workshop Beschallungskonzepte Teil 1
© PPVMEDIEN 2008
WORKSHOP
Beschallungskonzepte
Planspiele mit dem PA-System (1)
Der Workshop
Diese neue Praxis-Reihe
thematisiert die akustischen
Probleme in unterschiedli-
chen Räumen und erklärt,
wie Sie diese durch ge-
schicktes Platzieren Ihrer
Lautsprecher lösen können.
In dieser Ausgabe geht es um
die Grundlagen der Raum-
beschallung. Sie erfahren,
wie Lautsprechersysteme
funktionieren und sehen an
einem konkreten Beispiel,
was es beim Aufbau der
Boxen zu beachten gibt.
Tobias Jacobs ist
als Promoter für den
Lautsprecherher-
steller HK Audio
tätig und hat lang-
jährige Erfahrung
in den Bereichen
Beschallung und
Tontechnik bei der zeusaudio GmbH in
Koblenz gesammelt.
Bevor es etwas zu beschallen gibt, muss
es eine Signalquelle geben. Diese kann
ein akustisches Ereignis, verstärkt durch
ein Mikrofon bzw. einen Tonabnehmer
sein oder ein elektronisch erzeugtes Sig-
nal aus einem Keyboard, E-Schlagzeug
oder MP3-Player etc. Die Signale wer-
den im Mischpult zunächst aufbereitet
(Vorstufe) und für die verschiedenen
Ausspielwege unterschiedlich zusammen-
gemischt.
Als Ausspielwege (Busse) werden der
Master-Stereo-Bus sowie die weiteren
Ausgänge für Monitore, Effektgeräte und
so weiter bezeichnet. Der Master-Bus
wird durch einen Verstärker (Endstufe)
für das Lautsprechersystem verstärkt. Die-
ser Verstärker muss an die Leistung des
Lautsprechersystems angepasst sein und
befindet sich heutzutage oft bereits im
Lautsprechersystem integriert (Aktiv-PA).
Diese Form des Lautsprechersystems hat
einige Vorteile gegenüber einer konven-
tionellen Beschallungsanlage (Passiv-PA).
So kann die Endstufe (oder auch mehrere
davon) z.B. über so genannte Controller
optimal an das Lautsprechersystem ange-
passte Signale erzeugen.
Wie Lautsprechersysteme
grundsätzlich funktionieren
Ein Lautsprechersystem dient zur Wie-
dergabe von (elektro-)akustischen Ereig-
nissen. Es erzeugt mittels einer Membran
Schall aus elektrischem Strom. Für diese
Aufgabe bedient sich das Lautsprecher-
system in der Regel einer simplen Papp-
membran, die mit einer Spule verbunden
ist. Diese Spule ist in einem Dauermag-
neten aufgehängt. Werden nun vom Ver-
stärker elektrische Impulse durch die
Spule geschickt, verändert sich deren
Magnetfeld, und sie bewegt die Pappe.
Der erzeugte Schall bedeutet nichts an-
deres als Luftdruckschwankungen pro
Zeiteinheit (1Hz = 1 Schwingung pro Se-
kunde). Diese werden vom menschlichen
Trommelfell aufgenommen. Hohe Druck-
schwankungen bedeuten hohe Lautstär-
ken – kleine Druckschwankungen wer-
den als leise Töne wahrgenommen.
Aufgrund der verhältnismäßig großen
Lautstärke, die Beschallungssysteme für
Veranstaltungen gegenüber einer ein-
fachen HiFi-Anlage benötigen, werden
für verschiedene Frequenzbereiche ver-
schieden große Membranen eingesetzt.
Man spricht von 2- oder auch 3-Wege-
Systemen, da das Signal mittels Frequenz-
weichen auf die einzelnen Lautsprecher
aufgeteilt wird. Für die tiefen Frequenzen
im Bassbereich schwingt eine Subwoofer-
Membran, in der Regel ein 15-Zoll- oder
18-Zoll-Lautsprecher zwischen ca. 35 bis
130 Mal pro Sekunde. Für die Mittenfre-
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Die Grafik zeigt die Frequenzbereiche der Lautsprecher und deren Trennung über
das gesamte Frequenzspektrum. Wünschenswert ist ein homogener Verlauf.
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Wer seine PA einfach nur hinstellt, wird zwar gehört, Reflexionen
an Wänden und Decken trüben aber den Spaß für die Hörer.
quenzen (ca. 130 Hz bis 1kHz) schwingt
ein Mitteltöner, meist ein 8-, 10- oder
12-Zoll-Lautsprecher. Für die Höhen (ca.
1 bis 18 kHz) wird eine harte Kunststoff-
membran mit 0,75 bis 2 Zoll verwendet.
Ein Lautsprecher alleine erzeugt zwar
den Schall, dennoch ergibt sich keine
zufrieden stellende Wiedergabe. Bei nied-
rigen Frequenzen verschwindet der meiste
Teil der Luftdruckschwankungen durch
die Druckverhältnisse hinter dem Laut-
sprecher, so dass die tiefen Töne sehr
bescheiden ausfallen. Und bei den hohen
Frequenzen strahlt der Hochtöner nicht
weit genug in den Raum. Daher werden
für jedes Lautsprechersystem eigens kon-
zipierte Lautsprechergehäuse entwickelt.
Ein Lautsprechersystem muss also sehr
viele Luftdruckschwankungen erzeugen,
um ein akustisches Ereignis wiederzuge-
ben. Man sieht an der Grafik auf der lin-
ken Seite die Frequenzbereiche der einzel-
nen Lautsprecher und die Trennung über
das gesamte Frequenzband. Hierbei ist es
wünschenswert, einen möglichst homoge-
nen resultierenden Verlauf zu erhalten.
An dieser Stelle sei erwähnt, dass im
Bereich der Beschallungsanlagen andere
technische Anforderungen an die Lautspre-
cher gestellt werden als im HiFi-Betrieb,
der Frequenzgang und der Klirrfaktor
dementsprechend andere Grenzwerte ha-
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Durch eine optimierte Platzierung und eine leichte Neigung der
Boxen kann das Sounderlebnis im Publikum verbessert werden.
zurücklehnen und auf den Lobgesang
warten. Leider bleibt dieser oft genug aus,
da in vielen Fällen grundlegende Fehler in
der Benutzung dieser Werkzeuge gemacht
werden.
Die optimale Arbeitsumgebung für je-
des Lautsprechersystem ist eine große
(windstille) Wiese. Der Schall kann sich
hier ungehindert ausbreiten, ohne die
Reflexion an Wänden, Decken oder ande-
ren störenden Objekten. Diese Art der
Umgebung wird übrigens auch in den
Messlaboren durch Schall absorbierende
Wände simuliert. Allerdings kann man
auch hier schon beim Aufbau eines Be-
schallungssystems grundsätzliche Fehler
für die Wiedergabe einbauen. Was passiert
zum Beispiel, wenn man den linken und
rechten Lautsprecher stark versetzt auf-
stellt? Oder wenn man die Lautsprecher
genau zueinander dreht? Oder kerzenge-
rade in den Himmel beschallt? Sicherlich
werden in solch einer Open-Air-Situation
die meisten Musiker ihr System richtig
aufstellen, da der Platz meist großzügig
bemessen ist. Wesentlich kniffliger wird
es, und das ist die Standardsituation, wenn
man seine eigene Positionierung und die
der Lautsprecher in einem Raum an die
Gegebenheiten anpassen muss, die oft-
mals alles andere als ideal sind. Wohl die
wenigsten Veranstalter orientieren sich
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ben. Der komplette Frequenzbereich ist
ohnehin nur von einem Kleinkind zu hören.
Mit dem Alter verringert sich der hörbare
Bereich eines menschlichen Ohrs. So hört
ein Jugendlicher im Alter von etwa 16
Jahren nur noch Frequenzen unterhalb
von 16.000 bis 17.000 Hz. Mit zunehmen-
dem Alter verschärft sich das Problem,
dass die höheren Frequenzen schlechter
wahrgenommen werden.
Bei den Bemühungen um einen mög-
lichst optimalen Sound gilt ganz klar: Was
vorne, sprich am Mikrofon oder der Tasta-
tur, schlecht reinkommt, wird hinten beim
Zuhörer durch nichts zu Gold. Demnach
ist zu beachten, dass das qualitativ schwäch-
ste Glied der Kette, und damit kann auch
der Musiker selbst gemeint sein, verant-
wortlich für einen schlechten Sound ist.
Einfache Grundregel:
Reflexionen vermeiden
Nachdem ein Lautsprechersystem nun un-
ter optimalen Bedingungen im Messlabor
die Luft in Schwingung versetzt hat und
das Ergebnis eine originalgetreue Wieder-
gabe der (elektro-)akustischen Ereignisse
ergab, haben die Hersteller dieser Systeme
ihren Teil erledigt. Sie haben ihren Kun-
den ein professionelles Werkzeug für de-
ren Beschallungsaufgaben an die Hand
gegeben und können sich nun zufrieden
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WORKSHOP
Beschallungskonzepte
bei der Auswahl der Räumlichkeiten an
den akustischen Bedingungen für die Mu-
siker: Die Leute sitzen da, wo man gut ans
Buffet kommt und die Musik steht da, wo
(noch) Platz ist.
Das Beispiel auf Seite 81 zeigt eine Be-
schallungssituation in einem einfachen
rechteckigen Raum. Eingesetzt werden zwei
einfache 2-Wege-Lautsprecher mit einem
Abstrahlwinkel von 60 Grad horizontal und
40 Grad vertikal. Der Musiker wird, da er in
der Ecke des Raumes steht, durch einfache
Positionierung und gerade Ausrichtung sei-
ner Lautsprecher ein durchaus brauchba-
res Ergebnis erzielen.
Dennoch kann man auch hier durch ein-
fache Mittel das Beschallungsergebnis opti-
mieren: Der Schall gelangt nicht nur auf
direktem Weg zum menschlichen Ohr. Er
wird auch an sämtlichen Wänden und Mö-
belstücken reflektiert. Dies führt dazu, dass
der gleiche Ton zu verschiedenen Zeitpunk-
ten an den Sitzplatz gelangt. Ist die Zeit lang
genug, kann der Mensch das Originalsignal
von der Reflexion unterscheiden. Gelangen
aber beide Töne in einem sehr kurzen zeit-
lichen Abstand zum Zuhörer, ist das Ergeb-
nis ein unpräzises Klangbild. Daher sollten
Reflexionen vermieden werden.
Drehen Sie zunächst den in der Ecke
befindlichen Lautsprecher so, dass der Ab-
strahlwinkel parallel zur Längswand verläuft.
Hierdurch verhindern Sie störende Refle-
xionen an der glatten Fläche der Längswand.
Außerdem kippen Sie die Lautsprecher um
ca. 20 Grad, um weitere Reflexionen an der
Decke zu vermeiden. Diese so genannte
Tilt-Vorrichtung gibt es als Zubehör oder
bereits in den Lautsprechern integriert.
Dann korrigieren Sie die Position der Laut-
sprecher, um die zu befürchtenden Auslö-
schungen durch das Zueinander-Drehen
der Lautsprecher zu minimieren. Die zweite
Grafik zeigt eine deutlich homogenere
Je nachdem, wo der Subwoofer aufgestellt wird, erhöht sich dessen Schallpegel
abhängig vom Abstand zu dahinter liegenden Wänden.
Beschallung des Raums ohne störende Re-
flexionen an Decke und Wand.
kann man durch geschickte Positionierung
vermeiden, aber auch gezielt nutzen.
Einen weiteren Effekt im Umgang mit
Subwoofern erlebt man, wenn mehr als ein
Basslautsprecher im Raum aufgestellt wird.
Der aus beiden Boxen erzeugte langwellige
Schall trifft in der Mitte zusammen, und im
Abstand der Basswellen gibt es Auslöschun-
gen. Verändert man den Abstand der Bass-
boxen zueinander um wenige Zentimeter,
wandern diese Auslöschungen um mehrere
Meter im Raum. Man kann also diese Bass-
löcher aus dem zu beschallenden Bereich
heraus schieben. Eine Tatsache, die man
sich zu Nutze machen sollte.
Ist man beispielsweise in kleineren Räum-
lichkeiten nicht auf mehrere Bassboxen an-
gewiesen, sollte man aus den oben genann-
ten Gründen auf eine Mono-Bass-Lösung
zurückgreifen. Den gleichen Effekt erreicht
man auch, indem man zwei Subwoofer
direkt nebeneinander positioniert. Dieses
Bass-Array verhält sich wie ein einzelner
Subwoofer.
Physikalische Eigenschaften
bei der Basswiedergabe beachten
Grundsätzlich gilt, dass die Frequenz, also
die Tonhöhe, in direktem Zusammenhang
zur Wellenlänge der erzeugten Schallwelle
steht. Schall hat eine mittlere Ausbreitungs-
geschwindigkeit von 340 m/s. Das bedeu-
tet für einen 100-Hz-Bass-Ton also 100
Wellen pro Sekunde, eine Wellenlänge von
ca. 3,40 m. Im Gegensatz zu hohen Frequen-
zen, bei denen der Schall aus einer Box
nach vorne abgestrahlt wird, gilt daher für
Bassboxen, dass der Schall sich kugelförmig
ausbreitet. Dieser langwellige Schall wird
von Flächen in der Umgebung des Laut-
sprechers reflektiert und addiert sich zur
Welle des Lautsprechers. Die Faustformel
lautet: Position des Subwoofers an der
Wand +3dB (= doppelte Lautstärke), Posi-
tion des Subwoofers in einer Ecke, also an
zwei Wänden, heißt +6 dB. Diesen Effekt
Stehen zwei Subwoofer in einem ungünstigen Abstand, kommt es
im Publikum durch Auslöschungen zu störenden Basslöchern.
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Schiebt man die Subwoofer näher zusammen, wird auch das
Bassloch aus dem Publikum hinaus geschoben.
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