setup
recording
INSTRUMENTS
Schlagzeug­Overheads
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Alles Gute
kommt
Man trifft schon mal auf die Meinung, dass die
Mikrofone über dem Drumset ausschließlich für
die Becken zum Einsatz kommen. Das Potenzial
einer guten Overhead­Mikrofontechnik für den
Gesamtsound der Drums wird oft unterschätzt.
Es lohnt jedenfalls, sich eingehend mit diesem
wichtigen Teil der Schlagzeugaufnahme zu
beschäftigen.
DRUMRECORDING
DIE RICHTIGE OVERHEAD-MIKROFONIERUNG SORGT FÜR
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Foto: Wilschewski
recording magazin 6/09
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F E T T E N U N D N AT Ü R L I C H E N D R U M S O U N D
von oben
Grundsätzlich leiten sich die Overhead-
Techniken von den ganz normalen Ste-
reo-Mikrofonierungsverfahren ab. Die
Overhead-Mikrofone (kurz: Overheads)
dienen generell dazu um einerseits
die Becken des Drumsets einzufangen
und auch um den Gesamtsound räum-
lich abzurunden. Homogenität und
Räumlichkeit stehen hier groß im Kurs.
Gerade auch die Panoramapositionen der
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einzelnen Instrumente des Schlagzeugs
sollen durch die Overhead-Technik ab-
gebildet werden. Die Sichtweise aus
der man diese Ortung beurteilt ist die
des Zuhörers oder Zuschauers. Die
Vorgehensweise richtet sich an zwei un-
terschiedliche Ausgangssituationen aus.
Die Größe des Drumsets und auch die
Größe des Aufnahmeraumes sind ent-
scheidend für die richtige Technik.
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INSTRUMENTS
Schlagzeug­Overheads
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Eine AB­Overhead­Mikrofonierung: Die Beyerdynamic MC 930 Kleinmembran­
Kondensatormikrofone zeigen senkrecht nach unten auf das Drumset.
Bei der Intensitätstechnik
XY­Stereofonie ist der
Öffnungswinkel variabel.
Die ORTF­Tech­
nik kombiniert
Laufzeit­ und
Intensitäts­
verfahren.
Das Prinzip von Stereo­Mikrofon­
verfahren ist es, das menschliche Hören zu
simulieren.
Es geht um die Beurteilung von
Ortung und Tiefenstaffelung der Aufnahme:
Also die Position der Signale bezüglich der
Links-Rechts-Ortung
und die räumliche
Tiefe. Wir beurteilen
Signale auf Grund von
Intensitätsunterschie-
den,
Laufzeitunterschieden
und Klangfarben. Daraus kann
man drei Hauptgruppen von
Stereo-Mikrofonverfahren ab-
leiten: Die Intensitäts-, die
Laufzeit- und die Äquivalez-Stereomikrofonie-
verfahren. Gemeinsam ist allen Verfahren die
Verwendung von zwei gleichen Mikrofonen.
Ein Intensitätsverfahren wäre etwa
die XY­Technik.
Hier werden die beiden
Mikrofonkapseln so nah wie möglich über-
einander platziert und eines davon nach links
und das andere nach rechts ausgerichtet, also
mit einem Versatzwinkel, den man variieren
kann. Signale, die von links auf das System
eintreffen, werden auch auf der Abhöre links
geortet, weil die Signale an dem für die linke
Seite zuständigen Mikrofon mit einem hö-
heren Pegel ankommen (höhere Intensität).
Es geht um Ortung
und Tiefenstaffelung.
Ein Öffnungswinkel von ca. 120° bringt eine
relativ gleichmäßige Pegelverteilung über
das gesamt Stereobasisbild. Vorteile hier
wären gute Ortbarkeit und eine gewisse
Monokompatibilität (sieh Grafik links).
Ein häufig eingesetztes Verfahren der
Laufzeit­Theorie ist die AB­Technik.
Hier
stehen räumliche Tiefenstaffelung und eine
höhere Natürlichkeit im Vordergrund. Dies
ergibt sich aus den Laufzeitdifferenzen zwi-
schen den Mikrofonen, die jetzt in einem va-
riablen Abstand der Kapseln zueinander ste-
hen. Dieser Abstand sollte ca. 0,5 m – 1,5 m
betragen und die Mikrofone zeigen normaler-
Die AB­Stereofonie ist ein Laufzeit­
verfahren. Für die Overheads wäre 0,5 m
der Mindestabstand der Mikros.
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weise senkrecht von oben nach unten auf das
Drumset (siehe Grafik auf Seite 52). Durch
die Laufzeitunterschiede entstehen unter-
schiedliche Phasenlagen an den Mikrofonen,
die wiederum zu leichten Klangfärbungen
und somit zu natürlicheren Ergebnissen füh-
ren können. Vorsicht! Diese Technik ist auf
Grund der Phasensituation nicht mehr mo-
nokompatibel. Möchte man seine Overheads
nun etwas enger gestalten und dreht die
Panorama-Poti der AB-Stereospuren von
ganz links und ganz rechts weiter in die
Mitte, so werden die Klangfärbungen stär-
ker. Ein anderer Ansatz bei der AB-Technik
ist die sektorielle Abdeckung der linken und
der rechten Seite des Drumsets. Man fokus-
siert dann bei den Overheads gezielter die
Becken. Bei fast gleicher Aufstellung ach-
tet man jetzt nicht mehr so extrem auf die
Phasenlage, weil man im Mix etwas mehr
der direkt mikrofonierten, einzelnen Drums
(Kick, Snare etc.) verwendet. Möchte man
eine stärkere Kanaltrennung zwischen links
und rechts haben, kann man die Mikrofone
etwas nach außen drehen.
Die natürlichsten Varianten des Ein­
satzes von Overheads sind sicherlich die
Äquivalenztechniken.
Als Standard wird hier
Zwei mal X/Y­
Technik: Oben
sehen wir
eine schmale
Anordnung,
wohingegen
unten …
… eine breitere Auf­
stellung gewählt wur­
de. Die Positionie­
rung der Mikros ist
oben richtiger: Von
vorn betrachtet,
müssen die Kap­
seln in Deckung
sein.
Äquivalenztechniken liefern die
natürlichsten Ergebnisse.
die so genannte ORTF-Technik angegeben
(ORTF = Office de Radiodiffusion Télévision
Française). Ursprünglich also in Frankreich
entwickelt, arbeitet diese Anordnung sowohl
mit Intensitätsunterschieden, als auch mit
Laufzeitunterschieden. Dadurch kommt sie
dem menschlichen Hören von den angespro-
chenen Techniken
am nächsten. Die
Mikrofone, die zur
Anwendung kom-
men, werden mit
einem Kapselabstand von 17 cm und einem
Öffnugswinkel von 110° aufgestellt (siehe
Grafik auf Seite 52). Durch den Abstand der
Mikrokapseln ist auch diese Technik nicht ge-
rade monokompatibel.
Die Entscheidung für oder gegen ei­
ne der Techniken hängt von verschie­
denen Kriterien ab:
Zum einen durchaus
von der Stilrichtung und dem Songmaterial,
zum anderen aber auch sehr stark von den
räumlichen Bedingungen. Diese Verfahren
stützen sich in der Praxis zunächst auf
Erfahrungswerte, die man machen kann,
wenn man sich die Stereo-Mikrofonverfahren
einmal solo anhört und vergleicht. Nachdem
für eine Drum-Aufnahme im Normalfall aber
zusätzlich zum Stereosystem noch einzelne
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Direktmikrofonierungen eingesetzt werden,
kann man etwas lockerer an die Thematik
herangehen. Selbstverständlich sollte man
schon auf Natürlichkeit achten, aber letztend-
lich ist man durch den Einsatz von weiteren
Mikrofonen etwas freier im Umgang mit den
Overhead-Techniken.
Aber ihr könnt die Signalbereiche auftrennen
und die beschnittene Overheadtechnik durch
eine zusätzliche Raummikrofonierung stützen.
Allerdings muss das natürlich bereits bei der
Aufnahme passieren.
Die richtige Mikrofonwahl
Becken und alles was mit Blech zu tun hat, ist
im Normalfall sehr obertonreich, und deshalb
sind gute Kondensatormikrofone zu empfeh-
Zwei mögliche Ausgangssituationen
Am Anfang des Artikels war schon einmal
von zwei grundsätzlichen
Szenarien die Rede. Was ist
damit gemeint? Man kann
zum einen den Schwerpunkt
der Aufnahmen ausschließ-
lich auf die Becken lenken und somit schon
beim Recording die Signale stärker in den
unteren Frequenzen mit einem LowCut-Filter
beschneiden. Somit reduziert sich der Anteil
des restlichen Schlagzeugs und gleicherma-
ßen auch der Raumanteil. Dieser liegt im
LowEnd-Bereich und geht hoch bis in den un-
teren Mittenfrequenzbereich, also bis ca. 300
– 500 Hz. Das Ergebnis ist etwas trockener
und gibt einem die Möglichkeit im Mixdown
das „Blech“ lauter zu mischen, ohne den
Rest mit hoch zu ziehen. Allerdings ist diese
Variante nur zu empfehlen, wenn man sich
sicher ist was man macht und genau weiß wo
man mit dem Sound hin will.
Kleine Mikromembranen haben
besseres Impulsverhalten.
len. Somit kann eine saubere Übertragung
gewährleistet werden. Die Standardricht-
charakteristik hierfür ist meist Niere. Gute
Mikrofone müssen nicht immer teuer sein,
der Klang ist entscheidend. Nachdem dy-
namische Mikrofone doch sehr oft in einer
sauberen Höhenübertragung eingeschränkt
sind, können sie den Anforderungen einer
Overhead-Mikrofonierung oft nicht stand-
halten. Allerdings kann man dynamische
Mikrofone durchaus als Stützmikrofonierung
für Ride-Becken einsetzen, da hier ein
mittigerer Sound zur Durchsetzung bes-
ser geeignet ist. Standardmäßig kommen in
der Overhead-Technik eher Kleinmembran-
Kondensatormikrofone zum Einsatz. Gegen-
über
Großmembran-Mikrofonen
geben
sie die hohen Frequenzen besser wieder,
da ihre geringfügig leichtere Membran ei-
ne höhere Impulsempfindlichkeit aufweist,
also schneller ausgelenkt werden kann.
Weiterhin ist Tatsache, dass Kleinmembran-
Kondensatormikrofone über einen größe-
ren Bereich eine gewisse Frequenzstabilität
aufweisen. Das bedeutet, dass sie bei ho-
hen Frequenzen weniger Richtwirkung be-
sitzen und das Frequenzspektrum aus allen
Richtungen gleichmäßig aufnehmen.
Im Gegensatz dazu haben Großmem­
bran­Kondensatormikrofone wiederum
stärkere Richtwirkung in hohen Fre­
quenzen.
Das hat den Vorteil einer besseren
Kanaltrennung. Auch wenn man einen warmen
und intensiven räumlichen Low-End-Anteil für
den Gesamteindruck umsetzen will, klingen
Mikrofone mit einer größeren Membran oft
interessanter. Aber aufgepasst, das kann auch
schnell zu phasentechnischen Problemen
führen mit den restlichen Instrumenten des
recording magazin 6/09
Günstige Positionen für eine AB­
Mikrofonierung befinden sich jeweils 50
cm über dem Aufhängepunkt der Becken.
Um eine XY­Anordnung in Stellung zu
bringen, sucht man sich die Mitte zwi­
schen den gedachten AB­Punkten und
geht von da noch ein Stück nach unten.
Größere Membranen liefern
ein intensives Low-End.
Die zweite Möglichkeit ist es, die Low­
End– und unteren Mittenfrequenzen bei
der Aufnahme eben nicht zu beschneiden
sondern aufzunehmen.
Durch Low-Cut-
Filter oder EQ hat man auch noch im Mixdown
ausreichend Möglichkeiten das Signal zu be-
arbeiten. Der Vorteil ist die höhere Flexibilität.
Man kann jetzt den
Gesamtsound
der
Drums im Mixdown
dem Song anglei-
chen. Möchte man die
Drums räumlicher gestalten, lässt man die ge-
nannten Frequenzen wirken. Soll es trockener
sein kann man nach dem vorher beschrie-
benen Schema verfahren. Vielleicht soll es
auch von dem ein oder anderen Song einmal
verschiedene Versionen geben – etwa für die
Single oder unplugged – dann hätte man mit
der zweiten Variante noch das vollständige
Signal zur Verfügung. Im Nachhinein die feh-
lenden Low-End- und unteren Mitten wieder
herzustellen, ist nahezu unmöglich. Was ihr
nicht aufnehmt, könnt ihr schlecht mischen.
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Zur Unterstützung der Overhead­
Mikrofonierung lassen sich, wie
hier, Becken auch zusätzlich
einzeln mikrofonieren.
Schlagzeugs wie Kick und Snare. Schaltbare
Großmembran-Kondensatormikrofone eig-
nen sich mit Richtcharakteristik Kugel auch
sehr gut für zusätzliche Raummikrofonierung,
gerade im Low-End-Bereich. Nachdem die
Großmembran-Kondensatormikrofone heute
sehr rauscharm sind, hängt es oft vom per-
sönlichen Geschmack ab welches Mikrofon
man einsetzt. Man kann auch mit diesen
Mikrofonen einen relativ seidigen Sound er-
zielen, wenn man bei der Aufnahme die feh-
lenden hohen Frequenzen leicht anhebt.
Im Kleinkondensatorbereich kann man
sehr gute Ergebnisse mit Mikrofontypen
wie Neumann KM184, Shure KSM 141
oder Sennheiser MKH 8040 erzielen.
Bei
den Großmembran-Kondensatormikrofonen
stehen etwa Neumann U87i, AKG C414 (altes
Modell) oder auch Shure KSM 32 sehr hoch
im Kurs. Entscheidet man sich für eine XY-
Anordnung, kann man auch auf das ein oder
andere Stereomikrofon ausweichen. Hier gibt
es Modelle wie das Neumann USM 69i, oder
das Schoeps CMXY 4V. Als Geheimtipp gehan-
delt werden oftmals die Bändchenmikrofone
der amerikanischen Firma Royer Labs. Für
Techniken mit zwei Mikros ließen sich R-122
einsetzen, als Stereomikrofon eventuell ein
SF-12. Allerdings sind diese Mikrofone nur mit
Achtercharekteristik erhältlich und auch nicht
sehr kostengünstig. Um sich das Arbeiten
mit XY- oder ORTF- Techniken zu vereinfa-
chen hilft oftmals eine Stereo-Schiene. Damit
braucht man ein Mikrofonstativ weniger und
alles bleibt kompakt zusammen.
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Schlagzeug­Overheads
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Fängt man sich die
Overheads mit M/S­Technik
ein, müssen die beiden
Kapseln so nah wie irgend
möglich aneinander
positioniert werden.
Positionierung und Abstand
Die Positionierung ist ein komplexes Thema,
bei dem verschiedene Aspekte eine Rolle
spielen. Ein Punkt ist der je nach Drummer
individuelle Aufbau der Becken über dem
Schlagzeug. Manche haben die Becken
sehr niedrig hängen, andere wiederum sehr
hoch. Ein weiterer wichtiger Umstand ist,
dass ein Becken
ein
Instrument
ist, das sich zum
Teil sehr stark
bewegt. Der gro-
ße Aktionssradius der einzelnen Becken
zwingt euch schon mal dazu, einen gewis-
sen Abstand zu wahren. Gerade bei den
Crash-Becken ist die Bewegung sehr heftig
wenn sie für Akzente im Song geschlagen
werden. Außerdem strahlen die Becken in
unmittelbarer Nähe ihrer Oberfläche sehr
tiefe Frequenzen ab, die man in der Regel
nicht in der Aufnahme haben will. Ist man
nun mit dem Mikrofon zu nahe am Becken
dran, hört man zum einen diese tiefen
Frequenzen. Zum anderen kann man noch
bis zu einem Abstand von gut 20, 30 cm die
Lautstärkenschwankungen wahrnehmen, die
durch die Bewegung des Beckens (und die
damit einhergehende Abstandsveränderung
zum Mikrofon) entstehen.
Beim Einsatz von AB­Technik ergeben
sich daraus folgende Überlegungen:
Man
nimmt sich den Aufhängepunkt und die Bell
(Glockenform in der Mitte des Beckens) als
Referenz. Von diesem Bezugspunkt geht
man ca. 0,5 m nach oben und positioniert
dort das Mikrofon. Nehmt diesen Punkt
durch den Abstand erst einmal als gegeben
an. Egal wie hoch der Drummer nun seine
Becken hängt, die Mikrofonposition wandert
bei dieser Strategie einfach mit den Becken
mit. Und 50 cm sind ein zweckmäßiger
Abstand der die schon angesprochenen
Problematiken sehr gut kompensiert.
­ Benutzt man zur Overhead­
Mikrofonierung beim Schlagzeug eine
AB­Stereofonie lässt sich die empfun­
dene Breite der Aufnahme mittels der
Veränderung des Abstandes zwischen
den beiden Mikrofonkapseln variie­
ren. Je mehr man den empfohlenen
Abstand von 0,5 m in Richtung 1,5 m
vergrößert, desto kleiner wird der so­
genannte Aufnahmebereich und desto
enger erscheint die Abbildung des
Sets auf einer Stereoabhöre.
­ Bei der XY­Technik bleibt der
Abstand zwischen den Kapseln
aber gleich, und zwar möglichst
Null. Wie breit erscheint also ein
mit XY­Overheads aufgenom­
menes Schlagzeug später auf einer
Stereoabhöre? Das hängt vom
gewählten Öffnungswinkel ab:
Operiert man mit einem größeren
Winkel, etwa mit 120°, so wirkt
die Stereoabbildung des Sets auf
der Abhöre schmaler als bei einem
kleinerem Winkel wie etwa 90°.
Zu nah am Becken nimmt das Mikro
unerwünschte, tiefe Frequenzen auf.
Bei sehr hoch aufgebauten Becken
kann unter Umständen der Raumanteil
zu mächtig werden.
Dem lässt sich mit
XY-Technik begegnen. Für die richtige
Positionierung der Mikros kann man dafür
von den bei der AB-Technik beschriebenen
Punkten ausgehen, circa 0,5 m über den
Aufhängepunkten der Becken. Nachdem die
XY-Technik im Zentrum über dem Drumset
positioniert werden soll, denkt man sich einen
Punkt, der genau auf der Hälfte der Strecke
zwischen Position A und Position B liegt. Von
diesem Punkt aus geht man nun ein Stückchen
weiter nach unten, so dass das XY-System et-
was näher an das gesamte Set kommt (siehe
Foto auf Seite 54). Somit wird insgesamt we-
niger Raumanteil aufgezeichnet.
Bei einem Drumset mit sehr vielen
Becken kann es vorkommen, dass eine
einfach Overhead­Technik mit nur zwei
Mikrofonen nicht mehr ausreicht.
Um je-
des Becken trotzdem ordentlich einzufangen,
gibt es aber natürlich Lösungen. Nehmen wir
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mal als Beispiel das Ride-Becken. Dieses ist
bei vielen Drummern eher etwas bequemer
kurz über dem Stand-Tom platziert. Habt ihr
eure Overhead-Mikrofone ansonsten schon
optimal aufgebaut, kann es passieren, dass
das Crash-Becken über dem Ride-Becken
hängt. Das obere Becken schattet dann das
Ride-Becken ab, und somit können eure
Mikros nicht mehr genügend Informationen
einfangen. Auch der im beschriebenen
Fall größere Abstand schwächt die
Schallübertragung des Ride-Beckens noch
mehr ab. In einem solchen Fall empfiehlt
sich ein zusätzliches Stützmikrofon. Der
Sound den man hier braucht ist dabei eher
mittig anzulegen. Diese Mittenfrequenzen
werden unmittelbar um die Bell abge-
strahlt. Es reicht also, das Mikrofon relativ
nahe nur auf diesen Bereich zu fokussieren.
Dadurch dass das Mikrofon jetzt sehr nahe
am Zentrum des Beckens platziert ist, sind
auch eventuelle größere Bewegungen des
Instruments nicht mehr so problematisch.
Ob das Mikrofon
jetzt von oben oder
von unten auf des
Ride zeigt, ist oft
abhängig vom indi-
viduellen Sound des Beckens. Die Becken
von unten abzunehmen, hat den Vorteil,
dass das relativ große Ride-Becken die rest-
lichen Signale besser vom Ride-Mikrofon
abschirmt und man dadurch eine höhere
Kanaltrennung bekommt. Sollte das Ride-
Becken nun im Mix zu sehr verschwinden,
könnte man es durch die Einzelbearbeitung
dieses Signals besser hervorheben, und
auch seine Position im Stereopanorama
hörbar deutlicher platzieren.
Becken hervorzuheben. Allerdings ist dafür
der Aufwand sehr groß. Selbst bei einem
Standard-Kit mit Kick, Snare, drei Toms, HiHat,
Ride-Becken und um die vier Crash-Becken
würde man schon auf etwa 15 Spuren kom-
men, ohne zusätzliche Raummikrofonierung
eingesetzt zu haben. Meist ist das bei den
heutigen Spurenkapazitäten zwar kein Pro-
Benutzt nur soviel Mikrofone wie
nötig und so wenige wie möglich.
blem mehr, aber das Handling so vieler
Signale lässt alles nur komplexer erscheinen.
Aufgabenstellungen wie Phasenprobleme,
notwendiges EQing und Mikro-Positionie-
rung summieren sich auf. Benutzt also so
viele Mikrofone wie nötig aber haltet das
Gesamt-Setup so überschaubar wie mög-
lich. Denn bei der Aufnahme entscheidet
sich notwendigerweise, wie komplex der
Mix später wird. Es lohnt wieder mal, sich an
dem Grundsatz zu orientieren: Weniger ist
oft mehr. Euer Chris.
Dieser Ansatz funktioniert natürlich
auch bei den restlichen Becken, wenn ein
Ausmaß des Drumsets erreicht wird, für
das eine Stereomikrofonierung alleine
nicht mehr optimal funktioniert.
Auch bei
einem eher schlecht klingenden Raum bietet
sich eine Einzelmikrofonierung der Becken
an, um mit Stützmikrofonen die einzelnen
Der Autor
Chris
Lausmann
Gitarrist (Bonfire, Frontline), freier
Produzent und Engineer. An der SAE
München unterrichtet er verschiedene
Fächer, u.a. Mikrofontechnik.