© PPVMEDIEN 2009
SpeCial: ZuSpieler im live-einSatZ
für den
Live-Einsatz
von Zuspielern
So setzt ihr Backing-Tracks richtig ein
Auf „Play“ drücken und abwarten?
Bloß nicht! Wer auf der Bühne
Zuspieler nutzen möchte, der hat
im Vorfeld wie auch beim Gig
selbst einiges zu beachten. Wir ver-
raten euch die entscheidenden
Tipps und Tricks für den Einsatz
von Backing-Tracks.
Regel 1
Wählt eure Sounds
mit Verstand
Als ersten Schritt gilt es, das Futter für den ein-
gesetzten Zuspieler adäquat zu wählen.
Ob Sam
ples, Loops und Verwandte euren Gig auf oder ab
werten, entscheidet sich früh – nämlich bereits im
Proberaum. Guter Sound beginnt mit einem taugli
chen Arrangement. Wenn eine Vielzahl von Klang
quellen im gleichen Frequenzbereich spielt, dann
tönt später vor allem eines aus der PA: Matsch.
Überlegt euch also schon im Vorfeld sorgfältig, wel
che Sounds eurem Arrangement stehen und testet
dies entsprechend. Das heißt: Wenn ihr zum Beispiel
merkt, dass in einem Song sowohl der Bass als auch
die (womöglich tiefer gestimmte) Gitarre das untere
Frequenzspektrum gut bedienen, dann solltet ihr die
Finger von ebenso tieffrequenten SynthieLoops
lassen. Beziehungsweise: Besagter ZuspielerSound
ist wenigstens mit einem LowCutFilter zu be
schneiden. Gerade imposante SynthieFlächen, wie
man sie typischerweise als Teil von SampleCDs oder
DVDs findet, klingen allein erstmal beeindruckend.
Sobald aber die Band ins Spiel kommt, wird man
Derartiges ausdünnen müssen.
Regel 2
Lasst es klicken
Wer sich dafür entscheidet, einen Zuspieler ein-
zusetzen, der nimmt gleichzeitig ein starres Ele-
ment in seinen Bandsound auf.
Wie sehr der
Drummer auch mit jedem Schlag das Tempo anzu
ziehen versucht oder die GitarrenFraktion beginnt,
sich gemächlich im Lauf des Songs zurückzulehnen:
Der Zuspieler hält unbeirrt Tempo und Feel. Das
kann – man sieht es schon – ästhetisch unvorteil
haft enden. es gilt also, sich mit dem trägen Maschi
nengesellen zu synchronisieren. Zumindest dann,
wenn sich die eingesetzten Spuren auf die rhythmi
sche Struktur des Songs beziehen (es sich also zum
Beispiel nicht bloß um einzeln abgefeuerte ef
fektsounds handelt). Die passende Lösung stellt hier
ein Klick dar, der zumindest dem Drummer aufs Ohr
gelegt wird. Am besten spielt ihr den Klick aus dem
36
SoundCheCk 02
|
09
WWW.SoundCheCk.de
FOTOS: ShuTTerSTOCK, FLOriAn ZAPF
N
ur wenige Bands wenden sich ihrem Zu
spielerSetup mit der gleichen Sorgfalt zu
wie den eigenen instrumenten. Das ist
zwar verständlich, aber eben auch heikel. Denn wer
etwa die angewählte Taktrate seines Samplers
nicht vor der Show überprüft oder auf die falsche
KlickSynchronisation setzt, der läuft Gefahr, sein
Publikum mit einem wesentlich experimentelleren
Sound zu beglücken, als vermutlich angedacht.
unsere 7 goldenen regeln leiten euch sicher durch
den Liveeinsatz von Zuspielern:
© PPVMEDIEN 2009
sein Beitrag zum Song seltsam atonal daherkommt.
Als Musiker könnt ihr manches Malheur dadurch be
heben, dass ihr während der Performance transponiert,
Sounds wechselt oder auch mal ganz aussetzt bis das
betreffende Problem behoben ist – all dies leistet euer
Zuspieler im normalfall nicht. Checkt also unbedingt
die einstellungen eures equipments. Stimmt die
SamplingFrequenz? ist der richtige Datenträger ein
gelegt? Sind die Ausgänge richtig beschriftet? Passt
die Verkabelung? Außerdem solltet ihr daran denken,
den Zuspieler sicher aufzustellen. im idealfall befindet
er sich in einem rack. Außerdem kann es sich lohnen,
kritische Tasten und regler abzukleben oder anderwei
tig vor Fehlgriffen zu schützen. Auch auf eine gute
Beleuchtung des equipments sollte man achten. eben
so gilt es, BackupSpeichermedien in unmittelbarer
reichweite bereitzuhalten. Besonders Laptops sind au
ßerdem unbedingt im Vorfeld zu optimieren. Lest hier
zu auch den infokasten auf Seite 38.
inhalt
SpeCial
Seite 32
Seite 40
Mensch und Maschine
So bringt ihr eure Zuspieler auf
die Bühne
Die 7 goldenen Regeln
Auf zum Kauf
Florian Zapf
Zuspieler für jede Anwendung
für den Live-Einsatz von Zuspielern Seite 36
Regel 4
Sorgt für Ersatz
Verbindet Mensch und Maschine:
Wenigstens der
Drummer sollte den Klick auf die Ohren bekommen.
selben Gerät aus, das auch für die anderen Sounds
sorgt. Dies ist wesentlich unkomplizierter, als etwa
zu versuchen, ein zweites Tool auf das hauptgerät
zu synchronisieren (auch wenn dies machbar ist).
Leider neigt selbst hochklassiges equipment mitun
ter zu TimingSchwankungen. Mögen Letztere auch
minimal sein: Spätestens gegen ende des Songs
kann sich ein etwaiger Versatz zum Spielfreude tö
tenden TimingTeufel ausgewachsen haben. Testet
also euer System unbedingt vor dem Auftritt.
Regel 3
Optimiert den Zuspieler
Auch Zuspieler-Equipment will eingehend geprüft
und auf Vordermann gebracht sein, bevor es zum
Gig geschleppt wird.
Verwendet hier mindestens so
viel Sorgfalt, wie ihr sie für eure instrumente aufbringt.
eigentlich empfiehlt es sich sogar, noch ein gutes
Stück penibler vorzugehen. Schließlich „denkt“ euer
Zuspieler nicht mit, wie dies (hoffentlich) eure Band
kollegen tun. ein Sampler wird sich etwa nicht besin
nen, von 44,1 khz auf 48 khz zu wechseln, nur weil
Okay, nicht jeder hat das nötige Kleingeld parat,
sich mal eben einen zweiten 24-Spur-HD-Recor-
der als Spare anzuschaffen.
Trotzdem: Verlasst
euch nicht auf euren Zuspieler. Auch wenn ein Gerät
sich in der Vergangen
heit als noch so zuver
lässig erwiesen hat –
irgendwann gibt jedes
Tool seinen Geist auf.
und gerade eierlegen
de Wollmilchsäue wie
Laptops und Verwand
te neigen ja bekannt
lich dazu, vor allem in
entscheidenden Augen
blicken das Zeitliche
zu segnen. Ganz abge
sehen davon, dass
während eines Gigs
denkbar ungünstige
Bedingungen für den
sicheren Betrieb von
technischen Geräten
herrschen. Die Luft ist
heiß, Bier spritzt aufs
rack, tieffrequente Vib
rationen erschüttern
die Bühne – ein ge
füllter Konzertsaal ist
leider keine sonderlich
Gearfreundliche um
gebung. Doch was tun,
wenn das Budget ein
fach nicht reicht, um
sich das entsprechen
de equipment gleich
doppelt zu besorgen? Ganz einfach: Die Ansprüche
herunterschrauben! Sicher, mit fetten Multitrackern
oder einem leistungsfähigen DAWSystem lässt es
sich besonders komfortabel und flexibel arbeiten.
Als notlösung reichen aber oft auch günstigere Ge
rätschaften, zum Beispiel ein Spare, das lediglich
eine Stereospur ausspielt. Besser man bringt einen
alten MinidiscPlayer an den Start, als während des
Gigs plötzlich ohne die entscheidenden Sounds da
zustehen. Wer mit vielen PlaybackSpuren arbeitet,
wird hier allerdings im Vorfeld radikal ausdünnen
WWW.SoundCheCk.de
/
SoundCheCk 02
|
09
37
© PPVMEDIEN 2009
SpeCial: ZuSpieler im live-einSatZ
müssen, da der Fohengineer am Pult nur die Ste
reospur als Ganzes bearbeiten kann, also etwa den
KanaleQ gleichzeitig für eine Bassdrum wie für ei
nen BackingChor einsetzen muss. Das heißt: Bringt
eure Spuren erst tontechnisch auf Vordermann und
führt sie dann auf zwei Spuren zusammen.
Praxistipp
Laptop-Optimierung
Auch wenn für viele Musiker der Einsatz
von Laptops auf der Bühne noch immer ein
No-No ist: Aktuelle Computersysteme sind
oft stabiler, als man vermutet, und mit der
richtigen Vorbereitung kann man daher
auch als Live-Act die Vorzüge von Laptop-
DAWs nutzen.
Ein Laptop ist im Normalfall nicht für den
Live-Einsatz konstruiert.
insofern sollte
man als erstes dafür sorgen, seinem rechner
einen sicheren Stand zu verleihen. Spezielle
Laptopständer schützen euer Gerät gegen un
vorsichtige Zeitgenossen. Wer es noch road
tauglicher mag, der kann auf SpezialCases
zurückgreifen. Wobei diese Lösung meist auch
schon ein gutes Stück teurer wird.
Bei der Anschaffung eures Bühnen-Com-
puters solltet ihr, wie bei allen Musik-
rechnern, außerdem natürlich auf eine
möglichst leistungsstarke CPU achten.
Auch
am Arbeitsspeicher spart man besser nicht:
Audiobearbeitungen in echtzeit verursachen
ein hohes Datenaufkommen, das entsprechend
zwischengespeichert werden muss.
Der improvisierte Live-Einsatz von Effekt-
Plugins und Software-Instrumenten via
keiten modernen equipments bewusst zu machen.
Denn über Software wie zum Beispiel Ableton Live
und passende Controller lässt sich auch mit vorge
fertigtem Material bei Bedarf kreativ umgehen –
die Grenze zwischen Playback und improvisation
ist bei solchen Anwendungen oft aufgehoben. Be
sonders komplexe Performances können auf diese
Weise erzielt werden, wenn man einen Musiker
komplett als Zuspielbeauftragten abstellt. immer
mehr Künstler beweisen, wie kreativ und innovativ
mit komplexen ControllerSetups improvisiert wer
den kann. Aber auch simple Floorboards lassen sich
als Controller für Programme wie Ableton Live nut
zen. So ist man zum Beispiel als Gitarrist in der
Regel 5
Fürchtet euch nicht
vor eurem Rechner
Man kennt die Warnungen: PCs oder Macs auf
der Bühne zu verwenden sei das reinste Glück-
spiel.
Ständig drohe der BlueScreen, die Audiowie
dergabe stottere in den ungünstigsten Momenten
und der FestplattenCrash sei ohnehin nie fern. Doch
andererseits: Kein reines hardwareTool, das zurzeit
auf dem Markt ist, verfügt auch nur annähernd über
so üppige Möglichkeiten für kreative Zuspielerein
sätze wie ein gut ausgestatteter Laptop. Diverse Pro
fis, etwa die Fantastischen Vier, zeigen außerdem,
dass sich mit dem rechner auch auf Tour zuverlässig
arbeiten lässt – sorgfältige Optimierung der hard
und Software sowie eine gute einbindung des Geräts
ins Setup vorausgesetzt. Daher: Fürchtet euch nicht
vor dem Laptop, sondern probiert ruhig einmal aus,
ob, beziehungsweise inwiefern sich ein rechner in
euer LiveSet integrieren lässt.
Laptop kann eure Performance aufwerten.
Spätestens an diesem Punkt, spielt die Latenz
eures Systems eine rolle. um die Latenz eurer
DAW zu verringern, ist zunächst die Verwen
dung spezieller (ASiO)Treiber Pflicht. Die
StandardTreiber eines KaufhausPCs taugen
für den Gig nichts. Als weitere Maßnahme
könnt ihr zum Beispiel die Puffergröße der
jeweiligen Audiohardware möglichst klein
wählen (512 Samples oder weniger). So steigt
zwar die Belastung der CPu an, da aber eine
geringere Menge von Audioinformationen
zwischengespeichert wird, sinkt gleichzeitig
die Latenz. Außerdem empfiehlt es sich unter
umständen, die Samplerate zu erhöhen: eine
Verdopplung zieht hier eine halbierung der
Pufferzugriffszeit nach sich.
Ebenso unverzichtbar ist die regelmäßige
Pflege eures Systems.
Das heißt zum Beispiel:
reserviert euren BühnenPC ausschließlich
für MusikProgramme. Je mehr Software
ihr einbindet, desto instabiler wird sich euer
System präsentieren. Man sollte also auch
Abstand davon nehmen, jedes xbeliebige
AudioPlugin einzubinden. Verwendet nur die
notwendige Software. und: „never Touch A
running System!“ Wer dieser Devise folgt, der
wird unter anderem nur wirklich notwendige
updates mitmachen – und seinen rechner so
auch live problemfrei betreiben.
Lage, die ClipFolge eines Arrangements während
des Spielens per Footswitch zu variieren.
Regel 6
Seid kreativ
Wer es in Sachen Zuspieler simpel mag, der
startet während des Gigs lediglich vorab pro-
grammierte Spuren via Multitracker, Sampler
oder Ähnliches.
und in vielen Fällen zahlt sich
diese Technik auch aus. Möchte man beispielswei
se bloß im refrain dezente BackingChorAkzente
setzen, so sollte man sich nicht die Mühe machen,
ein komplexes ZuspielerSetup an den Start zu
bringen. und dennoch: es lohnt, sich die Möglich
Regel 7
Lasst den Zuspieler pausieren
Klar, man sollte bei der Verwendung von Zuspielern
nicht übertreiben.
Wer etwa in AkustikTrioBeset
zung live mit OrchesterBreitseite, StadionChören
und einem Loopinferno biblischen Ausmaßes auf
wartet, der wird sein Publikum meist eher vergraulen
als fesseln. niemand kommt auf ein Konzert, um sich
bloß aus der Konserve berieseln zu lassen. Doch Maß
halten lohnt sich auch in anderen Fällen: Gerade stur
mitlaufende hDrecorder können eure improvisati
onsmöglichkeiten stark beschneiden. in vielen Fällen
ist hier die Songstrukur durch den Zuspielereinsatz
fest vorgegeben. ein Gerät wie etwa der hD24 von
Alesis lässt sich nun mal nicht so flexibel handhaben
wie beispielsweise eine separat angesteuerte Softwa
re. einmal gestartet spult ein hDrecorder die zuvor
aufgenommenen Spuren rigoros nach dem Prinzip ei
ner Bandmaschine ab (und läuft natürlich auch dem
entsprechend stabil). Doch man kann und sollte sich
als LiveAct von diesem starren Gerüst gelegentlich
lösen. So lohnt es sich etwa, bei dem einen oder ande
ren Songende den Zuspieler pausieren zu lassen. Dies
ermöglicht euch, das betreffende Stück spontan zu
verlängern oder anderweitig abzuwandeln.
✖
Erwartet das Unerwartete:
Profis haben
alle wichtigen Geräte doppelt dabei.
38
SoundCheCk 02
|
09
WWW.SoundCheCk.de