recording
MASTERING
Dynamik und Lautheit
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DYNAMIK IM MASTERING
Wer zerrt,
Um im alltäglichen Konkurrenz-Wettrennen punkten zu können findet man auch
in der Musikbranche und Musikproduktion so manche Mittel und Wege, um
zielsicher die Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Produkt zu lenken. Als
derzeit plakativstes Werkzeug hierfür erweist sich die Anhebung des
maximalen Schallpegels und der Lautheit von Musik.
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Foto & Montage: Wilschewski
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verliert!
WAS MAN AU S DE M AKTU E LLE N P HÄNOM E N LOU DN E S S WAR LE R N E N K AN N
Diese Prozedur beginnt heute oftmals schon beim Mix-
down. Zu laute Mixes ohne Headroom werden beim Maste-
ring mittels Brickwall-Limiting platt gebügelt. Anschließend
gelangt das bereits stark komprimierte Format in die Radio-
stationen, deren Multibandprozessoren das ohnehin nicht
mehr vorhandene Quentchen Dynamik heraus quetschen.
www.recmag.de
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Dynamik und Lautheit
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1
Abb.1: Bereits 1999 setzten die Red
Hot Chili Peppers mit „Californication“
einen zweifelhaften Meilenstein. Auf
diesem Album sind, wie hier bei der
Single „Scar Tissue“, Artefakte von über
25 Samples Dauer Normalität.
Das Ergebnis lässt sich nicht schön re-
den:
Aktuelle Musikproduktionen weisen
klanglich nicht mehr die Güte auf, wie es vor
Jahren noch der Fall war. Und das liegt zum
größten Teil am mittlerweile völlig ausge-
reizten Maximal-Schallpegel von CDs. Dabei
ignorieren die Musikschaffenden, dass über-
mäßig laute Produktionen nur laut abgehört
beeindruckend wirken. Zieht man den Laut-
stärkeregler jedoch weiter runter vermisst
Hausmarke als erste die Aufmerksamkeit auf
sich zieht, bevor sich der Markt wieder verän-
dert. Der Absatz ist bekanntlich stark rückläu-
fig. Die Musikindustrie schwitzt ordentlich.
Unsere Hörgewohnheiten haben sich verän-
dert. Orte, an denen Musik konsumiert wird
haben sich stark verändert. Auch die Art und
Weise wie konsumiert wird und die Abspiel-
geräte beziehungsweise Formate sind schon
länger nicht mehr die gleichen. Die Musikin-
Abb.2: Dynamikverlauf dreier
Musikwerke aus drei Dekaden.
Man erkennt hierbei deutlich den
Dynamikschwund, der in den letzten 20
Jahren Einzug gehalten hat.
2
man jegliche Struktur und Details. In dieser
Situation gewinnt auch im Radio jede 70er-
Jahre-Produktion mit nur einem Hauch an
Dynamik das Rennen. Sind wir aus Sicht der
dustrie schwitzt noch mehr und meint mittels
Lautstärkewahn ein probates Mittel entge-
gensetzen zu können.
Wer am lautesten brüllt wird gehört und
respektiert.
Dieser Tatsache begegnet auch
die Consumer-Elektronikbranche seit langem
schon, indem sie Verstärker mit Loudness-
Schaltungen ausstattet. Laut ist angesagt,
immer schon. Die Schellackplatte als inef-
fizientes Format musste seinerzeit der lau-
teren Schallplatte weichen. Und da sich die
Lautstärke einer Jukebox vom Hörer selbst
nicht manipulieren ließ, konnte nur ein do-
Aktuelle Musikproduktionen weisen nicht
mehr Güte auf als die aus vergangenen Jahren.
Musikindustrie bloß lauter unmündige Konsu-
menten, denen man es nicht zutraut den
Lautstärkeregler selbst bedienen zu können?
Mitnichten. Geht es der Branche doch eher
darum sicher zu stellen, dass die eigene
Abb.3: So sieht ein Hard
Clipping Peak aus dem
Jahre 2007 aus.
3
Der Orban Optimod ist ein klassischer
Dynamikbegenzungsprozessor für
Radiostationen.
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Begrenzer (hier von Omnia) müssen
für FM-Radioproduktion mit unter-
schiedlichstem Musikmaterial zurecht
kommen. Sie sind programmiert, auch
leiseste Passagen möglichst schnell laut
zu machen – auf Kosten der Dynamik.
minanter Schallpegel einer Single zusätzliche
Aufmerksamkeit verschaffen. Ergo wurden
Schallplatten und Singles immer lauter. Die
Jukebox „hat fertig“, aber das Prinzip wur-
de auf die digitalen Datenträger, insbeson-
dere auf CDs, übertragen und nahm (und
nimmt noch immer) bedenkliche Ausmaße
an. Während das Medium Schallplatte prin-
zipienbedingt nur eine gewisse Ladung an
Lautstärke- und Frequenz-Missbrauch vertra-
gen konnte, ist es bei der CD anders. Doch
Anfang der 80er Jahre war noch alles gut.
Heutzutage sind CDs definitiv um 10-16dB
lauter als in den Achtzigern.
dauerhaft gleich bleibendem Maximalpegel
bei 0 dBFS hören dürfen. Ein Unding per se,
dienten doch ursprünglich die letzten dB vor
der 0 als Headroom dazu, Übersteuerungen
und digitaler Verzerrung vorzubeugen. Um
aber aus 0 dB
noch mehr 0 dB
machen zu kön-
nen, wird seit
Jahren
äußerst
kräftig getrickst oder wahlweise auch bewusst
gepfuscht. Hier ist nicht mehr wie es sein
sollte Soft Clipping der Chef am Masterpult,
sondern unsere Ohren haben nun mit ge-
zielt eingesetztem Hard Clipping zu kämpfen
(Erklärung siehe auch im Kasten).
geworfenen CD-Version eine derart hohe
Dichte an digitalen Clippings und Dynamik-
befreitheit auf, dass sich zwischenzeitlich
zehntausende Käufer einer Petition ange-
schlossen haben, die ein Remastering des
Heutzutage sind CDs um durchschnittlich
10 bis 16 dB lauter als in den Achtzigern.
Albums fordert. Und tatsächlich scheint man
mittlerweile im Headquarter der Band rea-
giert zu haben. Die aktuellen Files im iTunes-
Store beispielsweise zeugen von einem
niedrigeren Soundpegel. Ted Jensen, Maste-
ring-Engineer von „Death Magnetics“ distan-
ziert sich von seiner Arbeit an diesem Album.
Man habe ihm die Mixes bereits als Brickwall-
Mixes angeliefert, Band und Management
hätten das Endprodukt so laut und übersteu-
ert gewollt. Chris Athens, Jensens Kollege aus
dem Sterling Sound-Stall, geht in einem Inter-
Der Beginn des Lautheitswahns
Dem Siegeszug und der Verbreitung digitaler
Aufnahme- und Produktionstechniken und so
genannter Lookahead-Dynamikprozessoren
wie dem Junger, TC-Finalizer oder dem Waves
L2 ist es zu danken, dass wir heutzutage na-
hezu komplett dynamikbefreite Musik mit
Mastered By Muppets
Metallicas Album „Death Magnetic“ aus dem
Jahr 2008 etwa, ist so etwas wie der Franken-
stein unter den aktuellen Produktionen. Das
Album wies in der ursprünglich auf den Markt
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Dynamik und Lautheit
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netforum noch einen Schritt weiter: „Rick Ru-
bin und Metallica sind allein verantwortlich
für Death Magnetics. Von ihnen kamen die
Direktionen, sie haben es bewilligt. Du und
ich mögen ihren Geschmack nicht unbedingt
teilen, aber es ist keine Chris Athens Scheibe.
Es ist ein Metallica-Album. Das ist genau das,
was sie den Plattenkäufern bzw. ihren Fans
Scar Issue – digitale Verzerrungen
Bereits 1999 setzten die Red Hot Chili Pep-
pers mit „Californication“ einen sehr zweifel-
haften Meilenstein in punkto Übersteuerung
und digitaler Verzerrung. Auch die Single
„Scar Tissue“ weist unzählige kaputte Transi-
enten auf. Artefakte von über 25 Samples
Dauer sind Normalität, wie man auch in Abb.
1 in diesem Artikel sehen kann. Wir könnten
uns auch an dieser Stelle bei Mr. Rubin als
Produzenten für den derben Klang bedanken,
aber das Interessante ist doch, dass sich das
Album trotz des angehäuften Datenmülls und
des absolut unbefriedigenden Sounds über
10 Mio. Mal verkauft hat. Das Ohr des Konsu-
menten macht wohl so einiges mit, so scheint
man das jedenfalls seitens der Musikbranche
zu sehen. Weshalb sonst erklingen in Anasta-
cias Song „Don´t Stop (Doin´It)“ vom Bestsel-
ler-Album „Freak Of Nature“ streckenweise
Verzerrungen, die an knatternde Auspuffge-
räusche eines Oldtimer beim Anwerfen des
altersschwachen Motors erinnern, wenn der
Song über einen durchschnittlichen CD-Pla-
yer ohne Oversampling-Technologie abge-
spielt wird? Highlight ist der Black Eyed Peas
Song „What‘s Goin Down“ mit 87.300 Clip-
pings, das Längste davon hat tatsächlich eine
Laufzeit von 186 Samples. Respekt!
Doch diese Overloads sorgen für einen
schlechten Klang, wenn sie die D/A-Kon-
verter passieren.
Bei digitalen Verzerrungen,
die durch Hard Clipping erzeugt wurden, wer-
den so genannte „Odd Harmonics“ erzeugt.
Das sind ungleichmäßige und unangenehme
Wellen in der Obertonstruktur (siehe Abbildung
3: Hard Clipping Peak in einer AIFF-Datei,
nicht datenreduziert). Ein Clipping bei 2 kHz
wird auch Odd Harmonics um 6 kHz, 10 kHz
und 17 kHz nach sich ziehen. Diese mögen
Wie man Kompression im Mastering
sinnvoll einsetzt, könnt ihr in obigem
Artikel in RecMag 3/09 finden.
(Onlineshop: www.ppvmedien.de)
geben wollten. Nur Metallica und Rick wissen
weshalb es so klingt, wie es klingt“ und von
Chris Athens vom Sterling Sound gibt es dort
noch folgendes zu lesen „Die Mixes zu Death
Magnetics hatten einen bis dato nicht be-
kannten Level an Smashed-sein erreicht“.
Hier sind also scheinbar nicht nur die
A&Rs dieser Welt die Bösen,
die uns arme
Musiker und Mastering Engineers dazu brin-
gen wollen, technischen und klanglichen Müll
zu akzeptieren und
auf den Hörer abzula-
den. Doch Metallica
sind wahrlich nicht die
Ausnahme, der Markt
ist in den letzten 10 Jahren mit tausenden
Produktionen voll übersteuertem Datenmüll
überschwemmt worden: QOTSA, Muse, RH-
CP, Green Day, Garbage, Avril Levigne, Macy
Gray, 2Pac, Eminem, Santana, Black Eyed
Peas, u.v.m. Nicht nur die Metal-Fraktion
schneidet dabei besonders schlecht ab im
Vergleich, es betrifft ebenso Major-HipHop
und -Pop-Produktionen.
Engl. für Root Mean Square.
Vereinfacht gesprochen drückt der
RMS-Wert die gefühlte Dynamik
und Lautheit eines Songs in dB aus.
Liegt der RMS-Wert z.B. zwischen -4
und -1 dBFS, so spricht das für ein
statisches und sehr laut erscheinendes
Klangbild. Für die Techniker unter
uns: RMS ist die durchschnittliche ku-
mulative Differenz zwischen Peak und
Lautheit, bezogen auf ein Zeitfenster
(Songlänge oder Tonträgerlänge) als
ganzzahliger Wert in Dezibel.
87.300 Clippings, das Längste davon
mit einer Laufzeit von 186 Samples.
kommen und wieder gehen, aber sie sind da.
Je lauter der Sound-Pegel, desto mehr beein-
flussen sich Clippings und Odd Harmonics
gegenseitig in den Mitten und Höhen des
Frequenzspektrums.
Ein weiterer Faktor ist eine erhöhte
Störanfälligkeit bei Formatkonvertierun-
gen.
Das kommt nämlich noch erschwerend
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hinzu, wenn bereits verzerrtes Original-Mate-
rial in andere Datenformate umgewandelt
beziehungsweise Samplingrate und Band-
breite reduziert wird. Genau dies ist seit Erfin-
dung von MP3 und iPod Routine. Man schickt
sich gegenseitig jenes File zu, das die kleinste
Datenmenge trägt. Laut den Audiospezialis-
ten Soren Nielsen und Thomas Lund aus
dem Hause TC Electronics sind dabei daten-
reduzierte Formate wie MPEG-1 Layer III
(MP3) besonders empfindlich, was den zu
„heißen“ Pegel in der Musik betrifft. MP3 be-
nötigt zusätzlichen Headroom nach der
in den Codierungsprozess einzubringen. Wer
von uns Usern reduziert denn bitt´schön zu-
erst den Ausgangspegel bevor er zu „heiß“
gemaster tes Material bandbreitenreduziert in
MP3 konver tiert? Und vor allem die Frage,
womit soll das bitte funktionieren?
Übersteuerung von AD-Wandlern
mittels zu „heißem“ Pegel (0dBFS
werden überschritten) um mehr
Lautheit und Pegel zu gewinnen.
Dabei entstehende, hart klingende
Verzerrungen werden bewußt in Kauf
genommen. Diese Art der Sättigung
ist nicht vergleichbar mit analogem
Sättigungsbereich, bei dem die
Übertragung zunehmend nicht-linear
wird. Sobald beim HC der Headroom
des AD-Wandlers 0 dBFS überschrei-
tet, werden Attackspitzen/Transienten
rabiat abgetrennt (siehe Grafik „Scar
Tissue-RHCP). Für HC benötigt man
einen sehr guten Wandler, ansonsten
sind kaputt klingende, krachende
Verzerrungen die Folge.
Dynamikschwund
Dazu lohnt es, sich einmal Abb. 2 anzusehen.
Sie zeigt den Dynamikverlauf dreier Musik-
werke aus drei Dekaden. Man erkennt hierbei
deutlich den Dynamikschwund, der in den
letzten 20 Jahren massiv Einzug gehalten hat.
Musik mit so wenig
Dynamik ließe sich in
etwa vergleichen mit
Text, der DIEGANZE-
ZEITOHNEPAUSEIN-
GROSSSCHRIFT gedruckt ist, oder einer ex-
trem monotonen Stimme. Unser Gehirn kann
damit auf längere Dauer nicht umgehen.
Weshalb opfern wir dann die Dynamik und
den Detailreichtum zugunsten lauter RMS-
Der Markt ist voll mit übersteuertem
Grundregel: Je höher der Kompressionsgrad,
desto höher der benötigte Headroom! Bei
Formaten wie MP3/128 kbps und niedriger
sind bis zu 6 dB Headroom(!) notwendig, um
keine zusätzlichen Übersteuerungs-Artefakte
Datenmüll aus den letzten Jahren.
.de
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Dynamik und Lautheit
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Abb.4: Analyser wie das hier gezeigte DIGI-
Check von RME verdeutlichen optisch die
Effekte des „Loudness-War“: Wie hier bei
„Supermassive Black Hole“ von Muse erreicht
der RMS-Wert, der Aufschluss auf die Lautheit
gibt, fast schon 0 dBFS Vollausschlag. Deutlich
zu sehen sind hier auch die Digital Overs.
Werte und Maximal-Schall-
druck? Abb. 4 zeigt den Song
„Supermassive Black Hole“
von Muse als unkompri-
miertes File aus Sicht eines
Analyzers. Man kann hier bei
genauem Hinsehen sehr gut
erkennen, dass der Song na-
Der renommierte Mastering-
Engineer Alex Klier zum Thema
Alex Klier, Musikproduzent,
Gründer & Inhaber der LXKstu-
dios.com ist eine Top-Adresse für
Musikproduktion und Mastering.
Er kann 8 Gold- und Platin-
Awards vorweisen und zu seinen
Credits zählen Lost Prophets,
Birthday Massacre, Die Ärzte,
Reamonn, Nelly Furtado, Sarah
Bareilles und viele mehr. Zum
Thema „Mastering und Loudness
War“ hat er uns seine Meinung
kundgetan.
RecMag: Wie hältst du es mit
dem Verhältnis von Dynamik
und Lautheit bei deinen Maste-
rings?
Klier:
Im Prinzip sind beide Begriffe
absolut gegensätzlich. Dynamik be-
schreibt technisch den Abstand zwi-
schen dem leisesten und dem lau-
testen Signal. Das lauteste Signal
wird bestimmt durch die 0dB FS
(Full Scale) Grenze digitaler Medien,
zu deutsch: Vollaussteuerung. Lauter
im Sinne von mehr Pegel geht nicht!
Je größer also die Dynamik, desto
leiser müssen leise Signale sein und
desto niedriger ist damit auch der
Durchschnittspegel. Die Maßeinheit
hierfür ist der RMS Pegel, man
könnte auch sagen: die Dichtheit
des Gesamtsignals. Lautheit ist we-
niger eine technische Maßeinheit als
vielmehr eine persönliche Empfin-
dung und wird erzielt, indem man
die Dichtheit erhöht, also indem
man durch Zusammendrücken des
Signals den Durchschnittspegel nä-
her an den Maximalpegel (0dB FS)
bringt und somit also erhöht. Da-
durch verringert sich automatisch
die Dynamik. Oft wird zwar der Ein-
druck, dass etwas mehr Druck hat,
beschrieben damit, es hätte mehr
Dynamik, aber das ist in Wahrheit
natürlich die falsche Bezeichnung.
Es ist allerdings schon erstaunlich,
um wieviel sich mit Hi-End Tools die
Eine detailreiche Dynamik geht
in den Radiostationen verloren.
hezu dynamikbefreit ist, denn
der RMS-Wert (Lautheit) be-
trägt im Vergleich zum Maxi-
malpegel lediglich noch -3,4
dBFS. Weiterhin sieht man,
dass der Song clippt (Digital
Overs) und frequenzbedingt
bei 40 bis 50 Hz die meiste
Energie transportiert (das hier
gezeigte DigiCheck-Tool ist
übrigens ein sehr brauchba-
res, nützliches und vor allem
kostenloses Feature der Fir-
ma RME).
„Gott steckt im Detail.
Aber es gibt keine Details
mehr“
sagte einmal Donald
Fagen von Steely Dan. Was
Bandsättigung des Analogtapes
durch Aufzeichnung von Signalen
auf Bandmaschine mit „heißem“
Pegel. Mittels entstehender, weicher
Abrundungen von Transienten kommt
man dadurch zu mehr RMS-Pegel.
Vorteil gegenüber Kompression/
Limiting: Zeitkonstanten wie Attack/
Release spielen keine Rolle, Pumpen
und Artefakte können hier prinzipien-
bedingt nicht auftreten.
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einer detailreichen Dynamik auch entge-
genwirkt, ist die Multibandkompression in
Radiostationen. Es ist selbsterklärend, dass
plattkomprimierte Musik, ein zu lauter Ge-
samtpegel, digitale Clippings oder auch das
Fehlen jeglicher Dynamik im Radio verstärkt
wird. Die Begrenzer (meist Orban Optimod
oder Omnia), mit denen wir es im FM Ra-
dio zu tun haben, müssen mit unterschied-
lichstem Musikmaterial zurecht kommen.
Radio stellt kein Problem dar. Die Radiostati-
onen stehen alle in Konkurrenz miteinander
und sie alle haben Geräte um leise Passagen
laut zu machen.“
Was also tun, damit die eigene Musik
auch im Radio gut klingt?
Je platter ein
Song gemischt wurde, desto undynamischer
klingt er nachher im Radio. Arbeitet man
DAW-gestützt, gilt es vorsichtig zu sein bei der
Ver wendung
billiger Plugins
mit
geringer
Auflösung oder
übermäßigem
Gebrauch von Bitcrushern. Wenn möglich,
verzichtet man auf das „Normalisieren“ von
Audiodaten und Time-Stretch-Algorithmen.
All diese Effekte addieren nämlich zusätzliche
Artefakte und digitale Verzerrungen hinzu.
Umso mehr sollte man darauf achten, den
AD-Wandler bei der Aufzeichnung nicht mit
Die Hörqualität leidet zusätzlich wenn
Dementsprechend sind sie darauf program-
miert, auch leiseste Passagen möglichst
schnell laut zu machen, und das geht nur auf
Kosten der Dynamik. (siehe auch Abb. 5: AM-
FM Radio Multibandprozessoren). Oder wie
Mastering-Star Bob Ludwig von Gateway Ma-
stering es ausdrückt: „Zu niedriger Pegel im
lautes Musikmaterial konvertiert wird.
0dbFS anzusteuern und statt dessen lieber
etwas mehr Headroom zu lassen. Das Glei-
che gilt auch für den Mixdown, dort lässt man
dem Mastering Engineer doch gerne -6 dB
bis -3 dB Headroom um seinen Limiter voll
ausfahren zu können. Zeichnet am Besten
mit 32-Bit-Floating-Point auf (Cubase, Logic
usw.), dies verhindert Digital Overs. Was die
Verwendung von EQ betrifft, sollte man un-
bedingt wissen, dass im Radio der Frequenz-
bereich um 3-5 kHz und ab 13-15 kHz einen
ordentlichen Boost erfährt, bedingt durch
die sogenannte PreEmphasis in den dortigen
Multibandprozessoren!
Der Autor
Sash
Ist freischaffender Musikproduzent,
Remixer und Musiker.
www.myspace.com/punksnotted
Lautheit erhöhen lässt, ohne dass
man den Eindruck hat, die Dynamik
würde leiden.
RecMag: Was fällt dir zum aktu-
ellen Schlagwort Loudness War
ein?
Klier:
Über die Jahre wurde der
Drang, eine Produktion am Ende
noch möglichst laut zu mastern, im-
mer weiter ausgereizt. Möglich wurde
das durch Digitaltechnik und Algo-
rithmen, mit der man das Material
stärker und präziser an das digitale
Limit pressen kann, sodass auch das
letzte Zehntel Dezibel noch ausge-
nutzt wird. Die Möglichkeiten, sich
gegenseitig in punkto Lautheit immer
wieder zu übertreffen, scheinen aus-
gereizt und führt zunehmend zu
Klangverschlechterungen und damit
zu Protesten der Fans, siehe zum Bei-
spiel das letzte Album “Death Ma-
gnetic” von Metallica. Mittlerweile
entstand eine Gegenbewegung zum
extremen An-die-Wand-Fahren von
Produktionen, die wieder verstärkt
gute Klangqualität in den Vorder-
grund rückt, indem bewusst nicht
das Limit voll ausgereizt wird.
RecMag: Wie gehst du mit Forde-
rungen von Künstlern/Labels
nach immer lauteren Masterings
um?
Klier:
Es besteht nach wie vor oft
der Wunsch, ein möglichst lautes
Master zu erstellen, und manchmal
scheint dies sogar das einzige Kriteri-
um zu sein. Ich halte es jedoch für
falsch, wenn für die absolute Laut-
stärke die Klangqualität total außer
Acht gelassen wird. Es zahlt sich ex-
trem aus, für die Klangqualität bei der
Lautheit lieber einen Gang zurück zu
schalten.
ALS
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GESPART
is
m
www.recmag.de
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www.hofa.de