Workshop Live Mixing fuer Musiker Teil 4
© PPVMEDIEN 2009
Workshop: Live-Mixing für Musiker
Live-Mixing für Musiker – Teil 4
Der Draht zum Sound
Bevor wir in den kommenden Ausgaben erklären, wie ihr die einzelnen Instrumente mikro-
fonieren oder abnehmen könnt, sollten wir noch einen Blick auf die Bindeglieder zwischen
all euren Komponenten werfen: Die Kabel.
FOTO: SHUTTERSTOCK, MARKUS BEUG-RAPP
W
er hat sie nicht schon einmal ver-
flucht, diese grauschwarzen, stau-
bigen Strippen. Wie sie sich ständig
von selbst verknoten, knistern und knacken,
sich verstecken und zu gefährlichen Stolper-
fallen werden. Jeder Musiker hat
sich sicher mehr als ein-
Klettbänder lassen
sich direkt am
Kabel anbringen
mal den Tag herbeigesehnt, an dem es nur noch
Sendeanlagen gibt, am besten gleich auch für
den Stromanschluss. Bis es soweit ist, müssen
wir uns wohl mit dem Kabelsalat anfreunden,
ihn entwirren und bändigen.
Durch Dick und Dünn
Wie funktioniert ein Kabel überhaupt?
Jeden
Tag benutzen wir die Verbinder um unsere Gitar-
re an den Verstärker anzuschließen, das Mikro
ans Mischpult oder die Kaffeemaschine an die
Steckdose. Doch viele von euch werden sich viel-
leicht noch nie Gedanken gemacht haben, was in
so einem Kabel eigentlich vorgeht, wenn es et-
was überträgt. Im Grunde besteht jedes elek-
trische Kabel aus mindestens zwei sogenannten
Adern aus elektrisch leitfähigem Material –
meistens Kupfer. Diese Kupferadern sind jeweils
durch eine eigene dünne Kunststoffhülle von-
einander isoliert und gemeinsam von einem sta-
bilen Außenmantel aus Gummi umgeben. Die
wesentliche Funktion eines Kabels ist nun, eine
Spannung, die am einen Ende an diese Adern an-
gelegt wird, am anderen Ende abgreifbar zu ma-
chen. Egal, ob diese Spannung, genauer genom-
men Wechselspannung, von dem Tonabnehmer
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FOTO: FRANK SEIFERT
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einer E-Gitarre, der Kapsel eines Mikrofons oder
den Transistoren in einem Synthesizer erzeugt
wird, in ihrer Funktion als Signalübertrager sind
alle Kabel gleich.
Je nach Anwendungszweck unterscheiden
sich die Anforderungen an ein Kabel aller-
dings erheblich.
Einerseits dürfte verständlich
sein, dass ein Mikrofonkabel, welches das
schwache Signal eines Akustikgitarren-Mikros
übertragen soll, für geringere Stromstärken aus-
gelegt ist als ein Lautsprecherkabel, das oft
mehrere Kilowatt Leistung transportiert. In der
Veranstaltungstechnik kennt man daher im We-
sentlichen zwei Arten von Kabeln. Die Nieder-
frequenzkabel (NF-Kabel), die für Instrumenten-
oder Mirkofonsignale ausgelegt sind, sowie die
Lautsprecherkabel, kurz LS-Kabel, für die Ver-
bindung von Verstärker-Endstufen und Laut-
sprecherboxen. Zur Qualitätsbewertung sind
dabei vor allem die elektrischen Eigenschaften
der Leiter ausschlaggebend, also der Querschnitt
der Adern, der elektrische Widerstand und dar-
aus resultierend die Impedanz.
»
Zum anderen unter-
scheiden sich aber
auch die mechani-
schen Anforderungen
an ein Kabel.
So muss
ein quer über die Bühne
liegendes Gitarrenkabel stär-
ker gegen Tritte und Flüssig-
keiten geschützt sein, als ein
Patch-Kabel, das im Effekt-Rack
zwei Geräte miteinander verbindet. Me-
chanisch hochwertige Kabel zeichnen sich durch
eine stabile Ummantelung aus, die die Adern fest
umschließt und so auch bei starken Belastungen
verhindert, dass sich die feinen Litzen gegenein-
ander Bewegen und schließlich brechen. Gleich-
zeitig sollte zum Beispiel ein Mikrokabel so form-
stabil sein, dass es sich auch nach einem Konzert
mit akrobatischen Tanzeinlagen wieder problem-
los ordentlich aufrollen lässt. Ebenso wichtig für
eine sichere Verbindung sind natürlich fest arre-
tierende Steckverbindungen. Die wichtigsten Ka-
bel- und Steckerarten, die ihr für euren Live-Gig
benötigt, und worauf ihr bei Anschaffung und
Sauber und korrekt aufgewik-
kelte Kabel sorgen für eine lange
Lebensdauer:
Cordial Crystal
Mikrofonkabel
Gebrauch achten solltet, haben wir euch im Fol-
genden zusammengestellt.
Instrumentenkabel
Instrumenten- oder Mikrofonkabel sind als
Coaxialkabel ausgelegt.
Das bedeutet, dass ei-
ner der Leiter nicht als Ader durch das Kabel
führt, sondern unter dem Mantel den oder die
inneren Leiter als Geflecht umspinnt. Dieser äu-
ßere Leiter dient sozusagen als Schutzschild ge-
gen Einstreuungen von außen. Gibt es nur einen
Instrumenten- oder Mikrofonkabel sind als
Coaxialkabel ausgelegt.«
Praxiswissen
Kabelpflege
Die Kabel sind wahrscheinlich die am
stärksten beanspruchten Komponenten
eurer Anlage.
Wenn ihr sie pfleglich be-
handelt und regelmäßig prüft, könnt ihr
nicht nur ihre Lebensdauer verlängern und
damit Geld sparen, sondern auch so man-
che stressige Fehlersuche beim Soundcheck
verhindern. Zum Abschluss noch ein paar
Tipps für ein langes Kabelleben:
Schafft euch eine stabile Kabelkiste an.
XLR-Kabel lassen sich übrigens auch auf
einer einfachen Kabeltrommel aus dem
Baumarkt aufrollen, da sie endlos hinter-
einander gesteckt werden können. Kabel
niemals unter Spannung über den Ellbogen
aufrollen, sie könnten brechen. Stattdessen
sollten Kabel zu einem lockeren Ring zu-
sammengelegt werden. Das erreicht ihr, in
dem ihr in der beim Aufrollen das Kabel
mit den Fingern entsprechend seiner
Laufrichtung dreht.
Damit sich mehrere Kabel in ihrer Kiste
nicht verknoten können, sollten die einzel-
nen Kabelringe nach dem Zusammenlegen
fixiert werden.
Dafür gibt es spezielle
Klettbänder, die während des Gebrauchs an
einem Ende des Kabels verbleiben können
und so nicht verloren gehen.
Auf der Bühne solltet ihr beim Verkabeln
eurer Mikros und Instrumente darauf
achten,
die Kabel möglichst weit außen
zu verlegen um Stolperfallen zu verhin-
dern und die Belastung durch Fußtritte
zu minimieren. Für Kabelstrecken, die
zwangsläufig über die Bühne führen, z.um
Beispiel zum Keyboarder, gibt es rutschfes-
te Gummimatten die über den Kabelbaum
gelegt werden können.
Wenn ihr eine Verbindung löst, besonders
einen Klinkenstecker, dann zieht nie am
Kabel sondern immer direkt am Stecker,
andernfalls können sich die Adern von
den Lötpunkten lösen und gefährliche
Kurzschlüsse verursachen.
Baut euch
eure Kabel selber. Wenn ihr Kabel selbst
konfektioniert, also Kabel und Stecker se-
parat kauft und zusammenlötet, könnt ihr
einerseits jede Menge Geld sparen und an-
dererseits viel lernen. Die ersten Versuche
sind vielleicht etwas mühselig, aber mit
etwas Übung seid ihr in der Lage auch mal
vor einem Konzert ein defektes Kabel noch
schell hinter der Bühne zu reparieren und
so den Konzertabend zu retten.
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SOUNDCHECK 07 | 09
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Praxiswissen
Mini-Workshop: Die Lasso-Technik
In diesem Miniworkshop wollen wir
euch die hohe Kunst des richtigen
Kabelaufwickelns näher bringen. Die Lasso-
Technik besteht aus zwei Arbeitsschritten,
die, wenn ihr sie erst einmal beherrscht
werden, die Lebenserwartung eurer Kabel
enorm verlängern.
Bild 1:
Das Kabel wird kurz nach dem
Stecker in die geöffnete linke Hand gelegt.
Die erste Schlaufe zwirbelt man dann mit
rechtem Daumen und Zeigefinger gegen
den Uhrzeigersinn.
Bild 2:
Die zweite Schlaufe erhält man,
indem man das Kabel im Uhrzeigersinn
zwischen rechtem Daumen und Zeigefinger
zwirbelt. Auf dem Bild seht ihr wie das
Kabel nach der Drehung übers Handgelenk
laufen muss. Dieser Schritt erfordert schon
etwas Einarbeitung – nur nicht aufgeben
lautet die Devise.
Bild 3:
Die Schritte von Bild 1 und Bild
2 wiederholt ihr so oft, bis das gesamte
Kabel aufgewickelt ist.
Doppelt in der Buchse gesichert durch die Verriegelung
und Drehfixierung:
Speakon-Stecker
Innenleiter, den sogenannten „heißen“ Leiter,
spricht man von einer unsymmetrischen Leitung,
bei der die Abschirmung gleichzeitig auch si-
gnalführend ist. Für längere Kabelstrecken eig-
nen sich symmetrische Leitungen besser, hierbei
gibt es zwei Adern für das Audiosignal (heiß und
kalt) und eine zusätzliche Abschirmung, die mit
der Masse der Endgeräte verbunden ist und so
noch effektiver vor Störungen schützt.
Die bekannteste und wohl auch älteste gän-
gige Steckverbindung ist die Klinkenkupplung,
deren Ursprung in den Telefon-Vermittlungs-
zentralen vor über 100 Jahren liegt.
Heute
werden Klinkenkabel meist zum Anschluss von E-
Gitarren an Verstärker oder auch Keyboards und
Effektgeräten untereinander eingesetzt. Der Vor-
teil dieser Verbindung ist die günstige und platz-
sparende Buchse, die auch in kleinen Bodeneffek-
ten oder der schmalen Zarge eines Gitarrenkorpus
Platz findet. Der Klinkenstecker selbst ist robust
und leicht zu handhaben. Allerdings birgt das
Konzept auch Schwächen. Da der Stecker in einer
üblichen Klinkenbuchse nur von den Kontaktfe-
dern gehalten wird, ist immer die Gefahr eines
unbeabsichtigten Lösens der Verbindung gege-
ben. Insbesondere bei Gitarren und anderen be-
weglichen Instrumenten sollte daher ein Klinken-
kabel immer zusätzlich durch eine Schlaufe gesi-
chert werden. Weiterhin erzeugt man bei jedem
Einführen eines Klinkensteckers in eine
Buchse einen Kurzschluss, da der Ste-
cker bis zum Einrasten mehrere Kon-
takte berührt. Das kann zu lautem Brum-
men und Knacken führen und nicht zu
letzt auch Geräte beschädigen. Klinkenka-
bel sind meistens unsymmetrisch, da sie nur für
kurze Strecken ausgelegt sind. Solche Kabel soll-
ten nicht viel länger als 6 Meter sein. Die sym-
metrische Variante, bei der am Stecker noch ein
Ringkontakt zwischen Spitze und Schaft zu fin-
den ist, wird dagegen vorrangig im Tonstudio ein-
gesetzt. Eine Sonder form des Klinkenkabels ist
das Insertkabel oder auch Y-Kabel. Es hat an
einem Ende einen Stereostecker, und am anderen
zwei Monoklinken. Diese Kabel werden für die In-
sert-Wege am Mischpult benötigt um Ein- und
Ausgang eines Effektgerätes mit der speziellen
Insert-Buchse zu verbinden. Weiterhin kann mit so
einem Y-Kabel ein Stereo-Anschluss, zum Beispiel
eine Kopfhörerbuchse, mit zwei Mono-Kanälen am
Mischpult verbun-
den werden.
Die zweite übliche
Kabelgattung ist das
XLR-Kabel.
Diese Ab-
kürzung für External,
Live
und
Return,
was auf
deutsch etwa Masse, heiß
und kalt bedeutet, zeigt schon, dass es sich um
eine symmetrische Leitung handelt. Als Mikro-
fon-Kabel ist diese mittlerweile Standard, wird
aber auch für die professionelle Verbindung von
Endstufen, Controllern oder Effektgeräten be-
nutzt. Der wichtigste Vorteil gegenüber einer
Klinkenverbindung ist das feste Einrasten des
XLR-Steckers in der Buchse. Erst durch Drücken
einer kleinen Entriegelung kann der Stecker wie-
der gezogen werden. Ein weiterer grundlegender
Unterschied zum Klinkensystem ist, dass die
Kupplungen an den beiden Enden des XLR Kabels
verschieden beschaffen sind. So gibt es immer
einen „männlichen“ und einen „weiblichen“ Ste-
cker, womit einerseits die Signalrichtung von Ein-
gang zu Ausgang vorgegeben ist und außerdem
die Möglichkeit zum Verlängern eines XLR-Kabels
mit einem anderen besteht. Wo es also möglich
ist, sollten XLR-Verbindungen einem Klinkenkabel
vorgezogen werden.
Um langfristig Ordnung auf der Bühne zu
halten und flexibel bei der Aufstellung eures
Mischpultes zu sein,
empfiehlt sich die An-
Versehentliches Entfernen des Neutrik Silent-Steckers
aus der Gitarrenbuchse ist hier auch ohne Knackgeräu-
sche möglich:
Sommer Cable SC-Spirit XXL
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Sichere Steckverbindung durch
die Verriegelung:
XLR-Stecker
Female
schaffung eines Multicores. Es besteht aus einer Stagebox mit zahl-
reichen XLR- und Klinkenbuchsen, an die alle Bühnensignale von Mi-
kros, Synthesizern etc. angeschlossen werden und von dort aus an
einem dicken Kabelbaum vereint zum Mixer laufen. Dort angekommen
teilt sich das Multicore wieder in seine einzelnen Adern auf und stellt
für jeden Kanal an der Stagebox einen entsprechenen XLR Stecker zur
Verfügung, der dann mit dem Pult verbunden werden kann. Die meis-
ten Multicores bieten auch einige Rückkanäle für Signale, die vom Pult
auf die Bühne geschickt werden müssen, wie zum Beispiel Monitor-
wege und natürlich der Gesamtmix auf dem Weg zur PA.
Lautsprecherkabel
Lautsprecherkabel sind grundlegend anders konstruiert als Instru-
mentenkabel.
Wie eingangs erwähnt müssen sie beachtliche Leistungen
übertragen, weswegen ein größerer Leiterquerschnitt erforderlich ist,
um ein übermäßiges Erwärmen zu verhindern. Dieser Querschnitt sollte
mindestens 1,5 mm² betragen, bei größen PA-Systemen kommen nicht
selten LS-Kabel mit 4-mm²-Aderstärke zum Einsatz. Lautsprecherkabel
müssen nicht wie Instrumentenkabel abgeschirmt sein, da das Signal an
dieser Stelle bereits endverstärkt ist, und sich Einstreuungen nicht mehr
»
Wo es möglich ist, sollten XLR-
Verbindungen einem Klinkenkabel
vorgezogen werden.«
auswirken können. Dafür wirken sich die elektrischen Eigenschaften
eines Kabels um so deutlicher auf den Klang aus. Um den elektrischen
Widerstand des Kabels gering zu halten, der wenn er zu hoch ist, einen
erheblichen Teil der Endstufenleistung kostet, gilt die Faustregel: Je län-
ger der Weg zwischen Verstärker und Lautsprecher ist, desto dickere
Kabel werden benötigt. Im Umkehrschluss ist es also ratsam, die Endstu-
fen möglichst nah an den Boxen zu platzieren oder, wie bei aktiven Laut-
sprechersystemen, gleich in die Speaker einzubauen.
Für den Anschluss von Lautsprecherkabeln ist inzwischen das Spea-
kon-System zum Standard geworden.
Es gibt zwar immer noch Boxen
und Endstufen, die mit XLR oder sogar Klinkenbuchsen aufwarten, aber
im Hinblick auf die Verwechslungssicherheit und die Gefahr, sich an den
in beiden Fällen offen liegenden Kontakten durch einen elektrischen
Schlag zu verletzen, bieten Speakon-Verbindungen einige Vorteile. Ein
Speakon-Stecker ist komplett aus Hartkunststoff und die Kontakte lie-
gen tief im Inneren, sodass keine Möglichkeit besteht, diese versehent-
lich zu berühren, oder einen Kurzschluss zu erzeugen. Weiterhin wird der
Stecker in der Buchse nicht nur wie ein XLR-Stecker verriegelt, sondern
zusätzlich wie Schlüssel in der Buchse gedreht, weswegen ein unbeab-
sichtigtes Lösen fast ausgeschlossen ist.
Sebi Friebe
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