Workshop Besser Proben Teil 7
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Workshop: Besser Proben
Besser proben – Teil 7
Achtung Hausaufgabe!
Die wenigsten Bands harmonieren auf Dauer auch ohne penible Absprachen und
akribische Vorbereitungen perfekt bei ihren Proben. Für die meisten gilt: Hausaufgaben
sind nicht nur in der Schule, sondern auch für die gelungene Bandprobe von Nöten.
V
ielleicht sollten wir es an dieser Stelle
noch einmal ganz deutlich sagen: Nehmt
euch aus diesem Workshop – wie auch aus
jedem anderen – nur das heraus, was in eurer Band
auch funktionieren kann.
Spätestens mit dieser Folge unseres Workshops
zum besseren Proben wird es sich herumgespro-
chen haben:
Der Weg zur gelungenen Probe hat vor-
rangig gar nicht so viel mit der Bedienung der ent-
sprechenden Instrumente zu tun. Vielmehr geht es
um die Schaffung der richtigen Rahmenbedingungen
und um ausreichende Vorbereitung. Seine Hausauf-
gaben zu machen gehört also definitiv auch dazu.
Also doch: Üben!
Einige Dinge werden sich nie ändern:
Ohne ge-
machte Hausaufgaben steht man ziemlich dämlich
Die letzte Vokabel nehmen wir als Stichwort.
Gerade hier hakt es bei den meisten Bands schließ-
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SOUNDCHECK 06 | 09
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Foto: ShutterStock
Gerade im Bezug auf diese und die letzte Folge
gilt es zu erwähnen:
Es kann natürlich sein, dass ihr
euch ohne jede Absprache quasi von selbst im Pro-
beraum einfindet und im kreativen Chaos einen Hit
nach dem anderen zusammenbekommt. Das ist zwar
unwahrscheinlich, aber das sind Lottogewinne auch
und selbst die kommen vor. Es ist aber viel wahr-
scheinlicher, dass es immer irgendetwas gibt, das ihr
an euch als Band noch verbessern könnt. Angefan-
gen beim Sound im Proberaum bis hin zu den Probe-
absprachen und dem eigentlichen Probeinhalt.
lich doch des Öfteren. Klar, der Inhalt einer Probe
sind eure Songs und der Feinschliff eben dieser.
Und so spielt man typischerweise auch immer wie-
der die gleichen Songs. Immer wieder. und dann
noch einmal. Und dann – weil es so schön ist – noch
einmal. Woche für Woche. So etwas ätzt ziemlich
schnell und die Proben werden mangels Vorberei-
tungen eher langweilig, unkreativ und unbefriedi-
gend. Abhilfe schafft hier allenfalls korrekte Vorbe-
reitung der Songinhalte.
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da. Und noch schlimmer wird es, wenn nicht nur ihr
selbst, sondern auch noch andere von euren Vorbe-
reitungen abhängen. Eure Bandkumpels stehen
nämlich auch auf dem Schlauch, wenn die Probe
nicht wie geplant oder eben gar nicht von statten
gehen kann. Was also könnt ihr tun, damit es rich-
tig vorwärts gehen kann bei der Bandprobe? Zum
einen und als erstes: Üben.
In der letzten Folge hatten wir es schon vorweg-
genommen:
Üben und Proben sind zwei grundver-
schiedene Dinge – ersteres macht aber letzteres
überhaupt erst möglich. Kaum einer wird sich das
Gitarrenbuch mit in den Proberaum nehmen, um
während der Probe die gängigsten Lagefeuerak-
korde nachzuschlagen. Zur allgemeinen Musiker-
folklore gehören die beiden Wahrheiten, „wer
stimmt, ist feige“ und „wer übt ist ein Kollegen-
schwein“. Stimmt natürlich nicht: Muss beides sein
und selbst im Jazz wird gestimmt – es hört nur
manchmal keiner. Also wird alles Knifflige, Ver-
trackte und Schwierige zu Hause geübt und dann,
mit dem Rest der Band zwecks perfekten Zusam-
menklangs geprobt. Bei unbekannten Drumpat-
terns, Highspeed Licks, obskuren Timings, schrägen
Tunings und dergleichen gilt: Zuallererst zu Hause
hinsetzen und üben! Tut ihr das nicht, haltet ihr die
Probe auf und damit wären wir wieder beim Thema
„Verschwendete Zeit“.
Frust vorprogrammiert:
eine schlecht vorbereitete Probe wird schnell langweilig, unkreativ und damit unbefriedigend.
ihr aber den Kopf frei behaltet, um euch auch auf
alternative Arrangements einlassen zu können.
„Ich hab da mal
was mitgebracht …“
Wenn es dann an die neuen Songs gehen soll,
bereitet Ideen und Fragmente zu Hause vor.
Nutzt Leadsheets oder fertigt einen groben Über-
blick darüber an, wie ihr euch den Ablauf des Songs
vorstellt. Und tut das in ausreichender Menge oder
Größe, sodass jeder gleichzeitig die entsprechenden
Informationen hat, wenn ihr einen neuen Song pro-
ben wollt. Bringt Hörbeispiele mit, wenn ihr euch
Ideen zum neuen Song mit, der auf diese Weise
meist nicht nur sehr gut gelingt, sondern sogar sehr
schnell Form annimmt. Und auf diese Weise lassen
sich die Hausaufgaben auch auf die entsprechenden
Bandmitglieder verteilen. Der Gitarrist soll sich ein
Solo überlegen, der Keyboarder ein paar schöne
Flächensounds, der Sänger seine Gesangslinien in
Strophe und Refrain und der auch der Drummer
kann bereits seine Takes ausarbeiten oder sich zu-
mindest Gedanken zur Time machen.
Solltet Ihr auch euren Proberaum bereits für
Mitschnitte fit gemacht haben, so gilt auch
hier:
Je besser die Vorbereitung, um so einfacher
die Umsetzung. Schafft zu diesem Zweck nach und
nach je nach Sachlage in der Bandkasse ausrei-
chend Kabel, Mikros und Stative an, damit ihr ohne
langes Suchen von Einzelteilen, Adaptern oder
Klemmen aufnehmen könnt. Findet die sinnvollsten
Mikropositionen, wenn es ein Stereo-Raummix
werden soll, verkabelt ordentlich und nachvollzieh-
bar, wenn es mehrspurig sein soll. Tipps zum Recor-
ding im Proberaum gibt es im Rahmen dieses Work-
shops später noch in einer eigenen Folge. Tipp: Am
einfachsten und unkompliziertesten könnt ihr eu-
ren Sound mittels eines mobilen Digital- oder Han-
dyrecorders festhalten (Siehe Kasten rechts).
»
Nehmt euch eure bestehenden Songs zu Hause
vor und übt sie – systematisch.«
an einem Song einer anderen Band orientiert habt.
Allein die Aussage: „Das soll so ähnlich klingen wie
…“ bringt meist wenig, weil sich meist nicht alle
gleichzeitig an den entsprechenden Part erinnern
können, bzw. diesen dann oft gar nicht kennen.
Nehmt deshalb eine CD oder ein MP3-File mit, da-
mit der Rest der Truppe sich das Vorbild des Songs
aufs Ohr tun kann.
Nehmt euch bestehende Songs zu Hause vor und
übt sie – systematisch.
Und noch wichtiger: Lernt
sie auswändig. Lernt sie vorwärts und rückwärts.
Spielt nur die Bridge, bis sie euch zu den Ohren her-
auskommt. Spielt nur den Chorus, bis ihr ihn im
Schlaf könnt. Übt im Stehen, im Sitzen, im Liegen.
Gitarristen und Bassisten die Bodeneffekte nutzen,
markieren beim Üben zu Hause am besten einen
bestimmten Punkt mit Klebeband und treten beim
Üben immer dann drauf, wenn der Song den Einsatz
eines Effekts vorsehen würde. Das sieht zwar däm-
lich aus, bringt aber enorme Routine und die so
wichtige Unabhängigkeit zwischen Händen und Fü-
ßen. Außerdem lernt ihr so, nicht immer am selben
Fleck zu stehen, sondern euch während der Perfor-
mance auch zu bewegen. Probiert außerdem alter-
native Akkorde aus, eine zweite Stimme, ein ande-
res Pattern. Auf diese Weise gehen euch die Songs
schnell in Fleisch und Blut über, wobei
Homerecording ist Trumpf
Schafft euch auf jeden Fall Möglichkeiten zum
Homerecording.
Es ist nie falsch, ein vorläufiges
Arrangement zur Probe mitzubringen. Noch besser
ist es, Arrangements mit Nennung von Tonart und
eventuell noch den Grundakkorden schon vorab per
E-Mail an die Bandkollegen zu schicken. So können
sich alle schon zu Hause in Ruhe mit dem neuen
Material auseinandersetzen und bringen dann viel-
leicht sogar ein paar weitere oder noch bessere
Plan B als Rettung
Wenn man Bands fragt, wie es um die Probensi-
tuation bestellt ist, bekommt man eigentlich
nur drei Antworten:
„Super“, „Wie immer halt“
oder „Wir proben so selten, weil wir momentan
nicht immer alle Zeit haben“. Antwort drei geht ir-
gendwann nahtlos in Antwort zwei über, allerspä-
testens dann besteht akuter Handlungsbedarf.
Wenn ihr euch nämlich auf die Umstände entspre-
chend einstellt, könnt Ihr die Zeit mit verringerter
Mannschaft dennoch produktiv nutzen. Euer Sän-
ger kann nicht? Rhythmusgruppe an den Start und
Timingprobe, am besten mit Click. Der Trommler
muss zu Omas Geburtstag in die Voralpen? Songi-
deen mitbringen, vorstellen, erklären und durch-
proben. Bassist oder sind Gitarrist mal wieder
Routinen einüben:
Wenn ihr als Gitarrist oder
Bassist Bodeneffekte benutzt, markiert euch
eine Stelle am Boden mit Klebeband, auf die
ihr auch beim Üben tretet.
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krank? Frühjahrsputz nebst Equipmentcheck! Es
gibt immer etwas, dass man proben kann, man
muss es nur sehen und dann umsetzen. Mit einem
Plan B (und C und D …) könnt ihr zumindest dafür
sorgen, dass die Zeit nicht ungenutzt bleibt. Gera-
de Timing- und Tightnessproben, wenn Gitarre(n),
Bass und Drums zum Click spielen, können euch
als Band auch unheimlich nach vorne bringen.
Aber gerade hier, in der Planung und der Vorbe-
reitung einer Probe, muss einer aus der Band
sich auch als Planer und Denker betätigen.
Selten passt der Spruch von den vielen Köchen und
dem verdorbenen Brei so sehr wie bei organisato-
rischen Dingen. Hier bedarf es manchmal der hei-
lenden Kraft der klaren Ansage, was gemacht, ge-
lassen und geprobt werden soll. Besonders die Al-
Homerecording tut Not:
Schafft euch unbedingt eine
Möglichkeit eure Parts bzw. Songs aufzunehmen.
Praxistipp
Mobiles Recording leichtgemacht
In den letzten Jahren setzen sich für schnel-
les und unkompliziertes Recording immer
mehr die mobilen Digital- oder Handyre-
corder durch. Geräte wie der Zoom H-2, der
Zoom H-4, der Zoom H-4 N, der Tascam
DR-1 oder der Yamaha Pocketrak CX haben
hocheffektive Mikrofone, Speichermedium
und Ordnerverwaltung bereits an Bord. Bei
Bedarf lassen sich zudem auch hochwerti-
gere externe Mikrofone einfach anschließen
und außerdem kann die Recordingempfind-
lichkeit völlig problemlos auch an die hohen
Schallpegel eines Bandproberaums angepasst
werden. Übersteuerungen können so effektiv
gleich von vornherein vermieden werden.
ternativpläne, für den Fall, dass eine Komplettprobe
nicht möglich ist, sollte sich mindestens einer
schon zurechtgelegt haben.
Termine, Termine, Termine
Auch reduzierte Proben sind wichtig.
So könnt ihr
gezielt an denjenigen Feinheiten arbeiten, bei denen
die Schwierigkeiten vielleicht nur bei einem be-
stimmten Instrument bestehen, oder nur bei einem
bestimmten Part eines Songs auftreten. Aber wir
arbeiten ja alle auf den perfekten Gig hin, auf dass
uns die geneigte Zuhörerschaft mit Jubel und An-
nerkennung überschütten möge. Spätestens dann
rächt es sich allerdings, wenn ihr euch erst bei Ge-
neralprobe komplett zusammengefunden habt.
Allein die passenden Termine zu finden ist oft
schon schwer genug.
Daher fällt die Terminsuche
ebenfalls unter effektive Vorbereitung. Wenn der
avisierte Termin nicht passt, dann sucht direkt einen
Alternativtermin, der am besten noch in derselben
Woche liegt. Plant zur Sicherheit auch immer ein
paar Wochen voraus, dann finden sich die Termine
einfacher. Benennt immer vor dem nächsten Gig ei-
ne Generalprobe, damit setzt ihr euch in positiver
Weise selbst unter den Druck, an gerade diesem Pro-
betermin auch wirklich Zeit zu haben.
Mobile digitale
Recorder:
Tascam DR-1 (o.l.)
Zoom H-2 (o. r.)
Zoom H-4 N, (u.)
Lange Rede, kurzer Sinn:
Mit sinnvoller und über-
legter Vorbereitung eurer Proben könnt ihr einen
Riesenvorteil für euch erarbeiten, denn so bleibt so
gut wie keine Probe ungenutzt. Wenn alle den ent-
sprechenden Elan mitbringen, ihre Hausaufgaben
machen und sich auf die Ansagen desjenigen ein-
lassen, der gerade diese Ansage macht, dann wer-
den die Proben auf einmal viel effektiver.
Stefan Müller
www.soundcheck.de