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MASTERING
Digital Mastering
TIPPS VON MASTERING-PROFI EROC
Digital
Mastering
MIT PRÄZISION DRUCK MACHEN
Audio­Mastering lässt Raum für verschiedene Philosophien. Einer der offensichtlichs­
ten Unterschiede zwischen verschiedenen Arbeitsweisen ist der zwischen analog und
digital. Wir sprachen mit Eroc, einem Verfechter der rein digitalen Methode, der sich
in langen Mastering­Jahren Credits für so unterschiedliche Acts wie Achim Reichel,
Frankie Goes To Hollywood, Giorgio Moroder, Phillip Boa, Sodom, The Speedfreak,
Spider Murphy Gang oder Tic Tac Toe erworben hat. Der Spezialist klärt aus seiner
Sichtweise über die wichtigsten digitalen Begebenheiten auf.
Foto: Wilschewski
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Eroc ist als Musiker und Engineer schon eine ge-
fühlte Ewigkeit lang in der Musikproduktion tä-
tig und betreibt mit seiner Mastering Ranch ein
Studio von internationalem Format. „Das beste
Mastering der Welt …“ schreit die Überschrift
auf der Webseite von Eroc´s Mastering Ranch.
www.recmag.de
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MASTERING
Digital Mastering
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Eines von Erocs wenigen
Zugeständnissen an die ana­
loge Signalbearbeitung in
seinem Mastering­Studio.
Der Mann versteht auch etwas
von Brickwall-Marketing, könnte
man denken. Damit allein begäbe
man sich in eine Einbahnstraße,
denn ein paar Zeilen weiter fügt
der Text ergänzend hinzu „… er-
fordert den besten Mix der Welt“.
Mein Interviewpartner darf sich
den Spaß gerne erlauben, denn
auch als Musiker, Produzent und
Engineer ist Mastering-Spezialist
Eroc eine Koryphäe. Sein Wirken
fußt auf fast 50-jähriger Erfahrung
im Tontechnikbereich, seit 1998
belebt er die deutsche und in-
ternationale
Mastering-Szene
und zeichnet mit mehr als 1000
Mastering- und Remastering-
Bearbeitungen in den letzten 10 Jahren dafür
verantwortlich, dass „Worldclass Mastering
made in Germany“ sich weltweit herum ge-
sprochen hat. Der Mann, der bei seiner Arbeit
nahezu ausschließlich Kopfhörer als Abhöre
nutzt, erweist sich im folgenden Gespräch als
sprudelnde Wissensquelle.
RecMag: Eroc, erzählen Sie uns etwas
über Ihre Philosophie und weshalb Sie
sich für die rein digitale Ebene ent­
schieden haben?
Eroc:
Als ich 1999 nach 30 Jahren meine
Arbeit im Studio als Producer und Engineer
an den Nagel hängte, hatte ich die gerade
Mastering Life:
Credits Eroc
Ein Leben für die Musikproduktion
1966 – 1983:
Grobschnitt
(aktiver Musiker, Techniker und Produzent)
1982 – 1999:
Woodhouse Studio
(Produzent, Engineer und Studiomusiker)
1998 – 2009:
Eroc’s Mastering Ranch
(Fachkompetenz für Mastering-Technologie)
Mastering­ und Remastering­Vita (Auszug):
Deutsch:
Achim Reichel, Amon Düül II,
Birth Control, Borussia Mönchengladbach,
Eroc, Everon, Extrabreit, Faun, Grobschnitt,
Inchtabokatables, Jesus On Extasy, Phillip
Boa & The Voodooclub, Scanner, Sodom,
Speedfreak, Tic Tac Toe.
International:
Eric Burdon, Firewind, Frankie
Goes To Hollywood, Giorgio Moroder,
Hawkwind, Herman´s Hermits, Ian Gillan,
Jerry Lee Lewis, Johnny Cash, Little Richard,
Mitch Ryder, Nazareth, Pat Travers, Procol
Harum, Roger Chapman, Roy Orbison, Skid
Row, T.Rex, The Troggs, UFO, The Yardbirds.
Mit digitalen Werkzeugen wurden viele
aufkommende, digitale Signalbearbeitung
zielgerichtet im Kopf. Mit „Spielzeugen“ wie
etwa Sadie oder den ersten Versionen von
Cubase auf Atari hatte ich bereits einige
Erfahrungen gesammelt und war mir sicher,
dass die Entwicklung rasant in Richtung di-
gitaler Werkzeuge führen würde, mit denen
man Dinge machen kann, die uns in den
analogen Jahrzehnten unmöglich oder nur
Gegenstand unserer Träume waren. So ist es
ja dann auch gekommen.
RecMag: Welche Software kommt bei
Eroc´s Mastering Ranch zum Einsatz?
Eroc:
Von Anfang an benutzte ich die Soft-
ware von HDA (AudioCube), die inzwischen
CubeTec heißen. Deren Tools (VPIs) sind
Träume der analogen Jahrzehnte wahr.
bekanntlich in den WaveLab Editor eingebun-
den, für den Steinberg bzw. Philippe Goutier
verantwortlich zeichnen. Ich darf auch ein
wenig stolz darauf sein, dass ich bei HDA ein
Mann der ersten
Stunde bin und seit
1998 hier und da
einige Ideen und
Ve r b e s s e r u n g e n
einbringen konnte, die sich dann später in
den Tools wieder fanden.
RecMag: Beschreiben Sie uns den für
Sie typischen Arbeitsablauf nach Erhalt
eines Files.
Eroc:
Ich lade das File in mein System und
höre ca. 5 bis 10 Sekunden in das Stück
hinein. Dann weiß ich, womit ich es zu tun
habe und was für die weitere Bearbeitung
erforderlich ist. Anschließend rufe ich die
Tools auf, die geeignet sind, um die Sache
anzunorden. Lässt mir der Kunde freie Hand,
was meistens der Fall ist, gestalte ich den
Track nach meinem eigenen Gusto. Liefert
der Kunde Anhaltspunkte bzw. Referenzen,
stelle ich den Track in diese Richtung ein.
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Eroc in mitten seines Reiches, der
Mastering Ranch. Seine Erfahrung hilft
immens bei der Arbeit: „Ich lade das
File in mein System und höre ca. 5 bis 10
Sekunden in das Stück hinein. Dann weiß
ich, womit ich es zu tun habe.“
In allen Fällen gibt es von mir anschließend
eine Hörkopie auf CD für den Kunden. Sein
Feedback fließt dann in eventuell notwendi-
ge weitere Bearbeitungsgänge ein.
RecMag: Einer der Vorzüge der Ar­
beitsabläufe auf rein digitaler Ebene
ist die schnelle Wiederherstellung von
Parametern. Damit lassen sich auch
nachträglich leicht noch Korrekturen
vornehmen. Wie hoch schätzen Sie die­
sen Nutzen für Kunden ein?
Eroc:
In meiner Zeit mit Conny Plank in den
70ern haben wir noch Fotos vom Mischpult
gemacht, um die Settings für eine spätere
Mix-Session wieder einigermaßen hinzukrie-
gen. Das klappte mitunter sogar recht gut. Die
heutige digitale Sicherung der Einstellungen
ist dagegen ein weiterer wahr gewordener
Traum. Dieser Nutzen ist von unschätzbarer
Bedeutung. Ich vertrete
die Meinung, dass das
Feedback des Kunden
das Wichtigste ist. Ich
kann zwar beraten, gute
Vorschläge unterbreiten
und Tendenzen fördern. Doch gerade weil
Klangbilder auch sehr stark dem Geschmack
unterliegen, gebe ich den Kunden Hörkopien,
die sie in ihrem Umfeld auf ihren gewohnten
Anlagen mit anderen, guten Produktionen
zunächst vergleichen können und sollen.
Die anschließend mehr oder weniger quali-
fizierten Rückmeldungen setze ich dann als
Update meiner ausgearbeiteten Parameter
um, die in Sekundenschnelle auf dem
Bildschirm 1:1 wiederhergestellt werden. Von
ebensolcher Bedeutung ist die konstruktive
Zusammenarbeit mit den Studios, die die
Mischungen erstellen. Der Grundsatz „je bes-
ser der Mix, desto besser das Mastering“ be-
wahrheitet sich immer wieder. Aufgrund mei-
ner langen Erfahrung und auch der Tatsache,
dass Mischfehler durch das Mastering stär-
ker zutage treten, versuche ich so oft es
geht, in Problemfällen zunächst die Dinge
durch einen verbesserten Mix optimieren
zu lassen, bevor ich mir beim Mastern den
Wolf reite. Ich sage dann dem Studio, wor-
an der Mix hapert und was wo und wie viel
zu ändern ist. Verständlich, dass die schnel-
le Wiederherstellung der Parameter auf der
digitalen Ebene sowohl beim Mix als auch
Digitale Sicherung der Einstellungen
ist von unschätzbarem Nutzen.
beim Mastering für dieses gegenseitige
„Aufschaukeln zum Optimum“ unerlässlich
sind, ja es sogar überhaupt erst ermöglichen.
RecMag: Welche Fehler beim Mixdown
durch ungeübte Engineers können Sie
am häufigsten beobachten?
Eroc:
Ungeübte Engineers machen alle mög-
lichen Fehler. Das reicht von völlig falschen
Verhältnissen im Mix über eine schwache
Stereopositionierung und fehlende Tiefen-
staffelung bis hin zu gegenphasigen Signalen,
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Digital Mastering
Im analogen Zeitalter musste man
immer die Vinylüberspielung beachten.
unnötigen Subsonics, HF-Einstreuungen und
völlig falscher Komprimierung. Auch die
Sigmatismen werden sehr oft außer Acht
gelassen. Von De-Essern scheint die junge
Generation oft noch gar nichts gehört zu ha-
ben. Im analogen Zeitalter mussten wir im
Hinblick auf die Vinylüberspielung noch sehr
viel mehr auf solche Dinge achten. Hatte
eine Stimme zu scharfe „S“-Laute, was bei
deutschen Sängern und Sängerinnen ver-
stärkt vorkommt, war es ratsam, diese bei
der Aufnahme, spätestens aber im Mix in
den Griff zu kriegen. Sonst haute uns der
Schneidstrombegrenzer beim Überspielen
diese Dinge so der-
be runter, dass es da-
nach eher nach einem
Zungenpiercing
klang.
Gleiches galt auch für
inkompatible Tieffrequenzen. Da explodierte
dann schon gern mal der Schneidstichel. Die
CD „packt“ heute alles, was man ihr anbietet.
Deshalb ist der heutige Markt ja auch voll von
überscharfen, unterdumpfen und erbärmlich
verzerrten Produktionen, die allesamt durch
Halbwissen und Unachtsamkeit entstanden
sind, sei es beim Mix oder auch beim unqua-
lifizierten Mastering.
RecMag: Die rein digitale Ebene ermög­
licht ein flexibleres Korrigieren dieser
Fehler. In welcher Hinsicht kann auch
die Analogwelt hier punkten?
Lohnende Option: Mastering mit Stems
Mit folgender Mix­Methode treibt Ihr dem
Mastering Engineer Freudentränen in die
Augen:
Fertigt anstatt nur eines einzelnen Full-
Mix gleich vier Stereo-Mixes mit unterschiedlichen
Inhalten an (Stems). Alle vier Stereo-Files müs-
sen absolut synchron zueinander (alle Bounces
haben das gleiche Sample als Startpunkt) und
Lautstärken unverändert sein (diese Option ist
nur dann möglich, wenn Ihr beim Mixdown auf
Kompression im Stereo-Mix-Bus verzichten könnt!).
Zum Beispiel:
Stem #1. TV-Mix (Instrumental & Backgr.-Vox)
Stem #2. Lead Vocals-Mix (+ deren Reverb/FX)
Stem #3. Full Mix
Stem #4. Instrumental-Mix (keine Vocals)
Die Summe aus Stem #1 and Stem #2 bei
gleicher Lautstärke = Stem # 3./Full Mix.
Erfordert das Mastering etwa eine Lautstärkekor-
rektur der Vocals, so regelt der Mastering Engineer
(ME) dies separat bei Stem #2 nach. Wären
Zischlaute bei Vocals zu präsent, so müsste der ME
einen De-Esser lediglich bei Stem # 2 einsetzen und
nicht, wie sonst üblich, das Frequenzspektrum des
kompletten Mixes in Mitleidenschaft ziehen. Und
müsste der Bass insgesamt lauter sein, so würde
dies in Stem #1 korrigiert, ohne den Vocals dabei
mehr Bassanteil hinzuzufügen. Wenn Ihr auf diese
Weise arbeitet, lasst ihr Euch und dem Kunden alle
Optionen offen, selbst böse Textzeilen lassen sich im
Nachhinein noch „muten“, ohne dass die komplette
Musik an jener Stelle unterbrochen werden müsste.
Eroc:
Da kann die Analogwelt überhaupt nicht
mehr mithalten. Versuchen Sie doch einmal,
die HF-Einstreuung eines alten Röhrenmonitors
(Zeilenfrequenz circa 15 kHz) mit einem ana-
logen Filter sauber aus einem Mix heraus zu
bekommen. Das schafft kein Grid Dipper
(scharfes analoges Notch Filter) und auch kein
Massenburg EQ. Mit dem digitalen „Repair
Filter“ von CubeTec zum Beispiel ist das in
Sekunden erledigt, ohne dass das restliche
Audiomaterial beeinträchtigt wird. Oder was
ist mit Vinylknacksern und Verzerrungen? Wie
will man denen analog beikommen? Wir korri-
gieren inzwischen in der digitalen Ebene nach-
träglich sogar Azimutfehler. Selbst, wenn diese
bereits auf Vinyl gepresst waren. Das wäre
analog nie denkbar gewesen.
RecMag: Können Sie dem Einbeziehen
analogen Equipments beim Mastering­
Prozess überhaupt etwas abgewinnen?
Eroc:
Zur Klangverbesserung nicht. Dass
analoge Peripherie objektiv besser klingt, ist
Firlefanz. Sie klingt allenfalls charaktervoll und
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Nicht durchdrehen: Messerscharfe
Schnitte gelingen beim Digital­
Mastering wie von selbst.
Telefunken M 15 Bandmaschine über einen
Fairchild auf ein Neumann-Pult geht. Habe
ich mit meiner Studer A 80 und dem GML
8900 prima nachge-
stellt. Das Tonband hat
echt gequalmt und die
Kids hatten dabei vor
Freude Tränen in den
Augen. Das erreicht man mit digitalen Tools
nicht in dieser Form. Und auch der viel ge-
priesene Röhren-Sound kommt aus Kathode,
Gitter und Anode immer noch am schönsten.
Wir korrigieren auf digitaler Ebene
nachträglich sogar Azimutfehler.
mitunter für das Ohr schmeichelhaft, aber ob-
jektiv niemals besser als das digitale Signal.
Um analoges Equipment in den digitalen
Bearbeitungsprozess einzubinden, muss
man das Signal zunächst einmal D/A konver-
tieren. Das bedeutet Verluste. Dann muss es
über Strippen und Stöpsel in die Geräte. Dort
über Leiterbahnen und Steckverbindungen
durch etliche mehr oder weniger perfekte
Schaltungen. Dann wieder raus und über den
Kupferwurm erneut in den Wandler, diesmal
wieder A/D. Das bedeutet weitere Verluste
und kostet nur Transparenz und Substanz,
die nicht zurück gewonnen werden kann.
Man erhält dann zwar ein analog gefärb-
tes Klangbild, das durchaus angenehm und
schön klingen kann, dem fehlen aber immer
essentielle Bestandteile im Signalverlauf. Als
reine Effektgeräte allerdings setze ich ana-
loge Geräte jedoch durchaus sehr gern ein.
Es kamen schon Bands, die voll digital produ-
ziert hatten, aber am Ende dann den authen-
tischen 60er Analog-Touch haben wollten. So,
als ob man von einer schlecht eingemessenen
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Digital Mastering
Eroc kennt durch viele seiner
Arbeiten die Mastering­Ansprüche
auf beiden Seiten des Atlantik.
Brickwall Limiting ist eine hohe
Schule, die es zu beherrschen gilt.
RecMag: Gibt es Unterschiede im Ge­
samt­Sound oder bei der Kompression
zwischen Masterings diverser anglo­
amerikanischer Engineers und Eroc´s
Mastering Ranch?
Eroc:
Wenn ich jetzt „nein“ sage, stelle ich
mein Licht unter den Scheffel. Sage ich
„ja“, wird dieser Abschnitt 20 Seiten lang.
Grundsätzlich kann man fest stellen, dass es
durchaus auch
gewaltige Unter-
schiede gibt zwi-
schen meinen
Masterings und
den Ergebnissen hiesiger Studios. Nicht sel-
ten darf ich Produktionen neu bearbeiten,
an denen sich andere Kollegen, egal ob von
hüben oder drüben, vergebens versucht
hatten. Das liegt zum einen daran, dass
kaum ein Masterer wie ich als langjähriger
aktiver Musiker „mit dem Teufel im Bunde“
ist. Meine fast 50 Jahre Praxis mit magne-
tischer Bandaufzeichnung, 40 Jahre in den
Studios vor und hinter der Trennscheibe, 20
Jahre aktiv auf der Bühne – diese immensen
Erfahrungen kann nun mal nicht jeder vorwei-
sen. Hinzu kommt, dass die Tools von HDA /
CubeTec wirklich Weltklasse sind. Allein die
Tatsache, dass etliche davon (z.B. der sogen.
Analog-EQ) mit 768 kHz Samplingrate ar-
beiten, was sich klanglich positiv bemerkbar
macht, hebt diese Software von den meis-
ten Mitbewerbern ab. Vielleicht sollten zu
dieser Frage mal andere zu Wort kommen?
Nehmen wir als Beispiel doch Onkel Macki
(Anm. d. Verf.: Reinhold Mack, Coproduzent
und Engineer von E.L.O, Queen, u.a. – ehe-
mals Musicland, München), der ja inzwischen
in den USA lebt und arbeitet und deshalb bei-
de Seiten des großen Sumpfes kennt. Mack
schickte mir per DSL seine Mixe, ich ging mit
meinen Tools drüber und schlug vor, welche
Dinge anders sein sollten. Dann änderte er
das und ich masterte erneut. Dann wurde
wieder am Mix verbessert, dann wieder ge-
mastert usw. Mit reproduzierbaren digitalen
Settings überhaupt kein Problem. Wäre nur
nicht immer dieser blöde Zeitunterschied
zwischen L.A. und Breckerfeld. Hier habe
ich einen Auszug, den Mack dem Onkel Erke
– so mein kollegialer Spitzname – unlängst
zum Mastering einer seiner Produktionen
geschrieben hat. Er lautet folgendermaßen:
„Lieber Onkel Erke, klingt super. Eher analog.
Tief und breit. Kann sich Bernie Grundman
ein paar Pfund abschneiden und an die an-
deren verteilen, falls was übrig bleibt. Ich bin
voll begeistert, denn den Sound gibt es hier
in Amerika nicht und – wichtig – er ist deut-
lich besser ohne Superstehkragen und platt
wie Omas Pfannkuchen. Du bist A-Liga.“
RecMag: Es ist bekannt, dass A&R´s der
Popwelt gerne „so laut wie nur möglich“
vorgeben, um das Produkt konkurrenz­
fähig zu halten. Beobachten Sie diese
Haltung auch beim Musikerkunden
oder können Sie einen Trend hin zu
mehr Dynamik feststellen?
Eroc:
Das hängt vom Genre ab. Punks
und Metaller wollen durchweg „das lautes-
te Mastering der Welt“. Kriegen sie bei mir
und wundern sich dann, dass etwa Slipknot,
Machine Head, Nickelback oder auch
Nightwish plötzlich ärmlich dagegen klingen.
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Erocs bevorzugtes Mastering-
Werkzeug, die CubeTec-PlugIn-
Suite von HDA Audiocube.
und in den Arrangements hinweg hilft. Man
sollte zudem beachten, dass beim Brickwall-
Limiting auf digitaler Ebene Artefakte ent-
stehen. Diese entsprechen zwar nicht der
typischen Verzerrung übersteuerter analoger
Schaltungen, verleihen aber sehr wohl dem
Musikmaterial einen aggressiven Charakter,
der die Sache auf Konserve authentischer
rüberbringen kann. Was sollen denn bitte-
schön Produktionen wie Rammstein oder
Oomph! noch mit audiophilem, sauberem
HiFi-Klang zu tun haben? Mir sagte mal eine
Band aus dieser Kategorie: „Mach’ es so laut,
bis es weh tut! Wer unsere Musik hört, muss
bestraft werden“. Soll ich denen was von
Klangästhetik und Hörattraktivität erzählen?
Sash
Recording Markt
2010
RecMag: Hinsichtlich des Themas
„Loudness War“, gibt es hier Anforde­
rungen, denen digitales Mastering bes­
ser entsprechen kann als analoges?
Eroc:
Der so genannte Loudness War ist
durch die digitale Nachbearbeitung über-
haupt erst möglich geworden. Er entstand da-
durch, dass diverse Leute erstmal wieder al-
les ausreizen wollten, was die Technik zu bie-
ten hat. Das hatten wir bereits in den 60ern
mit ihren „heavy compressed“ Produktionen,
in den 70ern, als der Aphex Aural Exciter er-
Kommt daher, dass das so genannte „Brickwall
Limiting“ eine ganz hohe Schule ist, die es zu
beherrschen gilt. Ich beobachte aber auch,
dass Bands jenseits des Starkstroms, gerade
auch jüngere, sehr gezielt auf die Dynamik
ihrer Mixe achten und ausdrücklich „nicht
tot komprimiert“ klingen wollen. Dass diese
Produktionen trotz ihrer erhalten gebliebenen
Offenheit am Ende laut rüber kommen und
vieles auf dem Markt in den Schatten stellen,
ist wiederum die (Mastering-)Kunst.
Bombastbomben schwelgten. Früher hieß es
nicht selten „Vater Hall deckt alles zu“, heute
ist es dann eben die digitale Kompression,
die über so manchen Mangel in der Musik
Deutschland
5,90 • Österreich
11,80
Der Loudness War wurde durch
digitale Bearbeitung erst möglich.
funden wurde und etliche Bananenbieger
soviel davon auf ihre Mixe schraubten,
dass sich das überhaupt nicht mehr auf
Schallplatte schneiden ließ. Das hatten wir in
den 80ern, als die ersten digitalen Hallgeräte
und Sampler aufkamen und Producer wie
Trevor Horn nur noch in Hallschüssen und
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