Workshop Live Mixing Teil 1
© PPVMEDIEN 2008
Workshop:
Mixing
Das W-W-W für
den Live-Auftritt
Was
benötigt eine Band alles für den Live-Auftritt?
Wo
spielt sie und
Wie
setzt sie es
effektiv ein? Dies sind die drei großen W die wir für euch in diesem mehrteiligen Workshop
näher erläutern wollen. Dabei stellen wir jeweils die beengte Live-Situation in einer Musik-
kneipe der Produktion in einer Stadthalle für ca. 2.000 Personen gegenüber.
iele von euch werden si-
cherlich schon Bekannt-
schaft mit den vielen Er-
fordernissen und Unwägbarkeiten
eines Live-Auftritts gemacht ha-
ben. Trotzdem wollen wir in diesem
Workshop einmal von ganz vorne
beginnen. Dazu gehören neben der
Vorstellung geeigneten Equip-
ments natürlich auch die Aspekte
Crew, Transport, Versicherung,
Haftpflicht, die Band als Gesell-
Live-Mixing-Workshop – Teil 1
V
schaftsform und die Notwendigkeit
einer Gewerbemeldung. Außerdem
die Beachtung festgeschriebener
Frequenzen bei der Nutzung von
Drahtlosanlagen und vieles mehr.
Funktion, Umfang
und Notwendigkeit
eines PA-Systems
Um was gehts genau?
Zunächst
einmal eine kurze Begriffsklärung
zur Bezeichnung PA, da die meisten
Musiker zwar wissen, was damit ge-
meint ist, jedoch nicht erklären kön-
nen wofür PA denn nun genau steht.
PA ist die Kurzform für „Public
Adress“. Übersetzen ließe sich dieser
Terminus mit „an die Adresse der Öf-
fentlichkeit gerichtet“. Gemeint sind
damit die Lautsprecherboxen, die
auf das Publkum ausgerichtet sind
und die die auf der Bühne erzeugten
Audiosignale übertragen.
Die rasante technische Entwick-
lung der letzten Jahre hat in der
Beschallungsindustrie zu einem
kaum mehr zu überschauenden
Angebotsspektrum an PA-Syste-
men für jeden Anwendungsbereich
geführt.
Dabei ist auch der tech-
nische Umfang dessen, was denn
nun alles als PA bezeichnet wird
bzw. dazu gehört nicht mehr so klar
zu trennen, wie dies zu den Pionier-
zeiten der PA-Entwicklung einst der
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SOUNDCHECK 04 | 08
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Fotos: Imago
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Fall gewesen ist. So gibt es mittler-
weile DSP-gesteuerte Beschallungs-
systeme die neben ihrem aufwän-
digen Gehäuseauf bau und einer
komplexen Lautsprecherbestückung
auch gleich das komplette Amping
(Endstufen) sowie ganze Controller-
Einheiten (Frequenzweiche, Delay-
Funktion, EQ, Limiter) beinhalten.
Man spricht hier von aktiven Kom-
plettsystemen.
kraft und Stromversorgung etc.) am
Venue (Veranstaltungsort). Bei der
kleinen gemütlichen Musikkneipe
oder im kultigen Irish Pub, in der
man in aller Regel Solo, mit kom-
pakter Trio-, oder höchstens Vierer-
Besetzung spielt, gestalten sich die
technischen Gegebenheiten frei-
lich anders als bei der Produktion
in einer Stadthalle. Nicht selten
tritt auf den kleinen Bühnen der
Fall ein, dass die dort installierten
Beschallungs-Systeme sowohl PA
als auch gleichzeitig Bühnen-Mo-
nitoring abdecken sollen, weshalb
derlei Installationen auch oftmals
irreführend als Gesangsanlage be-
zeichnet werden.
Natürlich werden hier aber im
Normalfall neben dem Gesang auch
Akustikgitarre, Keyboard und so-
fern nötig noch ein wenig Basssi-
gnal übertragen.
Meist bestehen die-
se Installationen aus zwei Mehr-
wege-Boxen auf Stativen, die von
einem Powermixer auf der Bühne
angefahren werden. In aller Regel
sind derartige Auftrittsorte auf eine
Größenordnung zwischen 100–200
Personen ausgerichtet. Je nach Zu-
schnitt der Örtlichkeit, kann es auch
vorkommen, dass die Club-Besitzer
das abgehende Stereosignal aus ei-
nem Line-Out des Power-Mixers ab-
greifen und in ihre Stereoanlage für
die normale Musikbeschallung ein-
Kompaktes PA-System:
Peavey Triflex
DSP und Steuerung via Netzwerk-Einbindung:
JBLs VP 7315, ein aktives 3-Weg-Fullrange-System
Halten wir also fest:
Der Begriff PA umfasst
längst nicht mehr nur das „Holz“, sprich die
Lautsprecherboxen, sondern hierunter lässt
sich nahezu alles subsummieren was in unmit-
telbarer Anbindung zu den PA-Boxen steht.
Dennoch überwiegt nach wie vor das Angebot
an rein passiven Beschallungssystemen, also
ohne integriertes Amping und Controller-Funk-
tionen. Jedoch bieten immer mehr Hersteller
dazu systemeigene Peripherie an, also Endstu-
fenkomponenten und Steuerungsmodule. Im-
mer häufiger findet dabei die Konfiguration
von PA-Systemen auch über systemeigene Soft-
ware am Laptop statt.
Welche Art von Beschallungssytem für wel-
chen Anlass geeignet ist, hängt von Folgendem
ab:
Den äußeren Umständen wie Raumgröße,
Beschaffenheit und den technischen Vorrichtung-
en (Bühnenaufbau, Hängepunkte, Bühnentrag-
Line-Array-Kom-
ponente:
Martin
Audio W8L MD
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Workshop:
Mixing
speisen, damit auch die Besucher in
den entlegenen Ecken des Etablisse-
ments etwas vom Live-Geschehen
mitbekommen.
Wie so eine „Gesangsanlage“
aussehen kann wollen wir euch
hier einmal näher erläutern:
Die
Lautsprecherboxen dieser kompak-
ten Beschallungs-Systeme sind nach
dem Mehrwege-Prinzip aufgebaut
und werden als Fullrange-Boxen
bekannteste Boxentyp ist die so
genannte 15/3-Konstruktion. Es
gibt aber auch kleinere Ausfüh-
rungen mit 2-Wege-Systemen. Di-
ese Komponenten zeichnen sich
durch ihre stabilen Übertragungs-
und guten Transporteigenschaften
aus. Allgemein haben diese Mo-
delle je nach Ausführung eine ge-
messene Dauerbelastbarkeit zwi-
schen 300 und 500 Watt an acht
Ohm, was bei entsprechender End-
stufenleistung für die Beschallung
einer Musikkneipe mehr als aus-
reichend ist.
Sehr beliebt für kleine Auftritte
sind auch die praktischen Power-
mixer im Topteil-Design, in denen
Mischpult, Graphic-EQ, Effekte und
Endstufe vereint sind.
Derlei Mo-
delle besitzen bis zu acht vollwer-
tige Kanäle und bieten neben Mic-
/Line-Input einen Zweiband EQ für
die Bass- und Höhenregelung so-
wie einen Send für die Ansteue-
rung der internen Effekt-Einheit
mit Hall oder Delay. Für gehobenere
Ansprüche gibt es die Geräte auch
in gewohnter Desktop-Ausführung.
Diese Modelle zeichnen sich meist
durch eine gehobenere Ausstat-
tung mit mehr Kanälen, aufwän-
digerem EQ, einer Effekt-Library
und einem Plus an Ein- und Aus-
spielwegen aus.
Deutlich aufwändiger gestaltet
sich die Produktion hingegen in
einer größeren Halle für 2.000
Personen oder mehr.
Hierbei han-
delt es sich um eine Größenord-
nung bei der schon ein leistungs-
starkes PA-System gefragt ist. Ge-
rade im Bereich der Entwicklung
neuer Beschallungssysteme hat sich
in den vergangenen Jahren ein deut-
licher Wandel vollzogen. Die 70er-
und 80er-Jahre waren noch von
passiven Systemen wie etwa der
legendären Modular-PA von Mar-
tin Audio geprägt, deren Bass-,
Mitten- und Höhenübertragung in
speziell dafür entwickelte Laut-
sprecherkomponenten unterteilt
war (Martin 115 Bass Bin/MH 212
„Philishave“/5020 Schlitzstrahler/
5022 Tweeter). Ebenfalls erwäh-
nenswert sind auch die gewich-
tigen MT4-Boxen von Electro-
Voice, die nur mit aufwändiger
Manpower und Stapler zu bewegen
waren. All diese Systeme hatten ge-
meinsam, dass sie seinerzeit sämt-
lich als Stack übereinander gestapelt
am Bühnenrand installiert wurden.
Zudem war einiges an Endstufen-
aufkommen und Wattleistung not-
wendig, um diese Systeme druck-
voll und laut betreiben zu können.
Mitte der 90er-Jahre änderte
sich dann einiges mit der Entwick-
lung der ersten Line-Array-Sys-
teme.
Bei dieser Art der Beschal-
lung werden die Komponenten un-
tereinander angeordnet, „geflogen“,
sprich also an Truss-Konstruktionen
befestigt, die entweder an vorhan-
denen Hängepunkten in der Halle
befestigt, oder – sofern solche nicht
vorhandenen sind – von einem so
genannten Ground Support, einer
ebenerdig gebauten Bühnengerüst-
konstruktion getragen. Die Anord-
nung der Lautsprecherboxen bei
einem Line Array richtet sich nach
der zu beschallenden Fläche. Das
bedeutet, die Boxen werden ihrem
Abstrahlwinkel nach speziell aus-
gerichtet. Hierfür bietet nahezu
Mutter aller Gesangsboxen:
Die legen-
däre Dynacord 15/3 – ein 3-Wege-System
mit 15“-, 10“- und 1“-Treiber-Bestückung.
jeder Hersteller eine systemeigene
Software an, mit der sich das opti-
male Curving (Neigung) anhand
der Eingabe der Hallenmaße be-
rechnen lässt. Das so entstehende
Gebilde ergibt meist eine nach un-
ten zur Bühne hin gewölbte Form,
weswegen man im Fachjargon auch
gern von einer Banane spricht.
Diese Line-Array-Komponenten
zeichnen sich durch ihr ergono-
misches Design und Gewicht aus.
Außerdem durch ihr effizientes Über-
tragungsverhalten und einen nahe-
zu zentimetergenauen Abstrahlwin-
kel. Das macht es bei der Planung für
eine Beschallung deutlich einfacher,
da der Aufwand an Boxen so exakt
berechnet werden kann. Line-Array-
Systeme gibt es dabei in passiver
und aktiver Ausführung. Wobei in-
tegrierte Endstufen ein erhöhtes Ge-
wicht zur Folge haben, welches bei
der Berechnung der Belastbarkeit
von Hängepunkten bzw. Ground
Support eine große Rolle spielt.
Steckerformate der Lautsprecherverka-
belung:
XLR, Klinke & speakon
bezeichnet, da sie die komplette
Bandbreite des zu übertragenden
Frequenzspektrums gewährleisten.
Dabei werden sie über ein Klinke-,
XLR- oder Speakon-Lautsprecher-
kabel mit Power-Mischer oder End-
stufe verbunden.
Intern sorgt ein passives Regele-
lement (Frequenzweiche) für eine
an bestimmten Frequenzpunkten
festgelegte Aufsplittung des Signals
und gibt diese an Bass-, Mitten-
und Hochtoneinheit weiter.
Der wohl
Ray Finkenberger-Lewin
Ray Finkenberger-Lewin
Die kompakten Topteil-Power-Mixer haben bei Peavey eine lange Tradition und
sind für ihre Robustheit, soliden Klang und zuverlässige Übertragungswerte sehr
geschätzt:
Der hier gezeigte PVi 8B besitzt über 150 Watt an 4 Ω.
Ray Finkenberger-Lewin ist seit mehr als
20 Jahren hauptberuflich im Musikbusi-
ness tätig und außerdem Mitbegründer
der Musikproduktionsgesellschaft mell-o-
tron. Als Musiker und Produzent betreibt
er zudem einen weiteren Aufnahmebe-
trieb, das Deli-Sound- & Recording-Stu-
dio. Im Bereich der Veranstaltungstechnik
arbeitete er unter anderem als Produkti-
onsleiter, Stage Manager, TL, FOH- und
Monitor-Engineer sowie als Backliner für
Künstler wie Sabrina Setlur, Glashaus, Sebastian Hämer, Xavier Naidoo, die Söhne
Mannheims, Robert Palmer, Udo Lindenberg, Heinz Rudolf Kunze, Dieter Thomas Kuhn,
Reamonn und Bee Gees Robin Gibb. Auf dem Industriesektor betreut er mit eigenem
Material nebenher kleinere Konferenzen und Kongresse und schreibt als Musikjourna-
list, sowie als Fachbuch- und Workshop-Autor seit mehr als 10 Jahren für die Publika-
tionen SOUNDCHECK, PMA und Recording Magazin.
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Safety First
T
orsten Dechert ist als Ver-
sicherungsspezialist in der
Musikbranche tätig und hat
dazu mit verschiedenen Versicher-
ern Spezialverträge ausgehandelt. Im
Interview gibt er Tipps zur richtigen
Versicherungswahl für Musiker.
SC: Wann sollte sich eine Band Ge-
danken über den Abschluss einer
Equipmentversicherung machen?
TD:
Spätestens dann, wenn Geräte
(beispielsweise die eigene PA) per
Kredit finanziert, geleast oder ge-
mietet werden ist eine Versiche-
rung absolut notwendig.
Versicherungsfachmann Torsten Deckert im Interview
Ein Thema über das sich Musiker meist wenig Gedanken machen,
ist die Frage nach geeigneter Absicherung im Schadensfall. Wir
haben für euch einen Versicherungsexperten zu Rate gezogen.
SC: Welche wichtigen Punkte sollte
diese umfassen?
TD:
Wichtig ist, dass eine Equip-
mentversicherung bei allen von au-
ßen einwirkenden Gefahren Schutz
bietet. Das sind neben den Klassi-
kern wie Diebstahl, Feuer und Trans-
portschäden auch Schäden, die z. B.
durch Überspannung, Falschbedie-
nung oder auch eine kaputte End-
stufe verursacht werden.
SC: Mit welchen Kosten muss man
dabei kalkulieren?
TD:
Der Beitrag beträgt in Deutsch-
land ein Prozent der zu versichern-
Torsten Dechert:
Unabhängiger Versicherungsspezialist
und -makler – speziell für die Musikbranche.
den Summe. Bei einem Wert von
30.000€ zahlt man inklusive ge-
setzliche Versicherungssteuer, 357€.
SC: Wie wichtig ist für Musiker
das Thema Haftpflicht?
TD:
Das ist die wichtigste Versiche-
rung überhaupt. Jeder, der anderen
Schaden zufügt muss diesen erset-
zen, und beim Mucken kann ja sehr
schnell mal was kaputtgehen.
SC: Wo bekommt man ausreichend
Informationen zu diesem Thema?
TD:
Nun, dafür bin beispielsweise ich
da. Ich weiß als erfahrener Musiker
um die Bedürfnisse und Unwägbar-
keiten des Live-Betriebs und der
Arbeit im Studio und biete als Ver-
sicherungsmakler spezielle Versiche-
rungsleistungen an. Falls ihr Infos
braucht, könnt ihr mich unter info@
torsten-dechert.de kontaktieren.