Workshop Bandvocals Teil 8
© PPVMEDIEN 2009
Workshop: Bandvocals
Bandvocals – Teil 8
Unter die Haut
Egal ob ihr eine Ballade über Herzschmerz oder eine Rocknummer singt oder andere
Musikrichtungen mit eurem Gesang bereichert, dürft ihr eines nicht außer acht lassen:
Die Emotionen und euren Ausdruck. Diesmal geht es um die Bilder die ihr mit eurer
Stimme im Kopf eurer Fans entstehen lasst.
W
Lasst eurer Fantasie freien Lauf und habt
stets Bilder im Kopf während ihr singt.
Ver-
sucht diese Bilder über die Stimme zum Hörer zu
transportieren. Nur so erreicht ihr ihn. Hört euch
selbst folgende Fragen zur Analyse stellen: Wie
phrasiert er? Wie betont er einzelne Konso-
nanten? Hört man ihn atmen? Haucht er einige
Passagen im Song? Klingt er verzweifelt? Wel-
che Rhythmik ist im Gesang? Wie singt er die
übertragen könnt. Vergesst dabei aber nicht eu-
re eigene Authentizität. Denn es nützt nichts
wenn ihr bei Phrasierungen und Ausdruck nur
euer Idol kopiert. Es geht ja schließlich um euch
und eure Songs oder bei Covers um eure Inter-
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SOUNDCHECK 07 | 09
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Foto: ShutterStock
enn ihr es schaffst euren Zuhörern
eine Gänsehaut zu verschaffen,
dann geht im wahrsten Sinne des
Wortes die Stimme unter die Haut. Eure Mimik
aber auch Gestik ist unter anderem ein wesent-
liches Merkmal für euren Stimmcharakter und
eure Performance. Ein gelangweiltes Gesicht
lässt Töne eben nur gelangweilt erklingen.
»
eure Lieblingssongs eurer Lieblingssänger an
und achtet darauf wie diese sich durch einzelne
Worte zum Ausdruck bringen. Ihr solltet euch
Vokale? Klingt seine Stimme hell oder dunkel?
Danach überlegt, wie ihr die gewonnene Er-
kenntnis auf eure Songs und eure Performance
Eure Mimik aber auch Gestik ist ein wesentliches
Merkmal für euren Stimmcharakter.«
Foto: Frank Seifert
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pretation. Hört euch in dem Zusammenhang
mal Joe Bonamassa an. Er covert unter anderem
den Song „Stop“ – von Sam Brown im Original.
Einfach genial mit was für einem Gefühl und
Ausdruck er den Song interpretiert. Sehen könnt
ihr einen Clip zum Song auf You Tube.
Natürlich müsst ihr Emotionen und Ausdruck
bei eurer Darbietung genauso üben wie eure
Gesangstechnik.
Experimentiert mit der Stimme
und nehmt alles Gesungene auf. Seid hierbei
selbstkritisch und hinterfragt euch, ob ihr euch
den Song so abnehmen würdet – also ob ihr
glaubwürdig seid. Hilfreich kann es auch sein, ein
und denselben Song in verschiedenen Gefühlsla-
gen zu singen. Stellt euch was unglaublich Lusti-
ges vor oder im Gegenzug was richtig trauriges
und achtet darauf wie sich eure Stimme und eure
Darbietung ändert. Es gibt auch haufenweise
Sänger die schon mal Schauspielunterricht hat-
ten. Empfehlenswert ist hier zum Beispiel der
Schauspieler/Sänger Jack Black mit seiner Grup-
pe Tenacious D. Man merkt sofort bei seinen Live-
Darbietungen mit welchem Selbstvertrauen er
zur Sache geht. Achtet einfach mal auf der Live-
DVD „Tenacious D – The Complete Masterworks
2“ auf seine Körpersprache, Mimik und Stimme.
Körpereinsatz:
Mit den richtigen Bewegungen könnt ihr
eure Performance auf der Bühne nach vorne bringen
Besorgt euch eine
Möglichkeit eure Stimme
aufzunehmen
Um eure Stimme zu recorden, gibt es viele
Möglichkeiten.
Welche Methode euch am
ehesten liegt, müsst ihr selbst beurteilen. Fol-
gende Möglichkeiten stehen zur Auswahl oder
machen für eure Zwecke Sinn: Besorgt euch
entweder eine Recordingsoftware (wenn ihr ei-
nen PC/Mac habt), einen Handyrecorder oder
einen Multitracker. Doch welches Werkzeug ist
das richtige für euch? Ihr solltet euch eine
Checkliste machen, für was ihr die Neuanschaf-
fung noch benötigt. Dabei sollten folgende Fra-
gen aufkommen: Möchtet ihr demnächst ein
Demo mit eurer Band aufnehmen? Wenn ja,
macht hier eine Recordingsoftware wie Stein-
berg Cubase, Apple Logic oder Ableton Live
Sinn. Von den aufgezählten Programmen gibt
es übrigens auch abgespeckte Versionen - fürs
kleine Budget. Je nach angestrebter Studiogrö-
ße müsst ihr auch noch etwas Geld für ein or-
dentliches Audio-Interface hinlegen. Natürlich
könnt ihr euch hierfür auch einen Multitracker
zulegen. Der Vorteil bei so einem Mehrspurre-
corder ist, dass ihr alles (bis auf die Mikrofone)
vereint in einem handlichen Gehäuse habt.
Doch was, wenn ihr neben eurer Stimmauf-
nahme auch noch jede Bandprobe aufneh-
men wollt?
Dann benötigt ihr nicht unbedingt
oben genanntes Equipment. Für diese Zwecke
reicht schon ein Handyrecorder wie zum Bei-
spiel Zooms H2 oder H4, oder von Yamaha der
Pocketrak; für iPod-Besitzer bietet sich auch
noch der ProTrack von Alesis an. Der Vorteil die-
ser handlichen Recorder sind die integrierten,
meist hochwertigen Kondensatormikrofone in
AB- oder XY-Mikrofonanordnung. Doch zurück
zum Thema: Wenn ihr jetzt irgend ein Recor-
dingtool euer Eigen nennt, kanns auch schon
losgehen. Besorgt euch als nächstes das Origi-
Vollausgestattetes Recordingstudio für den Rechner:
Ableton Live 8
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Workshop: Bandvocals
nal des Songs eurer Wahl und ein Playback. Klei-
ner Tipp: Sucht euch beim Musikfachhändler
oder auf einer geeigneten Onlineplattform ein-
fach Karaoke-Versionen oder Midi-Files.
Autorin: Angie Damschen
Seit über einem Jahrzehnt bietet die Rockschule
die Möglichkeit, alle Rockinstrumente zu erlernen,
das Zusammenspiel in einer Band zu erleben, den
ersten Schritt auf die Live-Bühne zu machen, Musik
aufzunehmen, andere Musiker zu treffen und Bands
& Netzwerke zu gründen. Das alles zu fairen Preisen
und auf dem schnellsten Wege. Angelique Damschen
unterstützt uns in dieser Ausgabe mit ihrem Know-
how und lehrt in der Rockschule-Filiale in Hamminkeln
Gesang. Sie ist ihres Zeichens Sängerin und arbeitete
in der Vergangenheit in verschiedenen Tonstudios und
mit verschiedenen Bands wie Point Neuf. Infos zum
Angebot der Rockschule findet ihr im Internet unter
www.rockschule.de.
Song analysieren und mit
Songtext arbeiten
Aber Stop! Bevor ihr mit dem Singen loslegt,
hört euch den Song bewusst an.
Bewusst
heißt: „ Achtet auf die oben aufgeführten Krite-
rien wie Atmung oder Phrasierung. Und arbeitet
mit dem Text: Das heißt vermerkt euch auf dem
Textblatt Pausen für die Atmung und Wellenli-
nien für Phrasierungen. Hört euch den Song
mehrmals an. Lasst ihn auf euch wirken und
macht euch Gedanken, welche Emotionen in
euch geweckt werden.
Gesang aufnehmen
Wenn ihr den Song verinnerlicht habt, könnt
ihr nun mit den Aufnahmen eurer Stimme
beginnen.
Nicht vergessen: Probiert verschie-
dene Stimmungen (Gefühlslagen) aus, damit ihr
nach der Recordingsession genug Vergleichs-
material habt.
Gesungenes beurteilen
Anschließend hört ihr euch eure Gesangsauf-
nahmen an.
Seid selbstkritisch: Beurteilt die Auf-
nahmen nicht nur nach den Emotionen die ihr
vermitteln wollt, sondern bezieht auch mit ein, ob
ihr alle Töne trefft, euer Gesungenes gepresst
klingt, ihr an der richtigen Stelle atmet, eure Rhyth-
mik passt usw. hier hilft es, wenn ihr euch im Vor-
feld eine Checkliste macht, damit ihr bei der Ana-
lyse auch an alles Wichtige denkt. Hilfreich ist es
auch, Bandmitgliedern und sonstigen Freunden
und Bekannten die Aufnahmen zu zeigen. Da diese
als neutrale Zuhörer meist Dinge hören, die euch
noch nicht aufgefallen sind.
Im Studio ist das natürlich relativ egal, da euch bis
auf den Produzent ja doch niemand sieht. Auf der
Bühne sieht es natürlich schon ganz anders aus.
Hier müsst ihr mit eurer gesamten Performance
punkten. Um das zu üben, gibts einen ganz sim-
plen Trick: nehmt euch eine Videokamera und
filmt euch selbst. Beurteilt beim Durchsichten der
Aufnahmen dann euren Gesamteindruck. Achtet
auf folgendes: klammert ihr euch am Mikro fest?
Wirkt eure Darbietung steif oder albern? Arbeitet
ihr mit zuviel oder zuwenig Gestik?
Beobachtet euch selbst
Wenn es mit den Aufnahmen so weit geklappt
hat, wird es Zeit, dass ihr zur nächsten Stufe
übergeht:
ihr solltet durch eure Stimme, Mimik
und Körpersprache den Inhalt des
Songs glaubwürdig rüberbringen.
Hilfreich kann es sein, wenn ihr euch Live-
DVDs verschiedener Bands anschaut.
Schaut
euch dann auch gerne Bands und Interpreten an,
die ihr normalerweise nicht hört. Empfehlens-
wert sind hierbei Auftritte von Queen, Robbie
Williams oder Tenacious D. Hier könnt ihr sehen,
wie es funktioniert, wenn der Akteur vor Selbst-
vertrauen nur so strotzt und ganz genau weiß,
wegen wem die Leute alle gekommen sind.
»
„ve“ wird eher wie ein weiches W gesprochen).
Denkt immer daran, dass Hauchen ein Stilmittel
ist. Schickt aber nicht zu viel Luft mit dem zu sin-
genden Ton nach draußen. Das überstrapaziert
eure Stimmlippen nämlich und birgt die Gefahr,
dass ihr heißer werdet. Hauptsächlich entweicht
die verbrauchte Luft ganz allgemein aus eurem
Mund. Eine Ausnahme gibt es jedoch. Bei den Na-
Nehmt euch eine Videokamera und filmt euch
selbst.«
salkonsonanten M, M und NG. Hier entweicht die
Luft aus der Nase. Probiert doch mal eine Tonfol-
ge auf „M“ zu singen und haltet euch während-
dessen die Nase zu. Schon ist der Ton weg. Für die
unter euch, die zu sehr nach Nase klingen, gibts
folgenden Tipp: alle Worte ohne M, N, oder NG,
sprechen und die Nase dabei zuhalten. Hierbei
darf nichts nach Nase klingen. Es gibt keinen
klanglichen Unterschied. Wenn ihr nun versucht
ein Wort mit M, N oder NG zu singen, wird euch
bei zugehaltener Nase erstmal bewusst, wie viel
Druck sich in der Nase aufbaut.
Ausdruck und
Artikulation
Jedes zu singende Wort hat seine Aufmerk-
samkeit verdient.
Wenn in eurem Text beispiels-
weise das Wort „Don´t“ vorkommt, könnt ihr dem
Konsonanten „d“ und
dem „n“ ein wenig
Spannung mit ge-
ben - nicht dass es
zu steif wirkt und
es klingt, als
würdet ihr die Kon-
sonanten wie einen Laserstrahl nach
vorne schießen. Und ein gesungenes „Love“
ist kein „Loff“ sondern ein weiches „Low“ (das
Einatmen ... Ausatmen
Nicht jeden Atemzug soll man hören aber ab
und zu eingesetzt lässt es Songs intimer und
lebendiger klingen.
Eine geräuschvolle Einat-
mung am Anfang einer Zeile kann super klingen,
genauso wie das Restluft rauslassen bei einem
Konsonanten eines Wortes am Zeilenende. Singt
doch beispielsweise mal das Wort „need“ und
achtet hierbei darauf, dass das „d“ deutlich zu
hören ist, also nicht verschluckt wird und mit
dem Aussingen die Restluft einfach entweicht.
Angie Damschen & Markus Beug-Rapp
Selbstkontrolle ist gut:
Verwendet
einen ganz normalen Camcorder um
eure Darbietung zu analysieren
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