bei 320 und
640 Hertz, die oft ebenfalls überbetont sind.
In den oberen Mitten ab etwa 2 Kilohertz ist
vor allem Verständlichkeit bei gleichzeitiger Un-
aufdringlichkeit gefragt.
Auch bei großen Laut-
stärken darf eine PA nie angestrengt klingen.
Speziell Frequenzen um 2,5 Kilohertz und 3,15
Kilohertz sollten eher abgesenkt als angehoben
werden, da sie als sehr schmerzhaft empfunden
werden können. Insgesamt sollte eine PA nach
Bearbeitung mittels Equalizer eher neutral als
spektakulär klingen, denn es handelt sich ja
nicht um HiFi-Boxen.
Auch Monitore sollten erst angehört werden,
bevor ihr euch auf die Feedbacks stürzt.
Denn
was nützt ein nicht pfeifender aber grausam un-
verständlich klingender Monitor? Die goldene
Mitte liegt demnach zwischen Lautstärke und
musikalischer Information. Mancher Monitor
pfeift nach einer klanglichen Bearbeitung auch
nicht mehr, da die Unregelmäßigkeiten im Fre-
Schluss mit Theorie –
ab zur Praxis
Wie werden also die verschiedenen Filter und
Equalizer eingesetzt?
Die große Kunst der Live-
Tontechnik ist das Einmessen von Beschallungs-
anlagen und Monitoren. Für diesen Zweck eig-
net sich auf Grund der schnellen und übersicht-
lichen Bedienbarkeit der graphische Equalizer
perfekt. Definitiv der falsche Weg ist hier jedoch
jede einzelne Frequenz zu bewegen – einzeln
angehobene Frequenzen klingen zum einen
nicht schön und ab einer gewissen Lautstärke
wird jede Frequenz auch ein Feedback erzeu-
gen. Letztendlich entstehen Rückkopplungen
nämlich durch Lautstärke.
Der erste Weg zum Equalizer geht immer noch
über das Gehör.
Als Quelle sollte ein Signal die-
nen, das einem sehr vertraut ist. Bewährt hat
sich entweder eine CD die man klanglich sehr
gut kennt, oder ein Mikrofon mit ebenso be-
kanntem Klangbild und der eigenen Stimme.
Gleich zu Beginn sollte man sich die Lautspre-
cher in verschiedenen Lautstärken anhören und
die Quelle auch mal plötzlich ausschalten. So
hört man das Nachschwingen im Raum und das
Zusammenspiel zwischen Lautsprecher und
Raum auf diese Weise ebenfalls deutlich.
Hören ist grundsätzlich subjektiv und daher
schwer zu beschreiben oder zu beurteilen.
Kaum
hat man sich einen Eindruck gemacht, wird die-
ser nämlich schon wieder vom nächsten Klang-
bild und neuer musikalischer Information abge-
löst. Genau an dieser Stelle hilft auch schon mal
das Abstoppen des Musiksignals, da ihr euch
dann den in genau dem Augenblick gebildeten
Höreindruck leichter einprägen könnt. Die Kon-
zentration sollte hierbei nicht darauf erfolgen,
was fehlt, sondern auf überbetonte Töne und
Frequenzen gerichtet werden. Meistens überde-
cken diese nämlich die fehlenden Frequenzen.
Der erste Schritt an jedem Equalizer ist nicht,
die vermutete Frequenz zu verringern, sondern die-
se anzuheben.
Am Besten hebt ihr die umliegenden
Frequenzen auch kurz einzeln an, um die störende
Frequenz genauer eingrenzen zu können. End-
lich gefunden, wird der Störenfried nun minimal
nötig verringert. Würde diese Frequenz maxi-
Schnipp Schnapp –
ab mit dem ... Pass
Äußerst hilfreich sind Filter, die einen Fre-
quenzbereich vollkommen abschneiden.
Ein
Low-Cut- beziehungsweise High-Pass-Filter
senkt ab einer bestimmten Frequenz die darun-
terliegenden Frequenzen ab. So können zum
Optische Orientierung Treppenform:
Für ein unauffälli-
geres Absenken einer Frequenz werden die nebenliegenden
Bänder leicht mitbedämpft.
Beispiel Trittschall, eine Rückkopplung im Bass-
bereich und jegliche anderen tieffrequenten
Störgeräusche vermieden werden. In verein-
fachter Version handelt es sich lediglich um
einen Schalter mit festgelegter Frequenz. Bes-
sere Equalizer jedoch haben ein zusätzliches
Potenziometer um die Einsatzfrequenz zu
wählen. Auch um hochfrequente Signale abzu-
schneiden gibt es ein High-Cut- beziehungs-
weise Low-Pass-Filter. Beide Filter kombiniert
ergeben übrigens ein Bandpassfilter.
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