Workshop Live Mixing fuer Musiker Teil 3
© PPVMEDIEN 2009
Workshop: Live-Mixing für Musiker
Live-Mixing für Musiker – Teil 3
Zeigt her eure Mixer
Nachdem wir uns in der letzen Ausgabe mit den größeren Schallmöbeln – den PA-Boxen
– beschäftigt haben, werden wir diesmal die ungleich filigranere Gattung der Mischpulte
unter die Lupe nehmen. Was euer Proberaummixer alles können muss oder ob sich eine
Neuanschaffung lohnt, erfahrt ihr im Folgenden.
E
gal ob Mini-Gesangsanlage oder Festival-
PA: Das Mischpult ist die Schaltzentrale bei
jeder Art von Beschallung. Hier werden die
Tonsignale von Mikrofonen, Instrumenten und Ef-
fekten zusammengeführt, klanglich optimiert, auf-
einander abgestimmt und schließlich zu den ver-
schiedenen Endstufen und Boxen für PA und Moni-
toring geschickt. Auf großen Konzerten sieht man
immer wieder riesige Konsolen à la Midas, Digico
oder Allen & Heath und wundert sich, wie der Ton-
techniker bei diesen Massen von Reglern und
Knöpfen noch den Durchblick behalten kann. Dabei
sind doch Tonmischpulte der Welt nahezu gleich
strukturiert. Alle verfügen im Wesentlichen über
eine Eingangs-Sektion, in der jedes ankommende
Signal durch einen einzelnen Kanalzug geführt wird
sowie eine Master-Sektion, in der die Summe der
gemischten Tonsignale bearbeitet wird.
Foto: Frank Seifert
Signalweg
Um eine Schallquelle anzuschließen verfügt je-
der Kanalzug über zwei verschiedene Eingangs-
buchsen.
Einen empfindlichen Mikrofoneingang, an
den natürlich alle Arten von Mikros angeschlossen
Viele Knöpfe und Regler bieten trotz drängender Dichte
eine übersichtliche Oberfläche an großen Mischpulten:
Allen & Heath ML5000
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Foto: ShutterStock
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werden können, aber auch andere Signale mit Mi-
krofonpegel – etwa DI-Boxen. Ein alternativer An-
schluss ist normalerweise mit Line (in) beschriftet
und nimmt Signale mit Line-Pegel auf, zum Beispiel
Keyboards, Sampler oder auch CD-Player und andere
Zuspieler.
Zuerst durchläuft das Signal die Gain-Sektion.
Das ist ein kleiner Vorverstärker, der das oft recht
schwache Eingangssignal auf einen Pegel bringt und
der eine optimale Klangqualität bei der weiteren Be-
arbeitung im Mischer ermöglicht. Mittels des obli-
gatorischen Gain-Reglers kann der Grad dieser Ver-
stärkung stufenlos eingestellt, und so die meist un-
terschiedlichen Anfangspegel der verschiedenen
Instrumente nivelliert werden. Oft gibt es einen zu-
sätzlichen Pad oder -20-dB-Schalter, der ein viel zu
lautes Signal noch vor dem Gain stark bedämpft, da-
mit es nicht zu Übersteuerungen kommt. Typische
Kandidaten für dessen Einsatz sind Bassdrum- oder
Snaredrum-Mikros. Viele Mischpulte bieten zudem
ein schaltbares Trittschallfilter, das die ganz tiefen
Bassfrequenzen aus dem Signal entfernt, um zum
Beispiel Rumpelgeräusche und Dröhnen bei Ge-
sangsmikrofonen zu eliminieren.
Von der Vorstufe läuft das Signal weiter in die
Klangregelung, auch Equalizer oder EQ genannt.
Sie ist das Herzstück jedes Kanalzugs und kann in
unterschiedlich opulenten Ausführungen vorhan-
den sein. Die einfachste Variante, die bei den meis-
ten günstigen Mischern zu finden ist, ist der 3-
Band-EQ. Er besteht aus drei Reglern für Bässe,
Mitten und Höhen, mit denen vorgegebene Fre-
quenzbereiche abgesenkt oder verstärkt werden
können. Leider sind aufgrund dieser fest eingestell-
Nachdem das Signal die Aux-Abgreifpunkte pas-
siert hat, durchläuft es die Fader-Sektion.
Diese
beherbergt mindestens den Lautstärkeschieberegler
(Fader) an dem der Pegel im Gesamtmix bestimmt
wird und einen Panoramaregler, der für die Position
des Signals im Stereobild bzw. bei Stereokanälen die
Balance zuständig ist. Fürs Live-Mixing unabdingbar
ist zusätzlich ein PFL-Schalter. Dieser dient zunächst
dazu, den Pegel innerhalb des Kanalzuges vor dem
Fader zu kontrollieren, um Übersteuerungen zu ver-
hindern (PFL = Pre-Fader-Listen). Zudem ist es mög-
lich, Kanäle, bei denen PFL aktiviert ist, einzeln auf
dem Kopfhörer abzuhören, während auf der PA der
normale Stereomix weiterläuft.
Die Mastersektion eines Mixers besteht im ein-
fachsten Falle lediglich aus dem Masterfader,
der den Pegel der Stereosumme bestimmt.
Jeder Aux-Weg besitzt ebenfalls einen kleinen Master-
Poti. oft befinden sich in der Mastersektion auch
die Return-Wege, die meist dazu genutzt werden,
die Rückwege der Effektgeräte in die Summe ein-
zuspeisen, die über die Aux-Ausgänge angesteuert
wurden. Größere Pulte verfügen zusätzlich zur Ste-
reosumme über eine oder mehrere Subgruppen. Das
Die 4-Band-Klangregelung mit zwei vollparametrischen
Mitten wird bei dem digitalen RSS M-400-Pult im LCD-
Display editiert.
»
Vom EQ kommend wird das Signal in die Aux-
Sektion geschickt.
Diese besteht aus meist mehre-
ren regelbaren Hilfswegen, über die das Signal unab-
hängig vom Hauptmix über spezielle Aux-Ausgänge
ausgespielt werden kann. Diese Aux-Wege erfüllen
beim Live-Mixing gleich zwei Aufgaben. Zum einen
werden Sie als Effekt-Wege genutzt. Am Aux-Out
wird dann zum Beispiel ein Hallgerät angeschlossen
und in jedem Kanal lässt sich über den entspre-
Bei Konsolen der Profi-Klasse ist der Equalizer
vollparametrisch ausgelegt.«
chenden Aux-Regler bestimmen, wie stark das Signal
verhallt wird. Die zweite Funktion der Aux-Sektion ist
das Monitoring. Werden die einzelnen Bühnenmoni-
tore über die Aux-Outs gespeist, ist es möglich, je-
dem Musiker auf seinem Monitor einen eigenen Mix
zu erstellen, genügend Aux-Wege vorausgesetzt. Ist
der Bühnenmonitor des Schlagzeugers mit Aux Num-
mer 3 verbunden, kann über den Aux-3-Regler des
Bassdrum-Kanals eingestellt werden, wie laut die
Bassdrum auf seinem Monitor zu hören sein soll.
Aux-Wege sind entweder Pre- oder Post-Fader ge-
schaltet. Das heißt, dass sich entweder der Pegel am
Aux-Ausgang in Abhängigkeit des Kanal-Faders än-
dert, oder eben nicht. Effektwege müssen daher nach
dem Fader abgegriffen werden (Post) und Monitor-
wege davor (Pre). Damit ein Pult auf lange Sicht für
euren Live-Mix geeignet ist, sollte es über mindes-
tens vier solcher Aux-Wege verfügen: Zwei für Ef-
fekte und zwei für die Bühnenmonitore.
ten Center-Frequenzen nur sehr grobe Klangverän-
derungen möglich, weswegen sich ein solches Pult
nur bedingt fürs Live-Mixing eignet. Um gezielt
störende Frequenzen absenken oder andere beto-
nen zu können, bedarf es eines sogenannten semi-
parametrischen EQs. Das bedeutet, dass man den
Frequenzbereich den man bearbeiten möchte frei
wählen kann. Viele preiswerte Pulte verfügen zu-
mindest über ein durchstimmbares Mittenfilter, das
bei der Suche nach dem perfekten Bassdrum-Kick
oder einem nervigen Näseln der Gitarren unabding-
bar ist. Bei Konsolen der Profi-Klasse ist der Equa-
lizer vollparametrisch ausgelegt. Dabei kann nicht
nur die Center-Frequenz gewählt werden, sondern
auch die Güte, also wie stark umliegende Fre-
quenzen mitgefiltert werden. Meist bestehen diese
Klangregelungen dann aus 4 oder sogar 5 vollpara-
metrischen Filtern, die eine sehr feine und aufwän-
dige Klangoptimierung ermöglichen.
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und wie eine Bandmaschine an einer Konsole ange-
schlossen werden kann, bezeichnet man sie entwe-
der als Inline- oder Split-Pult.
Bei einem Split-Pult kann jeder Kanalzug nur
genau ein Signal verarbeiten.
Im Live-Einsatz
können bei solchen Konsolen alle Kanäle für Signal-
quellen von der Bühne genutzt werden. Im Studio
teilt bzw. splittet man die Kanalzüge in eine Ein-
gangs-Sektion, an die zum Beispiel die Mikrofone
zur Aufnahme eines Drumsets angeschlossen wer-
den und eine Monitor-Sektion, die für die einzelnen
Spuren der Bandmaschine oder des Audiointerface
reserviert ist. So kann das Signal einmal vor und
nach der Aufnahme kontrolliert und bearbeitet
werden. Ein Inline-Pult (inline = engl. „in einer Li-
nie“) hingegen vereint diese beiden Sektionen in
Auxwege vorhanden sein, damit jedes Signal unab-
hängig bearbeitet werden kann. Digitale Geräte
funktionieren dagegen anders: Hier wird das Signal
direkt am Eingang digitalisiert, also abgetastet und
in Zahlenwerte umgerechnet. Anstelle von zahl-
losen einzelnen Schaltkreisen pro Kanal kann ein
Digitalpult so alle Signalmodifikationen wie EQ-
Einstellungen oder auch Effekte in einem zentralen
Rechenprozessor verarbeiten. Erst am Ausgang
wird der fertig summierte Datenstrom wieder in ein
elektrisches Signal umgewandelt. Daher kommen
digitale Mischpulte mit sehr viel weniger Bediene-
lementen aus, die dafür mehrere Funktionen steu-
ern können. Oft sind diese zwecks innovativer
Handhabung einem analogen Channelstrip nach-
empfunden, der dann je nach Bedarf dem gerade zu
bearbeitenden Kanal zugeordnet wird. Hauptvorteil
»
Typischer Aufbau der Kanäle eines Mischpults:
Ganz oben findet sich das Gainpoti, gefolgt von Trittschallfilter,
über den 4-Band-EQ, die Aux-Wege, den Pan-Regler,
Mute- und Solo-Taster, den Volumen-Fader und abschlie-
ßend die Routing-Taster für die Subgruppen.
Analoge Pulte haben trotz der Vielzahl an Potis
und Schaltern den Bonus der Übersichtlichkeit.«
dieser Bauweise ist, dass Einstellungen gespei-
chert und später wieder abgerufen werden kön-
nen. Das kann zum Beispiel den Soundcheck ver-
einfachen, wenn man weitestgehend auf die Ein-
stellungen vom letzten Gig zurückgreifen kann
und diese nur an die neue Location anpassen
muss. Analoge Pulte haben allerdings trotz der
Vielzahl an Potis und Schaltern den Bonus der
Übersichtlichkeit. Viele Tontechniker ziehen diese
Variante den modernen Digitalen vor, da sie wäh-
rend des Konzertes schneller auf unvorherseh-
bares wie zum Beispiel Feedbacks reagieren kön-
nen, ohne erst durch mehrere Menüs schalten zu
müssen um den richtigen Regler zu finden.
jedem Kanalzug. Dafür gibt es in jedem Chan-
nelstrip einen weiteren Fader, sodass jederzeit zwi-
schen Eingangssignal und Hinterbandkontrolle um-
geschaltet werden kann. Aufgrund der besseren
Übersichtlichkeit, und der meist größeren Anzahl
an Kanälen eignen sich für den Live-Betrieb die
Split-Pulte am besten, in professionellen Studios
sind normalerweise Inline-Konsolen beheimatet.
Analog Vs. Digital
Weiterhin unterscheidet man zwischen analo-
gen und digitalen Mischpulten.
Das offensicht-
lichste Unterscheidungsmerkmal beider Gattungen
ist dabei die Anzahl der Knöpfe. Bei analogen
Pulten müssen für jeden Kanalzug die gleichen Be-
dienelemente, also beispielsweise Equalizer oder
sind sozusagen Zwischensummen, auf die sinnvoll
zusammenpassende Kanäle geschickt werden kön-
nen, statt direkt in der Stereosumme zu landen. Das
macht Sinn: Denn mit Subgruppen ist es möglich,
beispielsweise alle Kanäle, die zum Schlagzeug ge-
hören oder alle Gesangssignale auf einem Fader
zusammenzulegen.
Sebi Friebe
Artenvielfalt
Trotz der vielen Gemeinsamkeiten gibt es ver-
schiedene Typen von Mischpulten, die sich über
ihren jeweiligen primären Anwendungszweck de-
finieren.
Je nachdem ob ein Pult etwa in einem Ton-
studio oder für ein Live-Konzert eingesetzt werden
soll, muss es ganz unterschiedlichen Anforderungen
gewachsen sein. Während beim Konzert nur alle Sig-
nale sozusagen in Echtzeit zu einem Stereomix für
die PA summiert werden müssen, ist im klassischen
Tonstudio die Signalführung viel komplizierter. Dort
muss jedes Signal zunächst auf eine separate Spur
einer Bandmaschine oder eines Harddiskrecording-
Systems aufgezeichnet und erst dann im zweiten
Schritt zusammengemischt werden. Je nachdem ob
Preiswertes 24-Kanal-Pult für die ganze Band:
Samson L2400
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