ESSENTIALS
Kondensatormikrofon-Typen
Mikro-
Typen
F Ü R J E D E A U F N A H M E G I B T E S D E N R I C H T I G E N S C H A L LWA N D L E R
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Foto: Wilschewski
BAUFORMEN VON KONDENSATORMIKROFONEN
recording magazin 5/10
© PPVMEDIEN 2010
Das Studio ist die Domäne der Kondensator mikrofone.
Sie können Vocals und Instru mente sehr unverfälscht
abbilden und doch haben die unterschiedlichen Typen
von Kondensatormikrofonen gewissen Einfluss auf die
Übertragungseigenschaften. Doch ob Röh re, Klein-
membran, Übertrager oder Hochfrequenztechnik: Die
Besonder heiten der jeweiligen Bauform lassen sich
passgenau für eure Produktion nutzen.
Immer wenn es darauf ankommt, eine Schall-
quelle möglichst unverfälscht in elektrische Sig-
nale zu wandeln, sind Kondensatormikrofone
gefragt. Sie zeichnen sich durch ein besonders
geringes Rauschen, eine gute Impulsübertra-
gung sowie einen ebenen Frequenzgang aus
und sind in dieser Hinsicht allen anderen
Wandlertypen überlegen. Gegenüber dyna-
mischen Mikrofonen haben Kondensator-
wandler den entscheidenden Vorteil, dass sie
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die hohen Frequenzen sehr gut und natürlich
übertragen. Der Grund für die gute Auflösung
der Obertöne ist das extrem geringe Membran-
gewicht eines Kondensatorwandlers. Die Mem-
bran ist dünner und kann so den schnellen
Luftdruck schwankungen hoher Töne wesent-
lich besser folgen als die Membran eines dyna-
mischen Mikrofons, da bei Tauchspulenmikro-
fonen an der Rückseite der Membran noch die
Spule angebracht ist.
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ESSENTIALS
Kondensatormikrofon-Typen
Luftspalt
Isolierung
Membran
(bewegliche
Elektrode)
Für die Abnahme einer Akustkgitarre
ist eine Kombination aus Groß- und
Klein-Condenser häufig die richtige
Wahl, um die Obertöne am Hals und das
Fundament am Schallloch einzufangen.
0°­Einsprech­
richtung
Plattenabstand
zwischen Membran
und Gegenelektrode
Gegenelektrode
(fest verankert)
Mikrofonkapsel
Schnitt durch eine Kondensatorkapsel. Die
bewegliche Membran und die Gegenelektrode
wirken zusammen als Plattenkondensator.
Wenn Schallwellen die Membran auslenken,
verändert sich der Abstand zwischen Membran
und Gegenelektrode und damit die Kapazität
des Kondensators.
Das Funktionsprinzip
Beim Kondensatorwandler wirken eine Mem-
bran und eine Gegenelektrode zusammen als
Plattenkondensator. Die Membran ist beweg-
lich aufgehängt und den Luftschwingungen
ausgesetzt. Auf die Membran auftreffende
Schallwellen bewegen diese und verändern
ihren Abstand zur Gegenelektrode. Mit der
Abstandsänderung zwischen Membran und
Gegenelektrode ändert sich auch die Kapazi-
tät des Plattenkondensators. Durch eine geeig-
nete Schaltung kann die Kapazitätsänderung
in eine Spannungsänderung am Ausgang des
Mikros umgewandelt werden. Entscheidend
für den Klang eines Kondensatormikrofons
ist, wie Kapsel und Aus-
gangsschaltung konstru-
iert sind, welche Bau-
teile verwendet werden
und wie die einzelnen
Elemente zusammenspielen.
NF-Schaltung genannt. Die Bezeichnung Nie-
der frequenzschaltung deutet darauf hin, dass
die Signalverarbeitung im hörbaren Bereich
stattfindet – also in einem Frequenzbereich
von 20 Hz bis 20 kHz. Im Gegensatz dazu
steht das Prinzip der Hochfrequenzschaltung,
das jedoch nur bei wenigen Kondensatormi-
krofonen zum Einsatz kommt.
Niederfrequenz- vs.
Hochfrequenzschaltung
Bei der Hochfrequenzschaltung ist der Kon-
densator Teil eines Schwingkreises, der durch
die veränderbare Kapazität verstimmt wird.
Der hochfrequenten Trägerfrequenz des
Membran
Kapsel
Vorverstärker/
Impedanzwandler
Ausgangs­
Spannung
Ladewiederstand
Die Konstruktion, die Bauteile und
deren Zusammenspiel ist wichtig.
Schwingkreises wird so eine tieffrequente
Schwingungung aufmoduliert, die dem
Schallwechseldruck entspricht. Die tieffre-
quente Schwingung wird am Ausgang des
Schwingkreises wieder ausgekoppelt. Kon-
densatormikrofone mit HF-Schaltung zeich-
nen sich durch einen sehr geringen Klirrfaktor
und einen absolut ebenen Frequenzgang aus
– übertragen also die Schallquelle noch et-
was genauer als die NF-Kondensatormikros.
Der einzige Hersteller, der die leider sehr
recording magazin 5/10
- +
Polarisations­Spannung
Die Schaltung des Konden-
satormikros
Die Ausgangsschaltung des Kondensatormik-
rofons sorgt dafür, dass die Membranschwin-
gungen sehr exakt in Spannungssignale am
XLR-Stecker des Mikros umgesetzt werden.
Die überwiegende Anzahl der Kondensator-
mikrofone ist dabei mit der so genannten
Niederfrequenzschaltung ausgestattet, auch
Die Niederfrequenz-Schaltung eines
Kondensatormikrofons überträgt die
Audiosignale direkt ohne Umweg
über eine Hochfrequenz-Modulation
an den Ausgang des Mikros.
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© PPVMEDIEN 2010
teuren HF-Mikrofone baut, ist Sennheiser:
Die MKH-Serie besteht aus einer Reihe von
Kleinmembranmikrofonen mit unterschied-
lichen Richtcharakteristiken. So ist das MKH
40 ein Mikro, das für Aufnahmen im Klassik-
Bereich häufig eingesetzt wird, da es Instru-
mente wie die Geige oder Holzbläser sehr
neutral und unverfälscht wiedergibt.
wandler sorgt also für die üblichen 200
Ω
Ausgangswiderstand des Mikrofons.
Röhre vs. Transistor
Der interne Vorverstärker dient also bei den
meisten Kondensatormikrofonen nicht der
Signalverstärkung, sondern senkt lediglich die
Impedanz ab. Der Impedanzwandler kann
durch zwei unterschiedliche Schaltungsarten
realisiert werden: Durch die Röhrenschaltung
oder eine Schaltung, die auf der Transistor-
technik basiert. Bis in die 1950er-Jahre hinein
waren alle Kondensatormikrofone mit Röh-
rentechnik ausgerüstet, da der Feldeffekt-Tran-
sistor, auch kurz „FET“ genannt, noch nicht
erfunden war. Erst nach der Erfindung des
Transistors in den 1960er Jahren wurde die
Röhrenschaltung durch transistorisierte Schal-
tungen abgelöst.
Kondensatormi-
krofone mit Röh-
renschaltung –
auch oft einfach
„Röhrenmikrofone“ genannt – geben dem
Signal einen hauchigen, warmen Klang mit
auf den Weg, den man bei den Vocals meist
gut gebrauchen kann.
Da die Elektronenröhre ein grundsätz­
lich anderes Funktionsprinzip als ein Tran­
sistor aufweist, gibt die Röhrenschaltung
den Klang oft nicht ganz so neutral wie­
der wie das Gegenstück, das mit Halblei­
tertechnik aufgebaut ist.
Dafür fügt die
Röhrenschaltung dem Signal schon bei recht
geringer Aussteuerung harmonische Obertö-
ne hinzu, die das menschliche Ohr meist als
angenehm empfindet. Obertöne – auch har-
monische Obertöne oder einfach nur Harmo-
nische genannt – sind Schwingungen, die ein
Vielfaches der Frequenz des Grundtones auf-
weisen. Insbesondere Instrumente mit hohem
Obertonanteil profitieren besonders stark von
den seidigen Höhen, die ein Röhrenmikro
produziert. Aus diesem Grund werden diese
Mikrofone gern für die Aufnahme der akusti-
schen Gitarre, der Hihat oder als Overhead-
Mikro für die Beckenabnahme genutzt.
Es gibt eine ganze Reihe von Röhren­
mikrofonen, die das Signal recht stark fär­
ben.
Hier müsst ihr als Anwender genau wis-
sen, welchen Klangcharakter die Aufnahme
später haben soll, sonst bewegt ihr euch mit
der Wahl des Mikrofons eventuell in die falsche
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Die Niederfrequenz-Schaltung
Der weitaus größte Teil aller Kondensatormi-
krofone ist jedoch mit der Niederfrequenz-
schaltung ausgestattet. Diese Schaltung
überträgt die Audiosignale direkt und ohne
den Umweg über eine Hochfrequenz-Modu-
lation an den Ausgang des Mikros. Bei der
Niederfrequenzschaltung wird der Kapsel-
kondensator mit einer Gleichspannung auf-
Kondensatormikrofone sind meist mit
Niederfrequenz-Schaltung versehen.
geladen, so dass auf der Gegenelektrode ein
Elektronenüberschuss und auf der Membran
ein Elektronenmangel entsteht. Diese La-
dungstrennung wird durch die Polarisations-
spannung erzeugt, die dem Kondensatormi-
kro in Form von Phantomspeisung zugeführt
wird. Nähert sich die Membran der Gegen-
elektrode an, wird der Plattenabstand kleiner
und die Kapazität des Plattenkondensators
steigt. Solange die Ladungsmenge auf der
Gegenelektrode konstant gehalten wird, re-
sultiert aus der Kapazitätsänderung des Plat-
tenkondensators eine Spannungsänderung
zwischen den beiden Elektroden.
Damit die Ladung des Plattenkonden­
sators konstant bleibt, wird ein sehr hoch­
ohmiger Widerstand in die Schaltung ein­
gebaut, der so genannte Ladewiderstand.
Der Ladewiderstand liegt im Gigaohm-Be-
reich und verhindert, dass bei Kapazitätsän-
derungen im Takte der Audiofrequenz die
Ladung zwischen Membran und Gegenelek-
trode immer wieder hin- und her fließt.
Durch den extrem hochohmigen Ladewider-
stand taucht jetzt aber natürlich ein anderes
Problem auf: Die Impedanz muss mit Hilfe
eines Impedanzwandlers so weit herunter-
geschraubt werden, dass das Kondensator-
mikro an einem ganz normalen Eingangswi-
derstand eines Mischpults problemlos
angeschlossen werden kann. Der Impedanz-
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Ein echter Klassiker für
die Aufnahme klassischer
Instrumente, wie Flügel,
Geige oder Holzbläser – das
Neumann KM 184.
Das t.bone SCT-2000
ist ein preisgünstiges
Röhrenmikrofon, das der
Stimme die Wärme und den
Hauch gibt, den sie meist gut
gebrauchen kann.
ESSENTIALS
Membran
Kapsel
Kondensatormikrofon-Typen
Vorverstärker/
Impedanzwandler
hot
- +
Polarisations­
Spannung
cold
Übertrager
Ground
Symmetrierungsschaltung eines Kondensator-
mikrofons mit Ausgangsüber trager: Wie bei
einer passiven DI-Box wird das unsymmetri-
sche Kapselsignal mit Hilfe eines Trafos in ein
symmetrisches Signal umgewandelt.
Richtung und werdet diese Klangfärbung bei
der Mischung und Nachbearbeitung dann
nicht mehr los. Ein Beispiel: Wenn ihr eine
weibliche Sopranstimme in der Produktion
richtig zum strahlen bringen wollt, dann ist
ein AKG C 12 VR mit seiner samtigen Patina
eventuell nicht das richtige Mikro für diesen
Zweck. Vielleicht passt hier besser ein FET-
Condenser, wie zum Beispiel das Rode NT2
A oder ein Neumann TLM 103. Auch Röhren-
Klassiker, wie das Neumann U 47 oder das U
67 geben dem Signal eine deutliche Färbung
mit auf den Weg – was natürlich auch den
Zauber dieser alten Röhrenmikros ausmacht.
Da es aber durchaus auch Röhrenmik­
- +
gibt, die das Signal eher neutral wie­
ros
dergeben, kann man eigentlich nicht von
„dem Röhrensound“ sprechen.
Hört euch
das Mikro eurer Wahl in den verschiedenen
Aufnahmesituationen genau an und macht
gegebenenfalls einen AB-Vergleich mit zwei
Test-Kandidaten. Auf diese Weise bekommt
ihr am besten heraus, ob es der teure Röh-
ren-Klassiker sein muss oder ob vielleicht ein
günstiges Transistor-Mikrofon eure Sound-Vor-
stellungen sogar besser erfüllt. Eventuell lie-
fert auch ein günstiges Röhren-Modell, wie
zum Beispiel ein t.bone SCT-2000 oder das
Rode NTK jenen hauchigen, warmen Sound,
den ihr in eurer Produktion haben wollt.
Aufgrund ihrer hohen Impulstreue wer-
den bevorzugt Kleinmembraner für die
Abnahme des Tamburins eingesetzt.
destens einem Zoll, entsprechend 2,54 cm,
Kleinmembraner liegen deutlich unter die-
sem Wert.
Groß- oder Kleinmembran
Eine kleine Membran hat den Vorteil, dass sie
die Obertöne besser abbilden kann. Diese
physikalische Tatsache kommt daher, dass
hohe Frequenzen mit kurzer Wellenlänge Par-
tialschwingungen auf der Membran hervorru-
fen, wenn der Schall schräg auf die Membran
auftrifft. An der Membran liegen dann gleich-
zeitig Unter- und Überdruckzonen an – die
Überdruckzone schiebt die Membran in die
Kapsel hinein und die Unterdruckzone zieht
sie heraus. So kann es sein, dass bei seitli-
chem Schalleinfall die Obertöne nicht oder
FET-Kondensatormikrofone
Wenn ihr euch alle Optionen für die Gestal-
tung des Klangbilds offen halten wollt, ist
wahrscheinlich ein Kondensatormikrofon auf
Transistorbasis die sicherere Wahl. Viele FET-
Kondensatormodelle haben erst einmal ei-
nen etwas unspektakulären Klang, lassen sich
aber eher in die eine oder andere Sound-
Richtung bearbeiten. Beim Kauf eines Mikros
gilt es daher zu be-
denken, wie univer-
sell ihr es einsetzen
wollt. Um einen wei-
ten Anwendungsbe-
reich abzudecken, ist ein eher neutraler Sound
oft die bessere und damit kreativere Alterna-
tive. Auch bei den FET-Condensern gibt es
eine riesige Auswahl mit den unterschied-
lichsten Sound-Schattierungen, so dass auch
hier die Qual der Wahl nicht einfach ist. Der
augenscheinlichste Unterschied ist die Mem-
brangröße: Ein Großmembranmikro hat eine
Membran mit einem Durchmesser von min-
FET-Kondensatormodelle lassen
sich noch eher universell bearbeiten.
nur schlecht abgebildet werden. Um zu ver-
meiden, dass Schallzonen mit unterschiedli-
cher Phase gleichzeitig an der Membran an-
kommen, kann man die Membrangröße so
weit reduzieren, dass ihre Ausdehnung klei-
ner ist als die halbe Wellenlänge der höchs-
ten abzubildenden Frequenz. Tatsächlich ist
die Abbildung der Obertöne bei Miniaturmik-
rofonen am besten – leider rauschen sie sehr
recording magazin 5/10
Für Dudelsackaufnahmen werden gerne
Kleinmembran-Kondensatormikrofone ver-
wendet. Ihre natürliche Obertonabbildung
wird dabei sehr geschätzt. Hier ist das in
Hochfrequenztechnik arbeitende Sennheiser
MKH 8040 zu sehen. Es überträgt Frequenzen
bis zu 50.000 Hz.
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© PPVMEDIEN 2010
Die Weichzeichnung durch
Groß­membraner tut der Stimme oft gut.
membraner gern als Stereomikrofonpaar auf-
gebaut, um ein möglichst exaktes Abbild des
gesamten Klangkörpers und des umgebenden
Raumklangs aufnehmen zu können. Für hoch-
wertige Aufnahmen im Klassikbereich haben
sich Mikros, wie das Schoeps MK 4 oder das
Sennheiser MKH 8040 durchgesetzt. Doch
auch günstigere Kleinmembraner, wie das SE
1A oder das Rode NT-5 zeichnen ein beson-
ders natürliches
Klangbild und
werden
sehr
gern für die Ab-
nahme von Sai-
teninstrumenten, wie beispielsweise der
akustischen Gitarre oder auch dem Piano er-
folgreich eingesetzt.
Große Membran – Großer Klang
Wenn es um die Aufnahme der Vocals im
Studio geht, sind Großmembran-Kondensator-
mikrofone meist die beste Wahl. Viele Groß-
membranmikros haben einen etwas wärme-
stark, da die Kapselkapazität und die durch
sie hervorgerufene Ausgangsspannung sehr
klein ist.
Aufgrund ihrer natürlichen Obertonab­
bildung werden Kleinmembran­Conden­
ser deshalb gern für die Instrumentalab­
nahme im Studio eingesetzt.
Ob Holzbläser,
Dudelsack, Tambourin oder auch Westerngi-
tarre: Der Kleinmembraner ist immer dann
das geeignete Mikrofon, wenn eine hohe Im-
pulstreue und ein möglichst neutrales Klang-
bild gefragt ist. Natürlich gibt es auch unter
den Kleinmembranmikros große Klangunter-
schiede: Ein Neumann KM 184 klingt ganz
anders als das Shure SM 81. Das Neumann
KM 184 ist für die transparente, durchsichtige
Abnahme eines Flügels perfekt geeignet,
während das Shure SM 81 auch aus einer ur-
alten Hihat noch einen seidigen Sound her-
auszaubert.
Trotz der erheblichen Klangunterschie­
de ist jedoch tendenziell die Abbildung
der hohen Frequenzen bei einem Klein­
membraner neutraler als bei einem Groß­
membranmikro.
Deshalb sind Mikrofone,
wie zum Beispiel das AKG C 451 oder das
Sennheiser e 914 perfekt für die Abnahme
der Schlagzeugbecken geeignet. Auch bei der
Chor- und Orchesterabnahme werden Klein-
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Kondensatormikrofon-Typen
ESSENTIALS
- +
ren Klang als die meisten Kleinmembraner
und geben die Obertöne nicht ganz so unver-
fälscht wieder. Doch gerade diese „Weich-
zeichnung“ tut der Stimme meist in vielerlei
Schallwellen­
Unterdruckzone
Hinsicht recht gut – schließlich möchte man
Richtung
in den meisten Fällen eine schöne Stimme
Überdruckzone
auf der Aufnahme hören und nicht unbedingt
Membran
das exakte Abbild der Natur- Stimme. Darü-
in Ruhe­
ber hinaus ist der Rauschbeitrag von Klein-
lage
membranmikrofonen etwas höher als bei
Großmembranern. Auch die Poppgeräusche
bei der Aussprache von Explosivlauten wer-
Partielle Auslenkung der Mem­
den von Kleinmembranmikrofonen wesent-
bran: Überdruckzonen lenken
Kapsel
die Membran nach innen,
lich stärker und deutlicher wiedergegeben als
Unterdruckzonen nach außen
von Großmembranmikros und das als uner-
wünschter Nebeneffekt.
Frequenzen mit kurzer Wellenlänge rufen bei
seitlichem Schalleinfall Partialschwingungen
auf der Membran hervor, wodurch Pegelverlust
entsteht. Kleinmembranmikrofone sind von
diesem Effekt nicht so stark betroffen wie
Großmembraner.
Deshalb haben sich für Sprach­ und Ge­
sangsaufnahmen Großmembranmikros,
wie zum Beispiel das Audio­Technica
AT4050 oder das Neumann TLM 170 sehr
stark durchgesetzt.
Doch auch für die Instru-
mentalabnahme sind Großmembraner gut ge-
eignet – so wird das Neumann U 87 gern für
die Abnahme von Kontrabass oder Cello heran-
gezogen und auch an der Bassdrum, ca. 20 bis
40 cm vom Resonanzfell-Loch entfernt, nimmt
die „USI“ einen schönen Subbass mit, der für
ordentlich Schub unten herum sorgt. Günstige
Großmembranmikrofone, wie das Studio Pro-
jects B 1 oder das AT4050 von Audio-Technica
sind für die Instrumental-, aber auch für die Vo-
cal-Abnahme immer eine Alternative, die unter
Umständen genau den Sound erzeugen, den
ihr in eurer Aufnahme gern haben wollt.
Übertrager oder elektronisch
symmetriert
Jedes Kondensatormikrofon braucht eine
Symmetrierungsstufe, die das unsymmetri-
sche Signal am Ausgang des Vorverstärkers,
beziehungsweise Impedanzwandlers in ein
symmetrisches umwandelt. Nähe Informati-
onen zur symmetrischen Signalführung fin-
det ihr im entsprechenden Kasten dieses
Artikels. Nur durch die symmetrische Signal-
Symmetrische Signalführung
Für die symmetrische Signalführung sind zwei Sig-
naladern und eine Masseleitung notwendig. Auf der
einen Signalader wird das Signal geführt, das mit
dem Schallwechseldruck in Phase liegt (auch HOT-
Spannung
In­Phase­Signal
Signal genannt), auf der anderen Signalader wird
das zum Schallwechseldruck gegenphasige Signal
geführt (auch COLD-Signal genannt). Im Mischpult
wird das gegenphasige Signal wiederum in der Pha-
Spannung
se gedreht und mit dem HOT-Signal addiert. Dabei
löschen sich eventuell aufgetretene Störsignale aus,
da diese in den beiden Signaladern phasengleich auf-
getreten sind.
Spannung
Zeit
Zeit
Zeit
Störimpulse
Spannung
Out Of­Phase­Signal
Spannung
Gegenphasige Störimpulse
Spannung
Zeit
Zeit
Zeit
Beide Signaladern führen gegensinnige
Schwingungen aus. Die eine Signalader führt
das In-Phase Signal, die andere das Out-of-
Phase Signal.
Elektromagentische Störimpulse, wie zum
Beispiel durch Bühnenlicht, treten auf bei-
den Signaladern phasengleich auf.
Im Mischpult wird das Out-of-Phase Signal
wiederum in der Phase gedreht, wodurch
sich die nun gegenphasigen Störimpulse
auslöschen.
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recording magazin 5/10
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Das SE 1A ist ein
Kleinmembraner mit
Nierencharakteristik, der sich
sehr gut für die Abnahme von
akustischen Instrumenten,
wie der Gitarre oder dem
Piano eignet.
Das Neumann U 47 ist ein Röhren-Klassiker, der heute für horrende Summen gehandelt
wird – falls man an ein solches Schätzchen überhaupt noch heran kommt. Zu erkennen ist
das externe Netzteil für die Spannungsversorgung der Röhre.
führung gelingt es, das extrem niederpege-
lige Signal störungsfrei vom Mikro zum Misch-
pult zu übertragen. Die Symmetrierung im
Mikrofon kann auf zweierlei Arten vorge-
nommen werden: Entweder als Trafoschal-
tung oder als elektronische Symmetrierung.
Die Trafoschaltung arbeitet mit einer Primär-
und einer Sekundärspule, bei der das Signal
einer aktiven DI-Box: Der eine Verstärkerkreis
gibt das Ausgangssignal phasenrichtig ab, der
andere phasengedreht. Elektronisch symmet-
rierte Mikros geben die Höhen sehr brillant
wieder, haben aber nicht den satten Bass wie
trafosymmetrierte Mikros. Anhand zweier Mi-
krofone der Firma Neumann könnt ihr den
Klangunterschied ganz gut nachvollziehen:
Das U 87 Ai ist ein tra-
fosymmetriertes Kon-
densatormikrofon, wäh-
rend das TLM 170
elektronisch symme-
triert ist. Die „USI“ bringt satte Bässe, wäh-
rend die Mikrofone der TLM-Reihe (TLM
steht übrigens für Transformatorloses Mikro-
fon) eine sehr feine Höhenauflösung zeigen.
Das Neumann M 149 ist ein
Röhrenmikrofon mit fünf um-
schaltbaren Richtcharakteris-
tiken. Das Mikro muss über ein
externes Netzteil betrieben wer-
den, um die Röhrenschaltung
mit der nötigen Spannung zu
versorgen.
Jedes Kondensatormikrofon
braucht eine Symmetrierungsstufe.
durch Induktion vom Ein- auf den Ausgang
des Trafos übertragen wird. Die Trafosym-
metrierung sorgt für eine gewisse Wärme im
Bassbereich, ist aber in puncto Höhenauflö-
sung der elektronischen Symmetrierung un-
terlegen. Da die Induktionsvorgänge in einem
Übertrager doch einiges an Zeit in Anspruch
nehmen, ist die Trafoschaltung nicht schnell
genug für schnelle Impulse und hohe Fre-
quenzen.
Im Unterschied zur Trafosymmetrie­
rung ist die elektronische Symmetrierung
in Halbleitertechnik aufgebaut.
Im Grun-
de genommen ist die Wirkungsweise der
elektronischen Symmetrierung wie diejenige
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Der Autor
Andreas
Ederhof
arbeitete als Studiomanager und
Sendetechniker beim Rundfunk
und ist als freiberuflicher Toninge-
nieur und Dozent tätig.
Das Brauner VM 1 ist
ein Röhrenmikrofon der
Extraklasse. Das Mikro wird
gern für professionelle Sprach-
und Gesangsaufnahmen genutzt,
da es der Stimme
einen warmen,
hauchigen Klang
verleiht.
Das Sennheiser MKH
40 ist ein Kondensa-
tormikrofon, dessen
Schaltungstechnik auf
dem Hochfrequenz-
Prinzip basiert. Dadurch
überträgt das Mikro die
Schallquelle sehr neutral und
unverfälscht.
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Das AT4050
von Audio-
Technica ist ein
Großmembranmikro,
dass sich hervor-
ragend für die
Aufnahme von
Instrumenten und
der Stimme eignet.