Special Unplugged Uebertragung Die 11Gebote der Unplugge
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DAS FACHBLATT FÜR MUSIKER
Special:
Unplugged-Übertragung
DAS FACHBLATT FÜR MUSIKER
SPECIAL
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Unplugged rockt!
Die 11 Gebote
So nehmt ihr akustische
Instrumente live optimal ab
der Unplugged-Mikrofonierung Seite 46
1-2-3 … dabei!
So kommt der Sound perfekt
beim Mischer an
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Die 11 Gebote
der Unplugged-Mikrofonierung
Wie ihr akustische Instrumente auf die PA bringt
Akustische Instrumente können das Klangbild einer Band enorm bereichern. Gerade
bei elektronischer Musik sind Klangtupfer, die durch reale Menschen mit realen
Instrumenten gespielt werden, ein echter Gewinn für den Song. Die folgenden 11
Gebote helfen euch, diese Instrumente auch live richtig in Szene zu setzen.
V
oraussetzung für eine gelungene Live-
Performance ist ein guter Sound. Und da
wird es eben oft schwierig, wenn akusti-
sche Instrumente eingesetzt werden. Akustische
Instrumente müssen nämlich aufwändig mikrofo-
niert werden – und dazu braucht man meist etwas
mehr Zeit und Know-how.
1. Gebot
Du sollst das Abstrahl-
verhalten kennen
Die Trompete strahlt hohe
Frequenzen gerichtet
nach vorn ab.
Jedes akustische Instrument hat eine bestimm-
te Abstrahlcharakteristik – meist ist diese auch
noch frequenzabhängig.
Das Instrument strahlt
also die verschiedenen Frequenzbereiche in unter-
schiedliche Richtungen ab und erst, wenn alle
Frequenzbereiche im Klang einigermaßen gleich-
gewichtig vertreten sind, kann man von einem
ausgewogenen Sound reden. Das Abstrahl-
verhalten sollte euch demnach bekannt sein, um
die Mikrofone richtig positionieren zu können.
Wenn es sich um ein unbekanntes Instrument
handelt, hilft nur der Hörtest: Während der Mu-
siker spielt, geht ihr einmal um die Schallquelle
herum und hört euch das Klangverhalten des
Instruments an.
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2. Gebot
Du sollst den Frequenz-
bereich des Instruments
kennen
Um die Mikrofonwahl und deren Positionierung
definieren zu können, solltet ihr euch über den
Frequenzbereich des Instruments informieren.
Auch
die Lage der Formanten spielt eine entscheidende
Rolle, wenn es um die Abnahme eines akustischen
Instruments geht. Formanten sind die Frequenz-
anteile, die den spezifischen Klang eines Instruments
bestimmen. Anhand der Formanten kann das Gehör
beurteilen, um welches Instrument es sich handelt.
Die akustische Gitarre hat beispielsweise einen
Grundtonumfang von E bis d4 – das entspricht
einem Frequenzbereich von 82 bis 1.174 Hz.
Die
Obertöne erreichen je nach Instrument und Spiel-
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Soundcheck 05 08
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WWW.Soundcheck.de
F OTO S : I M A G O, F I N K E N B E R G E R - L E W I N , E D E R H O F, PAW E R A
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Praxistipp
„Akustische Trennwände“
Im Studio gehören akustische Trennwände
– die so genannten Gobos
zum Produk-
tionsalltag.
Auf der Bühne kann man solche
Hilfsmittel aus optischen Gründen nur be-
dingt einsetzen. Was aber durchaus Sinn
macht, ist eine Plexiglasscheibe, die um das
leise Instrument herum gestellt wird. Auf
diese Weise wird eine akustische Gitarre von
dem wesentlich lauteren Klang des Drumsets
akustisch etwas entkoppelt. Somit kann das
Mikrofon mehr vom Nutzschall – der Gitarre
– aufnehmen und die Einstreuungen vom
Drumset her sind geringer. Bei einer durch-
sichtigen Scheibe ist die optische Beein-
trächtigung gering – und der Gesamtsound
der Band wird ebenfalls besser, da sich das
laute Direktsignal des Drumsets nicht mit
dem von der PA abgegebenen Sound mischt.
Hilfreich sind auf der Bühne auch Refle-
xionsfilter, die für eine bessere akustische
Trennung von Nutz- und Störschall sorgen.
Interessant sind hier etwa Produkte von SE
Electronic, SM Pro Audio oder Musikon. Die-
se Tools werdem einfach am Stativ befestigt
und das Mikro wiederum darin platziert.
kümmern. Dazu ist es wichtig, dass das Mikro mit
der Seite der maximalen Bedämpfung zu den
Bodenmonitoren ausgerichtet ist. In-Ear-Monito-
ring verringert die Rückkopplungsgefahr auf ein
Minimum – ist aber für kleinere Bands meist ein
zu hoher finanzieller und technischer Aufwand.
Neben der sorgfältigen Ausrichtung von Mikro zu
Monitor ist auch das Einschleifen eines grafischen
Equalizers in jeden Monitorweg hilfreich – wenn
nicht sogar ein Muss um die Koppelfrequenzen
aufzuspüren und zu unterdrücken.
4. Gebot
Du sollst nah an das
Instrument herangehen
Wenn es um die Unterdrückung von Rück-
kopplungen geht, dann gibt es einen Grundsatz:
Die Nähe bringts! Je kleiner der Mikroabstand,
desto mehr Nutzschall fängt das Mikrofon auf.
Die Folge ist, dass ihr das Eingangssignal im
Mischpult nicht so hoch aussteuern müsst und
damit weiter von der Koppelgrenze entfernt seid.
Aus diesem Grund sind kleine Ansteckmikros für
die Instrumentenabnahme im Live-Bereich oft die
beste Variante: Das Mikro ist nah am Instrument
positioniert und hat eine definierte Position – auch
wenn der Musiker sich auf der Bühne bewegt.
5.Gebot
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Du sollst das richtige
Mikrofon wählen
Sorgt für Transparenz:
SE Electronics Reflexion Filter
weise 10–12 kHz. Anhand dieser Informationen
könnt ihr schon einige Entscheidungen bezüglich
der Mikrofonierung treffen: Hier wäre ein gutes
Kondensatormikro am besten geeignet, um den
großen Obertonanteil sauber zu übertragen. Da
der tiefste Ton bei 82 Hz liegt, könnt ihr problem-
los das Trittschallfilter am Mikro betätigen.
3. Gebot
Du sollst Rückkopplungen
vermeiden
Nichts ist störender als ein durch Rückkopp-
lungen verursachtes Pfeifen während des Kon-
zerts.
Abgesehen davon kann eine zu spät erkann-
te Rückkopplung erhebliche Schäden am Gehör
aller Beteiligten und am Equipment verursachen.
Bevor ihr also die Mikrofonposition aufgrund von
klanglichen Aspekten optimiert, solltet ihr euch
um eine optimale Rückkopplungsunterdrückung
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Da viele akustische Instrumente mit der Null-
Acht-Fünfzehn-Methode nicht befriedigend ab-
genommen werden können, bleibt euch keine
andere Wahl, als eventuell ein paar Mikros beim
örtlichen Verleiher auszuleihen.
Nun wird natür-
lich nicht jeder Verleiher genau das Mikro eurer
Wahl im Programm haben – was also tun? Ihr
könnt zum Beispiel den Musiker fragen, welche
Mikrofonwahl er selbst treffen würde. Musiker mit
akustischen Instrumenten kennen das Problem
und haben meist den einen oder anderen Tipp auf
Lager. Auch der Fachhandel hilft oft weiter und
leiht euch vielleicht ein Mikrofon.
Bei leisen Instrumenten, wie der akustischen
Gitarre oder der Geige solltet ihr unbedingt den
Einsatz eines Pickups erwägen.
Gerade wenn es
auf der Bühne laut zugeht und Drums, E-Gitarre
und Bass mit dabei sind, dann sind die Probleme
bei der Mikrofonabnahme vorprogrammiert. Ent-
weder ist das Instrument nicht zu hören oder es
fängt an zu koppeln – häufig treten beide Unan-
nehmlichkeiten sogar gleichzeitig auf. Darüber
hinaus darf sich der Musiker bei Einsatz eines
Stativmikrofons auch nicht zu stark bewegen, da
man es sonst noch mit dauernd veränderndem Pe-
gel zu tun bekommt. Hier helfen Tonabnehmer-
WWW.Soundcheck.de
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Special:
Unplugged-Übertragung
systeme, da sie die Rückkopplungsneigung erheb-
lich reduzieren und bei drahtloser Anbindung an
die Beschallungsanlage dem Musiker unbegrenzte
Bewegungsfreiheit bieten.
6. Gebot
Du sollst den natürlichen
Klang des Instruments
herausarbeiten
Wenn etwa die Geige als singende Säge in der
PA wahrgenommen wird, dann habt ihr irgendet-
was falsch gemacht.
Wenn sie als echter Sound-
Farbtupfer auftauchen soll, dann ist ein natürlicher
Klang gefordert. Schon die Mikrofonwahl sollte da-
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korpus werden mit dieser Position überproportional
abgebildet. Richtet ihr dagegen das Mikro auf den
Gitarrenhals aus, gibts einen brillanten, oberton-
reichen Sound. Viele Instrumente zeigen gerade in
den hohen Frequenzen eine sehr gerichtete Abstrah-
lung, daher wirkt sich die Mikrofonpositionierung
auch deutlich auf den übertragenen Klang aus.
8. Gebot
Praxistipp
Trittschallfilter
Ein Trittschallfilter – auch Low Cut oder
High Pass genannt – senkt Frequenzen
unterhalb der Grenzfrequenz ab.
Die Grenz-
frequenz ist diejenige Frequenz, bei der das
Signal eine Absenkung erfährt – etwa von 3
dB. Signale oberhalb der Grenzfrequenz kön-
nen das Filter ungeschwächt passieren. Un-
terhalb der Grenzfrequenz hat die Filterkurve
eine konstante Steigung – diese wird in
dB/Oktave angegeben. In einer Übergangs-
zone nähert sich der waagerechte Kurven-
verlauf des Durchlassbereichs langsam an die
schräg abfallende Kurve des Sperrbereichs
an. Aus diesem Grund ist die höchste vom
Trittschallfilter abgesenkte Frequenz nicht
die Grenzfrequenz. Je nach Filtertyp werden
Frequenzen bis zu einer Oktave oberhalb der
Grenzfrequenz bedämpft – diese Tatsache
solltet ihr beachten, wenn ihr am Mikro oder
im Mischpult den Low Cut zuschaltet.
db
Die Kennlinie eines Hochpassfilters
– beim Trittschallfilter liegt die
Grenzfrequenz meist bei 80 Hz.
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Du sollst das Mikrofonsignal
richtig aussteuern
Es ist wirklich schade, wenn ihr die Mikros gut
positioniert, den EQ richtig eingestellt und den
Kompressor vernünftig bedient habt – und es
dann während des Gigs zu Übersteuerungen im
Mikrofonkanal kommt.
Beim Soundcheck solltet
ihr die Musiker immer die lauteste Stelle durch-
spielen lassen und den Gain-Regler dementspre-
chend einstellen. Denkt jedoch immer daran: Bei
der Probe spielen die meisten Musiker erheblich
leiser als beim Gig. Deshalb solltet ihr mindestens
10 dB an Headroom lassen, ausgehend vom lau-
testen Pegel der beim Soundcheck angespielt wird.
9. Gebot
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Das Trittschallfilter des Kleinmembraners sorgt für
Ruhe im Frequenzkeller:
The T.Bone SC100II
raufhin abgestimmt sein, wie die Schallquelle mög-
lichst authentisch übertragen werden kann. In un-
serer Bonusbox auf www.soundcheck.de bekommt
ihr daher eine kleine Mikroübersicht für unter-
schiedliche Instrumente.
7. Gebot
Du sollst das Trittschallfilter
am Mikrofon betätigen
Du sollst die Mikrofone
richtig positionieren
Am Beispiel der akustischen Gitarre wird deut-
lich, welche drastischen Auswirkungen die Posi-
tionierung des Mikrofons auf den Sound haben
kann.
Wenn ihr das Mikro direkt auf das Schallloch
ausrichtet, bekommt ihr einen dunklen, basslastigen
Gitarrenklang, denn die Resonanzen des Gitarren-
Die meisten hochwertigen Kondensatormikro-
fone - aber auch einige Bühnengesangsmikros –
haben einen Low Cut an Bord.
Dieser senkt die
tiefsten Frequenzen ab, sodass Tritt- und Körper-
schall stark bedämpft wird. Der Low Cut hilft, un-
angenehme Störgeräusche von der PA fernzuhalten
– bei Instrumenten mit tiefem Grundtonbereich
werden jedoch eventuell wichtige Signalfrequenzen
mit abgesenkt. Deshalb solltet ihr euch den
Frequenzbereich des Instruments, das ihr abneh-
men wollt, genau anschauen und dann entschei-
den, ob der Low Cut eingeschaltet werden soll.
Wenn ihr immer noch unsicher seid, dann lasst den
Musiker das Instrument spielen und einen Assis-
tenten auf der Bühne den Low Cut an- und aus-
schalten. Nun solltet ihr deutlich hören, ob das
Trittschallfilter zugeschaltet werden kann.
10. Gebot
Grenzfrequenz
Frequenz
selbst ohne Probleme aufspüren und etwas absen-
ken. Dazu wird der parametrische Mittenregler auf
eine geringe Bandbreite eingestellt und um 6 bis
10 dB angehoben. Dann fahrt ihr den Mittenregler
durch den Frequenzbereich des Instruments – stö-
rende Frequenzen klingen mit dieser Methode
unüberhörbar grässlich. Wenn ihr eine solche
Störfrequenz gefunden habt, dann senkt ihr sie ab
und regelt die Bandbreite etwas nach.
11. Gebot
Du sollst störende
Resonanzfrequenzen
bedämpfen
Bei der Mikrofon-Abnahme eines akustischen
Instruments sind viele tontechnische Geräte be-
teiligt.
Dadurch wird das Originalsignal gefärbt
und verändert. Bestimmte Veränderungen im
Klang des Originalsignals sind vielleicht nicht wei-
ter dramatisch – andere wiederum wirken sich ne-
gativ auf das Klangbild des Instruments aus. Diese
schlecht klingenden Störfrequenzen könnt ihr
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Du sollst den Kompressor
sparsam einsetzen
Der Kompressor reduziert bekanntlich die
Dynamik eines Audiosignals.
Gerade akustische
Instrumente leben aber genau von dieser Dynamik,
sodass eine harte Kompression den natürlichen
Aspekt dieser Signale zerstören würde. Bei hohen
Kompressionsraten werden die Störgeräusche an-
gehoben und es kommt eventuell zu einem Auf-
rauschen bei leiseren Passagen. Auch die Rückkopp-
lungsneigung im Monitorweg wird durch eine zu
starke Kompression angehoben. Im Monitorweg
sollte der Kompressor daher also besser nicht ein-
gesetzt werden.
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Soundcheck 05 08
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