Tasten Workshop Syntthesizer Klassiker Korg M1
© PPVMEDIEN 2008
tasten
workshop
sound: synthesizer-KlassiKer
im inte­rne­t unte­r
www.taste­nwe­lt.de­
finde­n sie­ Klangbe­ispie­le­
zu die­se­m Be­itrag.
Korg M1
Der Workshop
In dieser Praxis-Reihe dreht sich alles um
den Sound aus Key­board oder Sy­nthesizer-
Work­station. Lesen Sie, wie Sie beim Pro-
grammieren von Sounds vorgehen, um Schritt
für Schritt das Potential Ihres Instruments
auszureizen.
In dieser ausgabe
stellen wir Ihnen den Sound der ersten
Music Work­station vor, die der Mark­t zu
bieten hatte: Korgs M1.
Matthias
Sauer
be­fasste­ sich be­re­its
vor se­ine­m studium
de­r Musikwisse­n­
schaft inte­nsiv mit
synthe­size­rn und
Ke­yboards. er arbe­ite­t
fre­ibe­ruflich als autor,
Live­­Ke­yboarde­r,
Musikschulle­hre­r und
produzie­rt e­le­ktro­
nische­ Musik, die­
unte­r Pse­udonym
ve­röffe­ntlicht wird.
F
ür Korg ist 2008 ein Jubiläumsjahr. Mit der M1
wurde vor gut 20 Jahren die Urmutter der Work­
station vorgestellt, die bis heute von den japani­
schen Herstellern perfektioniert wird. Neben Yamahas
DX7 (vorige Ausgabe) zählt die zwischen 1988 und
1994 gebaute Korg M1 mit über 100.000 verkauf­
ten Exemplaren zu den Bestsellern unter den synthe­
tischen Klangerzeugern.
Die Situation vieler Homerecordler und Studiobe­
sitzer ist vor 20 Jahren nicht eben einfach: (Soft­
ware­)Sequencer, Mischpulte, Effekte und (Sample­
ROM­)Synthesizer sind Mitte der 1980er Jahre zwar
allesamt zu haben, aber nur als Einzelgeräte. Diese
Lösung ist sehr Platz raubend, unhandlich, schwer
zu bedienen und relativ teuer.
Mit der M1 bringt Korg 1988 erstmals ein Produkt,
das alle wesentlichen Komponenten zur Musikpro­
duktion in einem kompakten und (mit einem Straßen­
preis unter 4000 DM) bezahlbaren Tasteninstrument
vereint, das leicht zwischen Studio und Live­Gig zu
transportieren ist. Michael Geisel, der 1987 mit der
Entwicklung im „International Korg Voicing Team“
für den japanischen Konzern beginnt, erinnert sich
noch gut an die vorhandenen Arbeitsmittel und
Bedingungen: Das am Ende optisch ansprechende
Instrument befindet sich in dieser Zeit noch in einem
Zustand, der eher einer Bastelecke als einem ernst­
zunehmenden Instrument ähnelt. Man sieht eine
große Sperrholzplatte mit Platinen, Litzen und Tas­
tern – dennoch funktioniert das Konstrukt.
einmal gefundene standards
werden bis heute beibehalten
Die mit der M1 eingeführte Struktur aus Program­,
Combi­ und Global­Mode ist bis zu den aktuellen
Workstations M3 und Oasys verbindlich. Selbst die
Bearbeitung von Drum­Kits auf globaler Ebene hat
sich bei den Korg­Workstations bis heute gehalten.
Als Rack­Version versieht früh die Korg M1R ihren
Dienst. Die M1R­EX bietet danach ein auf 8 MB er­
weitertes Wave­ROM mit über 275 Multisamples.
Als würdige Nachfolger bringt Korg 1989 die T­Serie
und die beliebte 01/W mit Waveshaping, danach Tri­
nity und Triton, die 2007 durch die Korg M3 abge­
löst werden.
Die 16­stimmige M1­Tonerzeugung, unter dem
Stichwort AI­Synthese bekannt, basiert auf einem
vier Megabyte kleinen Wellenform­Fundus von 144
Natur­ und Synthesizerklängen. Drei ADSR­Hüllkur­
ven (Attack, Decay, Sustain, Release), EG (Envelope
Generator) benannt, zwei simple LFOs, bei Korg als
MG bezeichnet (Modulation Generator) und ein Tief­
passfilter, das als 12­dB­Variante ohne Filterreso­
nanz arbeitet, formen den Klang. Im Double­Mode,
bei dem ein Programm aus zwei Oszillatoren besteht,
schrumpft die Polyphonie auf acht Stimmen. Abge­
rundet werden die Sounds durch zweimal 33 Effekte.
tastenwelt 6/2008
Das Program „unive­rse­“ ist
e­ine­r de­r be­rühmte­ste­n
Factory­sounds übe­rhaupt.
erstaunlich simpe­l se­in
aufbau aus zwe­i PCM­
sample­s (Choir und Lore­)
und zwe­i effe­kte­n (De­lay
und hall).
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Darunter finden sich Reverb, Delay, Chorus, Exciter,
Verzerrer oder Leslie­Kabinett. Im Combi­Mode las­
sen sich bis zu acht einzelne Programs simultan
spielen. Tipp: M1­Sounds klingen feiner, wenn die
internen Effekte deaktiviert und durch aktuelle
Effektgeräte oder Plug­ins ersetzt werden.
sound-Presets beeinflussen
die weitere Klanggestaltung
Im Jahr 1988 gibt es schon digitale Sampler zum
Preis der M1, diese ermöglichen aber kein schnel­
les Wechseln zwischen Klängen samt Multieffek­
ten. So werden nicht allein das geniale wie einfache
All­in­one­Konzept, sondern auch einige der Werks­
klänge selbst zu Klassikern. Der erste Sound unter
den Werksklängen, das Program „Universe“, macht
Schule unter den Klangprogrammierern. Nach seinem
Vorbild folgen unzählige Fantasy­Sounds, die Synth­
pad oder Chor mit abstrakten Effektsamples dop­
peln. Bei „Universe“ mischen sich „Choir“ (Oszilla­
tor 1) und Effektsound­Sample „Lore“ (Oszillator 2),
für das ein eigenes Program vorgesehen ist.
Die Klaviere in zwei Fußlagen stechen durch ihren
drahtigen, synthetischen Klang hervor, den Dance/
House­Producer noch weit in die 90er Jahre hinein
schätzen. Akustische Gitarre und Tenorsaxofon wer­
den in etlichen Musikproduktionen benutzt. Sägende
Streicher, wie das Preset „Symphonic“ eindrucksvoll
demonstriert, haben ihren ganz eigenen Charme. Die
Orgelsounds erreichen zusätzliche Fülle durch Rotary­
Speaker­Effekte oder Chorus. Das markante Flöten­
motiv „Good & Bad“ aus einem schnellen Quintfall
entsteht per Pitch­LFO (Pitch MG) mit Rechteck­
Wellenform. Das Program „PanMallet“ ist ein gelun­
gener Mix aus Panflöte mit einem Kalimba­Multi­
sample, das für einen perkussiveren Anschlag sorgt.
Michael W. Geisel
verfolgte
der sound der M1 erfreut sich
anhaltender Beliebtheit
Für die Korg M1 von 1988 werden noch immer ver­
schiedene Sound­Sets kommerziell angeboten. Ein
Besuch auf der Anbieterseite www.bap­software.de
lohnt sich beispielsweise schon wegen der vielen
Hörbeispiele. Um heute an die zahlreichen klassi­
schen M1­Sounds heranzukommen, ist die seit
2006 erhältliche Software­Version der Korg Digital
Legacy Collection (ca. 150 Euro) eine attraktive
Wahl. Sie bietet die originalen Klänge und besticht
durch weitere neue Merkmale wie maximal 256
Stimmen, Resonanzfilter, 2.700 Presets (inklusive
Sounds der 19 optionalen PCM/Program­Karten),
bis zu 18 Stereo­Effekte simultan, 900 PCM­Wellen­
formen oder eine erheblich angenehmere Bedie­
nung. Übrigens wird die kleinere Version M1 LE,
die auf die eigentlichen Werkssounds beschränkt
ist, in manchen Bundles (etwa bei Master­Keyboards
und PC­Tools) von Korg kostenfrei mitgeliefert. Ob
Kopie oder Original: Die Korg M1 vermittelt auch
heute noch sehr schön, dass charismatische Sounds
auch mit technisch sehr einfachen Mitteln entstehen
tw
können.
www.tastenwelt.de
aktiv die Soundentwicklung
der Korg M1: „Im Jahr 1987
habe ich an Audiodateien
gearbeitet, die später im
Multisample-Format als
Basis für Programs und
Combinations dienten. 100
Multisamples und 44 Drum-
samples passten in das
ROM. Zwar ist das heute
lächerlich wenig, der Arbeits-
aufwand war aber immens,
weil Rechner und Datenver-
arbeitung damals langsam
waren. Dennoch ist uns ein
Instrument gelungen, das
selbst nach 20 Jahre gern in
verschiedensten Musikstil-
richtungen verwendet wird.
Als Highlights sehe ich das
drahtige Piano, die sägenden
Strings, den Universe-Sound,
das markante Tenor Sax und
die prägnanten Organs.“
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