Workshop Live Mixing fuer Musiker Teil 2
© PPVMEDIEN 2009
Workshop: Live-Mixing für Musiker
Live-Mixing für Musiker – Teil 2
Speaker für die Band
Zu Beginn unseres neuen Workshops lernt ihr, wie ihr eure Proberaumanlage für die ersten Gigs
nutzen könnt, welche Komponenten besonders wichtig sind und an welchen Stellen es sich zu
investieren lohnt. In dieser Folge schauen wir uns zunächst eure Boxen genauer an.
I
n den meisten Fällen kommen junge Bands in
den Besitz eines Beschallungssystems wie die
Jungfrau zum Kinde. Der Papa hatte noch ein
altes Shure SM58 im Keller, die Vorgängerband hat
den Proberaum nicht ordentlich aufgeräumt verlas-
sen und ein paar Kabel vergessen, und das staubige
Echolette-Mischpult gabs für 20€ auf dem Musi-
kerflohmarkt – so hieß doch dieses kauzige Out-
door-Ebay damals, oder? Bis heute soll sich daran
nicht viel geändert haben. Und wenn doch, dann
wird spätestens die herumspukende Wirtschaftskri-
se dafür sorgen, dass man wieder lernen muss, aus
dem vorhandenen Equipment das bestmögliche her-
auszuholen, an den richtigen Stellen zu investieren
Wörterbuch
Die Abkürzung PA, die wohl jeder Musiker
schonmal als Synonym für Beschallungs- oder
Verstärkeranlage gebraucht hat, steht für den
englischen Begriff „Public Address“ –
was soviel
bedeutet wie „zum Publikum gerichtet“. Damit ist
Nicht unmittelbar zur PA gehört zum Beispiel die
Monitoranlage auf der Bühne.
Die dient ausschließ-
lich der besseren Hörbarkeit der Musiker untereinan-
der und ist im Idealfall vollkommen unabhängig vom
Signal der PA regelbar. Als dritter Bereich sei hier
dann noch die so genannte Backline genannt.
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SOUNDCHECK 05 | 09
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Foto: ShutterStock, Sebi Friebe
oder sich hin und wieder etwas Equipment dazu zu
leihen, wenn es die Situation erfordert. In dieser und
den nächsten Folgen unseres Workshops werden wir
besprechen, welches Equipment ihr als Band min-
destens benötigt, um eure ersten kleinen Gigs zu
beschallen und wie ihr vorhandene Geräte richtig
einschätzen und einsetzen könnt.
also der Teil, der für ein Konzert benötigten Technik
gemeint, der direkt für die Beschallung der Zuhörer
zuständig ist, also die Lautsprecher vor der Bühne,
die zugehörigen Verstärker-Endstufen und meist
auch das Mischpult und daran angeschlossene Pe-
ripherie-Geräte wie Equalizer, Noise-Gates oder
Kompressoren.
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Workshop: Live-Mixing für Musiker
Größen und Typen in einer Anlage verbaut, die je-
weils einen bestimmten Frequenzbereich besonders
gut abbilden können. So ist eine übliche Kombinati-
on beispielsweise ein 15“-Basslautsprecher, ein 10“er
für die Mitten und ein 1“-Treiber für die Höhen. Im
Grunde gilt dabei: Je größer der Lautsprecher-
durchmesser, desto kraftvoller können tiefe
Frequenzen übertragen werden. Boxen, die
so bestückt sind, dass sie eben den ge-
samten Frequenzbereich abdecken,
nennt man daher Fullrange-Systeme.
Deutlich praktischer sind da modulare Laut-
sprecher-Systeme.
Dabei ist der größte Lautspre-
cher, auch Subwoofer genannt, in ein eigenes Ge-
häuse eingebaut, das auf dem Boden steht. Eine
zweite, sehr viel kompaktere Box beherbergt die
Lautsprecher für Mitten und Höhen, zum Beispiel
ein 10“- oder 12“-Chassis und einen entspre-
chenden Hochtontreiber. Neben der besseren Hap-
tik haben solche Systeme den Vorteil, dass die An-
Zuhörer erreicht, weil er auf dem Weg zu ihm un-
terschiedlich lange Strecken zurücklegen muss. Das
hat zu Folge, dass sich einzelne Fequenzen gegen-
seitig auslöschen und sich andere addieren. So
klingt es an jedem Standpunkt etwas anders und es
ist schwierig, für die gesamte Audienz ein homo-
genes Klangbild zu schaffen. Ein Line Array funkti-
oniert anders. Die speziellen Lautsprecher werden
dabei nicht nebeneinander aufgestellt, sondern in
der Regel von der Decke abgehängt und so ausge-
richtet, dass jeder einzelne Lautsprecher nur einen
ganz bestimmten Bereich der Halle beschallt und
so keine Interferenzen entstehen können. Die benö-
tigte Anzahl Boxen und deren genaue Ausrichtung
muss durch spezielle Computerprogramme für jede
Halle neu berechnet werden.
Das zweite wesentliche Unterscheidungsmerk-
mal verschiedener PA-Speaker ist die Art der
Endstufenanbindung.
Bei der klassischen Varian-
te, wird das Tonsignal vom Mischpult zunächst zu
Idealer Mixer:
Mit Alesis´
iMulti Mix 16 USB könnt ihr
eure Session direkt aufzeichnen.
Je kleiner die Menge der zu beschallenden Zuhö-
rer wird, desto mehr verschmelzen allerdings die-
se drei Bereiche.
Im einfachsten Falle ist die PA zu-
gleich Monitoranlage und versorgt Bühne und Publi-
kum gleichermaßen mit Schall. Ist dann noch die
Backline selbst laut genug für den Club, müssen
meist nur noch die Vocals über die Anlage verstärkt
werden. Folglich spricht man in diesem Fall seltener
von einer PA als vielmehr von einer reinen Gesangs-
anlage. Und deren Bestandteile werden wir im Fol-
genden mal genauer unter die Lupe nehmen. Obwohl
so eine Gesangsanlage aus vielen Komponenten be-
steht, wollen wir uns in dieser Ausgabe zunächst nur
mit den Lautsprecherboxen beschäftigen.
Speaker, Speaker
an der Wand
PA-Boxen lassen sich nach mehreren Kriterien
klassifizieren. Zum einen spielt die Gehäusebau-
weise eine Rolle.
Da je nach Anwendungszweck
möglichst das ganze Frequenzspektrum von tiefen
Bässen bis zu brillanten Höhen wiedergegeben
werden soll, werden Lautsprecher verschiedener
Nicht ideal aber im Notfall machbar:
Selbst für Open-Air-Konzerte lassen sich bis zu einem bestimmten
Rahmen die eigenen Proberaumboxen verwenden.
lage für verschiedene Anwendungsbereiche ska-
lierbar ist. Bei einem Gig in der Mini-Kneipe, wo nur
der Gesang verstärkt werden muss, reicht es oft,
nur die Tops – so bezeichnet man die Boxen für den
Mitten- und Hochtonbereich – mitzunehmen. In
größeren Räumen können dann wahlweise ein oder
mehrere Bass-Module ergänzt werden, vor allem
wenn auch Bassdrum oder E-Bass über die Anlage
verstärkt werden sollen.
Die dritte Art von Lautsprechersystemen wird
sich in euren Proberäumen höchstwahrschein-
lich nicht finden.
Der Vollständigkeit halber sollen
die so genannten Line Arrays jedoch nicht uner-
wähnt bleiben. Je größer eine Location ist, desto
mehr Lautsprecher benötigt man, um das ganze
Publikum gleichmäßig zu beschallen. Dabei kann
das Problem auftreten, dass sich der Schall von
mehreren Lautsprechern überlagert bevor er den
den Verstärker-Endstufen geführt und von dort aus
zu den Lautsprechern. Dort kommt das Signal mit
so hoher Energie an, dass keine weitere Verstär-
kung notwendig ist und daher auch keine Netz-
spannung benötigt wird.
Bei den selfpowered Lautsprecherboxen ist das
anders.
Hierbei sind die Endstufen direkt in die
Speaker-Gehäuse eingebaut. Das führt zwar zu-
nächst dazu, dass solche Systeme entsprechend
schwerer sind. Die wesentlichen Vorteile liegen je-
doch auf der Hand. In jedem Gehäuse agiert ein
genau auf die verbauten Lautsprecher optimierter
Verstärker und innerhalb der Box sind die Signal-
wege von der Endstufe zum Speaker sehr viel kürzer
als bei passiven Systemen. Beides wirkt sich positiv
auf die Klangeigenschaften und die Zuverlässigkeit
der Anlage aus, da beispielsweise die Gefahr vor
Überlast nahezu ausgeschlossen ist.
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SOUNDCHECK 05 | 09
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Macht euch Notizen zu
eurem Equipment:
Wenn ihr
auf verschiedene Boxen zurück
greifen könnt, ermöglicht euch
das eine flexiblere Installation
zu verschiedenen Events.
Die Qual der Wahl
Aber welches der vorgestellten Systeme ist
nun das richtige für Euch?
Dazu gilt es zuerst
mal zu überlegen, welche Instrumente jetzt und
in naher Zukunft über die PA verstärkt werden
sollen. Wie bereits angedeutet, spielt bei der
richtigen Dimensionierung einer Anlage beson-
ders die Fähigkeit, tiefere Frequenzen druckvoll
wiederzugeben, eine Rolle. In einer klassischen
Rockband-Besetzung mit Schlagzeug, Gitarre,
Bass und Gesang würde ein reines Mittel-Hoch-
tonsystem für Proberaum und kleine Bühnen
durchaus genügen, da die Instrumente in der Re-
gel durch ihre eigenen Verstärker laut genug zu
hören sind und die Anlage lediglich den Gesang
übertragen muss. Auch Instrumente wie elektro-
akustische Gitarren, E-Pianos oder Blasinstru-
mente erfordern nicht unbedingt ein Fullrange-
System. Anders sieht es für eine New-Metal oder
Hip-Hop-Combo aus. Hier kommen nicht selten
Drum-Loops, Synthesizer oder auch Turntables
zum Einsatz, die mit über die Anlage laufen müs-
sen. Solche Signale sind in der Regel sehr bass-
lastig und erfordern mehr Leistung.
In beiden Fällen ist es sinnvoll, ein modulares
System aufzubauen, zum Beispiel zwei Tops
und zwei oder vier Subwoofer, also je eine
Kombination pro Bühnenseite.
Dies hat nicht
nur den bereits angesprochenen Vorteil, dass ihr
je nach Location und Band-Besetzung kombinie-
ren könnt, sondern vor allem, dass sich die Anla-
ge nach und nach, je nach Budget, aufbauen und
erweitern lässt. Für die ersten Proben reicht viel-
leicht schon ein einziges Topteil, für die Gig-Pre-
miere im Schülercafé kommt dann ein zweites
dazu, und wenn es einmal die Aula oder Musik-
kneipe zu beschallen gilt und auch Schlagzeug
und bass verstärkt werden müssen, werden nach
und nach Bassmodule ergänzt. Im Hinblick auf
eine solche Strategie bieten sich selfpowered Bo-
xen natürlich besonders an, da sich so alle Modu-
le autark verwenden lassen.
Weiterhin solltet Ihr nicht zu wild Equipment
verschiedener Hersteller kombinieren.
Wenn
ihr bereits über Top-Teile eines bestimmten Her-
stellers verfügt, schaut in dessen Produktkatalog,
ob es passende Bassboxen dazu gibt. Meist sind
Subwoofer und Tops einer Serie genau aufeinan-
der abgestimmt und spezielle Frequenzweichen
eingebaut um ein optimales Sound-Ergebnis zu
erhalten. Unter dem Zusammenschalten ver-
schiedener Fabrikate kann hingegen nicht nur
der Sound leiden. Im ungünstigsten Falle sind
auch Schäden durch Überlastung einzelner Bau-
teile möglich. Dann könnt ihr sicher sein, dass ihr
für euer System auch in einigen Monaten oder
Jahren noch Zubehör und Ersatzteile bekommt.
Besonders praktisch sind weiterhin Boxen, die
sich falls notwendig auch als Bühnenmonitore
nutzen lassen. Viele Hersteller designen ihre Top-
teile so, dass sie sich einerseits übereinander sta-
peln oder mittels Flansch auf ein Stativ stellen
lassen, andererseits aber so abgeschrägt sind,
dass sie auch als Wedge auf den Bühnenboden
gelegt werden können. Mit einer solchen Anlage
seid ihr für alle Situationen gerüstet.
Kompakte PA für vielfäl-
tige Einsätze:
HK Audio
L.U.C.A.S Alpha.
Sebi Friebe