Workshop Live Mixing Teil 2
© PPVMEDIEN 2008
Workshop:
Mixing
Auf zum Auftritt
N
achdem wir uns im ersten
Teil unseres Workshops mit
eher grundsätzlichen Fra-
gen zu Funktion, Umfang und Not-
wendigkeit eines PA-Systems be-
schäftigt haben, beginnen wir in
dieser Folge zunächst mit den Vor-
bereitungen unserer beiden Live-
Musikproduktionen und einem
Blick auf den Umfang des Equip-
ments. Im Falle unseres überschau-
baren Club-Auftritts gestalten sich
derlei Aspekte freilich weniger
spektakulär verglichen mit einer Li-
ve-Produktion in einer 2.000 Per-
sonen fassenden Stadthalle. Grund-
sätzlich unterscheiden sich die bei-
den Events aber gar nicht so sehr.
In aller Regel ist jede Band be-
strebt, die Kosten für den mäßig
bezahlten Auftritt in der Musik-
kneipe so niedrig wie möglich zu
halten.
Dies gilt umso mehr, wenn
neben der Backline der Musiker
auch noch die eigene Beschal-
lungsanlage transportiert werden
muss. Aus diesem Grund empfiehlt
es sich, bereits bei der Anschaffung
solchen Equipments nicht nur auf
Live-Mixing-Workshop – Teil 2
Bevor es auf die Bühne und zum Aufbau geht, gilt es erst einmal alles
benötigte Material vom Proberaum beziehungsweise aus dem Lager zu
holen, den PKW, Transporter oder Truck zu beladen und zum Venue zu
fahren. Also, was muss mit und was gilt es beim Aufbau alles zu beachten?
dessen Leistung und Design zu
achten, sondern auch den Aspekt
der Transporttauglichkeit, gemes-
sen an den eigenen Möglichkeiten,
mit einzubeziehen. Hier haben sich
in den vergangenen Jahren viele
Hersteller hervorgetan und kleine
leistungsstarke Systeme mit her-
vorragendem Preis-Leistungs-Ver-
hältnis entwickelt. So beispielsweise
der italienische Hersteller dB Tech-
nologies, der mit seiner breiten
Modellpalette nahezu sämtliche
Leistungsanforderungen auf die-
sem Einsatzgebiet abdeckt.
Klein, schwarz, stark:
dB Technologies'
K 162 ist eine kompakte Aktivbox mit
reichlich Power.
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SOUNDCHECK 05 | 08
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Fotos: Ray Finkenberger-Lewin/Sirius AG/Hersteller
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Dazu kommt, dass es sich bei
diesen Komponenten um aktive
Systeme, sprich also Boxen mit
integrier ten Endstufeneinheiten,
in Leichtbauweise handelt.
Dies wiederum bringt eine Platz- und
Gewichtsersparnis mit sich, da man
komplett auf zusätzliche Verstär-
ker-Racks verzichten kann. Ebenso
wichtig ist es auch, beim Mischpult
ob das Pult neben guten Klangei-
genschaften über eine integrierte
Effekt-Sektion verfügt, wenigstens
zwei Aux-Wege, Inserts, ausrei-
chend XLR- und Klinken-Eingänge
in den Kanälen, sowie Signalpfade
für Zuspieler und Recorder besitzt.
So bietet beispielsweise der Her-
steller Phonic mit seinem Modell
Helix12 FW MkII ein Mischpult an,
das neben bis zu acht nutzbaren
Eingängen über alle nur denk-
baren Ein- und Ausgänge ver-
fügt.
Darüber hinaus ist es mit
einer brauchbaren Effektsekti-
on ausgestattet und hat sogar
ein FireWire-gestütztes Audio-In-
terface mit an Bord, worüber sich
die Signale gleichzeitig in Verbin-
dung mit einem FireWire-fähigen
Laptop aufnehmen lassen. Aus-
schließlich auf den Live-Betrieb
zugeschnitten ist das Mackie DFX-
12, das ebenso mit soliden tech-
nischen Werten wie mit guten Aus-
stattungsmerkmalen auf wartet und
alles bietet, was man für Auftritte
in überschaubaren Lokalitäten be-
nötigt. Derartige Desktop-Mischer
sollten für den Transport übrigens
unbedingt in einem Koffer oder
Flightcase verpackt sein. Weiterer
Platzspar-Tipp: Auch die so ge-
nannten Power-Mischer, sprich
Mischpulte mit integrierter End-
stufensektion sind eine gute Alter-
native um Platz und Gewicht beim
Transport einzusparen.
Praxistipp
Die geeignete Verkabelung ist für den reibungslosen Ablauf eines
Club-Gigs ebenso wichtig wie zuverlässiges Equipment.
Je nachdem ob wir es dabei mit einem aktiven Lautsprechersystem zu tun
haben oder passive Komponenten benutzen, kommen dabei unterschiedliche
Kabeltypen zum Einsatz.
Ein aktives Lautsprechersystem hat die Endstufenkomponenten
bereits integriert und bedarf lediglich der Zuleitung des Line-Sig-
nals vom Mischpult.
Dieses Signal wird im Regelfall per XLR- oder
Klinkenkabel von einer zur anderen Systemkomponente geleitet. Die Lei-
stungsabgabe der Endstufe wird, wie bei einem normalen Poweramp auch,
direkt an der Box eingestellt. Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass man
die aktiven Speaker vom Pult aus nicht zu heiß anfährt. Um derartigen
eventuellen Übersteuerungen vorzubeugen, haben viele dieser aktiven
Systeme eine Limiter-Funktion als Schutzschaltung integriert.
Anders verhält es sich bei passiven PA-Komponenten, die per Power-
mixer oder separater Endstufe betrieben werden.
Hier sind geeignete
Lautsprecherkabel zu verwenden. Da im Gegensatz zu Line- und Instrumen-
tenkabeln in einem Speaker-Kabel deutlich mehr Spannung anliegt, die bis
zu 25 Volt und mehr betragen kann, ist es hier wichtig, dass die Kabel, ins-
besondere wenn sie länger sind, über einen soliden Querschnitt verfügen. Es
sollte auch darauf geachtet werden, dass nur verriegelbare Speakonstecker
eingesetzt werden. Keinesfalls sollten Mikrofon-, Patch- oder Instrumen-
tenkabel für die Verbindung von der Endstufe zur Box eingesetzt werden,
da diese derartigen Belastungen nicht gewachsen sind und dadurch eine
Beschädigung der angebundenen Geräte nicht auszuschließen ist.
Auch was die Anzahl der anzuschließenden Komponenten anbelangt,
gilt es die technischen Werte des Equipments genau zu kennen.
Hier ist das Ohmsche Gesetz ausschlaggebend. Jeder Amp und jede Box hat
einen bezeichneten Spannungswiderstand der in Ohm (Ω) beziffert wird
und bei der Verbindung der Komponenten berücksichtigt werden muss.
Je niedriger die Impedanz eines Lautsprechers ist, desto höher sind Strom
bzw. Leistung welche vom Verstärker geliefert werden. Hat eine Endstufe
einen Lastwiderstand von 2Ω, so lassen sich in paralleler Anbindung zwei
4-Ω- oder bis zu vier 8-Ω-Lautsprecherboxen betreiben. Damit ist die
Endstufe voll ausgelastet. Wird die genannte Impedanz jedoch unterschrit-
ten so erfährt die Endstufe eine überhöhte Leistungsanforderung, die im
Dauerlastbetrieb zu beschädigungen führen kann.
Mix und Aufnahme in einem:
Mit Phonics
Helix Board könnt ihr nicht nur die Band
mischen, sondern sie parallel aufnehmen.
auf Folgendes zu achten: Was be-
nötige ich alles für meinen Live-
Auftritt und was brauche ich nicht?
Es macht nämlich nur wenig Sinn
sich ein 16-Kanal-Pult anzuschaf-
fen, auch wenn es noch so ein ver-
lockendes Angebot zu sein scheint,
wenn man sicher sein kann, dass
man eine Auslastung von acht Ka-
nälen bei den eigenen Gigs wohl
nicht überschreitet. Viel eher sollte
man sein Augenmerk darauf richten,
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Workshop:
Mixing
sich bei der eingesetzten PA nicht
um ein aktives System handelt. Ei-
ne wichtige Funktion für die kor-
rekte Signalaufteilung und Distri-
bution haben die so genannten
Lautsprecher Management Systeme,
im Fachjargon auch Drive Racks
genannt. Diese digitalen Steuerein-
heiten sind meist mit in den End-
stufen-Racks eingebaut und bein-
halten neben einer Frequenzweiche
auch Features wie Graphic EQ,
Feedback Eliminator, Limiter und
wichtige Delay-Funktionen für die
Anpassung der Laufzeiten zwi-
schen den PA-Komponenten.
Für professionelle Produktionen unerlässlich:
Mit einem solchen Hallenplan wird
bereits vorab berechnet, welche Komponenten für das spätere Event benötigt werden.
verteilt, den analogen Konsolen
zunehmend überlegen sind. Dazu
kommt noch die Einsparung an
Platz und Gewicht, was sich wie-
derum positiv auf die Transport-
kosten auswirkt. Neben Yamaha
mit den häufig anzutreffenden
Modellen PM5D, DM 2000 und
M7CL sind hier vor allem noch die
Pulte der Hersteller Digico und In-
novason zu nennen.
Ein weiterer Vorteil der digi-
talen Konsolen liegt in der Aus-
baufähigkeit ihrer Verkabelungs-
möglichkeiten.
Hier hat es gerade
in jüngster Vergangenheit revoluti-
onäre Entwicklungen auf dem Sek-
tor digitaler Multicore-Systeme
und Stageboxen gegeben. In Verbin-
dung mit A/D-D/A-Preamp-Wand-
lereinheiten werden die Signale in
Form eines systemeigenen Daten-
protokolls über ein simples CAT5-
Ethernet-Kabel transferiert und er-
möglichen so eine Übertragung
von bis zu 48 Kanälen über eine Lei-
tung. Ein analoges Multicore mit
24 Zuleitungen und acht Rückwe-
gen (Returns) kann je nach Länge
über einhundert Kilogramm wie-
gen. Das digitale Multicore hinge-
gen lässt sich bequem auf einer
kleinen Kabeltrommel transportie-
ren. Hier sind vor allem die Systeme
der Hersteller Aviom und Media
Numerics zu nennen. Wie genau
ihr diese Komponenten aufbaut
und was es dabei zu beachten gilt,
erfahrt ihr dann im nächsten Teil
dieses Workshops.
Für die sichere Installation und
bestmögliche Ausrichtung auf der
Bühne bedarf es bei der Aufstel-
lung der Lautsprecherboxen soli-
der Stative.
Nahezu alle dieser multi-
funktionalen Boxen besitzen an
ihrer Unterseite einen dem Stativ
entsprechend genormten Flansch,
mittels derer sich Die Speaker auf
das Stativ setzen lassen. Ein pro-
bates Mittel sind auch Distanzstan-
gen, die man auf die Bassboxen,
die auf dem Boden stehen, setzt.
Grundsätzlich verfügen diese Sub-
woofer nämlich auf der Oberseite
über einen Flansch, in dem sich ein
Stativrohr (Distanzstange) anbrin-
gen lässt. Auf dieses wiederum
wird das Topteil gesetzt.
Die größere Produktion, etwa in
einer Stadthalle mittlerer Größen-
ordnung, bedarf allein schon aus
wirtschaftlichen Gründen einer
genauen Planung im Vorfeld.
So werden anhand des vorliegenden
Hallenplans sowie der zugrunde
liegenden technischen Details ex-
akte Berechnungen erstellt, welches
PA-System im jeweiligen Falle in
Frage kommt. Dabei mussen Fra-
gen wie „Ist ein Ground Support
(ebenerdig gestützte Truss-Kon-
struktion) notwendig oder gibt es
ausreichend Hängepunkte an de-
nen Ton und Licht geflogen werden
können?“ und vieles mehr bereits
im Voraus geklärt werden. Improvi-
sation, die beim Kneipengig oft
noch hilft, ist hier fehl am Platz.
Der Aufwand an PA-Beschal-
lung hängt natürlich auch immer
ein Stück weit von der Art der mu-
sikalischen Darbietung des jewei-
ligen Acts ab.
Eine lautstarke Hard-
Rock-Band verlangt in Sachen Ton
Bei größeren Live-Produktionen
werden für die Beschallung der
Halle und den Monitor-Sound auf
der Bühne separate Pulte einge-
setzt.
Hier haben sich in den letz-
ten Jahren die stetig verbesserten
Digitalpulte durchgesetzt, da sie auf-
grund ihrer Total-Recall-Funktio-
nen (also auf Knopfdruck abruf-
Die digitale Revolution:
Digitale Pulte, wie hier
Yamahas PM5D, kommen bei großen Veranstal-
tungen zunehmend zum Einsatz.
ein deutliches Mehr an Power und
ein völlig anders geartetes PA-Sy-
stem als ein Schlagersänger mit
Big-Band-Besetzung. Derartige Be-
rechnungen finden mittlerweile
ausschließlich im Rechner statt. Na-
hezu jeder Hersteller von großen
PA-Systemen bietet eine speziell
ausgerichtete Software beziehuns-
weise die notwendigen technischen
Daten an, mittels derer sich unter
Berücksichtigung der Hallenmaße
und und -ausstattung der genaue
Bedarf an Komponenten für das je-
weilige Event berechnen lässt.
Ist die für das Event benötigte
Anzahl an PA-Komponenten be-
rechnet, ergibt sich daraus auch
die benötigte Endstufenleistung.
Das gilt natürlich nur, sofern es
bare Gesamteinstellungen), inte-
grierter Effekt-Sektionen sowie
einer hohen Anzahl verfügbarer
Kanäle auf mehrere Layer (Ebenen)
Ray Finkenberger-Lewin
Ray Finkenberger-Lewin
Ray Finkenberger-Lewin ist seit mehr als
20 Jahren hauptberuflich im Musikbusi-
ness tätig und außerdem Mitbegründer
der Musikproduktionsgesellschaft mell-o-
tron. als Musiker und Produzent betreibt
er zudem einen weiteren Aufnahmebe-
trieb, das Deli-Sound- & Recording-Stu-
dio. Im Bereich der Veranstaltungstechnik
arbeitete er unter anderem als Produkti-
onsleiter, Stage Manager, TL, FOH- und
Monitor-Engineer sowie als Backliner für
Künstler wie Sabrina Setlur, Glashaus, Sebastian Hämer, Xavier Naidoo, die Söhne
Mannheims, Robert Palmer, Udo Lindenberg, Heinz Rudolf Kunze, Dieter Thomas Kuhn,
Reamonn und Bee Gees Robin Gibb. Auf dem Industriesektor betreut er mit eigenem
Material nebenher kleinere Konferenzen und Kongresse und schreibt als Musikjourna-
list, sowie als Fachbuch- und Workshop-Autor seit mehr als 10 Jahren für die Publika-
tionen SOUNDCHECK, PMA und Recording Magazin.
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