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Workshop: Live-Mixing für Musiker
Live-Mixing für Musiker – Teil 1
Mix It Yourself
Monatelang habt ihr geprobt und jetzt kommen endlich die ersten Gigs. Um das kritische
Publikum zu begeistern solltet ihr aber nicht nur eure Songs fehlerfrei vortragen können.
Ein druckvoller, klarer Sound ist fast ebenso wichtig. Doch wie kriegt man das hin ohne
teure PA samt Tonmeister?
D
ie beiden wichtigsten Schritte eurer Musi-
kerkarriere habt ihr ja bereits gemeistert.
Zuerst habt ihr eine Band gegründet und
trefft euch regelmäßig im Proberaum mit dem Ziel,
möglichst bald die musikalischen Knospen eures
Wirkens einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren.
Zweitens lest ihr einschlägige Fachliteratur wie
SOUNDCHECK und kennt daher alle Kniffe des Band-
Recordings oder Live-Mixens. Leider sieht die Reali-
tät in euren Proberäumen und auf Kneipen-Bühnen
oft anders aus als ihr es euch vielleicht wünscht. Hier
gibt es keine Profi-Mischpulte und Highend-Mikros.
Von Line Arrays und In-Ear-Monitoring ganz zu
schweigen. In unserer neuen Workshop-Reihe „Live-
Mixing für Musiker“ wollen wir euch daher jeden
Monat Tipps geben, wie ihr selbst euren Sound im
Proberaum und auf der Bühne abmischen könnt.
Inventur
Zuerst einmal werden wir dazu beleuchten, was
der durchschnittliche Proberaum so an Equip-
ment bereithält.
Wir werden uns verschiedene
Konstellationen von Gesangsanlagen und Probe-
raum-PAs vorknöpfen und zeigen, wie ihr durch ei-
nen geschickten Aufbau und die richtigen Einstel-
lungen am Mischpult euren Sound optimieren könnt.
Dazu ist es natürlich nicht nur wichtig, eure Anlage
aus technischer Sicht besser kennen zu lernen. Viel-
mehr soll euch unser Workshop helfen, euren Sound
zu analysieren, eventuelle Probleme oder Schwach-
stellen zu identifizieren, um dann gezielt daran ar-
beiten zu können. Welchen Frequenzbereich deckt
eigentlich eine E-Gitarre ab und wo überlagert sie
andere Instrumente oder den Gesang? Wie entsteht
ein Feedback und wie könnt ihr es verhindern ohne
einen Knopf am Mischpult zu verdrehen? Warum
Foto: Frank Seifert
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SOUNDCHECK 04 | 09
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Foto: Imago, Sebi Friebe
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dröhnt der Bass beim Auftritt, obwohl er im Probe-
raum schön trocken und druckvoll klang? Spätes-
tens, wenn ihr mit eurer Probeanlage in verschie-
denen Locations wie Kneipen, Jugendzentren oder
der Aula eurer Schule auftretet, werden euch immer
neue Sound-Herausforderungen erwarten, die ihr
dann mit geschultem Ohr und technischem (Hinter)-
Grundwissen sicher meistern könnt.
Nachdem eure ersten Gigs hoffentlich erfolg-
reich verlaufen sind und vielleicht mit einem
zusätzlichen kleinen Obolus honoriert wurden,
werdet ihr sicher über eine Erweiterung eures
Equipments nachdenken.
Doch an welchen Stellen
ist es sinnvoll zu investieren? Müssen zunächst
neue Boxen her, oder ein besseres Mischpult?
Bringt vielleicht all das keine Verbesserung mit sich
solange die Mikrofone nicht gut genug sind? Oder
muss dringend ein teures Hallgerät her um die to-
nale Unsicherheit eines Background-Sängers zu
kaschieren? Im weiteren Verlauf unseres Work-
shops werden wir einen Leitfaden entwickeln, wie
ihr euer Equipment Stück für Stück erweitern oder
einzelne Komponenten ersetzen könnt. Ihr sollt
vom Mikrokabel bis zur Monitorbox jedes Teil eures
Equipments kennen und bewerten lernen, um ziel-
sicher zu entscheiden, ob sich eine Neuanschaffung
Was man hat das hat man:
Alte Mikros und Kabel, Boxen und Mixer. All das lässt sich zum
Aufbau einer kleinen Club-PA verwenden.
lohnt oder es vielleicht günstiger ist, bestimmte
Geräte nur für den Tag des Auftritts vom PA-Verlei-
her dazu zu mieten.
Teamwork
Wie ihr klanglich auf der Bühne und im Probe-
raum rüberkommt, hängt natürlich nicht allein
von der Technik ab.
Vielmehr sollte jedes Bandmit-
glied selbst ein Gespür dafür entwickeln, wie sich
sein Instrument ins Gesamtklangbild der Kapelle
einfügt und wie es durch Stimmung der Schlag-
zeugfelle, Einstellung des Gitarren-Amps oder Aus-
wahl der Keyboardsounds euren Bandsound voran-
bringen kann. Die Musikerweisheit „Der Sound
kommt aus den Fingern“ soll in diesem Zusammen-
hang auch mal zur Sprache gebracht werden. Oft
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Workshop: Live-Mixing für Musiker
kann ein Gitarrist den Klang seines Instrumentes
allein durch die Anschlagstechnik oder den Wech-
sel zwischen dickeren und dünneren Plektren stär-
ker beeinflussen als jeder Equalizer am Mischpult.
Den klanglichen und lautstärketechnischen Un-
terschied eines Schlagzeugers, der sein Drumset
entweder mit Jazz-besen streichelt oder es mit
dicken 2b-Sticks bearbeitet kann sich sicher jeder
vorstellen. Jeder in eurer Band wird in einer eige-
nen Folge unseres Workshops Tipps bekommen,
wie er mit einfachen Mitteln seinen Sound so
banddienlich wie möglich gestalten kann. Schließ-
lich ist keine Band einfacher zu mischen als die,
die von sich aus schon super klingt.
Verstärkung:
Auf großen
Bühnen müssen auch brachial
laute Instrumente wie das
Drumkit abgenommen werden.
Auf die Bühne
Natürlich sind es zwei Paar Schuhe, ob ihr im
Proberaum an eurem Sound arbeitet oder auf
einer Bühne steht und ein Publikum beschallen
möchtet.
Sound-optimierung im Proberaum heißt,
dass sich jeder selbst gut hören kann, die anderen
nicht mit seinem Instrument übertönt und trotz-
dem alle spüren können, wie der Song den ihr gera-
de spielt, im ganzen wirkt. Wenn ihr diesen Zustand
erreicht habt, steht einem guten Live-Sound nicht
mehr viel im Wege. Die größte Herausforderung
beim ersten selbstgemischten Gig wird es dann
sein, eure Anlage, die im Probekeller ja nur für euch
vier oder fünf Musiker zu hören ist, so in der Loca-
tion aufzubauen und einzustellen, dass auch alle
Zuhörer eure Songs so auf die Ohren bekommen,
wie ihr sie kennt und hörenswert findet. Dazu wer-
den wir zunächst zeigen, wie ihr euch am besten
auf der Bühne aufstellt um euch einerseits selbst
wohl zu fühlen und vor allem für das Publikum aus-
gewogen hörbar zu sein. Dann kommt auch wieder
die PA-Technik ins Spiel. Denn während eure Anlage
im Proberaum wahrscheinlich nur für die Verstär-
kung eures Sängers oder eurer Sängerin benutzt
wurde, muss sie beim Gig je nach räumlicher Situa-
tion noch andere Signale übertragen. In kleinen
Kneipen reicht es oft, Gitarren- und Bassverstär-
ker so auf der Bühne zu platzieren, dass jeder Gast
etwas davon hört. Je größer jedoch die Locations
werden, desto notwendiger wird es, neben dem
Gesang auch die restlichen Instrumente mittels
der PA zu verstärken.
Kaum zu glauben, aber meist ist es zuerst das
Schlagzeug, das ohne PA-Unterstützung zu
schlecht zu hören ist.
Insbesondere die Bassdrum
verliert schon in wenigen Metern Abstand bedeu-
tende Frequenzanteile und kommt beim Publikum
nur noch als pappiges „Plock“ an. Wir zeigen euch,
»
um im ganzen Publikum für ordentlich Tiefton-
Druck zu sorgen, ohne die Gesangsanlage unnötig
zu belasten. Während es für Gitarristen und Bassis-
ten selbstverständlich ist, mit ihren eigenen Ver-
stärkern aufzuwarten, beanspruchen die meisten
keyboarder die Gesangsanlage für diesen Zweck.
Was im Proberaum in der Regel gut funktioniert,
kann mit der gleichen Anlage auf der Bühne kniffe-
lig werden. Hier kommen wir um das Thema Moni-
toring nicht mehr herum. Denn sobald die Anlage
dazu gebraucht wird, den Sound in Richtung Publi-
kum zu lenken, gilt es auf der Bühne mit anderen
Mitteln für Hörbarkeit zu sorgen.
Keine Band ist einfacher zu mischen als die,
die von sich aus schon super klingt.«
Den Gesang klar und verständlich über die PA zu
schicken ist gleichzeitig die wichtigste und
schwierigste Aufgabe des Live-Mixens, beson-
ders wenn ihr euch selber von der Bühne aus
abmischen müsst.
Alle anderen Instrumente kön-
nen in Ruhe mikrofoniert und eingestellt werden.
Sie bleiben schließlich für die Dauer des Auftritts
an der selben Stelle stehen und sind auch, was
verschiedene Sounds und Lautstärken angeht,
berechenbar. Der Vocalist euer Gruppe wird je-
doch vermutlich auf der Bühne herumlaufen, mal
lauter mal leiser singen, mal schreien oder flüs-
tern, oder im schlimmsten Fall sein Mikro wäh-
rend einer Tanzeinlage direkt vor dem Drumset
abstellen. Ein FOH-Techniker kennt diese Eigen-
arten und kann während des Gigs regelmäßig
nachpegeln oder den Gesangskanal einfach
stummschalten, wenn es nötig ist. Wie ihr den
Gesangskanal auch selber so einstellen könnt,
dass leise und laute Passagen gleichermaßen gut
rüberkommen und wie ihr dabei auch noch Stör-
geräusche und rückkopplungen vermeidet, er-
fahrt ihr in einer der kommenden Ausgaben.
wie ihr ein Schlagzeug auch mit wenigen Mikro-
fonen optimal abnehmen könnt und wie ihr die Sig-
nale am Mischpult bearbeiten solltet. Auch bei der
Abnahme von Gitarrenverstärkern gibt es viel zu
beachten: einige Mikrofontypen eignen sich für
den speziellen Frequenzgang einer E-Gitarre bes-
ser, andere schlechter. Die Positionierung vorm
Amp spielt natürlich auch eine Rolle. Viele der mo-
dernen Modelling-Amps haben Direktausgänge,
mithilfe derer man auf ein Mikrofon sogar ganz
verzichten kann. In diesem Workshop erfahrt ihr
die Grundlagen der Verstärkermikrofonierung und
lernt einzuschätzen, ob und wie ihr eure Gitarreros
über die PA verstärkt.
Was für Gitarrenverstärker gilt, lässt sich im
Wesentlichen auch für das Equipment des Bassis-
ten anwenden.
Naturgemäß haben Bassverstärker
allerdings eine Menge mehr Leistung unter der
Haube als Gitarren-Amps. Oft ist daher der Bass
das letzte instrument, dass zusätzlicher Verstär-
kung über die PA bedarf. Neben den verschiedenen
Abnahme-Möglichkeiten wie Mikrofone oder D.i.-
Boxen werden wir daher auch zeigen, wie ihr den
Bass-Amp selbst optimal auf- und einstellen könnt
Korrekt aufgestellt:
Wenn ihr nicht alle Amps
abnehmt, müsst ihr sie so aufstellen und einstellen,
dass das Publikum alles hören kann
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Sebi Friebe
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