Workshop: producers secrets
Producers Secrets – Teil 8
Künstlerisches (Pre)-Mastering
Als letzter Bearbeitungsschritt vor der Vervielfältigung eurer Musik bietet der Mastering-
Prozess die Gelegenheit, noch einmal korrigierend und gestaltend auf den tatsächlichen Klang
des Mixes einzuwirken. Von diesen letzten Eingriffen versprechen sich alle Beteiligten meist
wahre Wunder, sollen sie doch der Musik zu edlerem Klang, Transparenz, mehr Brillanz,
Durchsetzungsfähigkeit, Druck und Lautheit verhelfen.
D
en hohen stellenwert für den guten
Klang der zu vervielfältigenden Musik
gewann das Mastering erst nach und
nach – bis in die 60er Jahre hinein beschränkte
sich dieser Prozess noch beinahe ausschließlich
auf die rein technische optimierung der Mi­
schung. Da die Musik über große mechanische
schnittmaschinen (sogenannte Vinyl­Cutter) als
Rillen in die schwarzen schelllack­scheiben re­
gelrecht eingeschnitten wurden durften die
toleranzräume bestimmter, den Frequenzbereich
und den Dynamikumfang betreffender Vorgaben
nicht überschritten werden, da sonst der teure
Cutter irreparabel schaden nehmen konnte.
Kompression und
Frequenzbearbeitung
Bald stieß man jedoch auf ein interessantes
Phänomen:
Je mehr man das audiomaterial
durch den Einsatz von speziellen Kompressoren
komprimierte, desto kleiner wurde der Dynamik­
umfang des Materials und desto lauter konnte
man dieses in die Nähe des oberen technischen
Pegellimits zwingen. Die Folge war eine gestei­
gerte subjektiv wahrgenommene „Lautheit“. ob­
wohl die Pegelspitzen des audiomaterials fak­
tisch nicht lauter waren, wirkte die gesamte
Musik doch durchschnittlich lauter, durchset­
zungsfähiger und druckvoller. Ähnliche vorteil­
hafte und subjektiv als besser klingende Verän­
derungen entdeckte man bezüglich des Fre­
quenzbildes der Produktionen folgendes: Das
Hinzufügen von mehr Höhenanteilen durch EQs
ließ die Musik brillanter und hochwertiger erklin­
gen, durch das anheben von Bass­Frequenzen
erhielt das Master eine eindrucksvolle Wärme.
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Der Übergang zu immer mehr künstlerischer Bearbeitung während des
Masteringprozesses war fließend und stark durch den klanglichen
Geschmack der Bands und Konsumenten eingeleitet.
Nach und nach
bildete die optimierung der klanglichen aspekte durch Kompressoren und
EQs einen ebenso wichtigen Bestandteil dessen, was wir unter (Pre)­Mas­
tering verstehen, als die nach wie vor rein technisch bedingten. Heute sind
beide säulen wie selbstverständlich untrennbar miteinander verbunden,
jedes professionelle Mastering ist auch gleichzeitig ein nicht unwesent­
licher künstlerischer Eingriff in den sound der zu vervielfältigenden Pro­
duktion. Die Palette der klanglichen Bearbeitung umfasst in der Hauptsache
nach wie vor Kompression und EQing, allerdings spielen auch einige andere
techniken eine nicht unbedeutende Rolle im modernen Mastering.
Als erstes Glied der Kette wird man
ein Low-Cut Filter einsetzen.«
Und so funktionierts
In der Praxis werden vom Mastering-Ingenieur verschiedene Geräte in
Reihe hintereinander geschaltet.
Das audiomaterial durchläuft diese
signalkette und wird am Ende auf das finale Pre­Master­Medium aufge­
zeichnet, was heute in den meisten Fällen als digitaler Bounce innerhalb
der DaW auf eine Festplatte erfolgt. Wie die konkrete signalkette zusam­
mengestellt ist hängt vom jeweils zu bearbeitenden Material ab und es
wäre falsch, an dieser stelle eine allgemeingültige und universal verwend­
bare Lösung vorzuschlagen. Wir möchten hier jedoch alle gängigen Geräte­
komponenten und deren Verwendung während des Masterings vorstellen
und auf deren klangliche auswirkungen auf das audiomaterial eingehen.
Low-Cut: Als erstes Glied der Kette wird man in der Regel ein Low-
Cut Filter einsetzen, um etwaige Signalanteile des untersten Sub-Bass-
bereichs der Mischung effektiv auszublenden.
sehr tiefe, sub­bassige
Frequenzen unterhalb von ca. 30–40 Hz haben keinen sinnvollen akusti­
schen Nutzen, da wir sie nicht differenziert hören können und sie von den
meisten Boxensystemen auf denen die Musik später abgehört und wieder­
gegeben werden soll nicht abgebildet werden. Zudem sind die tiefsten Fre­
quenzanteile äußerst energiereich, auch wenn sie vermeintlich leise wirken.
Belässt man diese sub­Bassanteile in der Mischung, stößt man bezüglich
des dynamischen Potentials der Mischung somit schnell ans Limit, und das
aufgrund von Frequenzen, die man letztlich aus oben genannten Gründen
gar nicht benötigt. Ein relativ steilflankiger phasentreuer Low­Cut bei etwa
Wissen
Da es sich beim künstlerischen teil des Mastering­Vorgangs um
Klangveredelung handelt, werden in der signalkette meist sehr hoch­
wertige und leider meistens auch teure Geräte eingesetzt. Erwünscht
ist neben den sehr präzisen und unauffälligen Komponenten zur Klang­
kontrolle und technischen Bearbeitung (präzise und neutrale EQs, Fil­
ter und Kompressoren) letztlich alles, was guten „sound“ macht. Der
charakteristische Klang der Geräte oder Plugins (meist Emulationen
klassischer Hardware­Vertreter) prägt den Gesamtklang des Masters
auf sehr nachhaltige art und Weise. Besonders beliebt in der Palette
derartiger „Klangfärber“ sind Geräte, die auf Röhrenbasis arbeiten.
EQ­ und Kompressor­Klassiker, aber auch moderne und topaktuelle
Hard­ und software kommt hier zum Einsatz.
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Durch die LinearPhase­technologie kommt es zu keinen
Pegelunterschieden zwischen rechtem und linkem Kanal.
Mischung korrigieren und entweder zu einem vol­
leren, wärmeren sound oder reduziertem undiffe­
renzierten Mulmen in dieser Frequenzregion füh­
ren. Besonders der sehr sensible Mittenbereich, in
dem sich sehr viele signalanteile aller Instrumente
der Mischung überlagern, kann durch etwaige
minimale absenkungen an Problemstellen trans­
parenter und durchsichtiger gezeichnet werden.
Es ist schwierig und letztlich unmöglich für diese
Eingriffe allgemeingültige Vorgehensweisen vor­
zuschlagen, weil alle Bearbeitungen sehr stark
von der jeweiligen Musik und der Qualität und
ausgewogenheit der Mischung abhängen. Ziel
der EQ­Bearbeitung sollte in jedem Fall jedoch ein
angenehmes und ausgewogenes Frequenzbild der
Mischung sein.
Kompressoren: Kompression ist der Bearbei-
tungschritt, der wohl am unmittelbarsten mit
dem Vorgang des Masterings in Verbindung ge-
bracht wird.
Ein Kompressor bearbeitet das
stereosignal des Mixes derart, dass der allgemeine
Dynamikumfang des audiomaterials eingeschränkt
und zusammengestaucht wird. sehr laute signal­
spitzen werden ab einem wählbaren Grenzpegel in
ihrer Lautstärke mehr oder weniger wirksam einge­
schränkt. Dadurch wird das Gesamtsignal zuerst
leiser, der Unterschied zwischen sehr leisen und
den lauten Passagen in der Musik wird geringer.
Das so in seinem Dynamikumfang eingeschränkte
und im wahrsten sinne des Wortes zusammenge­
drückte (also komprimierte) signal kann nun ent­
sprechend lauter geregelt werden, was in der Folge
bewirkt, dass die vormals sehr leisen Passagen nun
deutlich lauter und präsenter erklingen. Die rich­
tige und angemessene Wahl der Parameter­Ein­
stellungen (threshold, Ratio, attack­ und Release­
zeiten sowie Make­Up­Gain) ist ein sehr komplexer
und von vielen Faktoren beeinflusster Vorgang.
Moderne Rock­ und Popmusik lebt von einem ge­
wissen Grad an Kompression des sounds, er ist
gleichermaßen stilmittel als auch der Garant, dass
wir diese Musik als druck­ und kraftvoll, aggressiv,
durchsetzungsstark und präsent wahrnehmen.
andere musikalische Genres wie etwa Jazz oder
Klassik schätzen wir gerade wegen ihres größt­
Multiband-Limiting und Dithering als finaler Arbeits-
schritt:
Waves L3 Multimaximizer
Praxistipp
auch wenn die für das Mastering verwendeten
unterschiedlichen Geräte­Komponenten oder
Plugins je nach situation, ausgangsmaterial und
angestrebter klanglichen Zielsetzung flexibel
kombiniert in Reihe hintereinander geschaltet
werden, so möchten wir hier einmal beispielhaft
eine mögliche und für viele standardaufgaben
recht brauchbare signalkette vorstellen:
1) am anfang des signalwegs sollte ein phasen­
treuer Linear­Phase­EQ stehen, mit welchem vor
allem ein effektiver Low­Cut bei etwa 30–40 Hz
gesetzt werden kann, der aber auch bereits bei
grundlegenden Resonanzproblemen, undifferen­
zierten Frequenzüberlagerungen der Mitten oder
für eine behutsame und unauffällige Modellie­
rung des gesamten Frequenzbildes gute Dienste
leisten kann.
2) Ein nachgeschalteter, recht zahmer Kompressor
könnte als sogenannter Leveller dienen, um mit
niedrigen Ratio­ und threshold­Einstellungen bei
sehr geringer Gain­Reduktion eine leichte Kom­
pression und damit eine ausgewogene dynami­
sche angleichung des Materials zu erzielen, ohne
den sound dabei merklich zu verändern.
3) Der nächste schritt wäre eine frequenzselektive
Multiband­Kompression, die sich den kritischen
Frequenzbereichen getrennt voneinander annimmt
und entsprechend wirkungsvoll komprimiert. Über
die meisten gängigen Multiband­Kompressoren
lassen sich dabei gleichzeitig EQ­artige anglei­
chungen des Frequenzbildes vornehmen.
4) Im nächsten schritt kann mit weiteren
klangveredelnden Komponenten (EQs und
Kompressoren) nach Belieben der Gesamtsound
charakteristisch geformt werden. Besonders
sind hier Geräte/Plugins zu empfehlen, die einen
hochwertigen, edlen und unverwechselbaren
sound besitzen (zum Beispiel Röhrengeräte)
und dem Klang des Masters somit einen ganz
bestimmten Klangcharakter aufprägen. Dabei
steuern diese Geräte mehr „Farbe“ hinzu, als
dass sie das signal entscheidend und stark
bearbeiten würden. oftmals sind die Einstellun­
gen dieser Komponenten minimal komprimierend
oder klangverändernd, manchmal durchläuft das
signal das jeweilige Gerät sogar unverändert und
wird nur zur Klangfärbung „hindurchgeschickt“.
5) Ein optionaler Bearbeitungsschritt ist die sehr
behutsame Verbreiterung des stereopanoramas.
Dies kann entweder durch spezielle Plugins oder
aber durch anwendung der angesprochenen M/
s­technik realisiert werden. Wieder sollten sich
die Eingriffe hierbei auf ein Minimum beschrän­
ken, um ein schnell ins irreale und unangenehme
kippendes Klangbild zu vermeiden.
6) abschließend erfolgt die „vernünftige und
angemessene“ Pegel­Maximierung und das
Brickwall­Limiting, um Pegelspitzen absolut
auf maximal ­0,1 dBfs einzugrenzen. In diesem
letzten schritt der Bearbeitung wird das Mate­
rial auf die gewünschte Lautstärke angehoben.
Die meisten Limiting/Maximizing­Prozessoren
halten ebenfalls eine Dithering­ und Noise­
shaping­Funktion bereit, um die akustische
hörbaren Rechenfehler bei der Konvertierung in
niedrigere sampleraten (zum Beispiel von 24 Bit
auf CD­typische 16 Bit) effektiv zu maskieren.
32 Hz (Linear Phase bei etwa 12–18 dB/oktave)
räumt den subbass wirkungsvoll auf und schafft
dynamischen spielraum für die wichtigen Fre­
quenzbereiche der Mischung.
EQs: Equalizer dienen allgemein dazu, den
Frequenzverlauf der Mischung gezielt zu opti-
mieren.
sie ermöglichen durch den behutsamen
Eingriff Problemstellen, Überbetonungen, ungüns­
tige Überlagerungen und störende Resonanzen im
Frequenzbild auszugleichen. Eine möglichst aus­
gewogene Mischung vorausgesetzt beschränken
sich die Bearbeitungen mit Hilfe des oder der ver­
schiedenen EQs auf eher unauffällige, behutsame
kleine anhebungen oder absenkungen der unter­
schiedlichen Bereiche. Um dies zu erreichen ar­
beitet man meist mit kleinen und auf einen brei­
ten Bereich wirkenden Q­Faktoren oder mit sanf­
ten shelvings an den Rändern des Frequenz­
spektrums. Dem audiomaterial wird häufig ein
wenig mehr Höhenanteile in den obersten „air“­
Frequenzen spendiert. Dies geschieht in der Regel
durch ein breites shelving ab etwa 10–12 kHz
oder höher, was die Mischung in unserer Hör­
wahrnehmung brillanter und edler klingen lässt.
Eine vorsichtige anhebung oder absenkung der
tiefmitten­ und Bass­Frequenzen ab etwa 160 Hz
abwärts kann Über­ oder Unterbetonungen in der
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Für präzise Eingriffe empfiehlt sich ein
parametrischer EQ:
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mer wünschenswert ist. Die differenzierte Kom­
pression der Multibandschaltung ermöglicht also
eine viel präzisere anwendung von Kompression
auf die speziellen Frequenzbereiche, was (richtig
angewandt) eine sehr ausgewogene und zielge­
richtete Kompressionswirkung des audioma­
terials ermöglicht. Das Einstellen der Parameter
eines Multiband­Kompressors erfordert einige
Erfahrung. Die Preseteinstellungen der verschie­
denen Plugins bieten gute und zum teil sehr mo­
anteile betroffen sind. so kann beispielsweise die
Lead­stimme, die bei einem Mixdown meistens als
Monospur in der Mitte gehalten wird, noch nach­
träglich lauter oder leiser geregelt werden. Gleiches
gilt für die Bassdrum oder die Bassanteile eines
Mixes, die ebenfalls überwiegend in der Mono­
Mitte angesiedelt sind. Ebenso können natürlich
überwiegende stereoanteile wie Keyboardflächen,
panorama­intensive Instrumente, Raum­ oder
Effektinformationen ebenso wirksam über das sei­
Limiting ist der letzte Bearbeitungsschritt des
ursprünglichen Mixdowns.«
tensignal nachgeregelt werden. Über die M/s­
technik kann man somit nochmals in das vorlie­
gende stereo­Mixfile „hineingreifen“ um grundle­
gende Verhältnisse oder Klangeigenschaften zu
verändern. Ebenso können die beiden signalanteil
unterschiedlich und unabhängig voneinander mit
EQs und Kompressoren, ja sogar mit Hall und Effek­
ten versehen werden. Durch entsprechende Ver­
änderungen können sogar DeEsser­artige Eingriffe
für die Leadstimme oder eine scheinbare Ver­
breiterung des stereopanoramas erzielt werden.
Effekte: Man würde es vielleicht nicht ver-
muten, jedoch kommen bei vielen professio-
nellen Mastering-Sessions durchaus auch
künstliche Raumsimulationen zum Einsatz.
auch wenn dies nur in sehr subtilem Maße ge­
schieht und beim ersten Hinhören gar nicht auf­
fallen mag, aber ein zu vorsichtiger Umgang mit
Räumlichkeit während des Mixings kann durch­
aus auch vom Mastering­Ingenieur sehr vorsich­
tig und geschmackvoll ausgeglichen werden, in­
dem er das audiomaterial nachträglich mit einem
sehr hochwertigen und realistischen Hallgerät
(Faltungshall oder edle algorithmische Hardware)
bearbeitet. Natürlich ist beim Einsatz dieser
Geräte große Vorsicht geboten, denn ein win­
ziges „Zuviel des Guten“ kann den Charakter ne­
gativ beeinflussen.
möglichen dynamischen Umfangs und dem emoti­
onalen ausdruck, der durch große und bewusste
Unterschiede zwischen sehr laut und sehr leise
entsteht. setzen wir Kompression beim Mastering­
prozeß ein, so sollte dies immer mit einer ge­
nauen klanglichen Vorstellung des zu errei­
chenden sounds geschehen; mit offenen ohren
dafür, ob sich der Klang der Musik durch unsere
Kompression tatsächlich in die positive Richtung
verändert, die wir anstreben. Wir können an dieser
stelle nur dazu raten, beim eigenen Mastern mit
sehr moderaten Kompressoreinstellungen zu expe­
rimentieren.
Multiband-Kompressor: Ein Multiband-
Kompressor ist ein spezialisierter Kompressor,
der mit seinen Parametereinstellungen nicht
auf den gesamten Frequenzumfang des Audio-
signals einwirkt, sondern unterschiedliche
Frequenzbereiche bearbeiten kann.
Hierzu
wird das signal zuerst in mehrere einzelne, rela­
tiv frei wählbare Frequenzbereiche aufgeteilt, die
dann wiederum jeweils unabhängig voneinander
komprimiert werden können. Dies ermöglicht bei­
spielsweise, dass der Bassbereich mit gänzlich
anderen Kompressionseinstellungen sehr stark in
der Dynamik eingeschränkt wird, wohingegen
der obere Mittenbereich oder die Höhen beinahe
gar nicht von der Kompression beeinflusst wer­
den. Bei einem singleband­Kompressor geschieht
es oft, dass die großen Pegel des dynamisch meist
sehr ausgeprägten Bassbereichs den Kompressor
„zum arbeiten veranlasst“. sobald dies geschieht
werden aber ebenso die anderen Frequenzbereiche
(Mitten und Höhen) entsprechend den einge­
stellten Parametern komprimiert, was nicht im­
derate Voraussetzungen, mit denen man experi­
mentieren sollte, bis man ein Gefühl für die klang­
lichen Möglichkeiten der Multiband­Kompression
erlangt. Es ist unbestreitbar eines der wichtigsten
Masteringwerkzeuge, dass den sound einer Misch­
ung noch einmal grundlegend verändern und in
Richtung der eigenen Klangvorstellung deutlich
verbessern kann.
M/S-Bearbeitung: Eine etwas fortge-
schrittenere aber mittlerweile sehr populäre
Mastering-Praxis hat ihren Ursprung in einer
Anwendung, die vielen vielleicht als alternati-
ve Technik der Stereomikrofonierung bekannt
sein dürfte.
Beim sogenannten M/s­Verfahren
(Mid/side) wird eine Klangquelle mit zwei Mikro­
fonen auf insgesamt drei Kanäle so aufgezeichnet,
dass durch bestimmte Phasendrehungen und addi­
tionen der signale ein Mono­ (Mitteninformatio­
nen) und ein stereosignal (seiteninformationen)
entstehen. Durch spezielle Codierung/Decodierung
können so die mittigen anteile einer stereoabbil­
dung von den seitlichen signalinformationen ge­
trennt geregelt, bearbeitet und gepegelt werden.
Dies ist auch der Grund, warum sich diese technik
für Masteringaufgaben perfekt eignet. Mit ihrer
Hilfe ist es möglich, alle in der Mitte liegenden
Mono­signalanteile eines Mixes zu verändern,
ohne dass dabei die auf die stereoseiten verteilten
Autor: Norman Garschke
Die HOFA-Studios zählen seit über 20 Jahren zu
den größten und beliebtesten professionellen
Tonstudios in Deutschland und bieten mit HOFA-
Training ein staatlich zertifiziertes, modulares
Ausbildungskonzept im Audio-Bereich an. HOFA-
Audio-Engineer Norman Garschke ist erfahrener
Produzent, Musiker und Autor des Fernkurses
HOFA-Training BASIX.
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Limiter/Maximizer: Limiting ist der letzte Bearbeitungsschritt der
künstlerisch motivierten klanglichen Veränderungen des ursprüngli-
chen Mixdowns.
als letztes Glied in der Masteringsignalkette arbeitet der
Limiter ähnlich wie ein Kompressor mit dem Unterschied, dass die
spitzenpegel des audiomaterials nicht nur gestaucht, sondern unerbittlich
am Überschreiten des eingestellten Grenzwerts gehindert werden. Dieser
Grenzwert ist in der digitalen Welt die Marke der 0 dBfs (0 dB full scale),
der Vollaussteuerung. Jedes signal, was die 0 dBfs des digitalen Wandlers
übersteigt ruft sehr unangenehme und deutlich als störgeräusch wahrge­
nommene digitale Verzerrungen, sogenanntes Clipping hervor. Um dies zu
vermeiden „begrenzt“ man die Pegelspitzen absolut auf einen Wert knapp
unter dieser Grenze (Brickwall­Limiting bei ­0,1 dBfs). Erhöht man aber
trotzdem die maximale Energie des Materials, so werden die lauten Pegel
einfach bei ­0,1 dBfs abgeschnitten, was man in einem gewissen Umfang
toleriert um einen lauteren Gesamteindruck des Masters zu erhalten.
Übertreibt man dies im Lautstärkerausch, so wirkt der sound des Masters
mehr und mehr verzerrt und kaputt. sogenannte Maximizer ermöglichen
noch eine etwas größere Gesamtpegel­ausbeute als einfache Limiter, je­
Limiter schneiden Signalspitzen ab einem bestimmten Schwellwert ab,
damit der Mix lauter ausgesteuert werden kann:
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doch sind auch diesen systemen irgendwann technische Grenzen gesetzt.
Mit den auswirkungen der sucht nach immer lauteren Mastern auf unsere
Musik und unsere Hörgewohnheiten werden wir uns in der kommenden
Folge noch etwas eingehender beschäftigen.
Mastert Euer Material und sammelt
wertvolle Erfahrungen
In der kommenden Folge von Producers Secrets werden wir besonders
diesen letzten Gedanken aufgreifen und die Entwicklung beleuchten,
wie sehr die Techniken des Masterings den Klang unserer Musik in den
letzen Jahrzehnten beeinflusst haben.
Ebenso werden wir ein wenig nä­
her auf die Bedeutung von analogen und digitalen Geräten und systemen
eingehen, die in der Praxis und bei der arbeit während des Masterings eine
Rolle spielen. Experimentiert einmal selbst mit den techniken, die hier vor­
gestellt wurden und sammelt eure Erfahrungen anhand von selbst erstellten
kleinen Mixdown­Projekten. Letztlich stehen heute jedem von uns innerhalb
einer DaW unglaublich effektive Möglichkeiten zur Verfügung, wie wir den
sound unserer Mixe entscheidend über ein eigenes Mastering verbessern
können. Dazu gehört vor allem eine genaue Vorstellung des angestrebten
sounds und ein ungezwungenes ausprobieren der Möglichkeiten.
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